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Pfälzer Bote für Stadt und Land (26) — 1891

DOI Kapitel:
Nr. 281 - Nr. 290 (10. Dezember - 20. Dezember)
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Kamftagt mir Unie taiungsbeilage, Bretz vierteljährlich
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Ynzeige-Slatt für vie Antsbezirk Heweiderg,
Ladenhurg Weindheint, Schwetugen Beiluwpsbucg,
Wießlocdh, Bruchſal Bretten Nedargemünd, —
Lberbach/ Buchen. Balldurn T Biſchofah Wertheim x

















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Sınd, Berlag ı. Sypedition von Gehr. Huber
in Heidelberg, wingerſtraße 7.









0Gl
Beſtellungen

uf den Vfälzer Doten“ für die Monate
Jauuar, Jebruar, März werden jetzt ſchon bei

jämmtlichen Boftanftalten, bei unſeren Trägerinnen.
ſowie in anſerer Expedition Heidelberg, Zwinger-


Verlag des „Pfälzer Bote.“

Ieie des Abg di Schöüdler über
Soldatenbehandlung.

(Gehalten im bayr. Abaeordnetenhaus bei Berathung
des Militäretat.)

So verlockend es wäre, bei der Berathung dieſes
Etats auf den Militarismus als ſolchen einzugehen,
ich widerſtehe dieſer Verſuchung um ſo mehr, weil es
ſich um ein Uebel handelt, unter deſſen eiſerne Noth-
wendigkeit wir uns beugen müſſen. Das aber darf
und muß ausgeſprochen werden: das ganze hohe
Haus ohne Parteirückſicht, ohne Parteiſtellung ſteht
voll und ganz ein für die Söhne des Volkes. Es
verlangt und will, daß diejenigen, die des Königs
Rock tragen, in dieſem Rock menſchenwürdig behan-
delt werden. Es verlangt und will, wenn das Volk
das Beſte, was es hat, hingeben muß und auch mit
ſobald und weil das Vaterland
ruft, daß dann auch dieſes Beſte eben nur auf das
Beſte behandelt werden darf. (Rufe: Sehr wahr !)
Es iſt freilich ſehr ſchön, wenn nach dieſer Seite hin
geſagt wird, „es ſteht der Beſchwerdeweg offen.“ Es
liegt uns auch ſo ganz klipp und klar dar; allein
meine verehrten Herren Vorredner, insbeſondere der
Herr Abgeordnete Wagner, haben ſchon darauf hin-
gewieſen wie viele Dinge da noch dazwiſchen liegen,
wie vielfach Der, gegen den Beſchwerde eingereicht
werden ſoll, ſelbſt wieder der Vermittler dieſer Be-
ſchwerde nach der höheren Stelle hin ſein muß, daß
es dabei auch vorkomit, daß Mittelsperſonen, eben
um einem Ungemach, das von oben herunter über ſie
kommt, zu entgehen, ſelbſt ihre Stellung dazu benützen,
um von einer Beſchwerde zurückzuhalten, nun das iſt
etwas ganz Menſchliches. Ich glaube, es wird in
dieſer Beziehung nicht eher Wandel geſchafft werden
können, als dadurch, daß ſolche Beſchwerden nicht
den langen Inſtanzenzug zu machen haben, ſondern

Schlechter Seumuns.
Criminal⸗Rovelle von Carl Ed. Klopfer.

Er ftieg über den Zaun und ſtalperte faſt zu ihren
Füßen nieder. Siepralte mit einem Schrei des Entſetzens
zurück und prehte die Hände auf die zitfernde Bruſt.
Sie wäre unfehlbar davongelaufen, wenn ſie nicht der





18)


„Sie?“ ſagte ſie, während jeder Blutstropfen aus
ihrem ichönen Gefichte wich „Sie? — Was wollen
Sie da? — Mein Gott — wo kommen Sie her?“

„Auz dem Von jenem Orte, an welchen mich ein
unbeareifliches Zuſammentreffen unalülichex Zufälle ge-
bracht hat. Daß ich dahin kam, war nicht meine Schuld
— Gott weiß es! Aber man hat mir ein Drittbeil
meiner Strafe erlaſſen — und das habe ich mir perdient.
daß ich gekommen bin, Je-
mand anzuklagen — nein, ich nehme das mir Widerfahrene
ſchon ſeit aeraumer Zeit mit Refignatton hin ich weiß ia
ich kaun es nicht ändern — und ich ſtehe, außerhalb
unjerer vielgerühmten Gerechtigkeit, die ja wirklich Andexen


gefommen, Sie aufzuͤſuchen, Ihnen auf der Bahn des
Gluͤckes,/ die Sie wandeln, als ein Schreckgeſpenſt entgegen-
zutreten ; nur ein Zufall bringt mich hierher, aher ich kann
dem brennenden Verlangen nicht widerſteben, ihn dezu zu
benüßen, daß ich Sie davon überzeuge, wie Unrecht man
mir gethan hat. Fuͤrchten Sie nichts, Fräulein, ich ſtehe
nicht al3 Derienige vor Ihnen, der vor zwei Jahren die
jüße Hoffnung nährte — nein, nein, ich bitte Sie nur um
die Onade, mich anzuhören, ich habe keinen anderen Wunſch
mebhr, als daß Sie meiner nicht al3 eines Verbrechers aedenken
joNlen, ſondern als eines Unglüclidhen, der zufrieden iſt.
wenn nur Sie allein von allen Menſchen an ſeine Unihuld
alawden und ihm eine leiſe Regung des Mitleids ſchenken.
Dann |Hwöre ich Ihnen, ich will Sie verlaſſen — und
* ſollen nie, 4 wedet. in Ihrem ganzen Leben Gefahr
aufen, mir zu begegnen !“ }

fllnb ehe fie ſich von ihrer aufänglichen Ueberraſchuna
jo weit erholt hatte, um ihrer abweiſenden, ſtrengen Ge-







daß ſie direkt bei dem Auditeur vorgebracht werden
können. M. H.! In unliebſamer Weiſe war ebenfalls
während des letzten Sommers das Cadettencorps
Gegenſtand mannigfacher Beſprechungen. Auf das
Sakrilegium, deſſen ſich ein Zögling des Cadetten-
corps ſchuldig gemacht, komme ich nicht weiter zurück
und zwar aus dem Grunde, weil die vorliegende
Thatſache ſchon geregelt worden, geregelt auch in
Uebereinſtimmung mit der kirchlichen Behörde; nur
darf ich der Verwunderung und auch dem Schmerz
darüber Ausdruck geben, daß derartige Vorkommniſſe
erſt auf dem außerordentlichen Weg zur Kenntniß-
nahme und Ahndung gekommen ſind, und nicht auf
dem ordnungsmäßigen und regelmäßigen. Des Wei-
teren war Gegenſtand der Erörterung im Cadetten-
corps ein gewiſſes ſimultanes Morgen- und Abend-
gebet. Ich glaube, es liegt das nicht im Intereſſe
irgend einer Confeſſion, und ich würde, ſelbſt auf
dem entgegengeſetzten Standpunkte ſtehend, eine ſolche
Simultaniſirung auf das Entſchiedenſte verurtheilen
müſſen. Wir ſind ja Sr. Excellenz dem Herrn Kriegs-
miniſter zum Danke verbunden, daß dieſen unhaltbaren
Zuſtänden ein Ende gemacht worden iſt. — Un-
mittelbar damit im Zuſammenhang ſteht ein anderes
Vorkommniß aus den letzten zwei Jahren. Wie die
Herren ſich erinnern, wurde, wenn ich nicht irre, blos
ſeitens eines Generalkommandos angeordnet, daß für
die Soldaten religiöſe Vorträge gehalten werden ſollen,
und zwar abwechſelnd von Geiſtlichen der verſchiedenen
Bekenntniſſe. Es iſt ja gewiß unter den gegenwärtigen
Verhältniſſen nothwendig, in dem Soldaten den Sinn
für Autorität, den Gehorſam gegen die Vorgeſetzten
zu ſtärken und zu erhalten, zumal die Rekruten einer
anderen Armee, die aber unter der rothen Fahne
marſchiren, in immer ſtärkerer Verhältnißzahl in das
Heer eintreten, wie man von jener Seite ſagt Allein,
meine Herren, dieſem Geiſt des Widerſpruches, der
heraufbeſchworen werden ſoll, wird nicht begegnet
durch derartige ſimultane Vorträge, ganz abgeſehen
davon, daß gar manchmal wohl äuch der Takt man-
ches Vortragenden etwas vermiſſen laſſen dürfte, und
dadurch die Angehörigen einer anderen Confeſſion —
ich will nicht einmal ſagen, daß es wiſſentlich ge-
ſchieht — in ihrer religiöſen Ueberzeugung verletzt
werden. Wohl aber, meine Herren, giebt es ein an-
deres Mittel, den Sinn für Autorität und Gehorſam
zu ſtärken und dieſes Mittel waͤre, daß auch in un-
ſerem Heere das religiöſe Intereſſe ſtärker gepflegt
würde. Wenn in einer Garniſonsſtadt von den Sol-
daten blos 10—15 Prozent zum Gottesdienſt ihrer



Confeſſion geführt werden, dann, meine Herren, darf
man wohl fragen und dann wird es wohl nicht un-
berechtigt ſein, wenn ich ſage, es dürfte das religiöſe
Moment auch in unſerem Heere ſtärker gepflegt
werden. Es kommt thatſächlich vor, daß nicht mehr
als 10 - 15 Prozent dem ſonntäglichen Gottesdienſt
ihrer Confeſſion beiwohnen, e& kommt thatſächlich vor,
daß Soldaten 3, 4 und 5 Wochen lang nicht Ge-
legenheit haben, ihre religiöſen Pflichten zu erfüllen.
Es kommt thatſächlich vor, daß während der Zeit
des Gottesdienſtes in den Kaſernen eine ganze Reihe
von Arbeiten zu machen ſind, von denen es wirklich
den Anſchein hat, als ob ſie nur für den Sonntag
eigens hergerichtet waͤren. Weiter iſt mir ein Fall
bekannt, daß Jahre hindurch Soldaten dazu komman-
dirt werden, die Pferde von Herren Offizieren an
zweiten Feiertagen z. B. oder Sonntagen auf dem
betreffenden Exerzierplatz ſpazieren zu reiten und zwar
während der Zeit des Gottesdienſtes. Dieſer Exerzier-
platz liegt in der Nähe der Kirche, ſo daß dadurch
thatſächlich der Gottesdienſt auch noch geſtört wird.
Ebenſo kommt es vor, daß Rekruten, welche heuer
eingeſtellt worden ſind, bis zur Stunde noch nicht
die Erlaubniß bekommen haben, den ſonntäglichen
Gottesdienſt zu beſuchen. Wir haben ſchon Maͤnches
von Preußen übernommen; ich würde wünſchen, daß
wir auch in dieſer Beziehung ein Vorbild an Preußen
uns nehmen würden. Dort erkennt man, welche Be-
deutung das religiöſe Moment auch für das Heer
hat, und dort ſorgt man auch dafür, daß demſelben
ganz und voll Genüge geſchieht. Weiter wäre es doch
ſicher zu wünſchen, daß Vorkommniſſe unterblieben,
wie ſie während des letzten Manövers ſtattgefunden,
daß nämlich an einem geſetzlichen Feiertag, und zwar
dem einzigen, der bei uns in der Pfalz eriſtirt,
dem Feſte Mariä Himmelfahrt, das Militär nicht
frei hatte, ſondern wie an einem gewöhnlichen Werk-
tage ſeine Uebungen vornehmen mußte. Auch dieſe
Dinge tragen nicht dazu bei, den Sinn für Gehorſam,
den Sinn für das Feſthalten an der Autorität zu ſtaͤrken.
Ich erlaube mir, noch einen anderen Punkt zu berühren
und dieſer betrifft die Penſionirungen. Es wurde
vorhin von Seite des Referenten ausgeſprochen, daß
Se. Excellenz der Kriegsminiſter die Erklärung abge-
geben habe, für die Penſionirung ſei einzig und allein
entſcheidend die koͤrperliche und geiſtige Tüchtigkeit
und Fähigkeit. Leider Gottes findel ſich das Voͤlks-
bewußtſein weiter Kreiſe der Bevölkerung hier in
einem, möchte ich ſagen, im unüberückbaren Gegenſatz
nicht zu den Ausführungen des Herrn Kriegsminiſters /







herde die eniſd henden Worte _ folgen zu laffen, wuder.


daß er nur allein zu dem Zwecke die Stadt aufgeſucbt habe,
um ſeine Mutter wiederzuſehen, ſie mit den heiligſten Ver-
ſicherungen von ſeiner Schuldloſiakeit zu Überzeugen. Er
ſchilderte ſeinen Schmerz üher die Todesnachricht, die er
empfangen hatte, und die ihn zu dem Entſchluſſe gebracht,
dieſem Orte auf immer den Rücken zu kehren Sr wäre
ſicherlich hier vorbeigegangen, wenn er den Eigenthümer
die[°3 Landhauſes gekannt, und gewußt hHätte, daß ſie hier
wohne. Aber durch ihr unverhofftes Wiederſehen ſei in
ihm der unbezwingliche Wunſch rege geworden, ihr das
Alles zu ſagen, was ‚er der Mutter nicht mehr hatte
ſagen können; und ein Weſen mußte er ja auf der Welt
haben das an ihn alaubte!

Das war es, was er immer wiederholte. ſeine Glau-
bensſatzung an die er ſich als fein letztes moraliſches Gut
mit einer Art Veczweiflung anklammerte.

Er {prach ſo überzeugend, daß Marie ſich unwillkürlich
der Macht ſeiner Rede gefangen aab aber nur innerlich ;
ſie bemühte ſich, äußzexlich alle Feſtiakeit zu bewahren, und
ihr Ton war umſo kälter und härter je wämer und weicher
es in ihr aufthaute Sie hätte ihm ſo gerne geglaubt,


inneren Stimme, die ihr bereits einmal eine ſo bittere
Enttäuſchung bereitet hatte; ſie mar entidloffen, nur mehr
den nüchteren Crwägungen der Vernunft Gehör zu geben.
Und die Vernuuft frränbte ſich gegen die Beweiskraft ſeiner
Betheurungen, die ja doch am Ende nichts Anderes waren,
als Vorte,

„Und doch — wag könnte es Ihney nüßen, Leovold.
wenn ich Ihnen glauben wollte? — Und ich — kannn es
nicht Es mag Ihnen herzlos erſcheinen, wenn ich Ihnen
das ſo geradeherau jage, aber — idh bin eben die Zeit
her ſtrenger geworden — gegen Andere, wie gegen mich
jelber. Was ich vielleicht wirklich für Sie fühlte — ich
ſchäme mich nicht, es zu geſtehen, denn es entſprang einem
edlen, ſchönen Impulfe — das iſt ia nun ausgetilat für
immer.

„Wahr, ſehr wahr, mein Fräulein: ich konnte es mir







— — — — — 2 —
ja guch ſehr wohl denken. Ich hege ja auch nicht die
Hoffnung, in Ihnen dieſe alten Gefihle wieder zu er«
regen, wenn ich Sie auch von dem Unrecht überzeugen
könnte das mir angethan worden. Yber daz Bewußtiein,
daß Sie wenigſtens daran glauben, das hoffe ich mir zu
erringen, das hätte ich als den größten Schatz meines zer-
riſſenen, vexpfuſchten Lebens bewahrt; damit hätte ſich
mein Genüth, das ſich ia ſo ſehr heſcheiden gelernt Hat,
4 gegeben. Und nun — bleibt mir auch das ver-
agt !

„Die ſchwere Leidensſchule, die Sie — verdient oder
unverbient — durchgemach haben, hätte Sie doch ſo
peſſimiſtiſch machen jollen, gerade dieſe Hoffnung aufzu-
geben,“. fuhr ſie aelaſſen fort. Auf mein Urtheil könnte
ich ja nicht bauen aber die Richter, die nach iſtreng und
rechtwiſſenſchaftlich erwogenen Gründen den Schuldſpruch
über Sie gethan haben, die find jedenfalls kompetenter —
und ich muß mich ihrem bewetskräftigen Verdick un-
terordnen, wie Sie es tbun mußten. Ihnen hat diefer
Urtheilsſbruch Ehre und Freiheit geraubt er hat Sie —
gebrandmarkt; — — — midh zwingt derſelbe Urtheils-
ſpruch meine wärmeren KRegungen bei Seite zu werfen,
und Sie für das zu halten — wozu Sie eben diefer Ur-
theilsſpruch gemacht hat Ich kann mich dagegen ebenfo
wenig wehren wie Sie. Die Anexkennung unferer Suris-
diction zwinat uns Alle zur bedingungsloſen Unterord-
nung.

Er wich einige Schritte zurüd vor dieſen haxten Wor-
ten. Sein bleiches Geſicht blidte ſie ſchen und traurig
an. Stand er denn wirklich noch jenem Maͤdchen gegen-
über, aus deſſen Auge er einft die heſeligende Gewißheit
geleſen, daß er geliebt werde? — Fest ſah er dieſe milden
Augen ſtreng und kalt auf ſich gerichtet.

Es iſt mir wirklich — al8 Hätte ſich die ganze Welt
verändert,” flüſterte er mehr zu Q ſelbſt, „als wäre alles
kälter und ſtarrer geworden, feitdem —“

Gortfetzune folgt.)


 
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