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Pfälzer Bote für Stadt und Land (26) — 1891

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Nr. 271 - Nr. 280 (27. November - 8. Dezember)
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Auzsrges®iatt ür bie AmiSbegirte Heideldera,
Catenburg, Weinheim, Scwebingen, Wöilippaburg,
„ Baelo, Bruchſel Sretten, Nedargemünd, Mosbad,
Eberbach/ Undgen, Waldürı, TBiſchofeh. Wertheim 26.











BWeranıktonrilider Aedalteur:
Yuiin® Nedar in Heidelberg.

&. 20

Seidelberg, Samliag 3en 28 November 1891.



36. Jiht.

Vrus, Berlag ı. Erpedition von Gebr. quber
n SHeivelberg, Zwingerüraße 7,







—— Ochchcs
Beſtellungen
uf den „Pfälzer Boten für den Monat
Dezember werden jetzt ſchon bei ſämmtlichen Boft-
anſtalten, bei unſeren Trägerinnen, ſowie in anſerer
Expedition Heidelberg. Zwinger ſtraße entgegen-
genommen.
Berlag des „Pfälzer Bote.“

— —
Vie ein Broteltant über den ,, Evangelifchen
Bund“ urtbeilt.

Es iſt eine bekannte Thatſache, ſo ſchreibt ſehr
zutreffend ein Mitarbeiter der Pfälz. Ztg., daß das
ſchmähliche Treiben und das fortwährende Hetzen des
„Evangeliſchen Bundes“ gegen uns Katholiken nicht
nur von allen Katholiken, ſondern auch von den ein-
ſichtigeren Proteſtanten auf's Schärfſte mißbilligt
und verabſcheut wird. Selten wohl dürfte die durch
dieſen „Bund“ betriebene ſyſtematiſche Verhetzung
unſerer proteſtantiſchen Mitbürger ſo ſcharf und ent-
ſchieden von proteſtantiſcher Seite verurtheilt
worden ſein, wie es der durch zahlreiche Sichriften
bekannte proteſtantiſche Leipziger Schr ftſteller
Dr. Max Oberbreyer in einer „Das neue Pro-
gramm der Sozialdemokratie“ betiltelten, unlängſt bei
Kupferberg in Mainz erſchienenen Schrift thut. Siehe
die geſtrige Notiz im Pfälzer Boten unter „Literas
riſches.)! Der Verfaſſer verlangt einen aufrich-
tigen Frieden zwiſchen der katholiſchen und
proteſtaufiſchen Kirche zur wirkſamen Bekämpfung des
ſozialiſtiſchen Unglaubens. Er ſchreibt:

„Die beiden großen chriſtlichen Confeſſionen müſſen
durchaus einen aufrichtigen Frieden ſchließen,
wo es ſich, wie hier, um die Exiſtenz beider handelt,
wo ſo hochwichtige Intereſſen in Frage kommen. Die
Kluft, welche die durch die lutheriſche Reformation
hervorgerufene unſelige Kirchenſpaltung entſtehen ließ,
muß nach Möglichkeit überbrückt werden. Es muß
aufhören Mißgunſt und kleinlicher Neid, mit welchem
man proteſtantiſcherſeits ſo oft auf die Kirche Roms
ſieht, auf ihre weit impoͤnirendere Geſtalt, ihre viel
reicheren Mittel, ihre geſammeltere Kraft und ihre
umfaſſendere Macht Wir müſſen die Mitarbeiterſchaft
diejer großen feſtgegründeten Kirche in der ſozialen
Frage von Herzen willkommen heißen. Ein folches

+ UTE — — -— -

— —




genannt ,Evangeliſcher Bund“,
durch Flugſchriſten, Brochüren und eine eigene
„Kirchliche Correſpondenz für die deutſche Tagespreſſe“
unabläſſig Unfrieden ſtiftet und in elner allen
friedliebenden Proteſtanten widerwärtigen Weiſe un-
unterbrochen gegen die katholiſche Kirche hetzt! Ich
proteſtixe als Proteſtant im Namen zahl-
reicher Geſinnungsgenoſſen gegen ein ſo
unchriſtliches Gebahren, welches beſtändig
gegen eine andere chriſtliche Kirche das Feuer aus
der Aſche bläſt. Der „Evang. Bund“ ſoll ſich hüten,
den Religionshaß in Deutſchland wieder anzufachen!
Es iſt ſehr richtig geſagt worden, daß der Gegenſatz
des Proteſtantismus und Katholizismus die Achilles-
ferſe der deutſchen Einheit, dẽs deutſchen Reiches ſei.
Der religiöſe Hader hat Deutſchland ſchon eininal in
den Abgrund geſchleudert: noch heute leiden einzelne
Gegenden unſeres Vaterlandes an den Nachwehen des
aus der Lutheriſchen Reformation entſtandenen un-
ſeligen dreißigjährigen Krieges. Wir ſind vor einer
Wiederholung leider nicht ſicher. Die Erhaltung
des von innen und außen bedrohten Reiches fordert,
daß man die furchtbarſte Parteileidenſchaft, den
Religionshaß, nicht anfache, ſondern mit aller
Lraft auf die Erhaltung des religiöſen

Friedens hinarbeite. Soll ſich etwa das
deutſche Volk in zwei große hatzerfüllte Streit-
haufen, Katholiken und Proteſtanten, ſcheiden,

die ihre Gegenſätze in alle Verhältniſſe hinübertragen?
Dann iſt der innere Krieg nicht mehr fern, und' das
könnte, zumal bei einem äußern Kriege, dem Reiche
doch recht übel bekommen! Duobus litigantibus ter-
tius gaudet: das heißt, der gemeinſame Feind, der
ſozialiſtiſche Unglauben, triumphirt, wenn beide Kirchen
ſich bekriegen. Während die kath. Kirche in letzter
Zeit moraliſch und numeriſch zunimmt, bröckelt die
evangeliſche Kirche nach allen Seiten ab und große
Maſſen, namentlich in den Schichten der Gebildeten,
zeigen ihr die äußerſte Gleichgültigkeit und gehören
ihr nur noch aus Bequemlichkeit oder dem Namen
nach an. Will der „Evang. Bund“ die friedliebenden
Proteſtanten auch noch aus der evangeliſchen Kirche
treiben? Was iſt das für eine Religion, deren
Theorie die Feindesliebe und deren Praxis der Fein-
deshaß iſt?!
der unter Kreuzesqualen, uur dié Worte für ſeine
Feinde hatte: Vater, vergib ihnen!?

„Wir wollen Frieden zwiſchen Katho-



Schlechter Feumuns.
2) Criminal-Novelle von Carl Ed. Klopfer.
Weller ſchwieg eine Weile, dann fagte er plötzlich:




liten und Proteſtanten, weil die Erhaltung
dieſes Friedens die Grundbedingung für die Erhalt-
ung des deutſchen Reiches, ja des deutſchen Voͤlkes
ſelbſt iſt. Beide chriſtlichen Confeſſionen ſollen nicht
gegen einander, ſondern nebeneinander gegen die
wilde heidniſche Sozialdemokratie ſtreiten und dieſe
zu chriſtianiſtren, zu erziehen, zu veredeln bemüht ſein.
Und wenn die kath Kirche zu dieſem Zwecke die volle
Entfaltung ihrer Machtmittel braucht, ſo gewaͤhre
man ſie ihr. ... Wir Proteſtanten müſſen uns
mit Rom gegen den Unglauben verbün-
den, denn es iſt beſſer mit Rom, das die allgemei-
nen chriſtlichen Grundartikel mit uns theilt, gegen
den Unglauben, als mit dem Unglauben gegen Rom
zu ſtreiten!“

Dieſe wahren, ſchönen Worte eines einſichtigen
Prote ſtanten werden vielleicht den Herren Bün-
desrittern doch etwas zu denken geben Daß ſie
freilich den „Evang. Bund“ bewegen werden, von
ſeinex jetzigen geraͤdezn ſchmählichen Kampfesweiſe
abzulaſſen, — das glauben wir fürs Erſte noch nicht.

? Die kath. Millfion in Kamerun.

iſt bekanntlich vom hl. Vater den Pallottiner-
Patre3 auvertraut. Vor einigen Jahren hatte die
Reichsregierung den Vätern vom hl. Geiſte, welche
ſich um die Genehmigung, dort miſſioniren zu dür-
fen, bewarben, eine abſchlägige Antwort ertheilt. Man
wollte nur deutſche Mijſionare, die Patres vom
hl. Geiſte aber, durch den Kulturkampf aus Deutſch-
land pertrieben, gelten als Franzoſen. Eine Zeit
lang ſchien es, als ob die neu erworbene Kolonie dem
Katholizismus verſchloſſen bleiben ſollte, nur eine
Miſſionsgeſellſchaft erhielt die Konzeſſion, und dieſe
war eigenthümlicherweiſe auch keine deutſche, ſondern
die Bas er reformirte Miſſionsgeſellſchaft. Dieſe
be gann dann auch flott ihre Thätigkeit, mit welchem
Erfolge, iſt uns undekannt, wir haben nichts mehr
davon gehört. Mit dem Kanzlerwechſel in Berlin
wurde die Ausſicht für die kath. Miſſionsgeſellſchaften
wieder günſtiger, und nun war es die „Fromme
Miſſionsgeſellſchaft! der Pallottiner. welche fich um
die Zulaſſung in Kamerun bewarb und auch die Zu-
ſage der deutſchen Regierung erhielt. Der hl. Vaͤter
übertrug dann dieſer Kongregation die Apoſtoliſche
Präfektur Kamerun und ernannte den P. Vieter,“
einen Weſtfalen, zum Apoſtoliſchen Präfckten. Dieſer
ſchiffte ſich mit ſeinen Mitarbeitern im Oktober 1890
ein und hat trotz aller Schwierigkeiten, die anfangs





— — — — — ———
wird entſchieden auf 94 Gulden hinaufgetrieben werden.

Wir föngen ja das Geld einftweilen in der Cafje be-
4 bis der Cours feſtſteht. Wie viel iſſ eS
enn ?”


Hielten Sie e8
jenen Herzensroman ſchon — angefponnen haben fönnte ?
— Dinter unſerem Rücken, ebenfalz nach allen — herae-
brachten Kegeln ?“

Der Greis blidte vexdutzt empor, dann lächelte er.
ein mein Befter, da fehen Sie entjchieden zu Ichwarz.


doch noch zu fennen.“ }

‚, „Gebe SGott, daß fie Recht haben: erwiederte Weller
mit einem tiefen Seufzer. „So laſſen wir alſo der Zeit
ihr Recht. Ich will mich noch eifriger als bisher bemühen,
die Neigung des Mähchens zu erringen, und hHabe wenaitens
das Bewußtijein, daß Sie mich alZ väterliher Freund un-
Lerſtüzen werden !“

‚„ „Bon ganzem Herzen,” rief dex alte Kaufherr und
veichte jeinem Affocie beide Hände hHin, während er fich
erhob, denn ein Bochen an der Comptoirthlire ‚erinnerte
gak}tbamn‚ daß die Geſchäftsſtunden bereits wieder begonnen

atten.

Herein!“

Ein ſchlanker, hübſcher Mann von etwa fünfundzwanzig
Jahren trat ein: der junge Buchhalter der Firma . M.
Sendler u. Comp. _

„Was bringen Sie uns Herr Hügel?“
Chef ijehr wohlwolNlend.

„Das Incaſſo der Nürnberger Actien-Brauerei iſt ſo-
eben eingelaufen. Aber der Verwaltungsrath {chreibt, daß
er den Metereentner Hopfen nach dem Stand der hHeurigen
Ernte nur mehr mit 138 Mark bezahlen wole. Zu diefjem
Rreife follen {chox Offerten aus Bohmen vorliegen. Was
wollen wir thun?“

Eendler blickte fragend auf den Compagnon: der zuckte
die Achfeln.

Warten wir noch vierzehn Tage Ich glaube noch
nicht an dieſen niedrigen Cours. Der Saazer Hopfen

fragte der alte




Lirea 14,000 Mark für den nächſten Poften,“ ſagte
der Buchhalter; in einem ſchwaͤrzledernen VBortefenille
blätternd.

„Sehr wohl berechnet,“ ſagte Herr Sendler mit ärger-


ando, um ung dang erfolareicher den Daumen aufs Auge
jeßen zu fönnen; aber wir werden ja jehen! Behalten ſie
den Bolten bis zur äußexſten Lieferfrill in der Eaſſe,
lieber Hitael,

tuiven können. Schreiben Sie den Leuten jedenfalis,

wir uns vor zwei Wochen nicht entſchéiden köonnten !“


in ſeine Comptoirabtheilung zurüc, waͤhrend Weller und
Sendler noch beijammen blieben. Wber jeßt bildeten nur
mehr geſchäftliche Angelegenheiten das Thema ihres Ge-


Hintergrund treten mußten.
2

Wenige Tage ſpäter herrſchte eine fieberhafte Unruhe
und Thätigkeit im ganzen Städichen deffen Ge{chäft2welt
hauptſächlich aus Hopfenhändlern beſtand. Was für die
Faudinaviſchen Handelspläge 3 B. das Ergebniß des
erſten Häringfanges im Frühjahr bedeutet, das ift für viele
hahriſche, böhmifche und elfäffiche Orte die Herbitliche
Hopfenernte Es giebt auf dieſen Pläßen kaum eine Ver-
ſon die nicht irgendwie Intereſſe daran hätte: die Rauf-
leute durch die NMegociation und den Erport; die niedrig-


durch das Einſammeln der Hopfentrauben erzielen, zu wel-


herangezogeu werden.

Die Zirma I, M. Sendler 1u. Comp. ſtand als die
erſte des Städtchen3 natürlich im Mittelpunkte diejer Be-
wegung. Die beiden Chefs waren den ganzen Tag über





— s» E — —— ——⏑⏑⏑⏑ —
im ange(trengtefter Thätiakeit, hald draußen in ihren weit-
fäufigen Hopfengärten, wo die Frucht von einer ganzen
Armee von Toalbhnern: VMeänner, Weiber und Kinder,
eingeheimſt wurde, bald auf der „Böorfe”, die zur Ernte-
zeit in einent beſtimmten Caffehauſe der Stadt improvilirt
wurde, Da gab es zu thun, daß Zedem der Kopf rauchte.
Mit veinvoller Spannung. durdhflog man jeden Tag die
BZeitung, um das Ergebuiß der Saazer Ernte auszukund-
Ychaften, welches für die ganze Branche tonangebend. ift,
da ſich _ die Frucht dieſes keinen böhmijchen Bezirkes des
heſten Nenomes erfreut. „Wie {teht der Centner Saazer


aller dabei Intereſſixten ſchwedt

Begreiflicdherweife gab e& auch für den jungen Buch-
hHalter Leovold Hügel um dieſe Zeit Arbeit in Hüle und
Fille Er am vom frühen Vorgen bis zum {päten
Abend nicht mehr aus ſeinem Comptoir, mo ihn {feine
Pilicht feſthielt; da galt e8, hunderte von Offerten zu er-
ledigen, Gelder auszahlen und einnehmen und Buch dar-
über zu führen. Näch der Ernte, kurz vor der Effektuir-
ung der eingelaufeneu Beitellungen, follte noch die Übliche
Caſſenſcontxixung ſtattfinden Der junge Mann mußte
wahrſcheinlich ſeinen ganzen Fähigkeiten aufbiefen, um
auf ſeinem perantwortungspollen Boften das. Ver»
* zu rechtfertigen, das ſeine Chefs in ihn aejebt
atten.
Eeine alte Mutter. eine Beamtenwittwe, die mit
ipm in einem beſcheidenen Haufe ziemlich am Ende der
Stadt wohnte, ſeufzte in diefer Zeit gar oft und {Hüttelte
ihr graues Haupt über den Sifer ihres Sohnes, der ihn
ſchier zu Grunde zu richten drohte. Kam doch ihr Leo-
pold in den "großen“ zwei Wochen nicht einmal zum
Mittageffen heim und mußte, wenn er Abends das Comp-
toir verlaffen hatte, ohne Berzug das Bett auffuchen, um
O zu Härfen — zu den Strapazen, die ihm der folgende
Tag bringen ſollte

Gortſetzung folgt)


 
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