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Pfälzer Bote für Stadt und Land (26) — 1891

DOI Kapitel:
Nr. 291 - Nr. 297 (22. Dezember - 31. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44149#1197

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Erſcheint täzie0 aa Mrkmahann der or mid Heierrage
Samfiags it Unterhaltmnaßbe" on Wratg wertelführlich
ME. 120 ohne Z 416n m Voſtaufſchlag Beſtellungen
bei den Poſtanſtalten u. bei der Expedition Zwingerfiraße 7.







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ÄnsetgesBlatt für die Amtsbezi e Hemelber.

Kadenoncg, Wergetm, Äuwwmemgen, Philippaburg,
WMiesinh Bruchlal Bretten Nedargemünd, Mosbadı,
$berbach, Bucher, Walditrn, C.Btfchofab. Wertheim z















5 4 Verantwortlicher Redalteur:
At. 2 Julius Jecker in Heidelberg.



Vrue, Serlag n. Cxpedition von Gebr. Yuber
in Heidelberg, Zwingerürake 7,







— 00020000
Die Poſt⸗Abonnenten

werden dringend gebeten, das Abonnement auf den
Pfälzer Boten ſchlennigſt bei der nächſtgelegenen
Poſtauſtalt — auch Landbriefträger nehmen Be-
ſtellungen an — zu erneuern, damit Unterbrech-
ungen in der Zuſendung beim bevorſtehenden Quar-
talwechſel vermieden werden.

Unſere bisherigen Leſer und Freunde bitten wir,
dem Pfälzer Boten auch ferner treu zu bleiben und
für weitere Berbreitung desſelben durch Em-
pfehlung in den Kreiſen ihrer Bekannten nach
Kräften mitwirken zu wollen Probenummern ſtehen
zu Dienſten. ;

Neu hinzutretende Abonnenten erhalten bis Ende
dieſes Monats den Pfälzer Boten unentgeltlich,
wenn ſie der Expedition desſelben die Poſtquittung
für das 1. Quartal zuſenden.

CII — I"I"t".t."_t‚.'t:
Der heutigen nummer liegt Yr. 51 der Anterhaͤltungs-
beilage bei.

— — — — — — —⏑









— I I+E 3-€3-





An den Weihnachtsfeiertagen erſcheint kein Pfälzer
Bsote. Die nächftẽ Nummer wird am Montag Miting

® Glüdfelige Weihnadıten.

Ganz plötzlich, kalt und rauh iſt in dieſem Jahr
der Winter ins Land gezogen. Jetzt übt er ſein
Kegiment und macht gar keine Miene, eine Paͤuſe
eintreten zu laſſen. Mit blinckendem Reif hat er Baum
und Strauch überzogen, in Eis hüllt er die Gewäſſer,
und die Schneedecke wird auch nicht lange mehr aus-
bleiben. Die Winterzeit iſt eine trübe Zeit, nicht nur
der trüben Tage halber, nicht blos des geringen Son-
nenlichtes halber, ſondern noch mehr deshalb, weil
die Noth im Winter ſich doppelt fühlbar macht, weil
die Bedürfniſſe im Winter größer ſind und bei nur
zu Vielen das Einkommen ſich verringert. Wie manche
Familien mögen wohl in unſerer naͤheren oder ent-
fernteren Umgebung auch am Feſte des Chriſtkindes
mit Noth und Entbehrung ringen, nach dem Wochen

Schlechter Seumuns.
23) Criminal-Novelle von Carl Ed. Klopfer.

Ich vermiſſe ein ſeidenes Taſchentuch, das ich wahr-
ſcheinlich im Laufe des deſtrigen Nachmittages hier im
Hauſe verloren hHabe ; icherinnere mich weniaſtens/ e& noch
Mittaas. als ich von Lomptoir kam, bei mir aefraaen zu
hahen und damit da herausgekommen zu ſein. Wenn Sie
es finden ſollten — es iſt aus blauer Lyoner Seide, ziemlich
groß und hat einen weißen Streifen um den Rand;
iberdies iſt mein Buchſtabe, W., darein gezeichnet!

„BisS jebßt wurde es noch nicht gefunden, aber ich
verde Acht darauf geben!“ ſagte Franz und verließ das
Bimmer. ——

Marie läcelte, daß zufällig ſie die Findexin geweſen.
unbd griff ſchen in ihre Taſche um das in Rede jtehende
Tuch hervorzuholen und zu erzählen, wie und wo fie dazu
gefommen ſei, da ſchnitt ihr der Bater, der das Lächeln auf
ihren Lippen bemerkt hHatte, das Wert von dem Munde ab
und * fie vorläufig durch feine Rede dieſen Gegenftand
veraefſen

Ach mein Mäuschen, macht Dich endlich der Wein
euch wieder fröhlid; ? Gelt ja, diefer wunderbare Sorgen-
krecher ſpült doch alle unangenehmbare Stimmung hinweg.
Jebzt wage ich es auch, Dir jene Nachricht mitzutheilen, von
welcher ich früher fürchtete, daß ſie Dich etwas gar zu ſchtoͤff
berühren konnnte

x zögerte jedoch wieder und ſah fragend auf Weller,
den er nach und nach gewohnheitzamaͤb {chon als Orakel
in allen heiklen und zweifelhaften Faͤllen zu Rathe zu ziehen
»ilegte, Ferdinand ermunterte ihn zur Fortfetzung der
Kede durch ein ausdrucdsvolles Neigen ſeines „correkften”
Hauptes.

„Denke doch nur, Kind! Derſelbe Hligel, der vordem
bei uns Wohlthaten aenoſen! den wir ſelhſt nach ſeinem
für ihn ſo folgenfchweren Fehltritt ſo alimvflich, als nur
irgend thunlich behandelt haben, oder vielmehr behandeln
wollten, wenn er uns durch ein reumüthigesS Geftändniß
bei Beiten entgegengefommen. wäre, — derſelbe Mann alſo
trus bie Sühne, die er doch nur durch eigenes Vergehen





lang der Verdienſt fehlte und die geringen Erſpar-
niſſe zur Neige gegangen ſind. Herrſcht in einem
Hauſe Ueberfluß, ſo pocht an hundert anderen Thüren
die Enthehrung, vielfach dort, wo die Meiſten e& nicht
ahnen; denn die verſchämte Armuth, von welcher wir
kürzlich geſprochen, duldet am meiſten, ihr iſt am
ſchwerſten auch nur für den Augenblick
weil ſie unbemerkt bleiben will. Nun kominen die
Verhetzer des Volkes, die Agitatoren und Wühler à la
Rüdt und Genoſſen, ſie weiſen hin auf den Glanz
und den Luxus Weniger, von dem das Proletariat
nichts hat, als hie und da einen Blick, dem ein Fluch
auf den Lippen nachfolgt, fie wollen von der Mild-
thätigkeit nichts wiſſen, noch weniger vom Chriſten-
thum welches das Erbarmen auf ſeine Fahne ge-
ſchrieben hat; ſie erklären, wie z. B. jüngft in Frei-
burg, trotzdem das Chriſterthum faſt 2000 Jahre be-
ſtehe, ſeien die Zuſtände immer ſchlimmer geworden.
Erſtens iſt das nicht wahr, denn im Heidenihum, im
alten Rom, war der Prozentſatz der Beſitzloſen ein
weit größerer, als jetzt; der Arme fand da weit we-
niger Theilnahme als in unſeren Tagen, die Unter-
drückung des Schwaͤcheren durch den Stärkeren war
weit mehr organiſirt und ſogar ſtaatlich verbrieft, als
jetz. Man denke nur an die Sklaverei, welche über
zwei Drittel der Bewohner des alten Roms trechtlos
machte, ihnen jogar die Menſchenwürde abſprach.
Zweitens ſind die jetzigen Mängel und geſellſchaftli-
chen Mißſtände nicht dem Chriſtenthume zuͤzuſchreiben,
ſondern dem Abfall vom Chriſtenthume. Waͤs nützt
es, ſich einen Chriſten zu nenuen, wenn man nicht
als Chriſt handelt? Was iſt der Inhalt, der welt-
umgeſtaltende Grundſatz des Ehriſtenthuͤms? Der
Stifter unſerer Religion hat es kurz und vollſtändig
geſagt: „Liebe Gott über Alles und Deinen Nächſten
wie Dich ſelbſt.“ Wo das geſchieht, da herrſcht wah-
res Chriſtenthum, wo es nicht geſchieht, da herrſcht
der Geiſt des Antichriſtenthums, mag er nun als
herzloſer Materialismus oder als aus dem Haſſe ge-
borener Sozialismus auftreten, denn im Prinzip koͤm—
men beide auf daſſelbe hinaus.
„Offenbarung iſt gekommen
Von den Lippen eines Kindes.“

Wollen wir wiſſen, wie die Schäden der Zeit be-
ſeitigt werden ſollen, ſo müſſen wir uns an die Krippe
zu Bethlehem verſetzen. „Der Vogel hat ſein Neſt,
das wilde Thier ſeine Höhle, aber der Menſchenſohn
hat nichts, wohin er ſein Haupt legen kann“; ärmer
wie das Chriſtkind iſt Niemand, und geduldiger in
ſeiner Armuth auch Niemand; die Krippe zu Bethle-






4

hem iſt der Anfang der großen Predigt durch das
Beiſpiel, welche auf Calvaria ihr Ende fand und
ſeitdem hinaustönt, wo nur Sorgen und Noth ſind:
„Kommt zu mir Alle, die ihr mühſelig und beladen
ſeid, ich will euch erquicken. Wenn die Welt, Be-
ſitzende wie Beſitzloſe, dieſe Worte ſich zu eigen machen
wollte, wenn der Geiſt des Chriſtenthums der Geiſt
der werkthätigen Menſchenliebe alle Kreiſe in ihrem


dann wäre zwar nicht die Armuth aus der Welt ge-
ſchafft, denn es ſteht geſchrieben:„Arme werdet ihr
jederzeit bei euch haben?, aber ſie wäre ſo gelindert,
daß ſie ohne Murren ertragen würde, daß teine ſo-
ziale Gefahr mehr waͤre, jondern eine gottgewollte
Laſt, welche ſich im Hinblick auf das Jenſens, auf
den Lohn im Himmel leichter trüge. Wenn ſomit ein
ſozialiſtiſcher Agitator kommt und ſagt: „Seht, da ift
das Elend trotz des Chriſtenthums, laſfet euch nicht
von den Pfaffen bethören, das Chriſtenthum rettet die
Welt nicht, ſondern nur der Alles gleichmachende
Sozialismus“ und wenn er ferner ſagt?

Ein neues Lied, ein ſchoͤnes Lied.

Ihr Zreunde,. woͤllen wir euch dichten!

Wir wollen hier auf Erden ſchoͤn

Das Himmelreich errichten“
ſo glauben wir ihnen nicht, fondern weiſen ſie hin
auf das Kindlein in der Krippe, von deſſen holdem
Munde die Lehre ertönt: „Liebet Gott über Alles
und euern Nachſten wie euch ſelbſt.“ Was hat die
antichriſtliche Bewegung — fomme ſie von national-
liberal-atheiſtiſcher oder von ſozial⸗demokratiſcher Seite
her — dieſer Lehre an die Seite zu ſtellen? Nichts,
gar nichts, als den Haß, die Verneinung, die Au8-
beutung, welch in gleicher Weiſe ſtatifinden wird,
mag der Staat materialiſtiſch-kapitaliſtiſch oder revo-
lutionär-ſozialiſtiſch werden Nur in der Ausübung
des xraktiſchen Chriſtenthums liegt das Heil
der Zulunft, auf dieſes Ziel inuß jeder fuͤr feinen
Theil hinaugarbeiten, dann komint für Alle, was
der Pfälzer Bote heute wünſcht

Glückſelige Weihnachten!

-b- die Sozialdemokratie uud det Eid.

Daß für einen folgerichtig denkenden und han-
delnden Sozialdemokraͤten es keinen Eid im Sinne
der chriſtlich denkenden Geſellſchaft oder auch aller
Derer, die an einen perſönlichen Gott glauben, geben
kaun, iſt nicht zu beſtreiten; die folgerichtige Sozial-
demokratie iſt atheiſtiſch und die Haupiführer der-
ſelben haben oft genug erklärt, daß ſie aͤn das Da-





auf ſich gezogen, in gehäſſiaſter Feindſchaft uns u. uuſerem
Hauſe nac An uns wollte er ſich raͤchen für die Strafe,
die, ihm der Urtheilsipruch der Richter. zudictixt hatte,
dieſs Rache war der Plan. den er feit feiner FInternirung
im Zuchthauſe abgefaßt haͤben mochte, dem zuliebe er jeine
Strafe unter ſa multerhafter Führung abbüßte, daß ihm ein
Jahr davon geſchenkt wurde, ein Jahr zur früheren Neali-
Kruna ſeines hacheplanes — und die Ausführung war der
Zweck jeiner Rückkehr, die er nicht um einen Tag verſchieben
wolte. Man hat conſtatirt, daß er erſt geſtern Morgen das
Zuchthaus verließ.

Marie Jaß, in ihren Divan zuxückgelehnt, unbewealich
da. Ihr Auge hing mit dem Ausdruck eines {tarren
Schredens auf den Lippen ihres Vaters, der im Eifer
jeiner Rede gar nicht bemerkte, welchen mäcdtigen Eindruck
dieſelhe auf feine Zuhörerin äußerte. Er war ganz von der
Eupfindung ſeines Abſcheug erfült.

Ja, man muß die bitterſten Erfahrungen im Leben
machen, mein unſchuldiges Täubchen, Erfahrungen,
die ſelbſt einem Öraukopfe, wie mir, nen ſind und deßhalb
doppelt ſchmerzlich und verbitternd wirfen! — Weißt DYu,
wer heute Nacht die Urſache jenes Brandes war, dex bei
einem Haare von den entſeblichſten Folaen hätte bealeitet
ſein fönnen ? Veißt Du, wer dieſes Feuer in bos-
hafteſter Abſicht, nach einem wohldurchdachten Racheplan
— geleat hat?“

Marie ſprang raſch pon ihrem Sige auf, Sie wußte
genau, was für ein Name als Antwort auf die aufge-
worfene Frage ‚in der Eröffnung ihres Baters folgen
würde, aber fie lauſchte doch fo gefpannt, als hinge ihr
Leben an der Entjheidung. Herr Sendler erſchrack über
den unheimlichen Ausdruck ihres Geſichtes und wagte nicht,
fortzufahren. . }

Leopold Hügel !” ſprach anftatt ſeiner mit ſtarker
der Compaanon, ohne ſich indeſſen auf ſeinem Stuhle
zu rühren.

Das iſt nicht wahr!“ ſchrie Marie plötzlich laut,
mit einer gewiffen Hexzweiflung auf, als müßte fie eine gegen
fie felbft gerichtete Unflage zurücdweijen. Sie wandte Weller
ein kreideweißes Antlitz ein wild auffprühendesAugenpaar zu.





Dieje binzugeſchleuderten Worte erregten den Zorn
erdinandS. Ein dämoniſches Feuer begegnete ihrem
ſicke aus ſeinen Augen.; Er biß die Zähne wild aufs

einandex und bezwang, ſich uur mit erſichtlicher Mühe,
um endlich ‚gelafjen, in ſeiner gewohnten Weife, {ogar
4 einer gewiſſen ſpöttiſchen Kälie, antworten . zu
önnen.

Du derxtheidiaſt ihn, meine Liebe, — eine gewiß edle
Reaung! Aber ich bedaure, Dir einen Schmerz zufügen
zu müffen, indem ich Dir jage, daß Huͤgels Schuld leider
nur zu ſehr erwieſen ift. Man hat ihn heute früh, aleich
nach Aushruch des Brandes, in einer jehr verdächtigen Ges
müthsberfaflung und einem nicht minder verdächtigen
Aufzuge hetroffen, als er eben im Begriffe war, dem
Schauplaße ſeines Racheactes zu entfliehen. Man hat
ihn aber alücklicherweiſe noch rechtzeitig Ddingfejt gemacht
und ihn in den Bereich des Armes der Gerechtigkeit ge
bracht — zu Amtmann Ramberg.“

Und doh — man irrt ſich — man irrt ſich gewiß.“
ſtieß fie mit ängftlider Haſt hHerror. Er iſt unidhuldig
— man urtheilt vieleiht — wieder nur nach dem Schein.“

Ic glaube faum, erwiderte Weller mit einer grau-
jamen Harmloſiakeit, als erwähne er etwa3 ganz Neben-
fächliches, das nur ſo obenhin bemerkt werden brauchte.
„ glaube kaum, denn er hat bereits — ein Geftändnig
abgeleat !”

Marie fuhr ſtarr zurück und ariff ſich an die
Stirne

„‚ „Wie? er hat — geftanden?” wiederholte ſie nach
einer_inhaltsichweren Baufe dumpf und {Hüttelte zweifelnd
den Kopf. „Er hat geſtanden?“
„ „ Sa, mein Kind,“ erwiderte da Herr Sendler, beweat
ihre Hand ergreifend, „ich bitte Dich laffe Dich aber da-
durch nicht ſo furchtbar alteriren! Waͤs Fümmert Dich denn
der Schurke, dieſer elende, niederträchtige —“ .

„Vater, Vater, er hat wirklich — geftanden ?” rief
Marie entſetzt.

ortſetzung folgt.)


 
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