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Pfälzer Bote für Stadt und Land (26) — 1891

DOI Kapitel:
Nr. 281 - Nr. 290 (10. Dezember - 20. Dezember)
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bie hntebezhle Heitelherg:
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Bſal. rette — —
uchen/ Kalldürn ©- Bitichof8h, Bertheint ı.
























vwrerteurtlachen edakteur
4 wader ıu Heidelbera.




| Bunzc, Berlag n ypedition von Gebr. guber
in Heidelberg, Awengerſtraße 7,







OGchOchchchchchchcchcheSchch
Beſtellungen

*uf den „Vfälzer Boten“ für den Monat
Dezeuiver werden noch fortwährend bei ſaͤmmtlichen
Poſtaͤnſtalten, bei unſeren Trägerinnen, jowie in anſerer
Expedition Peidelberg, Zwingerſtraße entgegen-

genommen. *
Berlag des „Pfälzer Bote.“

0000000080000000090
* Jie zufünftige Baplkwahl.

Seit einigen Wochen blüht in Italien und auch
im Auslande eine vollſtändige Literatur über die zu-
künftige Papſtwahl. Bonghi und beſonders die libe-
ralen Friedensfreunde“ beſchäftigen ſich in Schriften und
Zeitungen über die Wahl des Papſtes im nächſten
Conelave und behaupten, nicht nur eine gewiſſe
Einmiſchung des italieniſchen Staates, ſondern ſtellen
auch Theorien auf, nach welchen das katholiſche Volk
ein Recht auf die Papſtwahl hätte. Natürlich unter
dem katholiſchen Volke verſtehen die italieniſchen Libe-
ralen jeden Italiener, der getauft iſt, ohne zu fragen,
ob er noch nach den Grundſätzen der Kirche fortlebt.
Schon vor dem Tode Pius IX. ſchrieb Bonghi in
diefem Sinne und behauptete im Jahre 1874 für das
römiſche Volk das Recht der Papſtwahl. Eine ſolche
Einmiſchung der Laien könnte wohl den italieniſchen
Liberalen gefallen, aber Pius IX. der die Schwierig-
keiten vorausſah, erließ. nachdem der ganze Kirchen-
ſtaat von den piemonteſiſchen Truppen beſetzt worden
war, drei Bullen, in welchen er die früheren Be-
ſtimmungen Gregor's XV., Urban's VIII. und Cle-
men3’ XII. mit neuen Aenderungen erleichterte und
den Cardinälen für den Fall der Erledigung des hl.
Stuhles ausgedehnte Privilegien für die Papſtwahl
veclieh. Die drei Bullen Pius IX. ſind nicht unbe-
kannt und wurden mehrmals veröffentlicht. Die erſte
„In hac sublimi‘‘ wurde den 23. Auguſt 1871 unter-
ſchrieben, die zweite „Licet per apostolicas? iſt vom
S. September 1874 und die letzte „„Consulturi‘,
in der der Papſt wörtlich die Beſtimmungen der
beiden vorausgegangenen wiederholte, iſt vom 10. Ok-
tober 1877.

Später, kaum einen Monat vor ſeinem Tode, gab
Pius IX. den 10. Januar 1878, eine Verordnung,
welche das Cardinalscollegium gelegentlich der Vacanz
des hl. Stuhles beobachten ſollte. Ducch dieſe Ver-

Schlechter Seumuns.
11) Criminal⸗Novelle von Carl Ed. Klopfer.

Meiner Seel’ mir ift’3, als habe mir heute einer ein
aut Stück meiner roſigen Weltanſchauung geraubt — denn
wem ſoll man noch trauen, auf wen ſoll man ſich fürdexhin
noch verlaſſen kännen, wenn die Schurken mit einer ſolchen
Maste herumlaufen ? !” * B

Marie mußte ſich abwenden, alZ ſie eine Thräne im
Auge ihres Vaters alitzern ſah. Sie wollte ſich keinem
Schmerz, keinen weichen Gefuͤhlen mehr hHingeben — ver-
härten wollte fie ihr Herz, Ddeffen erſte Liebesempfindung
ihr eine ſo herbe Enttäufchung bereitet hatte. Ja, ihr
Bater hatte ja fo Recht: wem war noch Vertrauen zu
ſchenken, wenn Dex betrog? — Und durin fand ihr Ge-
müth noch eine Entſchuldigung für die Neigung, die ſie
jetzt faſt wie eine Sünde betrachtete, — daß guch der alte,
in auten und ſchlechten Geſchaften arau gewoͤrdene Handels-
herr von dem beſtechlichen Weußern und dem gewinnenden
Weſen des Unwürdigen hetrogen worden war.

Wie dankte ſie jetzt ihrem Geſchick daß ſie ſich dem
Höſewicht noch nicht anvertraut, daß fic ihren Gefühlen
ihm gegenüber noch keine Worte geliehen hHatte. Sie lebte
jetzt nur noch in der Analjt, daß Hügel in ſeiner Verant-
woͤrtung vor dem Richter ihren Namen erwaͤhnen
werde, ſie als Diejenige bezeichnen werde um deren Beſitz
er die Bahn des Verbrechens hetreten hHabe. Um Gottes
willen — fie mochte gar nicht daran denken, was das
werden ſollte, wenn er wirklih ibren Namen in die Ge-
ſchichte ſeiner Miſſethat verflocht — wie arg mußte da
nur der Scandal werden, der ſchon jetzt das kleine Städt-
chen durchſchwirrte wo man mit Fingern auf das Haus
Z M, Sendler und Comp deutete, in welchem der ziem-
lich allgemein bekannte Buchhalter zum Verbrecher ge-
worden war.

Gott ſei Dank hierin ſollten ſich die Hefürchtungen
Marie’3 als grundlos erweiſen! Hügel erwähnte des ne-
liebten Maͤdchens mit keinem Worte, und wie hätte er ſie







als die indireete Urſache des ihm zur Laſt gelegten Ver
gehens nennen ſollen, wo er dieſes ja fortgeſetzt leugnete?

ordnung, welche ſchon veröffentlicht wurde, aber doch
wenig bekannt iſt, wollte Pius IX. beſonders die
Freiheit des Conclave gegen die Einmiſchung der
Italiener vertheidigen. „Die ſchwierige Lage,“ ſagt
er, „in der ſich der hl. Stuhl durch die Thatſache
der Uſurpation der Beſitzungen der Kirche und der
Hauptſtadt des katholiſchen Erdkreiſes befindet, hat es
Uns eingegeben, ſo viel es in Unſerer Macht ſteht,
vorzuſehen, auf daß die Erledigung des hl. Stuhles
dem Anſehen und den Intereſſen desſelben nicht zum
Schaden gereiche.“

Zu dieſem Zwecke ernannte er eine Commiſſion
aus mehreren Cardinälen, die die wichtigſten Fragen
über die Sedisvacanz prüften und die von Pius IX.
unterſchriebene Verordnung redigirten. Die Verordnung
regelt vor allem die Haltung des hl. Collegiums
während der Vacanz des hl. Stuhles und verbietet
den Cardinälen, weder einzeln noch gemeinſam zu
was immer für einer italieniſchen Regierungsmacht
in Beziehung zu treten. Der Cardinal Camerlengo
Kämmerer) übernimmt gleich nach dem Tod des
Papſtes die Verwaltung und wird die einzige geſetz-
liche Autorität während der Vacanz des hl. Stuͤhles.
Pius IX. verweigert jedes Recht der ittalieniſchen
Regierung, in den Vatican zu dringen. Vertreter der


in dieſem Falle ſoll der Cardinal erklären, daß er
alle Jene empfängt, welche durch irgend welchen Titel
würdig und berechtigt ſind, bei ſeiner Perſon vorge-
laſſen zu werden. Er ſollte aber auch dabei erklären,


an der Lage ändern könne, wie ſie ihm vom Papſte
überlaſſen iſt und ſie unverändert ſeinem Nachfolger
übergeben müſſe, daß folglich das hl. Collegium nicht
mit einer Regierung in Beziehung treten kann, mit
welcher der Papſt keinerlei Verkehr hatte, daß er
übrigens für das Innere des apoſtoliſchen Palaſtes
keiner Hilfe benöthige, und was die äußere Ruhe be-
treffe, keine Verantwortung für die Stadt haben könne,
welche er nicht regiere.

Pius IX. ſchreibt ferner die Proteſte vor, die an
das diplomatiſche Corps gerichtet werden ſollen, be-
ſonders im Falle der Gewaltthaten gegen die Freiheit
der Wahl und befiehlt ſorgar, wenn die Freiheit in
Rom nicht gewährt iſt, den Papſt außerhalb Italien
zu erwählen.

Man ſagt, und es iſt ſehr wahrſcheinlich, daß
Leo XIII. ungefähr diefelben Verordnungen durch
geheime Bullen beſtätigte und betreffs mehrerer Cere-

— € war nicht das gerinaſte Geſtändniß aus ihmheraus-
zubekommen. Vergebens ſtellte ihm der Amtmann mit
aller Milde vor; er könne durch fortaeſetzte VBerfiocktheit
jeine Laae keineswegs erleichtern — Leopold blieb bei der
Betheuerung ſeiner Unjdhuld. Und wenn ihm Ramberg die
niederſchmetternden Bweiſe vor Augen hielt, dann zuckte er
höchſtens die Achſeln — und ſchwies. Der Anitmann kam end-
lich auf den Gedanken, die Mutter Leopolds zu Hülfe zu
rufen, daß ſie mit ihrem Zuſpruche den Angeklagten zu
einer Aenderung ſeines Starrfinnes bewege.

Hügel weinte laut, als die bekümmerte alte Frau, die
der Schmerz, der ihr in letzter Zeit widerfahren war,
ſchier aufaerieben hatie — ihm zu Füßen ſtürzte und
ihn mit gerunaenen Händen beſchwor doch um Himmels
willen ein reumüthiges Geſtändniß abzulegen.

Das hrach die letzte Kraft des Armen. Er hatte bis
bisher noch feſt an dem Gedanken gehalten, daß wenigſtens
ein Wejen exiſlixe. das noch an ihn glaube, das von ſeiner
Schuldlofiakeit überzeugt ſei. Daß aber auch fie, die innig
geliebte Mutter an ihm und ſeiner Redlichkeit zweikeln
konnte, das drückte ihn am furchtbarſten zu Boden. Daß
Marie etwa an ihn glauben könne, das wagte er ſchon
gar nicht mehr zu hoffen, da ſie doch die That mit den
Augen ihres Vaters anſehen mußte. — Es gab alſo keine
Stimme mehr für ihn.

Er gab es endlich ganz und gar auf, ſeine Unſchuld


den Kopf, wenn man an ihn eine diesbezügliche Frage
ſtehte: aber er zeigte feinen Schmerz, ſeine Thränen nicht


mechaniſch folate er dem Gejängnißwärter, wenn ihn
derzum Verhör führte, apathiſch ließ er ſich wiedex ein-
Oliezen — und keine Klage kam mehr von ſeinen Lippen.
Den Arzt, den man zu ihm ſchickte, da man ſchon ſo etwas
wie den Ausbruch des Wahnſinns bei ihm fürchtete, dem
antwortete er auf ſeine Fragen, er vexlange nichts gar
nichts mehr — als abaeurtheilt zu werden, ;e8 fehle ihın
7 als das Grab, in das er, je eher, ije lieber ſteigen
möchte

Herzen gewünſcht, ſein Loos verbeſſern zu können, aber







monien der Prpſtwahl und des Conclave dispenſirte.
Vor allem will man die Einmiſchung der italieniſchen
Regierung in jedem Falle verhüten und den Cardi-
nälen die Freiheit in der Wahl ſichern. Die italie-
niſche Regierung ſoll auch auf irgend eine Art von
dieſen Berordnungen Kenntniß erhalten haben. Deß-
wegen ſchreiben die Liberalen ſo vieles Zeug über die
Papſtwahl. Gott ſei Dank, Leo XIII. erfreut ſich noch
einer guten Geſundheit, und eine Papſtwahl ſteht
noch nicht vor der Thüre. (Augsb. Poſtztg)

Dentſches Reich.

Berlin, 8. Dez. Der König von Däne-
mar ſoll, wie der „Frankf Ztg.“ au Kopenhagen
gemeldet wird. während ſeines jüngſten Beſuches in
Berlin den Kaiſer Wilheum eingeladen haben,
anläßlich ſeiner goldenen Hochz eit am 26. Mai
1892 nach Kopenhagen zu kommen. Der Kaiſer habe
die Einladung angenommen. Es ſei davon die Rede,
daß auch die Königin Victoria zu der Feier hierher-
kommen werde, um den Beſuch des Königs Chriſtian
anläßlich ihres Regierungs⸗Jubiläums zu erwiedern.
Daß auch das ruſſiſche Kaiſerpaar, das griechiſche
Königspaar und das engliſche Thronfolgerpaar hier
eintreffen würden, fei ſelbſtverſtändlich.“

* Berlin, 8. Dez Zum Austritt des Reichstags-
abgeordneten Konrad Fiſcher aus der Centrunis-
fraktion ſchreibt die Germania“: Unſere geſtrige
Nachricht von dem Austritt des Reichstagsabgeordue-
ten für Waſſerburg (Oberbayern) Herrn Konrad
Fiſcher aus der Centrumsfraktion wird von einigen
Blättern mit der Bemerkung abgedruckt, wir hätten
keine Gründe für den Austritt angegeben. Wir konn-
ten das in erſter Linie dem Ausgetretenen ſelbſt über-
laſſen, außerdem ſind die Münchener Vorkomm-
niſſe doch auch allgemein bekannt, daß Herr Fiſcher
wegen des Verkaufs des „Minchener Fremdenblaͤttes
uſw. in öffentliche Preßdiskuſſionen verwickelt wurde,
die noch heute ihre Kreiſe ziehen und ihm allmählich
den Gedanken aufdrängen mußten, davon die Fraktion
ganz frei zu halten und deßhalb den Austritt zu er-
klären In Bezug des Fremdenblattes wollen
wir aber bei dieſer Gelegenheit ſagen, daß auch bei
ſeinen jetzigen Verhältniſſen die Bürgſchaft für
eine treue Centrumshaltung gegeben iſt und es auch
durch Leiſtung und Haltung als Centrumsblatt ſich
bewährte und ſeinen Platz ausfüllt.





Der Amtmann bemitleidete ihn tief und hätte von
was fonnte er thun? Sr mußte den Augeklauten zur ge
gebenen Friſt an das Kreisgericht abliefern, das über ihn
aburtheiley ſollte. Rambera wußte genau, daß — wie
das Urtheil auch an£fallen möze, es für Hügelfein aünſtiges
iem.b daß dieſer aber auch in keinem Fallẽ dagegen recuriren
werde.
* *
*

Amahlich glätteten ſich auch die Wellen, die die Affäre
Hügels in der biederen Geſelſchaft des Kleinftaͤdtcheus ge»
worfen hatte; mit der Neuheit des Ereianiffes Humpfte
ſich auch — wie gewoͤhnlich — das algemeıne Interefje
Ddaran ab. Nur einmal noch wurde der Jal vorübergehend
in Lebhafte Dizeuſſion gezogen, als nämlich nach einigen
Monaten das Urtheil bekannt wurde, dah das Kreisgericht
über Leovold gefällt hatte; e& lauteie — auf drei Jaͤhre
duchthauz.

Rambera ſollte wixklich Recht behalten; der Verur-
theilte blieb zwar auch daun noch dabei er ſei unfuldia
Saber er erariff keinen Einſpruch gegen das BVerdict,
das ihn auf drei Jahre in die Strafanſtalt bannte und
idn — voraustichtlih für immer aus der Liſte der ehr-
Echen Leute ſtrich jo will es ja wenigſtens die große
Nachjuftiz, die von der nenſchichen Gejelljhaft mit grau-
lamſter Sewifjenhaftigfeit geübt mwmird, wenn auch jchon
das Öffentlihe Recht durch die Sühne der Schuld feine
Senugthung erhalten hat.

4. i

Vode zwei Jabre find über die einſt ſolche Senſation
erregende Beirugsgefhichte Hügel dahingegegen und
hHaben die ganze Angelegenheit jo ziemlich in den Schooß
der Vexgeſſenheit gefenkt. Die Firma S. M. Sendler und
Comp blühte mehr denn je und hatte ihren Ruf womdglih
erhöht. Herr Sendler hatte vor elwa einem SFahre
draußen vor dem Städtchen. mo die riefigen Hopfen-
gärten an den Saum des mächtigen Waldes {tießen, eine
Leine. ſchmucke Biha erbaut, wo er mit feiner Tochter die
Sommermonate zubrachte.

Gortſetzungkfolgt.).


 
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