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Pfälzer Bote für Stadt und Land (26) — 1891

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Nr. 181 - Nr. 190 (12. August - 23. August)
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ARt. 1.20 ohune Trögerkohn u. ßofiwig?nkg Beſtellungen
bei den Poſtaͤuſtalten n. bei der Crpeb —

— — x





Varontwortlicher Redalteur:
guliut geder in peidelberg.











Beſtellungen
auf den „Pfälzer Soten für die Monate
Auguſt u. Septeniber werden noch fortwährend bei
fämmtlichen Poſtanſtalten, bei unſeren Trägerinnen,
Pwie in anſerer Expedition veidelberg, Zwinger-
aße 7 entgegengenommen.
Verlag des „Pfälzer Bote.“



TL D Sculd des Sen. Serzogs v. Lauenburg-

Der „Reichsbote“ bringt in ſeiner Nr. 180 einen
Artikel aus Baden, den wir um ſo lieber hervor-
Lben, als die Bismarck ſche Fronde in proteſtaütiſchen
Kreiſen, zumal innerhalb des „Evangeliſchen Bundes“,
m Zunehmen begriffen iſt, was wir erſt kürzlich kon-
ſtatirt haben.

Der im beſten Sinne des Wortes „conſervative“
Correſpondent des „Reichsboten“ beſpricht in ſeinem
Artikel: Zur Fronde des badiſchen Nationalliberalis-
mus!, das Verhalten der badiſchen Nationalliberalen
zu ihrer Regieruͤng, beziehungzweiſe auch das Ver-
halten dieſer zu ihnen Mit Recht wird hervorge-
hoben, daß im FJuͤtereſſe der monarchiſchen Grund-
brinzipien und ſolcher des concreten Conſervatismus,
deren ſich uͤberhaupt keine Regierung auf die Dauer
entſchlagen kann, mag ſie nun eine monarchiſche oder
rehublikaniſche ſein, ſehr zu wünſchen wäre, daß die
hadiſche Regierung der Bismarck'ſchen Fronde gegen-
über eine feſtere und präciſere Haltung einnehinen
würde. Hierbei weist der Correſpoͤndent des „Reichs-
boten“ anerfennend auf die bayeriſche Regierung hin,
welche, wie bekannt, ihr Verhältuiß zur Münchuer
Allgemeinen Zeitung löste, deren jetziger Leiter aus
Verdruß, daß er nach der Entlaffung Bismarcks nicht
don der folgenden Regierung „weiter benützt“ worden
iſt, ſich der Fronde anfchloß. In Folge der „Ber-
liner Körbe“ iſt das Münchener Blatt in ein Faͤhr-
paſſer geleitet worden, das nun parallel mit dem der
ToziaLdemokratijchen Blätter laͤuft, da es gleich diefen

ufriedenheit zu erzeugen und zu naͤhren ſucht.
Eine Hauptpointe des Reichsboten⸗Artikels finden wir
I nächſtehenden Sätzen, die wörtlich wiedergegeben
verden ſollen. Sie lauten: „Die Reichsregierung
wäre in ihrem guten Rechte, wenn ſie einer ſolchen
fittlichen Verwirrung (dem bekannten: Hie Kaifer, hie

ismarckh entgegenwirkte, zumal man 'auf der Gegen-

Setehrt und Beßkebhrf.
Erzählung von Gutmuth vom Walde.
18) Gachbruck berboten)

„Schmerzerfüllt mußte der Vater in dem Briefe des
WGeijtlichen lejen, wie Gottes Hand. feinen ungerathenen
Zohn ſö ſchwer getroffen, während er frohbewegt die Ver-
DHerung hinnahın, daß der Sohn wahrhaft vreumithig zu-
Vidfehren wolle. Mit reichlien Thränen hatte Lizbeth,
le Schweiter, all’ dieſe Mittheilungen gehört und gelefen
Und failt feine Stunde all’ der Tage war feitdem verflofjen,
aß diefeS. gute Kind nicht an ihten unglüclihen Bruder
Sebacht hatte. E3 war ein langeS, wehmuthsvolles Harren.

„n Ddiejer Stimmung befand fie ſich auch Heute, am
Beiligen Charfamftag. Leije und vorfichtig trat ſie wieder
äum Vaͤter da fie ihn im Gebete {ah; neue Thränen zit
terten an den Wimpern ihrer: Augen. 7

Vater wenn heute der Joſe käme,“ ſprach He, als
Beter zu ihr aufolicte. —

„Vie denkſt Du daran, mein Kind?“

Ich weiß es nicht, ich denke ja immer dgran. Aber
heute wäre eS {o bejonderS ſchn gerade am Abende voͤt
dem heiligen Ofterfeite !“ k d

Veter ſchwieg und ſchaute finnend nieder, als wolle er
Horhen auf das Fladern der Flammen im Ofen.

„& ja, e& waͤre ſchön!“ ſprach er dann. „Wenn er nur
Stand halt.“ Ö

„Das wird er ficher,“ fagte pertrauensvoll das Mäd-
en, „Er iit belehrt und bekehrt.“

Übermals ſchwieg Peter

Soll ich etias zum Eſſen bringen, Vater? Etwas
Mußt Du doch nehHmen, wenn auch Faittag ijt.“ —

Gin Meines, befcheidenes Mahl wurde genofjen. Lisbeth
ar bald fertig mit der eßten Arbeit des Tages, daz
Mühlwerk zuhte jhon länaft, und nun war e8 wixklich
— Sabbaͤth in dieſem Bauſe, in dieſem überaus ſtillen

8. — —

„Ein Anurren, ein Anſchlaaen des Hofhundes, ein leiſes
Dröhnen aleich dem Schritt eines Kommenden — nicht
Beit hatten Vater und Tochter, lange zu Maunen —- die
Thüre Öffnete fich Haftig, ein Leifer Nufichrei der Tochter —




















ſeite ſo trotzig auf ſeinem Unrecht beharrt. Die Ein-
ſeitigkeit desſelben beſteht vor Allem darin, daß man
unter zum Theil weitgehenden Entſtellungen der zeit-
geſchichtlichen Wahrheit und überkühnen Hypotheſen
an dem Scheine feſthält, als wäre Alles, was ünter
dem Bismarck ſchen Regime, namentlich in den letzten
Jahren ſeines Niedergauges, geglänzt hatte, eitel Gold
geweſen, und als ware Alles, was uns die jetzige
Regierung bringt, nur nutzloſe Scherbe. Dork ent-
ſchuldigt, beſchönigt und lobt man ebenſo anfechtbar,
wie man hier tadelt und inſinuirt. Iſt aber die
Frageſtellung „Bismarck oder Kaiſer“ an ſich ſchon
grundfalſch, ſo wird ſie doppelt verwerflich, wenn ſie
in bewußter oder unbewußter Tendenz von vornherein
zu Gunſten des erſteren geſtellt wird. Wenn wir
dem ehemaligen Reichskanzler Alles vergeben wollten,
das Eine iſt nicht zu vergeben, daß er
eine derartige Tendenz mit ſeinem Ver-
halten nach ſeinem Sturze befördert hat.“

Mit den letzten Worten des geehrten Eorrẽſpon-
denten aus Baden iſt der Vogel wieder einmal ab-
geſchoſſen worden, denn es kann leider immer noch
faum genug auf die verwerfliche, wie unwürdige
Haltung des Herzogs von Lauenburg hingewieſen
werden, die er ſeit ſeiner Entlaſſung dem Kaifer und
der Regierung gegenüber für möglich erachtet. Ge-
hührend wurde ſie bereits im März von der „Köln.
Ztg.“ mit den Worten gezeichnet: Und ſo wird denn
fein unbefanngener Beobachter es beſtreiten, daß bei
dieſer Thätigkeit des Fürſten Bismarck perſönliche
Beweggründe, perſbnliche Gereiztheit mitſpielen und
ſeine Kritik der Regierungspolitik zu einer übelwoll-
enden machen. Der Groll über ſeine Verabſchiedung
macht ſich in dieſer Tadelſucht Luft.“ Dann kommen
die Stellen von dem „großen Manne und kleinen
Menſchen“, und wie „er polternd und nör-
gelnd hinter dem deutſchen Reichswagen herläuft“.

Das ganze Verhalten des Herrn Herzogs von
Lauenburg ſteht auf einem möglichft tiefen fittlichen
Niveau, es zeigt ſo recht, entblößt von jeder Schminke,
den Zorn und die helle Wuth eines ehrgeizigen,
herrſchſüchtigen, gewaltthätigen Menſchen, deſſen Macht
gebrochen wurde Bis zur kleinſt'n Rancüne herab
zeigt ſich die tiefe Bosheit über den Veriuſt ſeiner
Stellung. Fürwahr! ein höchſt „Fleiner Men ſch“.

Das Verhalten des Herrn Herzogs von Lauen-
hurg, ohne welches die befannte Fronde nicht beſtünde,
hat aber auch noch eine allgenteine, eine rein öffent-
liche Bedeutung. Um diefe haͤndelt es ſich in erſter
Linie, denn was den Exkanzler allein betrifft, ſo

der Sohn Joſe lag zu den Füßen des Vaters

Eine Stunde ſolchen WieberjehenS, nach ſolchen Vor-
fommniffen, und die Gefühle Derer, die betheiligt find, zu
Gildern, il es nicht möglich. Um Vergehung bat Joſe den
DBater, um Vergebung die Schweiter. Sie ward ihm ge-
währt und abermals gewährt. Dankerfüllten Herzens blicte
Beter zum Himmel, während Lizbeth ausrief: „Selt,
f%ater‚ ich hab’ı es : gefügt und geahut, daß Zoſe heutẽ
omme.“
‚.. Nun aber überkant wieder ANe die heilige Wehmuth
im Sedanfen an die Mutter, Bitterlidy weinte Foje der
Verſtarbenen nach

„Yl3, Du mir vom Tode der Mutter ſchriebſt, Vater,
da fohnte i Taum mich tröften. Ich fühlle mehr-al8 je
brennend. meine Schuld. Morgen ſchon, in allet Frühe,
eile ich zu ihrem Graͤbe“

“ Der Worgen kam, der helle, fröhliche Oſtermorgen, ſo
unendlih {hön in den CErinnerungen, welche er wedet !
Heilige, Hohe Offergedanken; Ddie unZ reden von dem Siege
und Lriumpbe des Erlbjers, welcher nach unjagbar bitteren
Seiden fiegreich erftanden L auz Grabesnacht und Todes-
fefjelm In dieſen gläubigen! Erinnerungen wallt es heilig
auf in der DHriftlihen Seele, und das (timmt das Herz zur
höchſten Freude und Wehmuth. *

„Steue, Dih, Seele, die Hoͤlle erbebt,
„SejuS, Dein Heiland, il Sieger und lebt!”

Es war noch jehr früh an diefem Morgen ; die Sonne
ſandte nach nicht einen Strahl der Morgenröthe auf diẽ
Erde.. . In itiler.. Ruhe Iag das Kirchdorf, Iag der
Gottezacler, Am Grabe der Anna Stollen aber Inieten
ſchon drei Berjonen im heißzen Gebete.

Mutter verzeihe mir UNe8 !“ So betete Jofe mit aufs
richtigem Schmerze.

Da legte fih milde des Vafexs Hand auf ſeine
Schulter. „Iofe, nun iſt Alles gut! Nun kommt, Kinder,
zur Kirche!“

Die Gloden ſchwiegen lange an dieſem Morgen, aber
viele Gläubige eilten. ſchon perbei zur Feier der Aufer-
ftebung ; Manche ſahen die Gruppe auf dem Friedhofe mit
inniger Theilnahme; denn der alte Stollen war überall















ote

Knzeige-Blatt für die Amtsbezirie 2
‚Labenburg, Weinheimn, Schwebingen, —
——— 44 —

— — ——
Dmnd, Berlag ı. Cpedition von Gebr. Yuber
— ugerſtraße 7,



— — —







hätten wir ihn längjt feinem Schickſale überlaſſen;
anders iſt es mit der, Bismarck ſchen Fronde Sie
iſt durchaus revolutionaͤr, ihre Tendenz iſt ebenſo de-
ſtructiv, als widerwärtig, nichtznutzig und
verächtlich.

Caprivi wegzuärgern und den Kaiſer zu zwingen:
auf, Bismarck und ſeinen Aelteſten zurüczugreifen,
mithin die „Hausmeierei“ von Neuem zu etabliren,
oder was ganz dasſelbe wäre, die Monarchie der


zu ſtellen, von dem in erſter Linie dicht und Wärme
ausginge, das ſind die leitenden Gedanten
der Bismarck'ſchen Fronde. Alles andere ift
nur Nebenſache und dient nur als Farce für den ge-
bildeten Pöbel und für Alle, „die nicht wiſſen wie
es gemacht wird“. Mit wahrer Erzürnung hal man
ſich gegen ſolche Tendenzen zu wenden, diẽ in der
ſchlimmſten Weiſe unſere moharchiſchen Verhältniſſe
carrikiren, und für Jeden, der politiſch zu denken ver-
mag, ihre ſehr gefährlichen Conſequenzen nicht zu
verbergen vermögen. Hätten wir e& nur mit dem
Bilde zu thun, nach dem ein recht ungezogener Junge
nach ſeiner Beſtrafung im Hofe und Gartẽn allerhand
Schabernack treibt, ſo ließen wir ihn laufen, aber die
Sache hat ganz andere Seiten und gewährt bereits
Einblicke, welche mit ſcharfen Augen zů verfolgen find.
Vir müſſen hier einmal die Thatfade
feſtlegen, welche Seelenverwandtfchaft und
auch zußere Aehnlichkeit zwifchen der
Fronde des Herrn Herzogs von Lauèn?
burg und der Sozialdemokratie beſtehen.

Die gegebenen Verhältniſſe zu erſchüttern, Unzu-
friedenheit, Unruhe und Mißtrauen zu erzeugen und
zu cultiviren, wie auch möglichſt im Trüben zu fijchen,
iſt beiden Richtungen gemein. Nicht minder der un-
geheure Cynismus, den beide da durch offenbaren,
daß ſie bei der Lancirung ihrer Pläne von dem naͤck-
ten Egeismus geleitet ſind und ihnen voͤllig gleich-
giltig zu ſein ſcheint, daß ihr Reüſſiren uur unter
porangegangenen Kataſtrophen moͤglich iſt. Im Früh-
jahr durchlief, die unabhängige Preſſe ein Artifel, in
dem ausgeführt wurde, wie Fürſt Bismarck lieber
ſeine eigenen Werke zertrümmert, als die jetzige Re-
gierung in Ruhe zu laſſen. Seine Blätter ſchwiegen
ſich aus, wie ſie über Alles ſchweigen, was ihuͤen
peinlich iſt und ſie in Verlegenheit ſetzt. Auch Fürft
Bamarck iſt noch die Antwort ſchuͤldig geblieben?
„Wann, wie und wo an dem deutſchen Reiche
ahgebröckelt worden fei“. Freilich iſt es weit leichter

ſolche unerhörten Anſchuldigungen auszuſprechen, als
jehr beligbt. Zoſe kam mit vexweinten Augen und tie
blaſſen Angefiht. Er ſchämte fich der Thränen nicht.

.. Der Gottesdienft begann. Ernit und feierliH ſchritt
die Menge in Prozeffion um die Kirche und betete. Still,
wie das Grab des Herrn, lag noch das Gotteshaus. In
der Rrozeſſion fchritt der Priefter im Feftornat; er trug
des Kruzifir. Dreimal berührte er mit demſelben das ge-
Wloſſene Bortal der Lirche und {fprad: „Srhebet, ihr
Fürſten eure Thore; denn einziehen wil der Mönig Dder
Herrlichkeit !“ — Wer iſt dieſer Koͤnig der Herrlichkeit ?“
ſprach es entgegen. Dreimal vollzog ſich Ddieje ergreifende
Cexemonie Bei dritten Male ſprach der Priefter mit er-
hobener Stimme: „Der Herr der Gewalten, er ijtder Ronig
der Herrlichteit !“ — — Nun öffneten fich der Kirche
Bforten; nun ſchlugen alle Gloden an. in gewaltigen
Kängen; nun braufte die Orgel mächtige Alforde; nunm
ſchritt der Krieſter hin zum Lititrahlenden Hochaltar ;
nun 30g die die belende Menge in die Rirde — und aus
frohen, freudig bewegten Herzen erſcholl das Te Deum,
exſcholen die wundervollen Ofterlieder, erfholl das herr-
liche Alleluial Eingezogen war in die Gemeinde die Heilige
Oſterfreude!

Sn einem Haufje, in einer Familie erklang dieſes fröh-
Iiche Alleluja ganz beſonders hell und frijh. E3 war in
der Schwigmübhle, in der Jamilie des Beter Stollen.

Ein jhönes FJamilienmahl feierte nach dem Gottesa
dienſte des Mittags, auch in dieſer Weiſe das Wiederkehren
des berlurenen Sohnes. Außer den drei Gliedern des
Haufes finden wir dabei noch drei andere Verfonen weldhe
uns befannt {find: den Vetter Heinrich, den Bernhard
Klieger und Chriſtoph Maͤrten.

‚ Sebterer führte nach Jahresfriſt die brave Lisbeth als
jeine Braut zum Altare; er hatte durch fein fittenreines
Vohlvexhalten die Neigung des Maͤdchens fich erworben.
Zoſe will ſedia bleiben: einmal, weil es jein Gelöbniß ift:
jodanın. auch weil ſeine Geſundheit bei dem Unfall in Wien
einen ſtarken Stoß erlitten hat.




Der Ate Beter Stollen erlebt noch ſchöne, troſtesreiche
Tage, durch welche iedoch immerhin mauche wehmuth3volle
Erinnerung zieht. — Ende.


 
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