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Pfälzer Bote für Stadt und Land (26) — 1891

DOI Kapitel:
Nr. 131 - Nr. 140 (13. Juni - 24. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44149#0541

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Erfheint taglih mit Mırknahme der, Gonts und Feiertage-
SGamftag® mit Unterhaltungsbeilage, Preis vierteljährlid
M 1.20 * Traͤgerlohn u Poſtauffchlag. Beſtellungen

bet den voftaͤnſtalten u. bei der on Zwingerſtraße 7.




Verauitwortlicher Nedalteur:

— — — —
Beſtellungen

auf den „Pfälzer Boten für die Monate
Juli/ Auguſt, September werden jetzt ſchon bei
ſaͤmmtlichen Poſtanſtalten, bei unſeren Trägerinnen,
ſowie in unſerer Expedition peidelberg, Zwinger-
ſtraße 7 entgegengenommen.

; Berlag des „Pfälzer Bote.“

Z. Die bündleriſche Zukunftsſchule.
Schluß.
Der Herr Paſtor von Binau ſcheint keine Ahnung
davon zu haben, daß man ſich in kindlicher Demuth




verfen kann und daß man ein ganz ſtrenggläubiger
Fhriſt ſein kann, ohne ſich im Gewiſſen heengt zu
fühlen. Sonſt koͤnnte er unmöglich ſo viel über
Geiſtesfreiheit und Aufklärung faſeln. Indeſſen gehts
auch bei ihm nicht ganz ohne Z mwa ng ab. Die


zhne Zwang gefchehen; weil aber der Zwang ſich
für die Kirche nicht geziemt, „ſo muß ſie es als


Aufgabe erfennt.“ Mit andern Worten: Lieber als
der Menſch ſich unter den chriſtlichen Glauben beugen
joß, ſoll ihm vielmehr auf dem Zwangsweg ſoviel
Aufklärung beigebracht werden, daß er ſich ſeinen
Glauben felber zurecht machen kann. Um das ſanfte


zu Hülfe!
Um nun der Jugend die nöthige Bildung beizu-


folgende Forderungen: „L. Möglichſte Entwicklung
des Denkvermögens und der Urtheilskraft. 2. Ein
Jolcher Unterricht in den Naturwiſſenſchaften, welcher
Kenntniß der Natur in ihren verſchiedenen Gebieten,
ſowie der in ihr waltenden Kräfte und Geſetze und


Hiezu gehören alſo die Fächer der Naturgeſchichte,
der Geographie, der populären Aſtronomie u. Phyſik,
ſowie die hiezu erforderliche Arithmetik u. Geometrie.
3i ein ſolcher Unterricht in der Geſchichte, durch wel-
chen den Schülern Kenntniß der bedeutenden Männer
der Geſchichte und ihren Beſtrebungen, der Eutſtehung








Im Kampf unı's Daſeirr.
Erzählung nach Hesba Stretton von H. v. Remagen.
25) Gaͤchdruck verboten.)

Freilich hab’ ich! knurrte Blackett, einen Fluch zwi-
chen den Zähnen verbeißend; die VBictoria iſt unten ge-
wejen und hat ſie in Euer Rattenneſt hinaufgeholt. Aber
laBt’s Euch gefagt fein, alter gerl: wenn Ihr dem Maͤd⸗
en Unterjchlupf gebt, ſo werd ich Euch die Höſ hier im
Haufe heiß machen, verlaßt Cuch darauf Ich werd hinter
Euch her ſein, wenn Ihr geht und wenn Shr Lommt —
Ihr {ollt keine ruhige Stund’ mehr haben Und mun macht,
daß Ihr hinausfommt, fonſt werß ich Euch hinaus !”

Euklid war aber au dem Zimmer ſchnell wie der
Wind, noch bevor Blackett feine Drohung. beendigt Hatte.
„®ott jei’o gedankt,” wiederholte er mehrmals, während
er mit plötzlich beruhigtem Herzen die Treppe zu feiner
Dachkammer hınaufitieg. Zür den Augenblid machten ihn
Bladett’3z Drohungen gar feine Sorge; bedenklich wurden
fie ihm erft, al8 die erfte Freude Über den Berlauf der
Dinge vbruͤber war.

El8beth mar bald nach dem Eintritt der Beruhigung
hach den lesten Tagen langer Yual und Sorge auf Vit
toria’3 Bett- eingejhlafen. Euklid tirat hinzıu, beugte ſich
über fie hin und legte die braune, Indchernde Hand fanft
auf ibr Haupt. Das war der jegnende Willkomm in ihrem
neuen Heim.

XI.
Ein diebwider Willen.

Der Haß und die Rachlucht Blackett’3 waren keines-
Wweg3 leicht zu nehmen, das wußte Euklid, und deßhaib
Wollten fie ihın nicht aus dem Gedaͤchtniffe Er war feinem

einde gegenüber dadurch in Nachtheile, daß er jedes Mal,
veim Eingang, wie heim Ausgang, an deſſen Thür vor-
ÄÜber mußte, {o, daß Bladett,ihn wie.auS einem Hinterhalte
Unverfehens über;allen konnte Cuklid war eine friedfertige
atur; er hatte jich, um jedem unfreugduchen Zufammen-
0ß mit fjeinen Miteinwohnern ‚ im Haufe am ficherften









in Kirche und Staat erwerben kann. Hiezu iſt nöthig
ein vorbereitender allgemeiner Geſchichtsunterricht.
ſpezieller Unterricht in den Quellſchriften des Chriſten-
thums und ſpezieller Unterricht in der Staaten⸗,
Kirchen⸗ und Culturgefchichte. “ — - ;

Die Volksſchulen werden alſo künftighin in kleine
Univerſitäten umgewandelt, denen die bizherigen Uni-
verſitäten nicht einmal das Waſſer zu bieten vermb-
gen. Ein bisheriger Profeſſor wird ſpäter nicht ein-
mal die Prüfung für eine einfache Volksſchule be-
ſtehen können. ;

Eine ſolche Gelehrteuwelt glaubt der Wunder-
doktor von Binau heranziehen zu können, ohne daß
man die Schulpflicht über das 14 Lebensjahr hinaus
ausdehnt. Nur dürfen in einer Klaſſe niemals zwei
Jahrgänge und nie über 30—40 Kiuder beiſammen
ſein. Daraus ergeben ſich aber folgende Bedürfniſſe:
L. Vermehrung der Lehrer um das zwei- u dreifache,
2 Vermehrung der Schulräume, 3. Errichtung ueuer
Seminarien und 4. hoͤhere Ausbildung der Lehrer.
Die Koſten für dieſe Neuerungen, meint er, feien
allerdings ſehr groß, aber noch lange nicht ſo groß,
als der Aufwand für das Kriegsweſen und den Luxus.
Das Volk könne und müſſe fie aufbringen, wenn es
nicht wegen ungenügender Aufklärung mit der Zeit
der Herrſchaft der zeitlichen Intereſſen und der Par-
teien anheimfallen und ſchließlich in „Selbſtzerfleiſch-
ung enden! will — Schauerliches Loos des armen
Volles: Zuerſt verſimpelt es in der mangelhaften
Volksſchule, dann trägt e& die Feſſeln des Ehriſten-
thums, dann wird es ein Sklave des Materialismus
und der Parteiungen und ſchließlich endet es in
Selbſtzerfleiſchung!!! Die Geſchichte lehrt nun —
wir verweiſen nur auf das römiſche Reich und die
franz Revolution — gerade das Gegentheil? Ein
Volt, welches dem Maͤterialismus und der Partei-
herrſchaft verfält und in Selbſtzerfleiſchung endet,
verfällt dieſem traurigen Geſchicke, weil es zuerft mit
den religiöſen Ueberlieferungen bricht und ſich dadurch
unhaltbar dem Unglauben und der ſittlichen Corrup-—
tion in die Arme wirft.

Der Weiſe von Binau hat ſelber wenig Hoffnung
auf die baldige Verwirklichung ſeines „Schulideals“.
Er meint am Schluß ſeiner Schrift ganz kleinlaut,
das Bedürfniß einer ſolchen Schulbilduͤng werde leider
vom Volke und ſeinen Vertretern viel zı wenig ge-
fühlt und darum werde es wohl vorläufig beim Alten
bleiben. Wir glauben dies ebenfalls und freuen uns
lebhaft, wenn es niemals ſo weit kommt. Unfere
Jugend hat zur Zeit leider zu viel Bildung uͤnd




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8











Drne Berlag ı, Expedition von Gebr, guber
in Heidelberg, Zwingerſtraße 7.







zu wenig Erziehung; letztere wurzelt aber im
lebendigen Glauben an Chriſtus, den
Sohn Gottes und Heiland der Welt. Gute Nacht
Welt, wenn ſie einmal von ſolch gelehrten und auf-
geklärten Menſchen wimmelt! Guͤte Nacht dem flei-
ßigen Hanernſtande und dem ehrſamen Handwerk,
wenn die Köpfe ſeiner Mitglieder von Phyftt, Aſtro-
nomie und Chemie, von Krithmetik und Geometrie,
von Staaten-, Kirchen- und Culturgeſchichte vollge-
pfrobft ſind! Gute Nacht aber auch ſolch aufgeklärten
Predigern! Das Volk iſt dann geſcheidt genug, um
ſeine Religion ſich ſeibſt zu machen und ſolchen Pre-
digern — die Thüre zu weiſen.

Die Abwehr der Franziskaner in Bethlehem gegen
griechiſche Eindringlinge.

Ueber einen in Bethlehem in der Nativitätskirche
zwiſchen den ſchismatiſchen Griechen und den Waͤch-
tern unſerer Heiligthümer, den Franziskanern, ſtati-
gehabten Zwiſchenfall, wird gegenwaͤrtig ein Bericht
der prot Kreuzztg. in allen liberalen und conſerva-
tiven Blättern abgedruckt, der ſehr geeignet iſt, die
Franziskaner, als Hüter des Heiligthums (die Krippey
in ein falſches Licht zu ſetzen Sin Augenzeuge, der
hochw. R Stanislav d'Ala, Generalprediger und
apoſtoliſchex Miſſionaͤr des hl. Landes, theilt dem
Wiener „Baterland“ über den Zwiſchenfall fol-
gendes Naͤhere mit:

Es war der 23. Mai., als die ſchismatiſchen
Griechen ſtets feindſelig den Lateinern, verſuchten,
ſich Rechte anzueignen in deren Beſiz fie weder jeßt
ſind, noch je früher ſich befanden. Es handelte ſich
um den Einzug der von ihnen ahge haltenen Prozeifion
in das Heiligthum der Geburt über jene Treppe, die
gusſchließlich den Lateinern gehört. Die TFranzis-
kaner ſetzten ſich energiſch zur Wehre, wohl bewußt
welche nachtheilige Foͤlgen aus einer ſolchen Rechis.
verletzung für ihre Miffion (als Wächter der heiligen
Orte) ſich ergeben konnen unter der Regierung des
Islam, welcher die vollbrachten Thatſachen beſtätigt
und gut bezahlt, und fortgeſetzt dieſe und andere
Nechte der Katholiken init Füßen tritt, Spott und
Hohn den vergeblichen und eitlen Proteſten jener
Natfion EFrankreich entgegenſetzend/ welche zum Schein
in Jeruſalem als ſchüßende Macht ſich gerirt. — Ge-
länge e5 den Schismatikern, ohne Widerſtand
den Einzug in das Heiligthum über jene Treppe zu
halten, ſo würde dieſes nach türkiſchen Rechtsbegriffen
hiureichen, um den Beſitzlitel auf genannte Treppe
zu erlangen. Die Franziskaner, welche ſich gerade





Es war ihm daber außerſt veinlich, daß er ſich einen ſo
herausfordernden und verwegenen Menſchen, wie dieſer
Hlackett war, zum Geaner gemacht hHatte, und mehr . als
einmal dachte er daran ob es nicht rathfaͤm fei, die Woh-
nung zu wechjeln. Käre nur Vittoria nicht {o hinfällig
gewejen, daß er ihr das Aufregende und Beinliche eines
Vlchen Vechſels hätte zumuthen können! Und dann weiter:
4— Dachkämmerchen war in der Nähe auch ſchwer
zu finden.

Hu den Ohren Euklid’3 jelber war es zwar noch nicht
gedrungen, noch zu denen Viktoria's — aber ſeit einiger
Seit, ging das Gerücht durch das Haus der alte Sulklid,
dey Kreffenverkänfer ſein ein Geizhals und zwar ein Geiz-
hals nach der alten Mode, indem er ſein Geld in haͤrter
Münze bei ſich verſteckt haͤlte ‚anftatt dasſelbe irgendwo
nußbringend anzulegen. Einige der Nachbarn jagten: er
trage ungezählte Reichthümer mit fih herum, eingenäht in
die alte Jade, welche man ſeit Jahren, Sommer und
Binter, unter ſeiner leinenen Blonſe auf ſeinem Leibe fah.
Andere meinten, iede Ritze und Spalte in den Wänden
jeiner Dachkammer ſei mit Banknoten und Goldftücen
vollgeftobft und Biktoria’3 angebliche Krankheit jei weiter
Nicht3, alS ein Dedmantel für ihr ſtetes Zuhaujebleiben ;
nicht wenl fie kraut fei, ſondern weil fie die Heimlichen
Schäße hHüten müſſe, vermeide ſie jeden Ausgang.. Beide,
Suflid wie Vikltoria, wurden nach und nach der Gegen-
jtand ungewöhnlicher Beachtung Seſtens der übrigen
MiethSleute. Beſonders Viktoria wurde des Tages über,
während des Gefchäftsganges ibres Vaters, auffallend
häufig_mit Bejuchen beehrt und zwar oft zum Nachtheil
ihres friedlichen Behagens, Man war allerfeits auf ein
Mal außerordentlihH zuvorkommend gegen ſie gemorden:
der Eine fam, ıhr diejen, die Andere, ihr jenen Dienft an-
zubieten. Auch ſonſt lehie Viktoria jetzt wie eine 0
Eisbeth ränmte das Bett auf, feate und wuſch den Boden,
befjorgte die heinen Einkäufe und die Bereitung des Thees,
gönnte, mit einem Worte, der Kranken völlige Ruhe und
bebiente fie mit einer Sorgfait, wie ihr eine ſolche bi8-
hHeran noch gar nicht hatte zu Zheil werden können.

Ohne Zweifel war Eloͤbeth es ſelbft gewefjen, welche



die Sage von Euklid’3 Reichthum und Geiz in Umlauf go-
bracht hatte Entweder haͤttẽ ſie einmal Etwas fallen laſſen
in vertrauter Bwieſprache mit Roger vder eine Iaufchende
Nachbarin hatte im Hausflur einige Worte aufgeſchnappt-
als ElSbeth ihrer Mutter die durch Cuflid’s Chürfpalte
gemtachte glänzende Wahrnehmung brühmwarm erzählte.
Ei8beth war zu geſchaͤftiß bei ihrer Arbeit, um von dent
Serede der Nachbarn Etwa8 zu erfahren; aleih wenig
Gelegenheit gabs daß Etwas davon zu den Sheen Eu-
nid und VBiltoria’3 kam.. Bon dieſen zweien wurde der
im Bett verfteite Schas in Gegenwart der El8beth nie er-
wähnt, und Viktoria - wußte ihn immer unter dem Kiffen
wegzuſchafen bevor Elsbeth ſich an den Bette zu thun
machte. Hinzugelommen war zu den Erfparnifjen ſeii
Frau Fell’3 Begräbnißtage Nichts mehr im Segentheil;
e8 hatte ein Mal zur Berichtigung der MonatzZmiethe ein
berhältnigmäßig nicht unbeträchtlihes Sümmden davon
gerenmen werden müſſen Aber dennoch bereute es weder
Suflid noch Biktoria, daß ſie die Eisbeth zu fich genom-
men hatten.

Eine, der Folgen von Elgbeths Auswanderung in

Cuklids Dachkammer war es daß Roger nicht felten An»
lab aab die Treppe hinaufzukonimen; bald um mit der
m {ympathijdhen Gejpielin aus dem Hausflur zu plau-
dern, bald um ſich wenigſtens für den Angenblick der gräu-
lichen Thrannet ſeines Vaters zu entziehen.
„ Der alte Bladett wußte von diejen Befuchen und ließz
ſie geſchehen, ohne ſich von feiner Wiffenfjhaft Ctiwas
merfen zu laffen; in ſeiner Berfchlagenheit . dachte er;z
„Wer weiß, wofür es in der Zukunft gut ift, wenn der
VBengel droben ein aewohnter und kundiger Gaſt wird ?”
Wenn Cuklid zu Hauſe war, ließ Koger ſich kaum fehen:
für Vittoria aber war es bald nichts Neues mehr, ihn
ſtill hereinſchleichen zu ſehen mit Zügen, die Furcht oder
Schrecken bekundeten.

Fortſetzung folgt)


 
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