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Pfälzer Bote für Stadt und Land (26) — 1891

DOI Kapitel:
Nr. 271 - Nr. 280 (27. November - 8. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44149#1119

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Eemflag® mit Umterhalinzgäheilage, Preie pierteljährlich
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ür ba Pohannauen Sa bar Brnabrium Amingerfiraße 7.






2

*
*
2









3 Hzeige=Dlatt ir die Mmtabezirie Heidelbers,
Vadenburg, Weinheint, Schwegingen, Philippsburg,
Wielloch, Bruchlal/ Breiten, Nedargemiütnd, Morbach
herbach, Onchen, Walldürn/ T.⸗Biſchofah. Wertheimt 2C,













Laraniw ortlicher Mebakteur :
708 Yoadar in Heidelberg.

— —




26. Jabte.








Beſtellungen

uf den „Pfälzer Boten/ für den Monat
Dezeuiber werden noch fortwährend bei ſämmtlichen
Poftanſtalten, bei unſeren Trägerinnen. lowie in anſerer
Expedition Heidelberg, Zwinger traße 7 entgegen-

genommen.
Verlag des „Pfälzer Bote.“

— — —
® Yefühigungsnacdhweis un obligatoriihe
8
ſind, nach der Erklärung des Herrn Staatsſekretärs
v. Bötticher auf die Juterpellation der Centrums-
mitglieder „nahezu unmöglih,“ und hat ſpeziell der
voni Reichstage genehmigte Geſetzentwurf Ackermann-
Biehl und Genoſſen im Bundesrathe keine Ausſicht
auf Annahme. Dieſe Erklärung war fir alle Die-
jenigen, welche den Herathungen im Reichstage und
ſpeziell in den Lommiſſionen beigewohnt hatten, nicht
überraſchend. Noch weniger überraſchend war es den
Theilnehmeru an der Handwerker⸗Delegirten⸗Conferenz.
Dieſen war bei Beginn der Berathung von dem Vor-
ſitzenden Herrn Unterſtaatsſekretär von Rottenburg
ruͤndweg erklärt worden, daß auf Einführung des
Befaͤhigungsnachweiſes nicht zu rechnen ſei, und ſoll
ihnen ſogar nahegelegt worden ſein, auf die Berathung


zu verzichten. Die Delegirten ſind auf dieſen Voc-
ſchlag nicht eingegangen, ſondern haben — ebenſo
wie die Mitglieder des Centrums und der deutſch-
konſervativen Partei ſeit Jahren — ihre Forderungen
mit Nachdruck vertreten, leider ohne Erfolg.

Am Dienſtag den 24. November iſt alſo nur offen
und klar geworden, was die Vertreter dieſer Forder-
ungen ſchoͤn längſt fürchteten, ja faſt als Gewißheit
vorausfahen. So bedauerlich dieſe Thatſache an ſich
iſt, daß die Rezierung, troͤtzdem ſie der Majorität
des Reichstages ſicher iſt, ja von dieſer gedrängt
wird, ſich den dringenden Forderungen der Hand-
werker verſchließt, ſo ift die endliche offene Erklärung


wiſſen nun, daß auf die Erfüllung der Forderung des
Befähigungsnachweiſes vorläufig nicht zu hoffen iſt,
ebenſo, daß die Fordexung der bbligatoriſchen Innung
zunächſt auͤsſichtslos iſt. Sie, wie die Majorität des
Reichstages müſſen mit dieſer Thatſache rechnen.





„Was nun?“ — iſt die Frage. „Sollen die
Handwerker verzweifelnd die Hände in den Schooß
finken laſſen? Sind die vieljährigen Arbeiten und
Kämpfe der Handwerker wie der handwerkerfreundlichen
Parteien des Reichstages erfolglos geweſen? Sind
alle Hoffnungen vernichtet?“ — Nein, ſo ſchlimm
ſteht es nicht. Die Erfahrungen des „Kulturkampfes,“
die Erfahrungen im Vorkampfe für die Forderungen
des Arbeiterſchutzes beweiſen, daß ausdauernde,
zielbewußte Agitation für berechtigte For-
derungen auf die Dauer ſtets durchdringt,
der Sieg oft näher iſt, als gedacht wird, wenn auch
die Art und Weiſe der Verwirklichung der Forderungen
ſich vielleicht anders geſtaltet, als urſprünglich beab-
ſichtigt war. Die vieljährige Agitation in Preſſe und
Verſaͤmmlungen, die Thätigkeit im Parlamente, iſt
auch bezüglich der Handwerkerforderungen nicht er-
folglos geblieben. Die Regierung hat einge-
fehen, daß es ſonicht weiter geht, und daß
es mit dem Ablehnen aller Anträge nicht genug
iſt; ſie iſt gezwungen, nun ihrerſeits mit Vorlagen
an den Reichstag heranzutreten. Eine Reihe von Ge-
ſetzentwürfen ſind in Ausſicht geſtellt, und zwar auch
ſoicher Art, die ſich in der Linie der Anträge Acker-
mann⸗Biehl bewegen.

Zunächſt ſind es eine Reihe praktiſcher Forderungen,
welche die Handwerker und handwerkerfreundlichen
Parteien ſeit Jahren geltend gemacht, die nach der
Erklärung des Herrn Staatsſekretärs endlich Berück-
ſichtigung finden ſollen. Dahin gehört die Regelung
des Verhältniſſes der Konſumbereine, die Re-
gelung der Gefängnißarbeit und die des Sub-
miſſtonsweſens. In dieſen Fragen hat der Herr
Staatsſekretär als Vertreter des Reichskanzlers ſich
an die Einzelregierungen gewandt und ihnen unter
Mittheilung des Protokolls der Handwerker-Conferenz
ans Herz gelegt, die Wünſche möglichft zu berückſich-
tigen. Feruer bezüglich der Regelung des Geſchäfts-
betriebes der Abzahlungsgeſchaͤfte iſt bereits
ein Geſetzentwurf ausgearbeitet der augenblicklich der
Prüfung der betheiligien Reſſorts unterliegt. Weiter-
hin ſind über den Hauſirhandel, ſeine Auswüchſe
und ſpeziell „über den Eingriff, den der Hauſirhandel
in die berechtigten Intereſſen des ſtehenden Hand-
werks thut,“ Erhebungen angeordnet und werden die
verbündeten Regierungen „nicht unterlaſſen, demnächſt
nach Maßgabe der Ergebniſſe dieſer Erhebungen mit
geſetzgeberiſchen Vorſchlägen hervorzutreten.“

Daß die „Innungen“ noch nicht auf den Ausſterbe-
Etat geſetzt ſind, ſondern in ihrer Bedeutung auch


E © 2 — N




von den verbündeten Regierungen gewürdigt werden,
beweiſt die fernere Zuſage, daß auch die Inn ungs-
Ausſchüſſe Korporationsrechte erhalten ſollen
(8 102 der Gewerbeordnung). Ebenſo ſoll „der zur
Beſchwerde der Innungen vielfach angewendeten Juter-
pretation der SS 100e und 100£ der Gewerbeord-
nung“ auf dem Wege der Geſetzgebung Abhülfe ge-
ſchaffen werden. Wahrſcheinlich haͤndelt es ſich hier
um eine Klarſtellung der beſtehenden Beſtimmung,
nicht um Erweiterung der Innungsrechte,
wie ſie durch den 1889 vom Reichstage angenommenen
Geſetzentwurf beabſichtigt war. (Diefer Geſetzentwurf
wollte den Innungen das Recht der ausſchließlichen
Lehrlingsausbildung dann ſtets geſichert wiſſen,
wenn die Majorität der Meiſter der Innung an-
gehörte; derſelbe hat aber die Zuſtimmung des Bundes-
rathes nicht gefunden.) ;
Weit wichtiger als alle vorſtehenden Zugeſtändniſſe
war die Inausſichtſtellung einer Organiſation
des geſammten Handmerks.“ Freilich, die
„nähere Ausgeſtaltung dieſes Gedankens“ erklärte
Herr von Bötticher noch nicht entwickeln zu können
„Wir denken uns die Organiſation des geſammten
Handwerks in der Weiſe, daß wir Handwerker⸗ oder
Gewerbekammern errichten wollen, welche für die ein-
zelnen Bezirke eingerichtet werden und denen der ge-
ſammte Handwerkerſtand dieſer Bezirke unterworfen
wird reſp an denen er betheiligt iſt.“ Die Handwerker-
Kammern ſollen demnach obligatoriſch ſein. Als
Zweck der Organiſation wird hingeſtellt 1. eine
wirkſame,“ „legitime Vertretung der
Handwerker,“ um die Forderungen und Wünſche
derſelben nach Außen hin, ſpeziell auͤch gegenüber den
Geſetzgebungs-Faktoren und den Verwal-
tungs behörden, mit Nachdruck geltend machen zu
können. 2. „Abhülfe der Klagen über die Mißſtände,
die gegenwärtig im Lehrlingsweſen herrſchen.“
Die Handwerkerkammern ſollen demnach die Beauf-
ſichtigung des Lehrlingsweſens über-
nehmen — ſelbſtverſtändlich, ſo nehmen wir an, ſoweit
nicht die Innungen dieſe Aufgabe übernommen haben.
Hier liegt die Schwierigkeit der Löſung: Stellung der
beſtehenden Innungen zu den Handwerkerkammern.
Selbſtverſtändlich ſteht der Innuung in erſter Linie
die Aufſicht und Fürſorge für Lehrlinge und Geſellen
— das Recht wie die Pflicht — zu, und darf ihr
dieſes Recht nicht verkümmert werden. Nur ſoweit es
ſich um Handwerker handelt, die keiner lebensfähigen
Innung angehören, würde die Handwerkerkammer dieſe
Regelung des Lehrlingsweſens, Lehrlingsprüfung, Ge-





Schlechtexv Seumunos.
8) Criminal⸗Novelle von Carl Ed. Klopfer.

Weller unterbrach ihn mit einew ſchneidenden Lachen.

„Lieber Freund, Sie müſſen ſich klügere Märchen er-
finnen! Doch machen wir ein Ende! -— Wollen Sie
ein vollinhaltliches Hekenntniß ablegen ?“

Lebpold fühlte ſich wie ins Geſicht geſchlagen. Er
jtöhnte {chmerzlich auf und fchwieg. Weller wartete noch
einen Augenblick, dann ſchritt er achfelzuckend zur Thüre, den
Geſchaͤft?diener Hereinrufend. Er behandelte, jeßt die
Sache mit unheimlidher Ruhe, wie ein ſtarrer Richter, der
der Gerechtialeit ihren Lauf laßt. 74

„Augufjt, gehen Sie hinauf und bitten Sie Herrn
Sendler, ſpaleich herunterzufommen.“ ; N

Der Diener entfernte jihH. Weller offnete die Thüre
zum Brivatcomptoir ſeines Compagnonz und winkte dem
Buchhalter, voranzugehen, der mechaniſch gehorchte. Seine

anze Thatkraft ſchien durch die ihm entgegengeſchleuderte
— gelähmt zu ſein.

Sn dem Bureau warf er ſich auf einen Seſſel und
Bedeckte jein bleiches Geficht mit den Händen, während
Weller das kleine Gemach mit aleichmäßigen Schritten
durchmaß.

Herr Sendler blieh auf der Schwelle ſtehen und
blickle erſtaunt auf die Heiden.

„Wasz i{t gejhehen ?” fragte er erſchreckt. „Ein Unalück
im Gecchät 2

„Sa, ein Unalück im Geſchäft! erwiederte ſein Aſſocie
und deute auf den Buchhalier, dann legte er mit kurzen
Talten Worten den Sachberhalt dar.

Sendler zucte zujammen und ſtarrte Hügel mit weitauf-
geriſſenen Augen an. *

„Mein Gott! Das das iſt ia unmöglidh ! Hügel
Ipreen Sie! Was haben Sie gethan? Eine Malverſation
— Sie — wer hätte das gedacht? S

„RNachdem man ihm mit freundhaftlidher Gnade an die
Hand gegangen ift,“ murmelte Weller mit einem bitteren
Vächeln. „So kann man ſich im Leben täujdhen.”

„Aber — e3 ift ja nicht wahr!” ſchrie Hügel verzweifelt auf.



‚Herr Sendler febte fich jOhmweigend und jah unentichloffen


Compagnon’ als wage er es nicht, ſich ein beſtimmtes Ur-
theil zu bilden.

Weller trat wieder an den Buchhalter hHeran.

Huͤgel, ich jage Ihnen bereits, es giebt vielleicht noch
einen Standpunkt, von welchem aus wir Ibr Vergehen
mit verhältnigmäßiger Milde zu beurtheilen vermöchten,”
jagte er mit leijer, mitleidiger Stimme. „Sie haben in
einem Augenblick wo die Vexzweiflung Ihren klaren. recht-
lichen Blick trübie, die Hand nach dem Gelde ausgeftreckt,
um Ihren Verpflichtungen nachzukommen; Sie wollten
vielleicht das Vermögen Ihrer Mutter durch eine neue
Operation zurückgewinnen — und dieſe iſt ehen gleichfalls
fehlgeſchlagen. Ich erblicke in Ihnen auch keinen gemeinen
Betrüger, keinen Defraudanten, ſondern nur einer ſwachen
Menichen, dex ſich von dex Verblendung hHinreißen ließ,
die das Verhängnig aller Spielex iſt. Sie haben un8
neulich durch ein haͤlbes Geſtänduiß bereits vorbereitet auf
das, was kommen mußte, oder Sie hoffen vielleicht noch
in diejen Tagen das Manquo erſetzen zu fönnen — der
vom Spielteufel beſeſfene baut ja jeine Hoffnungen noch
auf einem Nadeljpigen auf. Nun aber — jehen Sie ja,
daz keine Befhönigung, kein Ankunftsmittel mehr möglich
ijlt. So thun Sie aljo das Einzige. was Ihnen noch
übrig bleibt: befennen Sie!“ Ih für mein Theil ge-
jitehe Fhnen, daß ich in dieſem Fale nochmals Onade für
Recht ergehen laͤſſen wil. Auch Herx Sendler wird, wie
ich jeine ®üte, ſein Wohlwolen für Sie kenne, ſchen aus
Rückficht für Ihre brave, bedauernZwerthe Mutter, die ae-
wiß feine Whnung von diefem Fehltritt hat, meinen Ent-
ſchluß theilen. Sie ſcheiden aus unſexem Hauſe und Wir
werden keine hebördliche Anzeige erflatten, . ja wir wollen
jogar ein anftändiges Zeugniß ausitellen, denn ich bin
vollfommen überzeugt, daß Sie aus diejem Borfalle die
heite Lehre für die Zukunit ziehen und die Bahn des Recht-
lichen nicht wieder verlaſſen werden!“

Sendler nickte bei jedem Satze beftätigend mit dem
grauen Haupte. Hügel Iag mit den Armen auf ſeiner
Stuhllehne und ſchluchzte wie ein Kind.



Aber ietzt — bekennen Sie?

‚ Beopold hob das thränenhedeckte Geſicht
blickte flehend auf den Chef. Seine Finger waren in die
4 Haare gekrallt, ſein ganzer Körper zitterte con-
vulſivſch.

Herr Weller ſie ſind ja fo gut ſo großmüthig —
ich weiß, daß Sie ja nur nach dem Scheine urtheilen, der
wirklich wider, mich zeugt — aber — ich babe keinen Be-
weis kein Rechtsmittel ich kann Ihnen nur ſchwören,
daß ich unſchuldig hin —“ ;

Weller wandte ſich unmuthig ab und näherte ſich ſeinem
Compagnon. . .

„WaZ meinen Sie Herr Sendler, zu dieſer Verant-
wortung?“ }

„Herr Hügel, ich kann Ihnen nur dringend empfehlen

empor und


zu führen !” ‚

© lachte ingrimmig auf und ſchüttelte den
opf

Ah — Sie koͤnnen mir nicht alauben! Und — id




ziehen Sie doch bei dem Bankhauſe, durh welches ich
meine geringfägigen Spefulationen betrieb, Erkandigungen
ein; man wird Ihnen dort übex den ganzen Umfang
meiner Operationen Bericht erftatten Es muß daraus
hervorgehen. mit welchen kleinen Summen ich gearbeitet
habe — eben mit dem geringen Capital, das mein Vater


„Hın,“ meinte Weller,. „Sie werden doch ſelbſt ein-

jeben, daß das kein genügender Beweis ift, denn Sie
fönnten ja allenfalls, unter fremdem Namen an anderen
Orten ſpeeulirt haben.“
Aber ſeine Hläuhiger müßtenihn doch kennen, wandte
jetzt Herr Sendler leiſe ein, „oder müßte doch noch
einige der Papiexe bei ſich haben, mwenn er die Werthe
direet ankanfte. Man mutz weniaſtens ANes thun —”

Gortſetzung folgt.)


 
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