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Pfälzer Bote für Stadt und Land (26) — 1891

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Nr. 121 - Nr. 130 (2. Juni - 12. Juni)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44149#0489

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Wiigeint iagtia neit Kngnahme ver, Souu- nnd Feiertage
— — mit. Unterbaltung£beilage. Preit vierteljahrlich
M 1.20 ohne Trägerlohn m. Boftanffehlag Beftellungen
bei den Poftanfialten ı. dei der Sxpedition Zwingerfiraße 7.

R‘.\lzzj_— . Verantwortlicher Redalteur:






gulius Jeder in Heidelberg.





Fur den Monat

Jun i
Werden Beſtellungen auf den täglich erſcheinenden
Pfalzer Boten“ von allen Poſtauͤſtalien, den Poſt-
Uen und von unſerer Expedition Zwingerſtraße7
angenommen.

— — — ——
* Jas Bentenarium Bius- IX

Vom Commiſſar * der Generalverſammlung der
Katholikfen. Deutichlands, ‚Sr. Burchlaucht Fürft' zu
Vömenftein, geht un8 folgende. Zujchrift zur Ver-
Dfienflid)ung 3115

Am 13, Mai 1892 wird der hundertſte Jahres-
{ag der Geburt. des Hochfeligen Papftes Pius IX.
eiert ‚werden. Sin Comitee zur Okgaͤnifirung dieſer
@ehenffeier hat ſich in Bologna gebildet und läßt,
4M ſeine Aelion vorzubereiten, von jetzt ab eine

masſchrift erſcheinen. In der erſten Nummer
derjelben iſt geſagt:
Es gibt in dieſer Welt Namen und Ereigniſſe,
die nur genannt zu werden brauchen, um allenthalben
U in den entlezeuſten Gegenden der Erde ein be-
Eſtertes Echo zu wecken. Einer dieſer geſegneten
men iſt der glorreiche Namen Pius IX., eines
dieſer gluͤcklichen Ereigniſſe das hundertjährige Ge-
chtuißiahr ſeiner Geburt.“
Als Viis dahingegangen, als die Trauer-
lunde feines Todes von einem Ende der Welt zum
Andern mwiederhallte, da war es un allen, als mwürde
. eigenen Herzen losgeriſſen,
Wn verwaiſt blickten wir mit thruͤnenfeuchten Augen
Amber; unſere Feinde aber, die Feinde des Papſt-
s, frohlockten und von ihren Lippen tönte die
Srichte Lofung: Das Papſtthum iſt todt!“

AWer Gott, der niederſchinettert und aufrichtet,

der Seiden ſendet und Himmelstroſt, ließ am weiten
UMmelszelte aufflammen jenes herrliche Geſtirn,
Umen de coelo, Leo XIII.; die Weit ward geblendet
DON feinem lichten Glauze und des Papſtthums Feinde
Mn fich einem neuen geugniſſe gegenübergeſtellt
von der göttlichen Kraft unjerer hl. Kirche.“
Doch warum das Centenarium Pius IX. feſt-
lich begehen ?“

' „UD, wie gerne wollten wir auf dieſe Frage ant-




ARD erlahmen würde! Denn tauſende und aber-

. Im Kanipf unt's Daſein.
O Erzäßlung nach Hesba Streiton von H. v. Rem a gen.
8 Nachdrnck verboten.)

Felcher Wochentag war denn heute? Richtig: gerade
— Und er hatte ja verſprochen, am Samſtag zu-
ommen. HM

wie ganz anders würde ſich Alles geſtaltet haben,





uje; fie würden ettvas Feuer auf dem Heerde und eine
Speije zubereitet haben zu genüglihem Mahle. - Er würde


deichen guten Leuten {hildern, welche ihm barmherzig

‚Gfwejen find. UNuch dann wäre ja noch WNeS gut gewejen,


2* Weggenommen, ihn aber gegen das Verſprechen, nie


ſeine Hiutter vor ſich wie ſie mit bleichem aber


AYren zuhorchte und wie El8beth, auf dem Boden neben
end, mit leuchtenden Augen und ineinandergeleaten

8 Ün.auch inz Gefängniß feitjeßen und damit alle dieje
X Cligteit zu Michte machen mü{ien Am Ende diefes Sin-
* und Sorgens weinte er ſich in den Schlummex hin-
M ; aber wenn ein Ohr da gewefen wäre, es zu hören,
Ho itte e8 die ganze Nacht hindurh das Liefe Schluchzen
R ten fönnen, unter weldhem das überwältigte Herz Ddes
men Knaben nicht zur Kuhe zu kommen vermochte.
7 Fruͤh am Morgen wurde er geweckt und ihm gefagt,
0S er zu thun habe, bevor. er jeine ‚Zelle verlaffe. Dann
* er lein Frühftüc; auch ein viel karalichexes in Ge-
{ Iaft mit feiner Mukier und Schweiter hatte ihm nie
* bitter gef&medt, mwie diejes ; er empfand beinahe Efel
er an das freie, ungehundene Straßenleben ge-
S Önte ®nabe fühlte {ich fo {teif in den Gliedern, al8 {ei
Gefefjelt “an Händen und Füßen, die er ja nun nicht
‘Ot nad) Belieben gebrauchen durfte. Er litt weder vom


geweſen wäre; aber der Koͤpf ſchmerzte ihn und










für Stadt
— —




tauſend Gründe haben wir, es zu feiern,
Pflicht. Feiern wollen wir ja das hundertjährige
Gedächtniß unſeres Vaters, unter deſſen Augen wir
geboren wurden, von dem unſere Juͤgend ihre ſchönfte
Weihe erhalten, der mit ſeinen Thraͤnen und Leiden
unſer Herz für Hohes entflammt, durch ſeine Heilig-
keit uns vorangeleuchtet, ein wunderbares Muſter des
Glaubens und der Frömmigkeit. Feiern wollen wir
und verherrlichen das Andenken jenes Mannes, der
im 19. Jahrhundert geliebt war und zugleich gehaßt,
wie kein anderer, das Andenken des Märtyrers der
Revolution, das Andenken eines der köſtlichſten Edel-
ſteine, ſo das Ehrendiadem unſerer heiligen katholi-
ſchen Kirche Zierten.“

„Wer dies Centenarium begehen muß, iſt allzu
klar. Feiern müſſen es alle jene, die Ihn wie einen
Vater, die Er wie ſeine Söhne geliebt, alle Katholiken
der ganzen Erde. Ja wir, die Ihn im Leben geliebt,
im Tode beweint, die wir ſeine Größe bewundern,
wir alle wollen es im feſtlichen Jubel begehen und
durch unſeren Enthuſiasmus auch unſern Nachkommen
zur ewig denkwürdigen Erinnexung hinterlaſſen das
Centenarium der Geburt des Johaͤnnes Maria, Gra-
fen von Maſtai⸗Ferretti, Pius IX des Großen, Pius
]X des Glorreichen, Pius IX des Unſterblichen.“

Das Comite in Bologna hat ſich an alle Nationen
gewendet, um deren Mitwirkung für die Feier zu er-
langen; ſo auch an Deutſchland in der Perſon des
Commiſſars der Generalverſammlung der Katholiken
Deutſchlands, Sr, Durchlaucht des Fürſten zu Löwen-
ſtein. Die Frage, wie daz kath Deutſchland ſich an
der ſchönen, die Herzen aller Verehrer Pius IX. er-
freuenden und ergreifenden Feier betheiligen wird,
wird daher einen Gegenſtand der Berathung und Be-
ſchlußfaſſung der Katholikenverſammlung in Danzig
zu bilden haben.

Ciwas un „Öiftbaum“.

Die Schwindeleien an der Berliner Getr<ide-
börſe ſchildert der „Bürger⸗ und Bauernfreund“ in
folgender, auch dem Laien verſtändlicher Weiſe:

Ein Erzſpekulant, der ſeinen Wohnſitz in einem
Vororte Berlins hat, läßt für ſeine Rechnung große
Mengen von Getreide aus überſeeiſchen Haͤfen ver-
frachten. — Gleichzeitig „kauft“ er an der Börſe auf
Zeit, als ob er ein „Differeuzgeſchäft“ machen wolle.
Die Spekulanten „verkaufen“ ihm auch; denn er
„zahlt einen guten Preis?, das heißt, er verpflichtet






das Hers that ihm wehe bei dem Denken an der Mutter;
er fühlte ſich unſaglic elend und betrübt. Kälte und Hun-
ger waren ihm alle Bekannte aber dieſe Hinfäligkeit. und
Schwere, dieſe Starre und Betäubung, welche ihn auf
ſeinem Sige niederhielten, als ſei er auf demſelben feſtae.
eunden das war ein ihm bisher unhekanntes Leid. Zwei
Tage waren es erſt da war er nog frei wie ein Vogel in
der freien weiten Welt außerhalb dieſex kalten hohen
Mauern, 0, wenn er an andere Jungen dachte, die noch
jetzt in dem Herbftjonnenjdhein ſich tummeln und die Luft
mit ihrem Rufen, Pfeifen und Singen erfüllen konnten!
E war Sonntagmorgen und ſo blieb David länger
für ſich allein, als an Wochentagen Er wurde zur Capelle
geleitet und ſaß an der ihm zugewieſenen Stelle. Die Ge-
bete wurden verleſen, die Predigt folate; aber für die
Ohren Davids war das Alles eitel Schall; in dem ver-
wirrten Kopfe wurde es ein unverſtandenes Wirrſal Ge-
rabe ſo aina es an dem Wochentage, an welchem er der
Schule zugewieſen wurde. Er konnie zwar ein Bischen
Eſen und ſchreiben, als es aber darauf ankam dieß darzu-
thun, vermochte er nicht, ſeine Aufmeckſamkeit ſo viel zu-
jammenzuhalten, als hierzu nöthig geweſen waͤre. Man
ließ ibn das Alphabet herjagen es haperte; man aab
ihm Etwas auf ein liniirtes Blatt abzuſchreiben — e fiel
jämmerlich aus Er konnte eben mit dem beſten Willen
jeine Sinne nicht zuſammenhalten Der einzige Gedanke,
der ihn behexrrſchte war der, daß er ſich im Hefängnißz be-
finde und was aus ſeiner Mutter mit der kleinen Elsbeth
werde würde ohne ihn.
David war von Natur ein aufaeweckter, geiſtig und
lorverlich regjamer Knabe, aber jeßt wie zertrelen durch
die ihm plößlih auferlegte haxte Sirafe Er hatte freilich


man, um ins Gefängniß geſteckt werden zu koͤnnen wenig-
ſtens geſtahlen haben müffe. Unter feiner Belauntkſchaft
von der Siraßenjugend befand ſich Mancher/ der wegen
Taichen Diebſtah oder weaen Weanahme gerinafügiaer
Gegenitände, meiſtens Shtvaaren, von den Tijchen offener
Verkaufsbuden in den Straßen eine kurze Zeit feitgefegt















Anzeige-Blatt für die Auusbezirte Heidelberg
Ladenburg, Weinheim, Schwetzingen Pbhilippsbura,
Wiesloch, Bruchfal, Breiten, Nedargemünd, MoSbac,
Eberbach/ Buchen, Wallbärn, T Biſchofoh. Wertheim 3C,




| Druc, Verlagu. Expedition von Gebr, Huber
in Heidelberg, Zwingerſtraße 7,

— —











175 M. zu übernehmen. Die Spekulanten wiſſen,
daß große Mengen von Roggen auf hoher See
ſchwimmen und, degen Ende März auf den Markt
geworfen, den Preis drücken werden. —. Feder. ver-
kauft alſo auf dem Papier im Voraus gern für den
hohen Preis von 175 M. Jeder denkt natürlich, der
Preis werde höchſtens 162 bis 164 ſtehen, bis der
30. März herankommt, und daun müſſe der erwähnte
Erzſpekulant die „Differenz“ bezahlen. Es handelte
ſich um eine „Differenz“ von 20, 000 mal 12 Mark
an dem „Geſchäft? von 240,000 Mark hätte jeder
gern etwas verdient. Der Erzſpekulant war aber
ſchlau genug, die Leute nicht erfahren zu laſſen, daß
er ſchon die Hand auf allen in Schiffen ſchwimmenden
Roggen gelegt hatte. Der 30. März kam heran, der
Preis iſt ungefähr derſelbe wie zuvor, ſagen wir
174'/, — Die Differenz von 20,000.mal. /r —
10,000 M. zu bezahlen, waͤre alſo nicht bedenklich
für den Erzſpukulanten und kein beſonderes,Geſchaͤft“
für die anderen geweſen. Aber am 29. März ſagt
der Erzſpekulant, er habe kein Differenzgeſchäft machen,
ſondern wirkliche Waare kaufen wollen, man müſſe
ihm morgen die ganze Waare liefern. Pardauz!
Nun liegen die Anderen auf dem Rücken. — Woher
Waare nehmen? Die in den Häfen ausgeladenen
Vorräthe ſind nicht feil! Und ſomit müſſen die Ver-
kaufer vom Käufer erſt die Waare kaufen, um ſie
ihm liefern zu können. Und jetzt macht natürlich er den
Preis, das heißt, er verlangt 186 M. und gibt 175 M.
zurück. So hat er auf einen Schlag eine Viertel
Million verdient, und der Roggenpreis ſteht lediglich
wegen dieſer liſtigen Börſentreiberei um 10 M. hoͤher.
Das hat ſich thatſächlich zugetragen, und wir ſind
es beim rechten Namen zu nennen; es iſt
Schwindel, gegen den die ſoliden Geſchaͤftsleute
Front machen müſſen; ſonſt moͤge man es der Polizei-
behoͤrde nicht verdenken, wenn ſie ſich ins Mittel legt.
Und wer bezahlt ſolchen Raub, weſſen Taſchen
werden geleert, um den Geldſchrank des Erzhalunken
zu füllen? Der arme Mann, dem dann vorgeſchwindelt
wird, allein durch den Getreidezoll werde das Brod
vertheuert. ;

Gin entdedies Attentat gegen den- Zar..
Lach engliſchen Mittheilungen war der Äufſchub.
der Reije des Zaren nach Moskau nicht durch
eine Erkältung der Kaiſerin, ſondern durch die En t-
deckung eines Dynamitanſchltags veranlakt.
Am vorigen Sonntag, alſo drei Tage vor dem be-
abfichtigten Eintreffen des Zaren, wuͤrden vier große







worden varen; ‚aber unter allen diefen waͤren doch mur
wenige; die eine Freibeitoſtrafe von drei Monaten zu übet
it-hen gehabt hatten. Er felbſt hatte noch niemals fein

Hand na fremdem Gute ausgeftredt, denn „Du- foll{i®
nicht {tehlen!“ das war die etwige Wiederholung: in den
Mahnreden feiner Mutter, die Hauptpflicht.gegen den
Nebenmenfhen, welche ſie ihm. einfhärfte.

‚David Würde fid _ nicht auf’3 Betteln verleat haben.
wenn ihn die Möglichkeit ehrliher Wrbeit geboten gewefjen.
wäre; aber unter all den Hunderten. und Taufenden _ um
ihn herum war Feiner, der ihm -Arbeit anbot,..oder. fich
barım, befümmerte, ob er arbeiten lerne. Und doch- 1a6
er bier _ im Gefängniffe, weil er lieber zum Betteln fch
ent{hloß, als daß er die zwei einzigen Wejen, die ihm auf
der Welt theuex waren darben und Verhungern jah: .

Der erlte Strahl der Hoffnung drang in fjeine- Seele,
als er Hörte, ihn verde das Schuhmaderhandwerk gelehrt
werden. Dieſes Geſchaͤft war zwar Hicht dasjenige, zu
welchem er ſich eniſchioffen haben würde aus freier Wahl,
aber es war doch ein Handwerk mit dem er ſich möglidher-
weife den Leheneunterhalt erwerben Lonnte. Konnte. er
nicht Zimmermann werden, wie fein Vater gewefen war
— nın dann Schubmacher in Gottes Namen! — -— Er
madchte fih mit Eifer an die Arbeit. Da jaß er, einen
alten Stiefel vor ſich auf den Knieern,- und hämmerte ihr
zu Stüden mit unermuͤdlichem Fleiße, - Wenn 21’8 in den
drei_Monaten Sehrzeit nır ſo Wweit:-brachte, daß er {yäter
die Schuhe feiner Mutter und Schweiter fliden Konnte l
Bei dem Gedanken, ‚ daß ihm das ant Ende doch gelänge,
traten ‘ ihm die Thränen in die gefihwolenen blutunter-
laufenen Augen, und feine Lippen behten vor Crregung.

ür .alle Jälle wolte er wenigjten3 fein Beftes {hırr, dies
iel — ;

708 Gefängniß twar ein ausgedehntes und die Babl
der Häftlinge groß.. David wurde gefragt, ob er —
jei — er wußte NichtS darauf zu antworten; er verfiand ,
den Sinn der Frage nicht einmal. -

Fortſetzung folgt.)!


 
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