Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land (26) — 1891

DOI Kapitel:
Nr. 271 - Nr. 280 (27. November - 8. Dezember)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44149#1105

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext




iern,
iden,
gaͤck-



jalj})

chen-
Cir.
ie 80°
olus-
ute in
darm-
hwetz-
nm in
undre
eßerei
reiner
unter
olider,
igener
oſten⸗—



lberg

ber.
nement.

ur.

u von

Anfang
Uhr.

ber.
nemont.
en.

von

von

ffenbach.



S,
.
Stellet



Erſcheiuit taglım mit Andnabme der Gouu- und Feiertage
Heseftags wit Unierhaliungsbelage, Prets vierieljaͤhrlich
. 1.20 ohne Teägerlohn n, Poſtauffchlag. Beſtellungen
boi ben Voſtenſtalten ı, Bei bar Mynabitinn Amingerfiraße 7,


O0

*



2



für Stadi




Anuzeige-DBl{att {ür die Antsbezirle Heidelderg.
Sadenburg, Weinheint, Schwetziugen BPhilippsburg,
Bieloch/ Brnchfal, Breiten, Nedargemiünd, Mosbat,
Eberbach Buchen, Wallbdürn, Z.-Bifhof2h, Wertheim 36









fr. 20.

| erautworilicher Mebakteur :
nln Yader ınm Heidelberg.

| Seidelberg, Dittwoc, den 2 Dezember 180.

Drne/ Gerlag n. Erpebition von Gebr. Hube
in Heidelberg, Zwingerſtratze 7,

* —











— Gcbchch Gchchchlhlhch
Beſtellungen

f den „Pfälzer WBoten“ für den Monat
Dezemiber werden noch fortwährend bei ſämmtlichen
Poſtanſtalten, bei unſeren Trägerinnen, ſowie in anſerer
Erpedition Heidelberg, Zwinger ſtraße 7 entgegen-
genommen.

Verlag des „Pfälzer Bote.“

2— Fürſt —4 2

Ueber die letzte verhängnißvolle Unterredung
zwiſchen dem Fürſten Bismarck und dem verſtorbenen
Abg. Dr. Windthorſt hat — wie wir in vergangener
Woche ſchon mittheilten — jetzt auch der einzige über-
lebende Theilnehmer in den „Hamb. Nachr.“ ſich hören
laſſen. Wie er, ohne der Wahrheit zu nahe zu treten,
gar nicht anders konnte, muß er die Behauptung der
„Köln. Ztg.“, Windthorſt habe ihm ſeine Unterſtützung
gegen den Kaiſer angeboten, Lügen ſtrafen! Wenn
es überhaupt denkbar wäre, daß Windthorſt ſo etwas
gethan hätte, mit welchem Behagen würde Fürſt
Bismarck es berichtet haben! Er hätte damit auch
gar nicht bis jetzt gewartet, ſondern würde es beim
Tode Windthorſt's ſpäteſtens erzählt haben; hat er
doch ſeinem Aerger über die dem verſtorbenen Cen-
trumsführer erwieſenen Ehren wiederholt kräftig Luft
gemacht durch die gröbſten Schmähungen. Das Ge-
Präch mit Windthorſt hat 1—1'/2 Stunden gedauert.
Fürſt Bismarck hatte, ſo erzählen die, Hamb. Nachr.“,
natürlich das geſchäftliche Bedürfniß, zu erfahren,
welche Haltung das Centrum in dem neuen Reichstage
einnehmen, welche Anſprüche e& ſtellen werde. Von
dem Verſuche, irgend eine Cooperation einzuleiten, ſei
zwiſchen Beiden keine Rede geweſen. Fürſt Bismarck
habe ſich lediglich ſondirend verhalten und Windthorſt.
habe die Bedürfniſſe des Centrums nach Maßgabe
der Stimmung der Wähler dargelegt. Nachdem dieſer
ſich klar und präciſe dahin ausgeſprochen, daß das
Centrum die Herſtellung des status quo ante 1870


der Sondirung erſchöpft geweſen. Wer das lieſt, wird
ſtets den Eindruck haben, Fürſt Bismarck habe
Windthorſt zu ſich kommen laffen, um ihn zu „ſon-
diren.“ Gleichwohl behaupten die „Hamb. Nachr.“,
Windthorſt habe durch Herrn v. Bleichroder beim
Fürſten Bismarck vertraufich anfragen laſſen, ob er

Schlechter Seumuns.
5) Criminal-Novelle von Carl Ed. Klopfer.

Wag, fehlt Ihnen, Herr Hügel? Soeben lag noch
ein freudiger Schwung in Ihrer Rede — und nun ſind
Sie mit einem Male {o niedergefchlagen ? ‘ *
Weil — ich zu errathen aͤlaube, was Sie mir er-
wiedern würden, wenn ich mich ausſpräche, antwortete er
geyrebt. „Sie hahen wohl Verpflichtungen — Sie ſtehen
Unter dem überwältigenden Einfluß gewiſſer Verhältniſſe,
die es Fhnen nicht geftaiten — der Stimme Ihrer Neig-
llntg zu aehorchen; wenn Sie ſchon überhaupt eine ſolche
imme.“
„Was meinen Sie ?” fragte fie erſtaunt.
Nun Sie können ſich doch nicht der Einwirkung
der väterlihen Gewalt entziehen? — Ihr Herr Valer hat
enen Compagnon, einen jungen Freund den er wie feinen
%{g?n betrachtet — und Herr Weller hat entſchieden Wb-
era
Marie richtete ſich ſtolz auf und lächelte trotzis.
Ferdinand? — Nun, wenn auch wiklich ſolche Bro-
lecte beſtehen ſollten, wie Sie ſie da andeuten, und wie ich
le, ich geſtehe es, auch ſchon bereits geahnt habe — {o
fanınn ich Foͤnen verſicheyn, daß Ddiefelben nicht zur Reali-
frung fommen werden.“ ; ;
Er ſah fie mit einem ängſtlichen Zweifel an, aber in
hrem Auge lag ciwas {o zauberijch Liebliches, das ihn mit
er warmen, freudigen Erregung durchzucte. Er ſtreckte
Ür jeine Hand hin und war eben im Begriff, fein über-
olles Herz ganz und gar guszuſchütten als fie ein Geräufch
ün der Zimmerthür rafh augeingndertreten ließ. Die
Älinge wurde niedergedrüct, der Fliügel difnete {ih —
Serdinand Weller {tand auf bder Schwelle. Die beiden
Iaden ihım einen Moment imit Schreden ins Seficht, aber
“Ane ruhige, unbewegliche Miene mußte ſie wieder be-
Öwichtigen; er jchien von ihrem. Zwiegejpräch tein Wort
beritanden zu haben und ihr Beijammenjein durchaus
harmlos zu finden, wenigſtens zeigte er nicht das geringſte
Erftaunen.
„Ah, Herr Hügel, Sie ſuchen wohl Herrn Sendler?



ihn empfangen würde. Fürſt Bismarck will fogar
verwundert darüber geweſen ſein, daß eine folche
Anfrage überhaupt für nöthig gehalten wurde, während
es doch durch langjährige Praxis bekannt geweſen
ſei, daß er es für ſeine dienſtliche Pflicht gehalten
habe, jeden Abgeordneten zu jeder Zeit zu empfangen,
zumal eine ſo hervorragende Perſönlichkeit wie die
des Centrumsführers. Hier haben wir es ſichtlich mit
einer der bekannten diplomatiſchen „Schiebungen“ zu
thun. Fürſt Bismarck wollte nicht direkt bei Windt-
horſt anfragen und ließ es durch ſeinen Vertrauens-
mann v. Bleichröder thun. Da hat dann Windthorſt
ſchließlich, als er merkte, wie e& gemeint war, die
ihm in den Mund gelegte formelle Frage vielleicht
gethan. Jedenfalls ſtimmen Alle, die von Windthorſt.
etwas über die Sache erfahren haben, darin überein,
daß der Anſtoß vom Fürſten Bismarck ausgegangen
iſt. Erfreut ſind wir, von dem Fürſten Bismarck de-
ſtätigt zu ſehen, daß Windthorſt einfach die Wieder-
herſtellung des Zuſtandes von 1870 forderte, wobei
es ſich damals weſentlich um die Schul- und Ordens-
frage gehandelt haben wird. Alſo ſelbſt in einem
Augenblicke, wo für das katholiſche Volk und das
Centrum Großes auf dem Spiele ſtand — wenn
Fürſt Bismarck „ſondiren“ wollte, hatte er ſicher einen
realpolitiſchen Zweck dabei — hat der Centrumsführer
ſich auf keinen Handel eingelaſſen. Fürſt Bismarck
will zu der Ueberzeugung gekommen ſein, daß eine
Annäherung der Regierung an das Centrum nicht
thunlich ſei, und diefe auch amtlich nicht verhehlt,
Windthorſt gegenüber jedoch nicht ausdrücklich aus-
geſprochen haben. Als wenn Windthorſt nicht ſelbſt
der Mann geweſen wäre, zu merken, wie die Dinge

ſtanden. Von ſeinem pplitiſchen Scharfblicke zeußt
auch, daß er, als die Frage des bevorſtehenden
Cabinetswechſels zur Sprache kam, auf Hru. v. Ca-
privi als eventuellen Nachfolger hinwies, nachdem er
dem Fürſten Bismarck „zum Verbleiben in ſeiner
Stellung lebhaft zugeredet.“ Der Haß gegen ſeinen
Gegner verblendete ihn alſo nicht, deſſen Sturz zu
wünſchen; auf Hrn. v. Caprivi ſoll er bekanntlich
auch ſchon früher hingewieſen haben. Wenn ſchließlich
die „Hamb. Nachr.“ erzählen, Fürſt Bismarck ſei
überraſcht geweſen über die Schnelligkeit, mit welcher
er in weiteren Kreiſen und namentlich in höheren
Kreiſen von dem Vorgange der Unterredung Kenntniß
erhielt, ſo ſoll damit hoffentlich nicht gefagt ſein, daß
Windthorſt die Sache ausgebracht habe. Jeder Ver-
nünftige wird das einfach für undenkbar erklären.
Von den Thatſachen der Unterredung hatten in den








Ich auch. Was haben Sie da ?“
Leopold reichte ihm die Briefe und bat um beſtimmte
Inſtructionen.

‚ „®ut — die ſollen Sie bald erhalten; ich komme gleich
hinab.“ ſagte Weller kopfnickend und durchlas die Bapiere
mit ſehr aroßer Aufmerkſamkeit, während der Buchhalter
das Zimmer verließ, wieder die Schreibſtube aufzu-

ſuchen.

_ Marie hatte ſich an das Fenſter, gefeßt und ibre
Handarbeit wieder aufgenommen, als bemerke ſie gar
nicht die Anweſenheit Weller's. der, die Zähne in Wie
Unterlippe gegraben, über den Rand der Briefe hinweaſah.
Hätte ſie nur im Ertfernteſten geahnt, was für Gedanken
in dieſem Momment ſeinen Sinn durchkreuzten, ſie wäre
kaum ſo ruhig geweſen.

Weller war ein Mann, deſſen Weſen die volllommend-
ſte Leidenſchaftsloſigkeit zu verkörpern ſchien, weniaſtens
verſtand er es nieiſterhaft, ſeine inneren Bewegungen
unter einer ruhigen Oberfläche zu verbergen. Er blieb ſich
im Aeußerlichen immer gleich, was ihm etwas geiſtig Ge-
reiftes und Geſetztes verlieh! das ſeinen Jahren voraus
war und ihm den Ruf eines vortrefflichen, correcten Ge-
ſchäftsgeiſtes einbrachte.

Er beſaß überdies, wie alle Menſchen, die ſcharf und
gelaſſen beobachteten, die Gabe, einen Gegenſtand mit allen
ſeinen möglichen Conſeguenzen in kürzeſter Zeit zu üher-
ſehen, die eingehendſten Erwägungen in den Raum weniger
Minuten zujammenzudrängen. So hatte er ſich auch jeßt
mit einer raſchen Gedankenreihe zum Beherricher der Si-
tuation gemacht, während er in der Mitte des Zimmers
ſtand, aͤnſcheinend nur von ſeinen Geſchäftsbriefen und
den daran ſich knüpfenden Reflexionen in Anſpruch ge-
nommen.

Er hatte den arößten Theil der Unterreduna, die da
joeben zwiſchen Marie und dem zungen Buchhalter ſtattae-
funden, angehört. Axfangs wollte er raſch und brüst
zwiſchen ſie treten, Hügel über ſeine Dienſtvernachläſſig-
ungen ſchelten — und ſpäter dem Compagnon eine genaue
Eröffnung über den Stand der Dinge machen. Hügel wäre
wohl auf ſein Andringen unfehlbar entlaſſen worden und










dem Kaiſer gegenüber, als dieſer ihn wegen der Be-
gegnung interpellirte, darauf berufen, daß nicht er,
ſondern Windthorſt die Unterredung nachgeſucht habe.
Wenigſtens beklagte er ſich, daß die Sache in höheren
Regionen zur Kenntniß gelaugte ohne den Zuſatz,
daß die Vermittlung von Windthorſt nachgefucht
worden ſei



lluſere höhtren Beamten

beziehen nach dem neueſten Vorauſchlag des badiſchen
Staatshaushaltsetats an Gehältern und Wohnungszu-
va

Staatsminiſter Zurbau 12,000
M. Gehalt, 16,000 M. Nebengehalt und

1200 M. Wohnungsgeldzuſchuß, zuſ. 29,200 M.
Geh. Legationsrath v. Brauer, Ge-
ſandter am preußiſchen Hofe 7500 M.
Sehalt, 15,740 M, Nebengehalt und 760
M. Wohnungsgeldzuſchuß, zuſ. 24,000 .
Finanzminiſter Ellſtarter 12,000
M. Gehalt, 6000 M. Nebengehalt und
1200 M. Wohnungsgeldzuſchuß, zuſ. 19,200 „
Miniſterialpräſident Nokt 12,000
M. Gehalt, 4000 M. Nebengehalt und
1200 M. Wohnungsgeldzuſchuß. zuſ. 17,200 „
Präſident CSijenlohr 12,000 M.
Gehalt 4000 M. Nebengehalt und 1200
M. Wohnungsgeldzuſchuß, zuſ. 17,200 ‚
Präſident der Oberrechnungskammer 11,200 ,
(der verſtorbene Präſident Jolly bezog
13,200 M.)
Präſident des Oberlandesgerichts 11200
Präſident des Verwaltungsgerichtshofs 9,600 „
Generaldirektor der Staatseiſenbahnen 9,460 ,,
Vorſitzender Rath im Staatsminiſterium 9,360
Vorſtand des Geh. Kabinets 8,260,
Oberſtaatsanwalt 8,260 ,
Senatspräſidenten des Oberlandesgerichts 8,260 „
Landgerichtspräſidenten 8,260 „
Präſident des kath. Oberſtiftungsraths 8,260 „
Direktor des Oberſchulraths 8,260 „
Direktor des Verwaltunghofs 8,260 ‚.
Direktor der Oberdirektion des Waſſer-
und Straßenbaues 8,260 „
Miniſterialdirektor im Finanzminiſterium 8,260 ,
Domänendirektor 8,260 „
Steuerdirektor 8,260 „
— — — —







Sendler hätte nicht ermangelt, ſeiner Tochter das bizarre
Köpfchen tüchtig zurückzuſetzen, aber was hätte er, Fer-
dinend; dallei am Ende gewonnen? So wie er den Charak-
ter tiefes Mädchens kannte, war ein ſolches VBorgehen
durchaus nicht geeignet, den erft im Entſtehen begriffenen
Heinen Liebeeroman mit einem Male zu beenden, vielmehr
konnte dadurch das, was jeßt vielleicht noch nicht mehr
als eine durch die Langeweils hervorgerufene Cinderei
war, zur echten unbezwinglichen Leidenſchaft emporwacdhfen;
keinesfalls aber würde Marie für den durch ihren Vater
protegirten Bräutigam günſtiger geſtimmt werden, wenn
** ſolche Gewaltmaßregeln zur Anwendung
rächte.

So vermied es Weller ſogar, ihr nur mit dem leiſe-
ſten Blick zu verrathen, daß er ihre heimlichen Beziehunaen
zu dem jungen Buchhalter der Firma kenne, ebenſo wie er
auch diejem gegenüber den volllommen Unbefangenen
ſpieite und Herrn Sendler aleichfalls im Unklaren ließ
über die Entdeckung, die er ſo ganz zufällig gemacht hatte
Er hielt dieſes kleine Intermezzo wohl für zu unpedeutend,
um ihm zu jchaden ; eine kleine Herzenspikanterie des ro-
mantiſchen Backfüchchens viel zu kindiſch, um ſeinen aut
fundamentirten Heirathsxlänen als ernſtliches Hinderniß
in den Weg zu treten Das geht ja vorüber, wie — eine
Kinderkrankheit...

3.

Hu Ende der Woche, gerade als die fieherhafte Er-
reguns auf dem geſchäftlichen Markte ihren Höhebunkt er-
reicht hatte, fam Hügel eines Morgens bleich und zer-
fahren, in ſein Bureau. Seine Gedanken waren heute
nicht bei der Arbeit. Herr Sendler bemerkte endlich,
trotz dez Wuſtes der ihn umdrängenden Gejchäfte, die
ſeeliſche Bewegung im Weſen des ſonſt ſo pflichteifrigen
jungen Mannes. —

Er rief ihn in ſein Comptoix und interpellirte ihn in
ſeiner milden, vertrauenerweckenden Weiſe die für jeden
24 des Hauſes ſo etwas unendlich Wohlthuendes

eſaß.

(Fortſetzung folgt.),


 
Annotationen