Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Pfälzer Bote für Stadt und Land (26) — 1891

DOI Kapitel:
Nr. 291 - Nr. 297 (22. Dezember - 31. Dezember)
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.44149#1187

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext


R
— aı





— E









T S S










yır COr

A nra a

C A0 oöne M Ageilcin ıı Boflenfilag Beſtellungen
¶ Wolappka.ne , fa ber Wynebliten Amingerfiraße 7,






für Stadt




BUyeigEDÖ| AL JÜL Org Anusbezirie Heibeibers
1;@@;2&&_‘»3‚„%8@:&15@'1:}7‚ Schwebingen, —
Öruhjal, 4 Y — bar
Eoerdach, Suchen Waldürn, Z.-BilGofsh. Mertheim ı









c Reigser Kebakteur
77 Bader ın Beidelberg.



Seidelbera, Nitlvoch sen 23 Dezember 1691



Drud, Berlag u. Sypebition von — guber
in Heidelberg, Imingerürake 7,

_ 26. Ieürs.










Die Poſt⸗Abonnenten

das Abonnement auf den
Pfaͤlzer Boten ſchleunigſt bei der nächſtgelegenen
Poſtanſtalt — auch Landbriefträger nehmen Be-
ſiellungen an — zu erneuern, damit Unterbrech-
ungen in der Zuſendung beim bevorſtehenden Quar-
talwechſel vermieden werden.

Unſere bisherigen Leſer und Freunde bitten wir,
dem Pfälzer Boten auch ferner treu zu bleiben und
für weitere Verbreitung desſelben durch Em-


Kraͤften mitwirken zu wollen. Probenummern ſtehen
zu Dienſten.

Neu hinzutretende Abonnenten erhalten bis Ende
dieſes Monats den Pfälzer Boten unentgeltlich,

wenn ſie der Expedition desſelben die Poſtquittung


— — — —
* Bur Lage unferes Zabalbaues.

Herr Bürgermeiſter R 5 f H-Weftheim ſchildert auf
der Tabakbauern-Verſammlung, welche am
letzten Sonntag in Lin genfeld ſtattfand (fiehe
Nc. 288 des Pfälzer Bote), die Lage unſerer Tabak-
bauer mit folgenden Worten: „In der heutigen Ver-
ſammlung joll beſprochen werden, in welcher Weiſe
der bedraͤngten Lage der Tabakbauenden abzuhelfen
ſei. Man wiſſe leider nur zu gut, daß wir unter
den jetzigen Verhältniſſen dem Tabakbau entſagen
müſſen, da die Preiſe immer ſchlechter werden Werfe
man einen Blick auf den diesjährigen Tabakbau, ſo
müſſe man entmuthigt werden; die Qualität des
Tabaks ſei gut, der Preis dafür aber gering. Wie
müffe es erſt kommen, wenn wir Miß Ernte haben
oder gar der im Geſetz vorgeſehene Paragraph zur
Anwendung komme, wonach unſer unverkäuflicher
Tabak unter Aufſicht der Zollbehörde
würde. Die Urſachen unſerer Nothlage ſeien bekannt.
Die ſchlechten Preiſe ſeien bedingt durch die ſchlechte
Nachfrage, durch die allzugroßen Vorräthe in den
Magazinen der Händler, und dieſe wiederum durch die
Concurrenz der überſeeiſchen, geringe-
reu billigeren Tabake. Dieſe Eoncurrenz








aber hätten wir einzig dem ungenügenden Zoll auf
überſeeiſche Tabake zu verdanken. Darin liege des
Pudels Kern. Der Makler ſei an den niedrigen
Preiſen des Tabaks nicht ſchuld, ebenſowenig der
Händler. Des letzteren Magazinen ſteckten voll und
entmuthigten denſelben vor weiteren Zukäufen. Mit
dem Verkaufe aber werde es immer ſchlechter, weil
der Fabrikant infolge der Concurrenz gezwungen
wäre, bei der Fabrikalion zu überſeeiſchen Tabaken
zu greifen. Die Vernichtung unſeres Tabakbaues
wäre daher ſicher, wenn nicht in Bälde eine Aender-
ung der Boll- und Sieuerverhältniſſe geſchehe. Oft
würde uns der Vorwurf gemacht, wir ſollten etwas
anderes pflanzen, wir moͤchten uns mehr auf die
Viehzucht verlegen. Was aber ſollten wir pflanzen?
Kartoffeln, weil dieſe zufällig in hohem Preiſe ſtehen?
Wie würde e& mit denſelben im nächſten Jahre aus-
ſehen? Oder ſellten wir Zwiebeln bauen? Da ſei
für den jährlichen Bedarf hinreichend geſorgt. Etwa
Pfefferminze, um den Leibſchmerz zu lindern? Den
Tabakbau könnten wir nicht meyr entbehren, weil
wir auf einen zu kleinen Grundbeſitz angewieſen
wären, und da gälte es, nur ſolche Producte zu
pflanzen, die uns immer Beſchäftigung geben und
einen angemeſſenen Verdienſt einbringen. Wollten
wir den Tabakbau aufgeben, ſo hätten wir viele freie
Zeit, das Spazierengehen könnte uns dann zum
Fechtengehen werden. Auch der Händler könne uns
nicht helfen, weil er ebenfalls unter der Concurrenz
zu leiden habe, ſeine Magazine ſeien überfüllt,
Verkauf ſchleppend.

käme noch jährlich ein weiterer Zuſchuß von 200,000
Cir., weil in den letzten Jaͤhren durchſchnittlich
700,000 Ctr. produzirt, in Deutſchland aber mur
500,000 Ctr. verbraucht würden. Eine Steuer-
ermäß igung könne uns nichts nützen, dieſelbe
könne ſogar ſchädlich ſein; denn eine Sieuerermäßig-
ung wäre ein Reiz zu vermehrtem Tabakbau. Was
aber über 500,000 Etr. produzirt würde, müſſe auf-
geſpeichert werden. Nehmen wir an. der diesjährige
Tabak koſte 20 Mk., hiezu Steuer 18 Mk. ſo koſte
der Centner 38 M. Soͤllte nun die Steuer auf 10
Mark ermäßigt werden und dieſe Ermäkigung von
8 Mk. pro Centner ſollte uns zu gut konmen, ſo
müßte der Centner Tabak ſtatt 20 M. 28 M. koſten.
Käme hiezu die Steuer von 10 M., ſo wären es


Geld, und weil am Zoll nichts geändert wäre, koſte

der überfeeifche Tapat dasſelbe Geld. Die BVerhälte
niſſe blieben ſich alfo gleih. Auch das Monopal
würde für unſere Verhältniſſe nichts taugen. Daͤs




retten könnte, ſei die Erhöhung des Zolleẽ
auf überſeeiſchen Tabak. Betrachten wir
unſere Verhältniſſe etwas genauer, ſo faͤnden wir,
daß es ſchlimmer ſtehe als wir wiſſen. Nehmen wir
einen Bauer mit 20 Morgen Ackerland. Würde der-
Abe dies Land verpachten und für den Morgen 35
Mark erhalten, ſo wäre dies pro Jahr 700 Mark,
womit er ſeine Familie nicht durchſchlagen könne Ein
Arbeiter aber mit 700 M Einkoinmen ſtünde danı
beſſer als der Bauer mit 20 Morgen Acketland,
denn Krankenderſicherung, Invaliditäts⸗ und Alters-
verſicherung kämen dem Bauer nicht zu gute. Wie
aber ſtände es erſt mit dem Pächter, wenn dieſer mit
20 Morgen Jachtland käme? Der Bauer, der vor
Jahren 20 Morgen Ackerland hatte und jetzt 25
Morgen, wäre heute ärmer als früher, weil der Ca-
pitalwerth geſunken jei. Unſere Einnahmen würden
immer kleiner, die Auggaben grbßer. Der Bauer
hrauche heute das dreifache an Lohnen, Beiträgen zu
Laſſen uſw. gegen früher. Es ſei daher hohe Beit,
ernſtlich und vereint, Mann gegen Mann vorzugehen;

eine weitere Verzögerung ſchwäche unſern Baueruſtand
immer mehr und mehr“.


des neitu ſizialdenekriliſchen Krogramms.

Der allgemeine Charakter des neuen erfurter
ſozialdemokratiſchen Programms im Unterſchiede von




des reiner und kanſequenter durchgeführten Marxis-
mu$. Bekanntlih hat Karl Mart ın einer Zuſchrift
an Bracke d. d. London, 5. Mai 1875 den Entwurf
zu dem gothaer Programme einer vernichtenden Kritit
unterworfen, welche freilich erſt im Februar d. 3.
durch Friedrich Engels von London aus in der
WochenſchriftNeue Zeit“ und auch jetzt noch ohne
Viſſen und Willen der Führer der deutſchen
Sozialdemokratie veröffentlicht wurde. Marx nennt
den Entwurf zu dem gothaer Programme in dem Be-
gleitſchreiben an Bracke ein „durchaus verwerfliches
und die Partei demoxaliſirendes Programm.“ Dennoͤch
wurde dieſe für die Führer der deulſchen Sozialdemo?
kratie beſtimmte Lritik des gothaex Programnientwurfs
damals ganz geheim gehalten. Nicht einmal Bebel
für den Mary ſie neben Bracke, Geib, Auer unz





Schlechter Seumuns.
Eriminal⸗Novelle von Carl Ed. Klopfer.

Seine Gegenwart war, wie bald die Herzueilenden
Binennachbarn und Stadthewohner erfuhren, im Grunde
genommen nuc einem Zufall zu danken, den er ſelbß nicht
genug preiſen fonnte. Die Seene, die am Ahend zwiſchen
ihm und jeiner Braut, Fräulein Sendier, ſtattaefunden.

atte in nämlich ſo erregt, dab er das Bedürfniß empfand,
gcb durch einen länneren Spaziergang in der würzigen,
wohlthuenden Nachtluft wieder zu beruhigen. So wandte
er, Ihon auf dem Wege nach feiner Wohnung im Städt-
ven begriffen, ſeine Schritte nochmals um und Ihlenderte
durch die Felder und Hopfengärten, im ſantten Mondlichte
dahin, weit hinaus, fait ſchon bis zu den Törfern, die die
vereinzelte Ketie zwiſchen jeinem Wohnorte und dem näch-
en Stadtchen bildeten. Auf dem Rückwege, nicht mehr
weit von der Sendler’jhen Billa, hatte er die FeuerSbrunit
entdeckt und war, wie das Reſultat zeigte, aluͤchicherweiſe
früh genug gefommen, um in der angegebenen Weife feine
Thäatigkeit. alz Helfer in der Noth entfalten zu können.
Ales war darüber einig, daß der wackere, befonnene Herr
Weller ſozufagen als der Rettungsengel erſchienen War,
deun ihHm war e8 ohne Zweifel in erfter Linie zu danken,
4 das Feuer keine gefährlicheren Dimenſionen angenommen

atte.

Endlich war Alles beruhiat. Die Leute, die anfangs
mit Schre an die Möglichkeit gedacht hatten, wie leict
der Brand die naheliegenden Hopfengärten hHätte ergreifen
und vernichten kounen/ die Schaskammer faſt der geſammten
Bevölferung, abgejehen vom Walde und den benachbarten
Landhäujern, alle dieaufgewirbelten Gemüther beſänftiaten
fid jehr bald, als man die Ueberzeusuns gewann, daß die
ganze SGejchichte ganz wundeybar alimpflich abgelaufen
mwar. Die Menge zeritreute ſich, Jeder ging im jonnigen
Morgen an die Tagesarbeit und die Stätte, die vor
Kurzem noch der Schaͤuplatz der turbulenteften Scene ge-
wejen, hatte im Handumdrehen ihre Phylioanomie zurüd-
gewonnen, wenn wir von den Trümmern des Stallgebäu-
des und den Spuren der Loͤſcharbeiten abſehen wollen,

22)





die ſich im Hofe der Sendler'ſchen Villa, als ein einziges
Beugniß des ſtattzehayten Sreigniff.3 noch merkbar mach
ten. Der größte Theil der Menihenmenge war Übrigens
der Gruppe gefolgt, die ſich aleich nach Unterdrückung des
Brandes unter der Führung des Amtmanns Ramberg und
des Herrn Weller nach dem Bürgermeifteramte Ddes
Städtchens begeben hatte, um die behoͤrdlichen Schritte
44 die fich auf die Feuersbrunſt beziehen
mußten.

Sendler durchſchritt indeſſen mit ſeiner Tochter den
Hof, die Brandſtätte zu befichtigen. E3 galt zunächn, zu
conitatiren, wie das Feuer entſtanden ſei. Marie und ihr
Vaͤter gingen dieSbezüglih in manniafache Vermuthungen,
wahrend ſie die ſchwarzen Waſferlachen überftiegen, die ſich
im Hofraume durch die Bermengung des beim Löſchen ver-
* Waſſers mit den verkohllen Trümmern gebildet

atten

Sicher trägt wieder der unſterbliche alte Schlendrian
die Schuld,“ arollte der Kaufherr, „eine Unporſicht iskeit
der Dienſtieute. Da wurde gewiß im Stalle mit der
Qaterue leichtſinnig hantixt oder man hat ein brennendes
Zündholz achilos in die Streu geworfen, trotzdem ich
davor ſo oft gewarnt habe. Wäre überdies etwas mehr
Aufmerkfamkeit weniger Dufelei vorhanden geweſen, ſo
haͤtte das Feuer gleich im Entſtehen erſtickt werden können
Aber Monfieur Martin war gewiß wieder einmal auf
einer fjeiner gang und gäben nächtlichen Exeourſionen he-
ariffen, ſtatt ais Kutſcher den Stall zu überwachen. Er
leugnet freilich, fortgeweſen zu ſein.“

„So?“ rief Marie, deren bisherige Einſilbiakeit und
düftere Stimmung im Verein mit ihrer verſtoͤrten Miene
natürlih auf Rechnung der durch die Feuershrunſt erreaten
Gemüthzaffectiongefeßt wurde. „So ? das iſt erlogen, denn
ich habe den Burfchen gerade heute Nacht heimlich das Haus
verlaſſen ſehen.

„Was Du ſaaſt! antwortete Herr Sendlex übexraſcht,
ohne fich jedoch daͤraber zu verwundern wie ſeine Tochter
zu dieſex. Beobachtung Gelegenheit gefunden haben
fönne. „Si!. da ſoll doch das Donnerwetter Laͤgt mir
der Menſch ſo frech in die Zähne! Na, warte, den will




ich coramiſtren wenn er mit den Pferden zurüdtommt!

Ü Der Gärtner behauptet auch,
Martin halb angefleidet aus der Kammer laufend geſehen
44— als die Flammen zum Schindeldach heraus-

ugen.

‚Dann fteden ſie Alle unter einer Decke, denn i
weiß ja beſtimmt, daß ich ihn gefehen habe. Nun, *
Särtner hilft ihm vielleicht aus Freundſchaft. La das
guf ſich beruhen, Bapa, e& wäre mir unangenehm, gegen
Martin, der fonft ſehr brauchbar iſt und hHeute 1a auch
beim Loͤſchen recht wacker mitgeholfen haben {oll, al3 De-
nunciantin und Zeugin auftreten zu f{ollen. &3 hat ja im
Grunde genommen auch nicht ſo viel zu bedeuten, Du fiehft
ja, der Schaden iſt nicht jehr bedeutend. und — Du
haſt doch verſichext, nicht wahr Bapa ?“

„Ig, Abex denke doch, wie gefährlidh es noch haͤtte
werden konnen? Mein Gott, wenn ich e8 mir ſo vor-
ſtelle, daß der ganze Hopfen. jetzt. wenige Tage voͤr der
Ernte, ein Raub der Flammen hätie werden können. — —!
Herr Sendlex athmete froh auf. Wir habens vor Allem
dem braven Ferdinand zu verdanken, wenn e& noͤch ſo gut,
10 falt obne Opfer abgegangen. iſt. Marie, Du haſt wirk-
lich einen Prachtferl zum Bräutigam !“

ESis verzog den Mund und ſchwiea. Seit einer ge-
wiffen Begeanung balten ſich ihre ohnedieS nicht alzu-
mächtigen Sympathieen für den Verlobten noch bedeutend
abgefchwächt. Es bereitete ihr ſchon eine gewiffe Bein an
ihn — zu * ;

„ „Derr Sendler wurde ıin ſeiner Lobeshymne auf den
fünftigen Schwiegerſohn ꝛurch einen Diener unterbrochen,
dex ihm meldete, Herr Weller waͤre ſoeben aus der Stadt
gekommen und wolle ſeinem Compagnon wichtige Mit-
theilungen in Betreff der muthmaͤßlichen Urfaͤchen der
Feuersbrunſt machen.

Fortſetzung folgt.)


 
Annotationen