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Pfälzer Bote für Stadt und Land (26) — 1891

DOI Kapitel:
Nr. 291 - Nr. 297 (22. Dezember - 31. Dezember)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44149#1201

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Erſcheint täylıc uett Mudnahme dar Borne zud Feiertage
Samftags 4# Unterbeltungsbeitane, Brat@ niertefjfährlidh
ME 120 ohne Erigrriohte m, Poſtaufſchlag. Beſtellungen
bei den Poſtanſtalten u. bei der Expedition Zwingerfiraße 7,




Amnaetge-G Latt für die Aurtsbenir'e Herdelbern
XaDENONTS, Lemiyenn, savegurcen, Bhilippsburg,
$Biesloh Bruchial Bretten, Necargemlind, Mosbach,
vharhach, Buchen, Walloſtru. Biſchofeh YWertheim ı











It. 2%

Verantwortlicher Redakteur:
Julius Jeder in Heidelberg.




— n. Erpedition — Yuber| Yk ⏑ —
— 4 — — 7, %. %3% f.





GGHG@RGe000000092008
Die Poſt⸗Abonnenten

werden dringend gebeten, das Abonnement auf den


Poſtanſtalt — auch Landbriefträger nehmen Be-
ſtellungen an — zu erneuern, damit Unterbrech-
ungen in der Zufendung beim bevorſtehenden Quar-
talwechſel vermieden werden.

Unſere bisherigen Leſer und Freunde bitten wir,
dem Pfälzer Boten auch ferner treu zu bleiben und
für weitere Verbreitung desſelben durch Em-
pfehlung in den Kreiſen ihrer Bekannten nach
Kräften mitwirken zu wollen. Probenummern ſtehen

zu Dienſten.
Neu hinzutretende Abonnenten erhalten bis Ende

diefes Monats den Pfälzer Boten unentgeltlich,
wenn ſie der Expedition desſelben die Poſtquittung
für das 1. Quartal zuſenden.

— — —
Frofeſſer Zobannes Janfen .

Das deutſche Volt hat einen ſchweren, einen un-
erſetzlichen Veriuſt erlitten. Johannes Janſſen,
unſtreitig der erſte Geſchichtsſchreiber der Gegenwart,
iſt in der Nacht zum Donnerſtag, geſtorben. Schon
die erſten Nachrichten von der Erkrankung Janſſens
klaugen ſehr beängſtigend, und vor 14 Tagen bereits
wurde ſein Tod erwartet. Die letzten Tage brachten
indeſſen günſtigere Nachrichten. Donnerſtag Nacht
trat plötzlich eine Lungenlähmung ein, offenbar eine
Folge tiefer Erſchöpfung des Orhanismus.

Johannes Janſſen war geboren den 10. April
1829 zu Xanten am Niederrhein, wurde Prieſter und
ſpäter Profeſſor der Geſchichte am Gymnaſium zu
Frankfurt. Dort bildete er ſich in hiſtoriſchen Stu-
dien weiter als Schüler des großdeutſch-konſervativ-
proteſtantiſchen Geſchichtsſchreibers Böhmer (1795 bis
1863), dem er ſpäter ein literariſches Denkmal ſetzte.
Bald erſchien von Janſſen eine Reihe hiſtoriſcher
Schriften. Klein, aber hochbedeutſam und ein Kenn-
zeichen von Janſſen's begeiſterter Vaterlandsliebe und
national⸗deutſcher Geſinnung iſt ſeine Schrift über
Frankreichs Rheingelüfte“. Höchſt intereſſant ſind
ſeine Studien über Graf Leopold zu Stolberg und
andere bedeutende Perſönlichkeiten. In einer kleinen

— Seumuns.

24) Criminal⸗Novelle von Carl Ed. Klopfer.


nicht das hämiſche Lächeln, das triumphirende Aufleuchten









Zweifel und
völlig überwunden zu haben ſchien.
„a denn, mein Kind; weil wir ſchen einmal ſo un-
Hug waren Deinen zarten Nerven dieſe Mittheilung zuzu-
muthen, ſo ſei es gejagt! Ia, er hat nach anfänglıchem
Leugnen bekannt, daß er wirklich der Brandleger fei. Ueber
das Motiv jeiner Frevelthat, die ſo leicht ganz ungeheure
weit über ſeine Raͤcheabſicht hingusgreifende Jolgen hätte
haben fönnen, dürfte man auch nicht einen Moment im
Hweifel fein.. Und wenn ſchon auch ein ſolcher beftanden
bätte, ſo müßte ihn das Geſtändniß des Unalücklichen zer-
Kreut haben — er geftand endlich ſeine That und gab an.
& an mir, ſeinem ehemaligen Chef, der ihn ins Unglück
gebracht hatte —”

„D, mein Hott! fhluchzte Narie auf und ſank dem
Bater an die Bruit. Ihr ktangen in diefem Momente die
AWorte in die Ohren, die ſie geſtern Abend da draußen in
dem Harten, von einer verzweifelten, Leidenichaftlihen
Stimme vernommen hatte, die Worte: „. ... Ich alaube
eS Fönnte noch jo weit kommen, daß ich in meiner Ver-
zweiflung zum Mordſtahle griffe, um mir ein willkonme-
res Ende zu bexeiten — und ſollle dies ſelbſt mein Ende
unterm Henkerbeil ſein!“..

Aber da flammte plötzlich eine Idee in ihr auf, die
ſofort wuchs und wuchs und im Nır ihre viefigen Schwingen
entfaltete. Wie hatten ſie nicht gefagt, er Habe zuerit ge-
Teugnet und nur auf ein ſcharfes Inquiriren endlich ein
Befenutniß abgelegt? Ha, daran hingen fich ihre mit einem

tale aufgetauchte MuthHmaßungen mit einer ges
;mfi;tn' krampfhafien Gier feſt — das war ein Licht-
untt!

Sie riß ſich ungeſtüm aus den Armen des Vaters 108
uud richtetẽ f eußor

chien.



Schrift über „Schiller als Hiſtoriker hat er viele
Vorurtheile zerſtört. Dann begann er ein großes,
monumentales Werk, vie „Geſchichte des deut-
ſches Volkes ſeit dem Ausgang des Mit-
telalter3.“ Die ſechs umfangreichen Bände, die
bisher erſchienen ſind, wurden ihm Todesurſache und
Grabmonument. Er hat in dieſen Bänden ein bisher
noch niemals ſo durchforſchtes, rieſenhaftes Material
zuſammengetragen, mit einer Beherrſchung des Stoffes,
die geradezu Staunen erregen muß. Zum erſten Male
wird hier dem deutſchen Volke ſeine Geſchichte in gro-
ßem Stile erzählt, wie ſie ſeit Ausgang des Mittel-
alterg ſich geſtaltete. Die entſcheidungsſchwere Zeit
der Reformation hat er uns vorgeführt, nicht, wie
es andere thaten, in eigener Erzähiung, ſondern mit
den Worten und aus den Schriften und Geſtaͤndniſſen
der Zeitgenoſſen. Janſſen tritt in dieſem Werke als
Perſon und Verfaſſer vollſtändig zurüc. Was er er-
zählt, ſind nur die Thatſachen, und nicht er ſelbſt
berichtet ſie, ſondern diejenigen, welche ſie erlebt und
geſchaffen haben. So wuͤrde Janſſen's „Geſchichte
des deutſchen Volkes? ein unwiderlegliches Bollwerk
geſchichtlicher Wahrheit, wie e& in kleinerem Maße
ſchon von früheren Geſchichtsforſchern verſucht, aber
durch das Uebergewicht einer parteiiſch befangenen,


oder weniger zurückgedrängt worden war Janſſen's
Darſtellung dagegen ließ ſich nicht mehr ignoriren.
Wer ſie bekämpfen wollte, mußte die Wucht des ur-
kundlichen Beweiſes anfechten, und das iſt bisher
noch Keinem gelungen. Selbſtverſtändlich erregte ſein
Werk auf jener Seite, auf der man einer faſt 400-
jährigen Täucchung des deutſchen Volkes mehr oder
weniger ſchuldig iſt, einen ungeheuren Wuthſchrei
gahlreiche Gegner erſtanden ihm; Chrarb, Kuwerau,,
Baumgarten und andere proteſt. Theologen und Hi-
ſtoriker traten gegen ihn auf. Aber ſie konnten ihm
höchſtens zwei oder drei kleine Irrtyümer nachweiſen,
welche gegen die Tauſende von Citaten und Zahlen
in den fechs dicken Bänden vollſtändig verſchwinden.
Was ſie aber nicht widerlegen konnten, das waren
die Zeugniſſe, Erzählungen und Berichte der zumeiſt
proteſt. Zeitgenoſfen, die Janſſen ja faſt allein reden
läßt. Janſſen antwortete dieſen Gegnern in zwei
ſachlich und vornehm gehaltenen Erwiederungen an
ſeine Kritiker. Hier zeigte er ſich nicht nur als der
bedeutende Geſchichtsſchreiber, voll von reichem Wiſſen,
ſondern auch als ein Theologe beſten Ranges.


ſie vollbrachte, das Umſpannen einer ſo bewegten langen
— „Serdinand warit Dn dabei, al8 — diejer Hügel an
fangs leugnete und endlich vor dem Amtmann geftand ?
fragte fie rafjch, aber mit einer gewiſſen Kälte, Ddie ſie
mit Aufgebot aller Willenskraft abgerungen
atte.

Jawohl, mein Schaß,“ lächelte der Bräutiggm mit
einer zupoxkommenden Verbeugung, „ich war von Anfang

Ferdinand war es ja, der den Verbrecher eigenhändig
feltnahm,“” ergänzte Sendler, und ihn unter Begleitung
Dr. Rambergs und anderer Leute nach der Stadt escor-
tirte, bis er feſtgeſetzt war.” h ;

Marie warf ihrem Bräutigam einen ſcharfen Blick zu,
den Weller zu Anfang ruhig aushielt und fogar mit einem
boshaften Lächeln erwiederte, aber — merfwürdig! — er
mußte mit einem Male etwas in ihren ausdrucksvollen
Augenſternen leſen, das ſeine berühmte felſenfeſte Sicher-
heit irritirte; er wurde um eine kaum bemerkhare NMüance

hläſſer und ließ ſeinen Blick auf ſeine Finger
1 die mechaͤniſch mit dem ſilbernen Theelöffel
pielten.

Naxie fuhr ſich endlich mit ihrem Taſchentuche über
das Geſicht, als wollte ſie die letzten Thraͤnen hinweg-
wiſchen und ſtaxk fein. Dann winkte ſie ihrem
Vater leicht zu und waͤndte ſich gegen die Thüre.

„Wohin?“ fraate Herr Sendler beſorat und wollte
ſich ihr wieder mit einer zärtlichen. beſchwichtigenden
Liebkojung nähern Abex ſſie wies ſeine ihr. ent-
7 Hand mit mit einem Kopfſchütteln
zurück

‚ „S3O gehe auf mein Zimmer Bapa,“ ſagte ſie, ſich zu
einem Lächeln zwingend, aber mit faſt tonlojer Stimme


wich durch die Nachwirkung des Unglüdes von heute
Früh ſo angegriffen, daß mir der Kopf ſchwirrt — icdh
7* Kuhe haben — ich will verfuͤchen zu ſchlaͤfeni
ieu!
Damit buſchte hinaus, hinüber nach ihrem Zimmer, wo
ſie ſich einſchloß
Die beiden Männer ſaßen ſich eine aute Weile ſchweig-








Periode bis in die einzelnen Kleinigkeiten der perſön-
lichen und ſachlichen Vorkommniſſe, konnte nur ſchwer
ohne Schädigungen des Körpers ſich vollziehen. Wohl
trieb Janſſen viel Zimmergymnaſtik, wohl ſuchte er
im Sommer Muſe im Taunus; aber die Rieſenarbeit
griff doch ſeinen Körper allmählig an. So kräftig er
gebaut war, er unterlag. Bereits ſeit längerer Zeit
ſah er ſich zu großer Schonnung genöthigt, und ſeit
3 Jahren wartet Deutſchland auf den ſiebenten Band
des großen Werkes. Nachdem der ſechſte Band eine
hochintereſſante, kulturgeſchichtlich bedeutſame, wenn
auch für den Vaterlandsfreund höchſt betrübende Dar-
ſtellung des Sittenzuſtandes des deutſchen Volkes im
letzten Jahrhundert vor dem dreißigjaͤhrigen Kriege
g geben haͤtte, ſollte der ſiebente Band ein klares Licht
auf die Hexenverfolgungen werfen und das Kriegs-
theater entwickeln. Janſſen ſollte ihn nicht mehr Hera
ausgeben. Doch iſt ſicher anzunehmen, daß ſich eine
8 finden wird, welche ſeine hinterlaſſenen Vor-
bereitungen ordnen und dem deutſchen Volke zugäug-
lich machen wird.

Janſſens großes Werk über die „Geſchichte des
deutſchen Volkes“ hat raſch nacheinander zahlreiche
(12—15) Auflagen erlebt. Es kam auch gerade zur
rechten Zeit. Der Kulturkampf hatte die Geiſter ge-
weckt, eine Menge edelgeſinnter Proteſtanten blickte
mit Staunen auf die gewaltige moraliſche Kraft, die
ſich im kath. Volke enkwickelte. Die Achtung trieb
zum Nachdenken, und das Nachdenken zum Studium.
So kam es, daß dieſes Buch in ſehr bedeutender An-
zahl in proteſt. Kreiſen, beſonders auch Norddeutſch-
land's, gekauft und geleſen wurde. Die ſiegende Kraft
der Wahrheit kann nicht verborgen bleiben und immer
mehr unbefangene Geiſter, die ernſt nach Wahrheit
ſtreben, werden mit Gottes Gnade ſie finden.

Die Perſönlichkeit Janſſen's, ſchreibt die Pf. Ztg.
mit Recht, reiht ſich würdig den andern großen Män-
nern an, die in den ſchweren Kämpfen der letzten 20
Jahre ihre ganze Kraft, Leben und Geſundheit ein-
ſetzten für Wahrheit, Recht und Freiheit. Was jene
auf parlamentariſchem Boden erſtrebten und leiſteten,
Janſſen that es auf dem faſt noch wichtigeren Boden
der Wiſſenſchaft. Das deutſche Volk und zumal das
kath. Volk wird daher auch ihn in die Reihe ſeiner
hervorragenden Geiſtesgrößen aufnehmen; denn es iſt
ihm, dem unermüdlichen Kämpfer für die geſchicht-
liche Wahrheit zu hohem Dank verpflichtet. Die


Erbe des literariſchen Nachlaſſes Janſſen's iſt
Janſſens lang





jam gegenüberr
„Das arme Kind! begann endlich Sendler. „IH
würde wohl geſchwieaen haben, hätte ich gewußt, daß die
Geſchichte fie fjo furchtbar berühren Kfönnte. Aher wer
konnte denn das auͤch vermuthen? Sie hat ja ſonſt ſo aus-
gezeichnete Nerven —” RE
— „Om! Hm! Sie ſehen mich nicht weniger erftaunt,
lieber Vater; die Sache iſt Narien unvermuͤtheter Weiſe
10 nahe gegangen, daß ein Mißtrauiſcher faſt auf den Ge-
danken fommen fönnte, ſie — ſie nähme ein ganz beſonders
4 Intereſſe an dieſen jungen Taugenichts Leopold
ügel !”
Der guieHerr Sendler fühlte freilich nicht den bitteren
Hohn zu dieſen Worten ſeines Compagnons. .
„Jeun“, meinte er ganz aralos, „Iie iſt eben ein zart-
empfindendes Gemüth, das die Niedertracht eines Menſchen.
der ung voreinſt immerhin nahegeſtanden weltſchmerzlich
berührt.. Es geht uns ia ſelbſt beinahe jo. Aber freilich
— daß Marie ſich durch dieſes iraurige Factum gar ſo
tief erſchüttern laſſen kann das ſetzt mich in Erſtaunen;
ich hätte das nicht erwartet !”
Herx Sendler, und wohl auch Weller, mürden jedoch
noch mehr Grund zum Staunen gehabt haben, hätten ſie
in diefem Moment Marie beobachten koͤnnen, die in ihrem
Simmer, ftatt fid zur Ruhe Hinzulegen, leiſe ibren Schrank
Difnete, . einen Mantel übexwarf einen Hut mit dichtem
Creppihleier auffegte und dann mit vorſichtigen Schritten,
ängaitlich lich umjehend, auf den Corridor hHinaustrat und
durch eine Hintertreppe die Villa verließ, um den Weg


‚. Higel jaß nun wieder in demſelben Gemeindegefäng-
niß das ihn vor Zahren beherrbergt hHatte, kurz bevor er
in die Unterfuchungshaft des KreiZgerichtes abgeliefert
worden war. Er trug dieſelbe dumpfe, trobige Niederge-
ichlagenheit zur Schau, die ex damals gezeigt hHatte. E3
beſtand auch ſonſt eine furchtbare YWehnlichkeit zwiſchen


Gortſetzung folgt.) .


 
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