Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

DOI Heft:
Nr. 1
DOI Artikel:
Unkollegial!!
DOI Artikel:
Zu unseren Abbildungen
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0024

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST. | | - —


Unkollegial!!*)

Der Fall Louis Reiss, Pforzheim, zeigt wieder in eklatanter
Weise, wie sehr gerechtfertigt die seit Jahren fortgesetzten Be-
strebungen des Kreditoren-Vereins sind, bei den in Deutschland
massgebenden Faktoren Stimmung für die Einführung eines
gerichtlichen Zwangsvergleichs ausserhalb des Konkurses
zu machen,
um bei Zahlungseinstellung die durch das renitente Verhalten
einzelner Gläubiger drohenden schweren Schädigungen der Ge-
samtgläubigerschaft abzuwenden. Hier Beweis:
Am 3. d. Mts. fand die bereits auf einen früheren Termin
anberaumte, inzwischen vertagte, zahlreich besuchte Gläubiger-
versammlung der Firma Louis Reiss hier statt, in der der Vor-
sitzende des Kreditoren-Vereins anschliessend an die in den
„Vertraulichen Mitteilungen“ No. 14 vom November gegebenen
Aufschlüsse über den Stand der Sache referierte und die grossen
Schädigungen nachwies, die jetzt durch die Weigerung der Herren
Gebrüder Kühn in Schwab. Gmünd,
Besson & Benkelmann in Schwöb. Gmünd,
Adolf B. Kapprell, Pforzheim,
Hermann Leibold, früher in Firma Leibbrand & Leibold,
Pforzheim, und
A. Glaser in Eydtkuhnen,
sich unsern Ausgleichverhandlungen anzuschliessen, entstehen.
Die Firma Louis Reiss hatte sich bereits laut unserem Zirkular
vom 25. Juli verpflichtet, ihren Gläubigern die gesamten russischen
Aktiven, d. h. das Lager in Odessa, das Wechselportefeuille etc.
zu überlassen und ausserdem 100000 Mk. zu bezahlen, wovon
37500 Mk. sofort nach Zustandekommen des Ausgleichs zur
Verfügung standen, die übrigen Raten sich auf die Termine vom
30. Juni 1907 bis 31. Dezember 1939 verteilten. Die Herren
Gläubiger könnten also längst im Besitze der ersten Rate sein,
während heute die Firma Louis Reiss für den Zwangsvergleich
im Konkursverfahren statt 100000 Mk. nur noch 50000 Mk. neben
den russischen Aktiven offeriert; das bedeutet also für die Gläu-
biger einen glatten Ausfall von 50000 Mk., mit Worten
Fünf zigtausend Mark,
dank dem Verhalten der oben genannten 5 Gläubiger.
Dieselben waren in den an sie gerichteten Zuschriften des
Grossh. Amtsgerichts hier speziell darauf hingewiesen worden,
dass wenn der Konkurs notwendig und dann ein Zwangsvergleich
erfolgen würde, dieser voraussichtlich nicht so günstig ausfallen
dürfte, weil die Verwandten der beiden Teilhaber sich dann
nicht mehr zu gleich hohen Opfern entschliessen könnten, nach-
dem einmal der Konkurs veröffentlicht und die unvermeidlichen
Schädigungen und Hemmungen des Geschäftsbetriebes, sowie
die erheblichen Kosten des Konkursverfahrens cintreten; alles
vergebens! ! !

Die Gläubiger-Versammlung nahm mit dem Ausdruck tiefster
Entrüstung von den verschiedenen Vorgängen Kenntnis, ver-
urteilte einstimmig das Verhalten der 5 Gläubiger und gab aus
eigener Initiative ihren Empfindungen Ausdruck in folgender
Resolution:
„Die heute im „Kaiserhof“ stattfindende zahlreich besuchte
Gläubigerversammlung nimmt Kenntnis von der jetzigen Sach-
lage, wobei leider konstantiert werden muss, dass lediglich
durch das Verhalten der genannten 5 Firmen der von Verwandten
der Firma Louis Reiss angebotene Vergleich nicht zustande
kam und der Konkurs nun eintreten muss. Die Verwandten
haben im Verfolg dessen ihr Angebot reduziert, was ungerechnet
der Konkursspesen einen glatten Ausfall von 50000 Mk. bedeutet.
Die heutige Versammlung spricht sich ferner einstimmig für
sofortige Konkursanmeldung aus und kann es nicht unterlassen,
den genannten 5 Firmen ihr grösstes Missfallen darüber aus-
zusprechen, dass durch ihr Benehmen die Gläubiger nun so
schwer geschädigt werden“.
Die Gläubigerversammlung beschloss dann ferner, ebenfalls
einstimmig:
1. Der sofortigen Konkurserklärung zuzustimmen.
2. Sich heute schon mit dem seitens der Firma Reiss zu ge-
wärtigenden Zwangsvergleichsvorschlag auf Zahlung von
50000 Mk. und Abtretung der russischen Aktiven einverstanden
zu erklären und den heute nicht anwesenden Gläubigern die
Annahme dieses Vorschlages gleichfalls zu empfehlen, ins-
besondere mit Rücksicht darauf, dass beim Zustandekommen
des Zwangsvergleichsvorschlags für die Gläubiger aus den
russischen Aktiven unter allen Umständen mehr gerettet werden
kann, als bei Durchführung des Konkurses.
Wir dürfen dabei auch auf die für uns so dankenswerte Unter-
stützung des verehrl. Amtsgerichts hier weiter zählen, insofern,
als es sich bereit erklärt hat, zur Vereinfachung und Verkürzung
des Konkursverfahrens den Termin der ersten Gläubigerver-
sammlung mit dem Prüfungs- und Zwangsvergleichstermin zu-
sammenzulegen; so wertvoll dieses Entgegenkommen ist, so
schafft es leider die Tatsache des effektiven Verlustes von
50000 Mk. nicht aus der Welt.
Ob die 5 Herren, die durch ihre Renitenz mehr als die Übrigen
herauszuschlagen hofften, sich ihrer Tat wohl rühmen werden? ? ?
Vielleicht! Indem sie einen handgreiflichen Beweis für die
Notwendigkeit einer Ergänzung unserer Konkursordnung im
Sinne des gerichtlichen Zwangsvergleichs ausserhalb des Kon-
kurses geschaffen haben! ! !
*) Auf Veranlassung des „Kreditoren-Vereins“ aus dessen Vertraulichen
Mitteilungen veröffentlicht.

Zu unseren
Mit dieser Nummer eröffnet den Reigen unserer Sammlung
von Original-Entwürfen eine Kollektion Ideen von Max Rapp in
Pforzheim. Es ist eine Auswahl von einer uns vorliegenden
grösseren Anzahl und hat uns bei dieser der Gedanke geleitet,
möglichst einfache, dabei aber von dem industriellen Charakter
abweichende Formen zu wählen. Es sind entschieden aparte
Sächelchen, die gewiss die Aufmerksamkeit auf sich lenken werden,
um so mehr, wenn sie mit leuchtenden Edelsteinen ausgefasst sind.
Im 1 ext veröffentlichen wir eine Anzahl Juwelen und Ringe
der bekannten Fabrik von D. F. Weeber in Pforzheim, die besonders
in Ringen einen weitreichenden Ruf besitzt. Die veranschaulichten

Abbildungen.
Juwelen waren auf der Dresdener Kunstgewerbe-Ausstellung vor-
geführt worden und erfreuten dort nicht nur das Auge vieler
Juwelenliebhaber, sondern auch gar manchen Juweliers, der die
tadellose Arbeit würdigte. Der in drei Abbildungen dargestellte
Badische Jubiläumsring zeigt das badische Hauswappen und
Preussische Wappen und in massiver Goldplatte das in Platina ein-
gelassene Monogramm des grossherzoglichen Jubiläumspaares FL.
Unser nächstes Bild führt uns eine treffliche Arbeit des Akademie-
lehrers und Bildhauers Leopold Nowack in Hanau vor, auf dessen
Persönlichkeit und Werdegang als Künstler wir an der Hand
einiger weiterer Abbildungen in nächster Nummer zurückkommen.

12
 
Annotationen