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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 25
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Wittlinger, Rich.: Fallwerk, Kraftspindelpresse, Druckreglerpresse
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0204

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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.

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Fallwerk, Kraftspindelpresse, Druckreglerpresse.
Rich. Wittlinger, Stuttgart.

Ganz langsam, zeitweilig mit Stillstand hat sich die
in den obigen drei Worten ausgedrückte Entwicklung auf
dem Gebiete der Metallbearbeitung vollzogen. Mächtige
Bundesgenossen wie die Erfahrung, die Gewöhnung und
das Vorurteil im Gefolge, klug die infolge anfänglich
mangelnder Erfahrung unvermeidlichen teilweisen Miss-
erfolge ausnützend, verteidigten die Anhänger des Fall-
werks seine Stellung, welche es zu einer Zeit schon er-
rungen hatte, als das Wort Massenerzeugung noch nicht
seine jetzige Bedeutung im wirtschaftlichen Leben erlangt
hatte. Nur schrittweise konnte
sich die Kraftspindelpresse ihre
Daseinsberechtigung erzwin-
gen. Bis zur Stunde ist es ihr
noch nicht gelungen, auf der
ganzen Linie Sieger zu bleiben
und schon ist ihr ein vom Er-
folg begünstigter Wettbewer-
ber in der Druckreglerpresse
erstanden.
Im Nachstehenden sollen
auf Grund der verschiedenen
Wirkungsweise die Vor- und
Nachteile der drei Maschinen-
gattungen besprochen werden.
Wie schon der Name an-
deutet, liegt dem Fallwerk die
Anwendung des Gesetzes vom
freien Fall zu Grunde. Der in
zwei seitlichen Führungen
leicht laufende sog. Fallbär
wird mittelst eines Seiles oder
Riemens o. ä. in die Höhe ge-
zogen, um, dann losgelassen,
frei herab zu stürzen. Das Pro-
dukt aus dem Gewicht des
Fallbärs mal der beim Auf-
schlagen erreichten Endgeschwindigkeit ergibt nun den
zur Arbeit verfügbaren dynamischen Effekt. Dieser dynam.
Effekt, der sich also aus einem verhältnismässig geringen
Gewicht und aus einer auf einem vergleichsweise langen
Weg (Fallhöhe) erreichten Geschwindigkeit zusammensetzt,
muss auf einem sehr kurzen, nur nach Millimetern und
Bruchteilen desselben zählendem Weg in Druck umgesetzt
werden. Als Beispiel diene ein Fallwerk mit einem Bär-
gewicht von 30 kg und einer Fallhöhe von h =- 1 m.
Wenn der Fallbär beim Herabfallen den Weg von 1 m
durchlaufen hat, ist die erlangte theoretische Endgeschwin-
digkeit v nach der Formel des freien Falles
2 g h (,§■ = 9,81 m/sec. = Erdbeschleunigung)
in Zahlen
v = j/2 - 9,81 • 1
= y 19,62 = 4,5 m rd = 4500 mm,

daraus ergibt sich der dynamische Effekt (Bärgewicht 30 kg)
30 • 4500 = 135000 kg/mm.
Dieser Effekt muss nun bei der Bearbeitung des im Werk-
zeug befindlichen Metallstücks aufgezehrt werden. Nehmen
wir nun an, es handle sich um eine Hohlpressung von
5 mm Tiefe, dann erhält man folgendes Ergebnis, wenn
der gesuchte Druck mit x bezeichnet wird:
5 • x = 135000 kg/mm
x = 27000 kg,
die Druckleistung des Fallwerks beträgt in diesem
Falle 27000 kg. In vielen
Fällen wird nun der Weg von
5 mm zu gross angenommen
sein. Beträgt er nur 2,5 mm,
so wird die Druckleistung dop-
pelt so gross, d. h. 54000 kg
sein. Hieraus ergibt sich klar
der grösste Vorteil des Fall-
werks: Man kann mit verhält-
nismässig geringen Mitteln
eine grosse Druckwirkung er-
zeugen. Der zweite Vorteil
besteht in der leichten Regu-
lierbarkeit der Druckwirkung.
Soll ein geringerer Druck
erzeugt werden, so wird der
Fallbär nur entsprechend
weniger hoch gehoben. Diese
beiden Vorteile bergen aber
auch gleichzeitig eine Menge
Nachteile in sich. Als erster
Nachteil ist zu betonen die
geringe Werkzeugschonung.
Da die Regulierbarkeit des
Schlages nur eine ungefähre
ist und wie es in der Natur
der Sache liegt, zur Erzielung
grosser Arbeitsleistungen stets eher zu viel, als zu wenig Druck
genommen wird, so muss der ganze Überschuss an Druck vom
Werkzeug aufgefangen werden. Die Folgen hiervon sind ein
rasches Rissigwerden, Springen und zu Grunde gehen der
Werkzeuge. Der zweite Nachteil ist die körperliche An-
strengung des Arbeiters und die dadurch stark benachteiligte
Leistungsfähigkeit desselben. Ein konstruktiver Nachteil ist,
dass der Druck nicht in der Maschine selbst aufgefangen
wird, weshalb zum Fallwerk ein verhältnismässig teures
Fundament nötig ist. Aus diesem Grunde können Fall-
werke nie in oberen Stockwerken aufgestellt werden.
Auch ein Lokalwechsel ist dadurch sehr umständlich.
Ferner folgt daraus das sehr geräuschvolle Arbeiten; es
treten Erschütterungen und Rissigwerden des Mauerwerkes
auf. Bei schweren Fallwerken für Kraftbetrieb, wie sie
in Gesenkschmieden zur Verwendung kommen, wird als
bedeutender Nachteil die grosse Reparaturbedürftigkeit

d. h.


Namenszug Sr. Maj. des Königs Friedrich August von Sachsen
Aus Robert Neubert „Praktischer Graveur“
Verlag von Herrn. Schlag Nacht., Leipzig

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