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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 47
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X. Sitzung der Vertreter der Interessen-Verbände der Uhren- und Goldwarenbranche
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Ketten und Anhänger
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0390

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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.

sei und einen Wert von 175 Mark als Ladenpreis
besitze. Redner war der Ansicht, dass man von einem
gerichtlichen Sachverständigen eine solch niedrige Be-
wertung nicht erwarten sollte, am allerwenigsten aber
eine solche Unterschätzung des Feingehaltes. Soviel
ihm bekannt, ist Herr Gebhardt nur Sachverständiger
für Uhren; er hätte also die Schätzung der Brillant-
brosche ablehnen und den Betreffenden an einen sach-
verständigen Juwelier verweisen müssen.
Nach einer kurzen Aussprache einigte man sich im
gleichen Sinne, den Mitgliedern der einzelnen Verbände

ans Herz zu legen, die Taxierung von Gegenständen
der verwandten Branche ein für allemal abzulehnen,
so dass kein Goldschmied mehr Uhren und kein
Uhrmacher mehr Goldwaren und Edelsteine taxiere. Bei
einer strikten Durchführung dieser Ablehnung dürften
viele unangenehme Differenzen vermieden werden.
Nachdem noch einige Angelegenheiten der Uhr-
macher-Verbände, die für unsere Leser kaum Interesse
haben können, erledigt und das Protokoll verlesen
worden war, schloss der Vorsitzende die äusserst
anregend verlaufene Sitzung. W.

Ketten und Anhänger.

In dem Bestreben, den menschlichen Körper zu
schmücken, spielen seit undenklichen Zeiten die Ketten
und der Anhänger eine ziemlich bedeutende Rolle. Na-
mentlich ist es die Kette, die von keiner Schmuckmode
keines Zeitalters vernachlässigt wurde, sondern vielmehr
jederzeit einen fast unvermeidlichen Schmuckgegenstand
gebildet hat. Allerdings finden wir beinahe stets den An-
hänger als eine Begleiterscheinung der Kette und zeitweilig
ihn auch als den eigentlichen Schmuckgegenstand, dem
die Kette nur als Träger und Halt dient. Eine derartige,
auf die Abhängigkeit von der Kette gestützte Modeherr-
schaft besteht für den Anhänger wieder in der Gegenwart,
weshalb es wohl angezeigt ist, sich einmal einige Formen
aus seiner Vergangenheit zu vergegenwärtigen. Da der
Anhänger indes ohne Kette nicht denkbar oder tragbar
ist, wollen wir diese Betrachtung auch auf die Kette mit
ausdehnen und dieser dabei den Vortritt lassen.
In der Kette wird der Kunst die Aufgabe gestellt, das
starre Material des Metalls so zu behandeln, dass ge-
schmeidige, leicht bewegliche Bildungen entstehen, die
doch nach einer Richtung hin absolute Festigkeit aufweisen.
Es geschieht das durch die Gliederung. Ringe, durch-
lochte Scheiben, gehenkelte Kugeln usw. werden in ge-
eigneter Art zu einem Ganzen verbunden. Während bei
der gewöhnlichen Gebrauchskette nur die Festigkeit und
Beweglichkeit in Betracht kommen, tritt bei den Ketten
des Schmuckes ein weiteres Moment hinzu, die künstlerische
Wirkung. Diese letztere wird weniger dadurch zu er-
reichen gesucht, dass dem Einzelglied die Hauptaufmerk-
samkeit zugewendet wird, sondern durch eine gute rhyth-
mische Reihung der verschiedenartigen Glieder, durch
wirksamen Wechsel der Form, der Masse und der Be-
handlungsart. Die im Schmuck auftretenden Ketten sind,
wenigstens soweit sie von künstlerischer Bedeutung, fast
durchweg Bandketten, wobei entweder Vorder- oder Rück-
seite oder auch nur die erstere allein volle Durchbildung
erfahren. Sämtliche Beispiele der Tafel 1 mit Ausnahme
der Fig. 5, 8, 11 und 16 zählen hierher. Die Anordnung
kann so erfolgen, dass die Kette (horizontal gehalten) nach
oben und unten, nach rechts und links neutral, d. h. gleich-
artig beschaffen ist nach den Figuren 1,4, 15, 17 und 18;

sie kann ein Oben und Unten zeigen wie die Ketten 9
und 14; sie kann ferner eine seitliche Richtung haben,
wobei sie sich dann vornehmlich nur zum Aufhängen von
Gegenständen eignet, wie die Beispiele 3, 10 und 12 usw.
Hin und wieder werden Ketten gebildet, die sich nach
dem Ende hin verjüngen, was durch nach und nach er-
folgendes Verkleinern der Glieder erreicht wird. Die Enden
der Kette erhalten Schlussstücke in Form von Agraffen,
sog. Karabinerhaken usw., je nachdem sie als Hals- und
Gürtelketten, oder zum Anhängen von Uhren, Taschen,
Riechfläschchen und ähnlichen Dingen dienen müssen.
An Ordens- und Ehrenketten befinden sich häufig heral-
dische und symbolische Elemente, wie etwa an Fig. 12.
Je nach dem Zwecke wechseln die Grösse und das Ma-
terial, als welches edle und unedle Metalle auftreten,
gelegentlich in Verbindung mit Steinen und Perlen, mit
Email und Niello, sowie mit Filigranarbeit, die für Ketten
besonders geeignet erscheint, da dieselbe den Eindruck
des Leichten und Geschmeidigen an sich trägt.
Die Anhänger wiederum zählen zum Schönsten, was das
Gebiet des Schmuckes aufzuweisen hat. Ihre Form und An-
wendung ist mannigfaltig. Wir finden sie als Halsgehänge
und Brustschmuck mit und ohne symbolische Bedeutung,
als Hut- und Barretbehang, an der Uhrkette, und, aller-
dings weniger reich und prunkvoll, am Pferdegeschirr.
Der Anhänger bildet sich naturgemäss nach dem Prinzip
der freien Endigung, wenn auch zentrale Bildungen nicht
ausgeschlossen sind. Er nimmt gelegentlich die Form des
Kreuzes, des Medaillons, der Votivtafel sowie des Mono-
grammes an. Er muss geschnittenen Steinen, Miniatur-
bildern, seltenen Münzen und Medaillen als Fassung
dienen. Er bietet das richtige Feld für allerlei kleinen
Behang und an ihm entwickelt die Goldschmiedekunst
die vielseitigsten Techniken. Aus der Antike und ganz
besonders aus der Renaissancezeit sind uns ganz be-
sonders hervorragende Beispiele überkommen. Haben in
der letztgenannten Periode doch Künstler ersten Ranges
nicht nur praktisch an diesen Dingen sich betätigt, sondern
auch zahlreiche Entwürfe dazu geschaffen, wie z. B. Hans
Holbein in seinem Skizzenbuch für Heinrich VIII. von England.
Einen Teil vorstehender Mitteilungen und die dazu

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