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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 15
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Auswahlsendung und Konkursmasse
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0127

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Journal der Goldscfimiedekunst

Amtliches Organ des Verbandes Deutscher
der Qoldschmiede-Innungen zu BERLIN, BRAUNSCHWEIG,
KOLBERG, LEIPZIG, LIEGNITZ und SCHWEIDNITZ, der
der Goldschmiede-Werkgenossenschaft BERLIN (E. G. m. b.H.),
GÖRLITZ u. STETTIN und der Vereine der Juweliere, Gold-u.
und WESTFALEN, KÖLN, MÜNCHEN, WIESBADEN,
HERD!. SCHLAG DACH?.,


Inhaltsverzeichnis u. Bezugsbedingungen
befinden sich am Schlüsse des redakt. Teiles.

Dnl5


3uweliere, Gold-und Silberschmiede,

CHEMNITZ, GERA-ALTENBURG, GLEIWITZ, GLOGAU,
Innung pfälz.Gold- u. Silberarbeiter (Sitz: NEUSTADT a.H.),
der Freien Vereinigungen der Gold- und Silberschmiede zu
Silberschmiede von BADEN, WÜRTTEMBERG, RHEINLAND
WÜRZBURG und des Regierungsbezirks FRANKFURT a. 0.

LEIPZIG, Rßichssfrasse 18-20

:: :: Erscheint jeden Sonnabend ::
in zwei sich abwechselnden Ausgaben.

6. April 1907. .
' Jahrgang.


Nachdruck aller Artikel ohne Genehmigung der Redaktion ist verboten.

Auswahlsendung und Konkursmasse.

In einem zivilrechtlichen Nachspiel zu dem bekannten
„Fall Hädelt“ hat das Königl. Landgericht in Dresden ein
äusserst interessantes Urteil gefällt, das man als das eines
weisen Richters bezeichnen kann.
Am 5. März 1906 ersuchte der Goldschmied Alfred
Hädelt in Dresden den Kläger, den Steinschleifer A. B. in
Schwäb. Gmünd, um die Zusendung einer Ansichtssendung
von einigen Brillanten für Broschen für etwa 350 bis
400 Mk. Der Kläger sandte ihm darauf am 6. März 1906
14 Brillanten im Gewicht von 3 58/64 Karat und Gesamt-
werte von 1093 Mk. 75 Pfg. zur Auswahl zu und bat
ihn dabei um umgehende Rücksendung der nicht kon-
venierenden Steine. Unmittelbar nach Empfang, und zwar
am 8. März 1906 verpfändete Hädelt diese Brillanten.
Auf eine Aufforderung des Klägers zur Rücksendung der
Steine teilte er diesem am 19. März 1906 mit, er würde
sie schon gesandt haben, hätte aber dieser Tage Aussicht
auf eine grössere Brosche gehabt; er müsse in den nächsten
Tagen Bescheid bekommen, dann sende er sie umgehend
zurück; er bitte ihn deshalb, die Steine noch auf kurze
Zeit hier zu lassen, er erledige dann sofort die Angelegen-
heit. Nach einer weiteren Aufforderung zur Rücksendung
übersandte ihm der Kläger am 6. April 1906 eine Rech-
nung über die Brillanten und bemerkte darin, er nehme
an, dass Hädelt sie behalten wolle, da er sie zweimal
reklamiert und nicht zurückerhalten habe und sich die
Angelegenheit schon auf 4 Wochen erstrecke. Diese Zu-
schrift liess Hädelt unbeantwortet.
Am 12. April 1906 ist über das Vermögen Hädelts
das Konkursverfahren eröffnet und dieser selbst verhaftet
worden. Der in dem Prozess als Beklagter figurierende
Bürgermeister a. D. E. R. aber war zum Konkursverwalter
bestellt worden.
Der Kläger erhob gegen den Beklagten Anspruch auf
Aussonderung der Brillanten oder der etwa an ihre Stelle
getretenen Pfandscheine aus der Konkursmasse. Er hatte
geltend gemacht, dass die Brillanten nicht in das Eigen-

tum Hädelts übergegangen seien. Der Beklagte hat unter
Bestreiten des Klägers vorgebracht, Hädelt habe an den
Brillanten das Eigentum erworben; es sei zwischen dem
Kläger und Hädelt ein Kaufvertrag zustande gekommen,
in diesem Handelszweige bestehe ein auch dem Kläger
bekannter Geschäftsgebrauch des Inhalts, dass derartige
Auswahlsendungen als fest gekauft zu gelten hätten, wenn
der Empfänger nicht innerhalb einer angemessenen Frist dem
Verkäufer eine entgegenstehende Erklärung zugehen lasse.
Nach Erhebung von Sachverständigenbeweis hat die erste
Instanz durch Urteil vom 28. Juli 1906 die Klage abgewiesen.
Gegen dieses Urteil hat der Kläger Berufung eingelegt.
Auf Befragen hat der Kläger erklärt, zwischen ihm und
Hädelt habe keine Geschäftsverbindung bestanden; die
Auswahlsendung sei das erste Geschäft gewesen, das er
mit ihm habe machen wollen.
In der Entscheidung, die zu Gunsten des Klägers ge-
fällt wurde, gelangte zunächst zur Feststellung, dass der
Klage-Anspruch in erster Linie zu seiner Begründung
voraussetze, dass die Steine nicht in das Eigentum des
Gemeinschuldners übergegangen und deswegen mit der
Konkurseröffnung auch nicht Bestandteil der Konkurs-
masse geworden sind.
Die von dem Empfänger verlangte Übersendung einer
Ware zur Ansicht und Auswahl enthält einen Vertrags-
antrag des Absenders. Soweit der Empfänger den Antrag
nicht ausdrücklich annimmt oder ablehnt, ist für jeden
einzelnen Fall nach dessen besonderen Umständen zu ent-
scheiden, ob die Annahme etwa als stillschweigend erklärt
zu gelten habe. Dass eine solche Annahmeerklärung im
vorliegenden Falle nach dem von dem Beklagten be-
haupteten Geschäftsgebrauche ohne weiteres daraus' folge,
dass der Empfänger dem Absender innerhalb einer ange-
messenen Frist eine entgegenstehende Erklärung nicht hat
zugehen lassen, trifft in Ermangelung des Nachweises eines
solchen Geschäftsgebrauches nicht zu, widerstreitet aber
auch den hier obwaltenden besonderen Umständen.

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