Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

DOI Heft:
Nr. 51
DOI Artikel:
Roessler, Carl: Vom Goldschmied, der graviert und fasst
DOI Artikel:
Hirschfeld, William: Ist der Arbeitgeber für das von seinen Angestellten bei Ausführung einer ausserhalb der Arbeitsstätte vorgenommene Arbeit von diesem begangene Delikt haftbar?
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0418

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.


Hat man seine Graveurlehrzeit absolviert, so ist es mit
dem Steinefassenlernen nicht mehr schlimm, denn die Fass-
kunst ist ja eigentlich auch nur eine besondere Art des
Gravierens; es würde also ein 4—6 wöchentlicher Kursus
bei einem Fässer genügen. Der Fässer, der aus dieser
kurzen Lehre hervorgeht, wird ja nun zwar in der ersten
Zeit einen heillosen Respekt vor dem Ausfassen von
Brillantkarmoisierungen haben, gerade wie er als junger
Graveur es mit der Angst kriegt, wenn er eine glatte, nicht
allzu starke Damenuhr mit einem schönen steifen Mono-
gramm versehen soll. Selbstverständlich wird der Neuling
sich nicht gleich mit diesen, etwas schwierigen Arbeiten
befassen; es bedeutet für ihn doch immer ein allzu ge-
wagtes Experiment. Die kurze Lehrzeit ist als die Grundlage
zu betrachten, auf der er sich durch die Praxis allmählich
immer weiter ausbildet, bis er nach einiger Zeit mit
grösster Sicherheit die scheinbar schwierigsten Arbeiten
erledigt. Ich möchte auch nicht unterlassen, den Fassen-
lernenden auf das in dem Verlage der Zeitung erschienene
sehr nützliche Buch „Der Juwelier und das Fassen“*)
aufmerksam zu machen, welches einen sehr geschickten
Fachmann zum Autor hat.
Bevor der junge Graveur nun in die Praxis tritt, ist

es unbedingt erforderlich, ein gutes Monogrammwerk, wie
es das Neubertsche**) ist, zu besitzen, denn selbst die
tüchtigsten Graveurmeister können ohne Vorlagewerk
nicht gut bestehen, wenn sie mit der Zeit fortschreiten und
nicht krampfhaft an den veralteten überlieferten Formen
kleben wollen. Ich erwähne hierbei nur beispielsweise
das entzückende Empire-Monogramm, welches in keinem
anderen existierenden Werke zu finden ist und in voll-
ständiger Kollektion von A.A. bis Z.Z. im Neubertschen
Monogramm-Album vorliegt; auf goldenen Uhren, Zigaretten-
Etuis, Feuerzeugen usw. vornehm wirkend. Völlig zwecklos
sind die billigen Monogrammalben für 4-5 Mk., diese
sind ganz unzureichend. Das Neue Monogramm-Album
ist von einem unserer tüchtigsten Graveurkünstler speziell
zum Gebrauch für die Praxis des Graveurs entworfen.
Das Werk ist, trotzdem es von einer Hand gezeichnet,
von grösster Vielseitigkeit in bezug auf Stilart und be-
steht sein besonderer Wert für uns darin, dass jede Zeich-
nung auf leichte Ausführbarkeit und gute Wirkung hin
praktisch erprobt wurde. Wer heutzutage es im Leben
zu etwas bringen will, muss gerüsteter als je in den
Kampf ums Dasein treten. Wer dies aber ist, dem wird
der Erfolg nicht fehlen! Carl Roessler.

Ist der Arbeitgeber für das von seinen Angestellten
bei Ausführung einer ausserhalb der Arbeitsstätte vorgenommene
Arbeit von diesem begangene Delikt haftbar?
Von Rechtsanwalt William Hirschfeld.

Die Frage soll unter Zugrundelegung folgenden Vor-
falls beantwortet werden.
Ein Meister erhält von einem Dritten den Auftrag, in
der Wohnung des Dritten eine Arbeitsleistung vorzunehmen.
Er schickt seinen Gesellen nach der Wohnung. Der Ge-
selle erledigt sich des erhaltenen Auftrages und stiehlt
dem Dritten hierbei einen Diamantring.
Der zwischen dem Meister und dem Dritten vorliegende
zu einer Arbeitsleistung erteilte Auftrag stellt sich als ein
durch Auftrag erteilter Werkvertrag dar. Denn der
Meister wird hierdurch zur Herstellung eines Werkes
einer Arbeit verpflichtet. Gegenstand des Werkvertrages
ist somit ein durch Arbeit herbeizuführender Erfolg.
Der Auftrag wird zunächst dem Meister selbst erteilt.
Da es bei der Ausführung des hier in Frage kommenden
Auftrages nur auf den Erfolg, nicht aber auf die Person
des Ausführenden ankommt, so unterliegt es keinem Zweifel,
dass, während zunächst der Auftrag von dem, dem er er-
teilt worden ist, ausgeführt werden müsste, hier eine Über-
tragung auf einen anderen, den Gesellen, gestattet ist.
*) Joseph, „Der Juwelier und das Fassen“, geb. 3 Mk. Verlag
von Herrn. Schlag Nachf., Leipzig.
**) Neubert, „Neues Monogramm-Album“, 72 vollständige
Kollektionen, Embleme, Dekorationen, Kronen, Schriften etc.
Dauerhaft geb. 45 Mk. Verlag von Herrn. Schlag Nachf., Leipzig.

Dies pflegt wenigstens im gewöhnlichen, täglichen
Verkehr die Regel zu sein. Lässt jemand nun durch
einen Dritten eine ihm übertragene Arbeit ausführen, so
hat er für ein ihm bei der Übertragung zur Last fallendes
Verschulden einzutreten. Er ist fernerhin auch für ein bei
Ausführung der Arbeit durch seinen Gehilfen verursachtes
Verschulden verantwortlich. Er hat, falls der die Arbeit
Ausführende die zur Arbeit erforderlichen Fähigkeiten
nicht besitzt und daher die Arbeit schlecht ausführt, hierfür
aufzukommen. Er muss aber auch haften, falls der Ge-
hilfe durch fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln die
Arbeit mangelhaft ausführt oder den zu bearbeitenden
Stoff beschädigt oder vernichtet.
Kurzum seine Haftung bezieht oder beschränkt sich
ausschliesslich auf alles das, was in der Erteilung des
Auftrages liegt und auf das, was zwecks Herstellung des
verlangten Werkes vorgenommen werden muss.
Der Beauftragte (der Meister) haftet somit nicht für
die Handlungen des Dritten, die mit dem Auftrage in
keinem inneren Zusammenhänge stehen, die zwecks Aus-
führung des übertragenen Werkes nicht vorgenommen
werden.
Ein bei der Arbeit durch den Gehilfen ausgeführter
Diebstahl steht nun weder mit dem Auftrag selber in

384
 
Annotationen