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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 29
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Offener Sprechsaal
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0236

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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.

O


OFFENER SERECH5AAL


In dieser Rubrik räumen wir unseren geschätzten Abonnenten das Recht einer freien Meinungsäusserung ein, das wir
beabsichtigen, als die Auslassungen nicht gegen das Gesetz und die gute Sitte verstossen. Auf der andern Seite lehnen
jede Verantwortung für den Inhalt der Einsendung ab.

so lange nicht einzuschränken
wir aber auch ein für allemal
Die Redaktion.

Einbruchs-Sicherung.

Bezüglich des in Ihrer geschätzten Nummer 19 vom
4. Mai d. J. veröffentlichten Aufsatzes nebst erläuternder
Zeichnung zur Sicherung des Ladens mit Hilfe einer sog.
Selenzelle, kann ich Ihnen mitteilen, dass es, wie Sie schon
früher erwähnten, sehr schwierig, in den meisten Fällen
gar nicht ohne weiteres möglich ist, das betreffende Lokal
Nachts vollständig dunkel zu halten; auch kann ein Dieb,
wenn er sich nur einigermassen vorher etwas orientiert
hat, selbst im vollständigsten Dunkel soweit zurecht finden,
um, wenn auch nicht alles, sich doch einen Teil der wert-
volleren Waren anzueignen und damit zu verschwinden,
ohne dass oder ehe die Alarmglocke ertönt.
Ferner ist, wie ich bereits ausprobiert habe, es nicht
sicher, dass der Kontakt, resp. Stromschluss kräftig genug
ist, um die Alarmglocke zu betätigen für den Fall, dass

die Ruhestromleitung absichtlich durchschnitten oder be-
schädigt wird, und der Galvanometerzeiger in seine Ruhe-
stellung zurückkehrt. Der Kontakt ist dann nur sehr lose
und schwach, darf auch nicht zu fest anliegen, da sonst
eine verhältnismässig grosse elektromotorische Kraft nötig
ist, um den erforderlichen Magnetismus in den astatischen
Nadeln zu erregen und den Zeiger vorwärts zu bringen;
es würde infolgedessen eine verhältnismässig grosse
Zahl Ruhestrom-Elemente erforderlich sein, welche viel
Kosten verursachen würden. Bei meinen Versuchen er-
folgte nicht immer genügender Kontakt bei Rückkehr
der Nadel in ihre Ruhelage, der Anschlag war zu
schwach und erforderte erst eine kleine Nachhilfe mit
dem Finger, um die Nadel fest genug an den Kontakt
zu legen.

Der Rechtsschutz des Kunstgewerbes nach
dem neuen Kunstschutzgesetz.

Am 9. Januar 1907 ist das längst ersehnte Gesetz zum Schutze
von Werken der bildenden Kunst bekanntgegeben worden. Herr
Prof. Dr. Albert Osterrieth in Berlin hat nun jüngst in der „Werk-
kunst“ darüber einen Artikel veröffentlicht, dem wir folgendes
für unser Kunstgewerbe Wichtige im Auszuge entnehmen:
§ 1 des Gesetzes bestimmt allgemein, dass Urheber von
Werken der bildenden Künste geschützt werden, und § 2 be-
sagt, dass die Erzeugnisse des Kunstgewerbes zu den Werken
der bildenden Künste gehören.
Das Gesetz bringt eine wesentliche Neuerung. Denn bisher
waren kunstgewerbliche Erzeugnisse nur als Geschmacksmuster
geschützt, d. h. unter der Voraussetzung, dass die Entwürfe vor
der Verbreitung als Muster hinterlegt wurden. Der Schutz konnte
nur auf eine Dauer von 15 Jahren erwirkt werden; die Gebühr
für ein geschütztes Muster betrug im ganzen 32 Mk.
Bekanntlich sind es nur verhältnismässig beschränkte Kreise
des Kunstgewerbes, die von dem Geschmacksmusterschutz Ge-
brauch gemacht haben. Die grosse Masse der kunstgewerblichen
Erzeugnisse war der Nachbildung preisgegeben.
Die Änderung der Rechtslage, die am 1. Juli d. J. in Kraft
tritt, dürfte das deutsche Kunstgewerbe veranlassen, dem neuen
Gesetz seine volle Aufmerksamkeit zuzuwenden, und zwar nach
zwei Richtungen hin.
Der Kunstgewerbler hat zu wissen, dass er geschützt ist, und
wie weit sein Schutz reicht.
Er muss sich andererseits aber auch klar sein, wie weit er
durch die Rücksicht auf den Schutz fremder Werke in seiner
eigenen Betätigung beschränkt wird.
Ein anderes wichtiges Kapitel betrifft das Verhältnis des Kunst-
industriellen zu den ausübenden Künstlern, namentlich auch zu
seinen eigenen Angestellten. Diese Frage wird vom Gesetz nicht
geregelt. Die Motive erklären, dass die Verhältnisse auf den

einzelnen Gebieten der Produktion und des Vertriebes von Kunst-
werken so verschieden gelagert sind, dass eine einheitliche Rege-
lung des Kunstverlagsrechts vorläufig noch nicht möglich scheint.
Ich werde daher diese Frage nur nebenbei streifen können.
Geschützt sind die Erzeugnisse des Kunstgewerbes als Werke
der bildenden Künste. Jedes kunstgewerbliche Erzeugnis muss
daher denjenigen Erfordernissen entsprechen, die an das Werk
der bildenden Künste gestellt werden.
Was ein Werk der bildenden Künste ist, davon hat wohl jeder
eine allgemeine Vorstellung. Im allgemeinen bezeichnet man
Werke der Kunst als Schöpfungen, die ästhetisch wirksam sind,
oder die bezwecken, Gegenstände in idealer Gestaltung wieder-
zugeben. Oder es wird das wesentliche Merkmal der Kunst-
schöpfung in dem Schönen erblickt. Allein mit allen diesen
schwankenden und noch viel umstrittenen Begriffsmerkmalen ist
auf dem Gebiete des Rechts und der Rechtsanwendung nicht
viel erreicht. Denn da die Entscheidung aller Fragen auf dem
Gebiete des Urheberrechts den Richtern, also Juristen, obliegt,
ist es erforderlich, Massstäbe aufzustellen, die das subjektive
Empfinden, den persönlichen Geschmack und die wechselnden
philosophischen Lehrmeinungen nach Möglichkeit ausschalten. Nun
ist es wieder andererseits klar, dass man eine feste Schablone,
die auf jeden einzelnen Fall passt, überhaupt nicht aufstellen
kann. Indessen lehrt die Erfahrung, dass allen Werken, die
künstlerisch wirken — ebenso wie auch den Werken der Literatur
und der Tonkunst — ein psychologisch bedingtes Moment inne-
wohnt. Sie beruhen auf individuellen Schaffensvorgängen und
sind in ihrer Wirkung durch die Individualität des Schöpfers
bedingt. Aus dieser Erkenntnis ist man dazu gekommen, die
individuelle Gestaltung als das wesentliche Merkmal der Werke
der Kunst hinzustellen; und tatsächlich ist dieses Kriterium zu-
verlässig und allgemein anwendbar, auch wenn die Untersuchung

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