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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 39
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Steinhandel und Steinkunde
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0333

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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.

STEINHANDEL UND STEINKUNDE

Unter verantwortlicher Redaktion von WILHELM RAU,
Juwelier und Edelstein-Experte in ERFURT.



Vom Diamantenhandel.
* Mit Rücksicht darauf, schreibt die „New-Yorker Handelszeitung“,
dass der Juwelenhandel als guter Gradmesser der geschäftlichen
Prosperität angesehen wird, da ein Nachlassen sich ihm gewöhnlich
zuerst fühlbar macht, ist es erfreulich, konstatieren zu können, dass
unsere Diamanten-Importeure mit Zuversicht auf ein gutes Herbst-
und Wintergeschäft rechnen. So wurde in dem Bureau der hiesigen
Grossfirma L. und M. Kahn & Co. einem Vertreter der „New-Yorker
Handelszeitung“ die folgende Auskunft zuteil. Der betr. Herr sagt:
„Die unsaisonmässige Witterung der Frühlingsmonate hatte auf
das Gesamtgeschäft einen deprimierenden Einfluss. Nicht nur wurden
die guten Erwartungen des Handels für das Frühjahr enttäuscht,
es stellte sich auch die Besorgnis ein, die diesjährige Ernte möchte
sich als Fehlschlag erweisen. Diese Befürchtungen haben sich seit-
dem als grundlos erwiesen, die Getreideernte wird immer noch einen
reichen, wenngleich keinen so grossen Ertrag, wie letztes Jahr,
liefern und man darf auf eine Zweidrittel-Baumwollernte rechnen.
Dadurch ist der Inlandhandel ermutigt worden, und wenn auch
augenblicklich das Geschäft ziemlich still liegt, so erwartet doch
jedes Engroshaus der Juwelenbranche ein gutes Herbst- und be-
sonders ein gutes Weihnachtsgeschäft. Demgemäss werden grosse
Vorbereitungen getroffen, worauf die ungewöhnlich hohen Wert-
ziffern des Juwelen- und besonders des Diamanten-Imports sprechen.
Zum Teil erklärt sich der zunehmende Wert solcher Einfuhr aus
dem Steigen der Preise, aber auch hinsichtlich der Quantität zeigt
sich eine ansehnliche Zunahme. „Wenn im letzten Monat allein
an ungeschliffenen Edelsteinen die Einfuhr über New-York sich auf
nahezu 1500000 Doll, bewertet hat, so spiegelt sich darin der Auf-
schwung der amerikanischen Diamantenschleifindustrie wider.
Denn 90% aller hier zur Einfuhr gelangenden, ungeschliffenen
Edelsteine sind Diamanten“. Gegenüber den Diamantenschleifern in
Europa gibt es hierzulande nur etwa 400. Doch dieselben erhalten
weit höhere Löhne, nämlich solche von 50 Doll, bis 75 Doll, pro
Woche, und solche Bezahlung lockt die besten Arbeiter aus Amsterdam
und Antwerpen hierher. Während die billigen Diamanten in Frank-
reich und Russland Abnahme finden, kauft das amerikanische
Publikum nur die besten und feinsten Steine, und ergibt sich daraus
für gute Arbeiter beste Verdienstgelegenheit. Trotz des Steigens
der Diamantenpreise zeigt sich keine Abnahme in der Nachfrage,
und werden die Steine vielfach behufs Geldanlage gekauft, da aller
Voraussicht nach die Preise noch höher gehen werden. Nicht nur
haben die hiesigen Diamanten-Importeure von dem Londoner Trust,
der De Beers Co., die Zusicherung erhalten, dass die Preise unter
allen Umständen aufrecht erhalten werden. Die letzte Hoffnung
der Importeure, dass Konkurrenz dem Steigen der Preise Einhalt
tun werde, ist durch die Meldung geschwunden, dass das einzige
grosse, unabhängige Unternehmen, die Premier-Mine, unter die
Kontrolle des Trusts gelangt ist“. Der Diamanten-Importeur,. Herr
Ludwig Nissen, der sich in ähnlicher zuversichtlicher Weise über
die Geschäftsaussichten äusserte, wusste den obigen Angaben über
die Verhältnisse in dem südafrikanischen Diamantenproduktions-
gebiet folgendes hinzuzufügen. Er sagte: „Auch wir hören davon,
dass die berühmte Premier-Mine, welche in den letzten drei Jahren
ein Mitbewerber des Diamantentrusts, der Londoner De Beers
Consolidated Mines, Lid, war, in den Besitz der letzteren über-

gegangen ist. Der Ankaufspreis ist nicht bekannt, doch die Premier
Mine ist die grösste und wertvollste Einzelmine des südafrikanischen
Diamantengebietes, die bei vollem Betriebe einen Jahresprofit von
über 10000 000 Dollar liefert, während man ihre Produktivität auf
50 Jahre schätzt. Wenn die Gesellschaft zu Ende ihres mit Juni ca.
beendeten Geschäftsjahres keine Dividende erklärt hat, während sie
für das vorhergehende Jahr auf ihre Stammaktien eine Dividende
von 125 Proz. und auf ihre Vorzugsaktien gar 400 Proz. Dividende
bezahlt hatte, so heisst es, dass sie diesmal mindestens einen gleichen
Gewinnanteil hätte zur Auszahlung bringen können, die Direktoren
es jedoch vorgezogen haben, den Betrieb zu erweitern und einen
Reservefonds zu schaffen. Im Jahre 1905 ist bekanntlich in der
Premier-Mine der grösste bekannte Diamant, ein solcher von
3024 Karat, gefunden worden. Es kommt in Betracht, dass jene
grosse Dividende von nur 40 Proz. des Jahresprofites bezahlt worden
ist, da nach dem Transvaalgesetze die dortigen Diamantengruben
nicht weniger als 60 Proz. ihres Gewinnes an die Regierung ab-
zuliefern haben. Der gleichen hohen Besteuerung unterliegt natürlich
auch die De Beers Co., und obendrein muss die Gesellschaft in
England eine Einkommensteuer von 500 000 Dollar pro Jahr zahlen
während die britische Regierung ferner von ihr die Zahlung nach-
träglicher Steuern in Höhe von 3500000 Dollar fordert. Infolge
diesen ist in der letzten Jahresversammlung der Gesellschaft der
Vorschlag gemacht worden, den Geschäftsbetrieb nach New-York zu
verlegen, da ohnehin die Vereinigten Staaten mehr als die Hälfte
der jährlichen Diamantenproduktion kaufen, während auf England
nur ein Sechstel entfällt. Näheres über die Ausführung des Projektes
ist hier bisher nicht bekannt geworden.

Vermischtes.
In der Edelsteinmine von Ceylon wurde ein grosser Saphir
von prachtvoller kornblumenblauer Farbe gefunden. Geschliffen
wog der Stein noch über 466 Karat, er dürfte demnach der grösste,
bekannte Saphir sein. * *
*
Ein Prinz von Portugal besuchte kürzlich einige Diamantminen
von Kimberley in Südafrika, bei welcher Gelegenheit ihm ein
Diamant von 15 Karat überreicht wurde. w
* *
*
Ein wunderbar geschnittener Topas für 800000 Mark ist
der Brasilianischen Regierung zum Kauf angeboten worden. Der
Stein rührt von einem Grafen Francisco Crina her und ist seinerzeit
in Brasilien gefunden worden. Der Kaiser Dom Pedro schenkte ihn
dem Papste Pius IX., der ihn dem Könige von Neapel und Sizilien
verehrte. Letzterer liess den Edelstein durch den Künstler Cariello
— ein berühmter neapolitanischer Skulpturschneider — gravieren.
Diese Arbeit nahm 12 Jahre in Anspruch.
Die Gravierung ist eine Darstellung des Abendmahls und bis in
die feinsten Einzelheiten in höchster künstlerischer Vollendung
durchgeführt. Der Topas wiegt über 2 Kilogramm.
* *
*
* Diamantensteuer. Der Schatzminister Walton teilte der Ver-
sammlung des Rates in Kapstadt mit, dass der Gewinn aus den
Diamantgruben mit einer Steuer von 10% belegt werde, welche je-
doch vorerst nur von den Gesellschaften erhoben werden soll, die
jährlich über 50000 Pfund Sterling Gewinn erzielen.

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