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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 3
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Meister und Künstler: Leopold Nowack
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Moderne Wiener Schmucksachen und Tischgeräte
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0042

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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.

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Meister und Künstler.
Leopold Nowack.

Wenn wir die Würdigung einer Reihe von Meistern
und Künstlern der Edelschmiedekunst mit einem Lehrer
derselben eröffnen, so tun wir dies aus dem Grunde, da
wir in der betreffenden Person einen Künstler-Meister
vor uns haben, der sich aus dem Handwerk vermöge
seiner hohen Anlagen emporgeschwungen hat und weil
er ein durchaus berufener Erzieher des Nachwuchses unseres
Kunsthandwerkes ist. Der an der Königl. Zeichen-Akademie
in Hanau angestellte Bildhauer Leopold Nowack ist am
28. Januar 1854 zu Waldenburg in Schlesien geboren.
Er erlernte zunächst im väterlichen Hause das Drechsler-
handwerk, offenbarte hierbei aber so hervorragende Anlagen
zu künstlerischem Schaffen, dass er unwillkürlich zur
Laufbahn eines Bildhauers gedrängt wurde. So finden
wir den jungen Nowack denn während der Wiener Welt-
ausstellung im Jahre 1873 in Wien, wo er in einem drei-
monatlichen Aufenthalt den gradus ad parnassum fand.
Er besuchte danach zwei Jahre die Holzschnitzschule
Werdenfels in Partenkirchen und trat mit einer Beihilfe
der Königl. Staatsregierung in Berlin 1875 in die Fachklasse
des Professors Hess der Kunstgewerbeschule in München
ein. Unter der Bedingung, seine Studien zur weiteren
Ausbildung als Lehrer für eine kunstgewerbliche Fachschule
fortzusetzen, gewährte ihm die Staatsregierung ein erhöhtes
Stipendium zum Besuche des k. k. österreichischen Museums
für Kunst und Industrie in Wien auf weitere 4 Jahre in
der Fachklasse des Professors Otto König. Ein vorüber-
gehender Aufenthalt des befähigten Künstlers in Oberitalien

erweiterte seine ästhetische Anschauung, die sich in harmo-
nischer Weise mit einer bedeutenden Kunstfertigkeit verband
und Veranlassung zu seiner Berufung als Lehrer an der
Königl. Zeichen-Akademie zu Hanau wurde. Hier ist
Leopold Nowack seit 18 Jahren tätig und er hat in dieser
Stellung schon zahlreichen jungen Leuten namentlich der
Edelschmiedekunst den Weg zur Vollendung ihres Könnens
gewiesen. Im Jahre 1885 wurde er auf der Ausstellung
in Nürnberg für mehrere ausgestellte galvanoplastische
Originalarbeiten mit der silbernen Medaille prämiiert
und ferner war er beteiligt an den Ausstellungen in
München, Paris, Düsseldorf, Cassel usw.
Schon in der ersten Nummer dieses Jahrganges brachten
wir eine Arbeit Nowacks, den Rübezahl, im Bilde und
lassen heute noch einige Gebrauchsgegenstände in Edel-
metall folgen. In sämtlichen Arbeiten Nowack’s haben wir
es mit reifen Formen und natürlich entwickelten Ornamenten
zu tun, die davon Zeugnis ablegen, dass sich der Lehrer
in dem Künstler nicht von der Praxis des Lebens entfernt
hat und dass er zielbewusst die wahren Regeln der Kunst
zu erfüllen bemüht ist. Die Werke Nowacks sind frei
von Maniriertheit, Originalitätssucht und Effekthascherei,
sie sind für das Auge des unbeeinflussten Kunstfreundes
bestimmt und darum um so schätzenswerter als Vorbilder
unseres heranreifenden Nachwuchses. Und was Nowack als
Lehrer geleistet hat, danken ihm eine grosse Menge von ehe-
maligen Schülern, die von ihm eine reiche Zehrung an künst-
lerischer Nahrung mit auf ihren Lebensweg erhalten haben.

Moderne Wiener Schmucksachen und Tischgeräte.

Von dem intimsten Kleidungsstück angefangen, dem
Strumpfhalter, den ein luxuriöser Geschmack mit edelstein-
besetzten Schnallen ausstattet, bis zu dem weithin sicht-
baren Kopfschmuck, der in Form einer aus Blumentuffs
gebildeten Tiara die Rätsel der modernen Schönheit gelöst
zu haben scheint, gibt es heute kein Toilettendetail, welches
in der Vitrine des Juweliers nicht vertreten ist.
Hier soll aber nicht von den auserlesenen Kostbar-
keiten die Rede sein, die nur ein Malerauge veranschau-
lichen und ein Rothschild bezahlen kann, sondern von
jenen Gegenständen, die für einen wohlhabenden Gesell-
schaftskreis erschwinglich sind. Vor allem ist die lang-
verschmähte Brosche wieder zu Ehren gekommen, nur
findet sie nicht mehr ausschliesslich ihren Platz unterhalb
des Kragens, sondern wird überall angebracht, wo ein
schmückender Abschluss Gebot ist. Sie ist daher auch
nicht an eine bestimmte Grösse gebunden und entspricht
der Moderichtung, ob sie nun als schlanker Blüten-
zweig in einer Länge von 12 cm auftritt, ebenso gut wie

eine etwa 4 cm lange Goldstange, von welcher in der
Mitte ein beweglich angebrachtes, aus einem Edelstein ge-
schnittenes Blumenköpfchen zitternd herabhängt. Wir wollen
gleich hinzufügen, dass den Clou der diesjährigen Schmuck-
mode diese aus Steinen geschnittenen Blumen bilden,
dieselben werden immer lose befestigt, so dass sie bei der
leisesten Bewegung in Schwingung geraten und infolge
der wechselnden Belichtung erhöhten Glanz ausstrahlen.
Aber nicht nur die Blumenköpfchen sind lose hängend
verarbeitet, auch die in Phantasieformen geschnittenen
Edelsteine, die als Mittelpunkt oder Ausläufer einer Schnalle,
einer Brosche oder sonst eines Ornamentes gedacht sind,
werden ungefasst und beweglich angebracht. Einer be-
stimmten Moderichtung entspricht die Übereinstimmung
zwischen Ring und Brosche, und zwischen Arm- und
Halsband. Dieser Vorliebe für Garnituren kommt auch
der Ring in 3 gleichen Exemplaren, bei denen nur die
Farbe der Steine wechselt, sowie die Blousennadeln ent-
gegen, die, in der stattlichen Vierzahl auftretend, nur ein

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