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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 45
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Steinhandel und Steinkunde
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0385

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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.

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STEINHANDEL UND STEINKUNDE

Unter verantwortlicherjRedaktion von WILHELM RAU,&
□ Juwelier und Edelstein-Experte in ERFURT. Dfe



Noch einmal:
„Edel- und Halbedel- oder Schmucksteine“.
Eine Erwiderung auf den gleichnamigen Artikel in Nr. 43 desj
„Journal der Goldschmiedekunst“.
Mein Vorschlag, den Namen Halbedelsteine als unpraktisch
fallen zu lassen und den Namen Schmucksteine einzuführen, wurde
in Nr. 43 des „Journals“ einer eingehenden Besprechung unterzogen,
zu der ich einiges zu bemerken habe.
Der Herr Verfasser des betreffenden Aufsatzes hält den Namen
„Schmuckstein“ nicht für geeignet, die Bezeichnungen „Halbedel-
stein“ oder gar „Edelstein“ künftig zu ersetzen. Nun habe ich
auch im entferntesten nicht daran gedacht, das schöne und treffende
Wort „Edelstein“ auch nur anzutasten, geschweige denn zu ^be-
kämpfen, sondern aus meinen Ausführungen ergibt sich nur, dass
ich an dem Ausdruck „Halbedelstein“ Anstoss nehme. Allerdings
will ich nicht einfach statt Halbedelstein Schmucksteiu gesetzt
wissen, sondern dieses neue Wort Schmuckstein soll eine umfassendere
Bedeutung haben, weil, wie ich ausgeführt habe, sich keine scharfe
Grenze zwischen Edel- und Halbedelsteinen ziehen lässt.
Die Ausführungen des Herrn Verfassers zeigen ja deutlich, dass
wir bei dem Versuch einer „wissenschaftlichen“ Unterscheidung so-
fort mit der Praxis in Widerspruch geraten, und ein so herrlicher,
kostbarer Edelstein wie der Smaragd muss es sich gefallen lassen,
als „Edelstein zweiten Ranges“ bezeichnet zu werden. Mit dieser
Bezeichnung „Edelsteine zweiten Ranges“ dürfte der Herr Ver-
fasser weder bei den Juwelieren noch beim kaufenden Publikum
Anklang finden; diese Bezeichnung würde die Sache noch unklarer
machen, wir hätten statt zweier Gruppen, die nicht scharf zu
trennen sind, deren drei: Edelsteine erster Güte, Edelsteine zweiter
Güte und — die andern. Für diese andern adoptiert der Herr
Verfasser, worüber ich mich nach seiner anfänglichen Ablehnung
wunderte und freute, den Namen „Schmucksteine“. Der Name
scheint also auch ihm nicht unpraktisch gewählt zu sein. Der vor-
geschlagenen Dreiteilung gegenüber halte ich es jedoch nach wie
vor für viel zweckdienlicher, das Wort Schmucksteine in seiner all-
gemeinen Bedeutung zu gebrauchen, in der es wohl das Wort Halb-
edelsein entbehrlich macht, aber zu dem Wort Edelstein nicht im
Gegensatz, sondern nur in der Beziehung als Oberbegriff steht. ,Es
handelt sich ja hier nicht um eine wissenschaftliche Unterscheidung
— die können wir Mineralogen ja, soweit unsere Wissenschaft das
erfordert, unter uns ausmachen — sondern um eine Bezeichnung
für den praktischen Gebrauch besonders im Geschäftsleben, und da
bezeichnen wir alle Steine, die zum Schmuck verarbeitet werden,
als- Schmucksteine und die kostbarsten und edelsten unter ihnen,
gleichviel Ab ihre Härte über oder unter 8 liegt, als Edelsteine.
So haben wir für die Verwendung des Wortes Edelstein mehr Frei-
heit und können uns aus der Verlegenheit helfen,-die dadurch ent-
stand, dass »sich tatsächlich keine genaue Grenze zwischen Edel-
und Halbedelsteinen finden lässt. Der l Opal z. B. ist in jeder
Varietät, ein Schmuckstein, die feinsten, kostbarsten Opale aber kann
man unbedenklich als Edelsteine bezeichnen.
Neben den vielen Zustimmungen, die ich besonders von Fach-
leuten aus dem Geschäftsleben für meinen Vorschlag erhielt, be-
weisen mir gerade die Ausführungen des Herrn Verfassers, dass ich
mit der Bezeichnung „Schmucksteine“ das Richtige getroffen habe.

Es wird Aufgabe der Juweliere sein, dafür zu sorgen, dass dies
unbequeme, das Geschäft schädigende Bezeichnung „Halbedelsteine“
baldmöglichst veraltet und verschwindet. In Zukunft muss es im
Laden heissen: „Wir führen nur echte Schmucksteine, billige Sorten
sowohl als auch die feinsten kostbarsten Edelsteine“.
Dr. Alfred Eppler, Crefeld.
Anmerkung der Redaktion: Nach vorstehender Entgegnung des
Herrn Dr. Eppler haben wir zunächst festzustellen, dass wir in
unseren Ausführungen doch keineswegs gegen die Bezeichnung
„Schmucksteine“ an sich polemisiert haben. Unsere Bedenken
richteten sich doch nur gegen eine zweckwidrige Verallgemeinerung
dieser Benennung, da aus den Publikationen des Herrn Dr. E. absolut
zweifellos ersichtlich war, dass der Name Schmuckstein doch zum
mindesten auf einen grossen Teil derjenigen Edelmineralien künftig
Anwendung finden sollte, die heute in der Praxis vielfach als „Halb-
edelstein“ bezeichnet werden. Denn die oben klargelegte Absicht
des Herrn Dr. E., das Kunstgewerbe mit dem Worte „Schmuck-
steine“ als „Neuheit“ zu beglücken, haben wir bisher allerdings voll-
kommen verkannt. Dieses ist um so verzeihlicher, zumal doch
Schmucksteine seit vielen, vielen Jahren in unserer Geschäftspraxis
verkauft werden und gewiss jedem praktischen Juwelier und Gold-
schmied vom Beginn der Lehrzeit an durchaus vertraut sind. Es
wird auch bisher keinem Geschäftsmann eingefallen sein, z. B. die
Achate, einen Hämatit (Blutstein) oder einen Malachit als „Halb-
edelstein“ anzubieten, das waren vielmehr von jeher „Schmucksteine“
und sollen es auch bleiben.
Diese Schmucksteingruppe umfasste hauptsächlich die kristalli-
nischen Aggregate und amorphen Mineralien (mit Ausnahmen
natürlich), wohingegen alle aus reinen Kristallen geschnittene
Schmucksteine als Edel- oder Halbedelsteine galten. Die von Herrn
Dr. E. gerügte Dreiteilung besteht demnach seit alters her, ist also
nicht erst von uns angeregt worden.
In Anbetracht dessen wird es auch jedem Juwelier und prak-
tischen Geschäftsmann sofort gleich uns klar gewesen sein, dass
durch die beabsichtigte Verallgemeinerung der Bezeichnung
Schmucksteine eine ganze Anzahl prächtiger Edelmineralien zwecklos
diskreditiert werden.
Aber auch wir bekennen uns ja dazu, dass die Benennung
„Halbedelstein“ gar nicht sympathisch ist, und sind ebenfalls der
Meinung, dass dieser Ausdruck baldmöglichst verschwinden soll. Wir
halten jedoch nach wie vor daran fest, dass man diejenigen Kristall-
arten, wie z. B. die farbenprächtigen Turmaline und Berylle
(Aquamarin) usw., die bisher unter dieser Flagge segelten, mit
ruhigstem Gewissen als „Edelstein“ verkaufen soll, wobei dann bei
einer notwendig erscheinenden Präzisierung angegeben werden kann,
dass es sich um solche zweiten Ranges handelt.
Die in der sogenannten „Schmuckstein-Industrie“ verarbeiteten und
in letzter Zeit wegen ihrer hübschen Wirkung neu eingeführten
Gesteine sind trotz aller ihrer guten Eigenschaften weiter nichts,
wie eben „Schmucksteine“. Hieran kann auch die Tatsache nichts
ändern, dass auch verschiedene Edelsteinarten Verwendung finden,
zumal solches zumeist nur in unreinen zum Juwelenschmuck unge-
eigneten Stücken geschieht. Die Anwendungsobjekte der Schmuck-
steine sind vor allem die Ziergeräte, profanen und kirchlichen
Charakters, sowie dekorativer Schmuck, Pretiosen und Juwelen-
schmuck erfordern dagegen „Edelsteine“. Aus der Anwendungs-

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