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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 31
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Offener Sprechsaal
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0250

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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.

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OFFENER SFRECHSAAL



In dieser Rubrik r umen wir unseren geschätzten Abonnenten das Recht einer freien Meinungsäusserung ein, das wir so lange
beabsichtigen, als die Auslassungen .nicht gegen das Gesetz und die gute Sitte verstossen. Auf der andern Seite lehnen wir aber
ede Verantwortung für den Inhalt der Einsendung ab.

nicht einzuschränken
auch ein für allemal
Die Redaktion.

Vorsicht beim Ohrlochstechen!

Unter Bezugnahme auf den Artikel „Vorsicht beim Ohr-
lochstechen“ möchte ich bemerken, dass das zum Ohrloch-
stechen zu benutzende Instrument steril sein muss. Steril
wird das Instrument, indem man es in Sodawasser aus-
kocht oder in schwacher Lysollösung einige Minuten liegen
lässt. Das Ohrläppchen wird durch einen Wattebausch
(Wundwatte ist zu benutzen, nicht etwa farbige Watte,
welche für Kartonnage bestimmt ist), welcher mit Äther,
leichter Karbol- oder Lysollösunggetränkt ist,’abgewaschen.
Will man das Ohrläppchen für den Einstich vollständig
unempfindlich machen, reicht man durch Chloräthyl eine
lokale Betäubung, und jeder Arzt ist gern bereit, jeden
Kollegen darin zu ^unterrichten. Nach dem Einstechen
und Durchziehen des Ohrringes behandelt man die
Wunde mit essigsaurer Tonerde (1 zu 10) und bestreicht
die ‘äusseren Öffnungen mit etwas Borsalbe. Ich be-
zeichne das gewöhnliche Einstechen als eine grosse
Schmutzerei und Leichtfertigkeit.
Auch soll man sich einen 'Mindestpreis von 50 Pfg.

und schmerzloses Einstechen mit 1 Mk. bezahlen lassen.
Viele der Herren Kollegen berechnen 25 Pfg., oder,
wenn die Ohrringe im Geschäft gekauft sind, gar nichts.
Eine weitere Auseinandersetzung der Folgen eines leicht-
fertigen Ohrringeinstechens möchte ich weiter nicht er-
wähnen; der Artikel unter Vorsicht beim Ohrlochstechen
in Nr. 29 des „Journal der Goldschmiedekunst“ (Seite
217) wird manchen Herrn genugsam mahnen, dass er
für die Zukunft vorsichtiger wird. Insbesondere möchte
ich nur hervorheben, dass unechte Nadeln zu verwerfen
sind, nicht nur wegen des leichten Grünspanansatzes,
sondern der Einstich ist auch ohne Betäubung des Ohr-
läppchens sehr schmerzhaft, und wird jeder Kollege
schon wahrgenommen haben, wie ältere Kinder sich
sträuben, sobald das zweite Loch gestochen werden soll.
Ich hoffe, dass jeder Kollege sich diese Worte zu
Herzen nimmt.
Führe deine Arbeit sauber und gewissenhaft aus!
C. H. Nagler.

Der Rechtsschutz des Kunstgewerbes nach
dem neuen Kunstschutzgesetz.

Anders liegt der Fall, wenn der Kunstindustrielle seinen An-
gestellten die Vorlagen gibt und die Ausführung der Entwürfe
beaufsichtigt und korrigiert. Dies setzt allerdings immer voraus,
dass der Kunstindustrielle selbst die nötigen künstlerischen oder
technischen Fähigkeiten besitzt. In solchen Fällen liegt Mit-
urheberschaft zwischen dem Dienstherrn und dem Angestellten
vor. Miturheber haben über ihr Werk ein gemeinsames Ver-
fügungs- und Verwaltungsrecht.
Die Urheberschaft wird durch eine geistige Tätigkeit begründet.
Infolgedessen überwiegt auch der geistige Anteil eines Meisters
den manuellen oder mechanischen Anteil, den ein Gehilfe an der
Ausführung des Werkes hat. Der Gehilfe, der die Entwürfe seines
Meisters ausführt, erwirbt kein eigenes Urheberrecht.
Der Schutz ist [unabhängig ..davon, [ob ein Werk mit dem
Namen des Urhebers bezeichnet ist oder nicht, dagegen ist aller-
dings die Bezeichnung wichtig fürjden Beweis der Urheberschaft.
Von dem Beweis der Urheberschaft (entbunden ist nämlich der-
jenige Urheber, dessen Werk mit seinem Namen,versehen oder
in kenntlicher Weise bezeichnet ist. ZurcVermutung der Urheber-
schaft genügt j^die Anbringung [eines Namenszuges, der Initialen
oder schliesslich“eines~'anderen bekannten Zeichens, namentlich
auch — * und dies ist für Kunstgewerbetreibende wichtig — [die
Anbringung des Warenzeichens. [Ist das Werk nicht mit dem
wahren Namen des Urhebers versehen, so ist der Verleger zur
Wahrnehmung der Rechte [des Urhebers befugt, gleichviel, ob
sein Name’auf dem Werke angegeben ist oder nicht. Der Ver-
leger braucht also bei Werken, die nicht den wahren Namen

(Schluss.)
des Urhebers tragen, die Rechtsnachfolge vom Urheber nicht
zu beweisen.
Der Schutz des Urheberrechts erstreckt sich auf die Verviel-
fältigung, die gewerbsmässige Verbreitung und die gewerbs-
mässige Vorführung.
1. Unter Vervielfältigung des Werkes ist jede Wiedergabe
zu verstehen, bei der Identität des Werkes vorliegt. Bei der
Prüfung der Identität sind die freien Elemente des Werkes nicht
in Betracht zu ziehen.
Umgekehrt wird aber die Nachbildung nicht ausgeschlossen
durch solche Änderungen, die die]Identität des Werkes nicht
aufheben.
Die Vergleichung beider Werke hat sich also auf die indi-
viduellen Elemente des Werkes zu richten. Sind diese in beiden
Werken identisch, dann liegt auch trotz der Abweichungen eine
Vervielfältigung des ersten Werkes vor.
gEine freie Benutzung des Werkes ist zulässig, wenn durch
eine solche [die Identität des Werkes aufgehoben wird. Eine
freie Benutzung liegt z. B, vor, wenn [ein kunstgewerblicher
Gegenstand in einem ein Stillleben darstellenden Gemälde unter
anderen gegenständen abgebildet wird. Im Kunstgewerbe er-
streckt sich die freie Benutzung in der^Regel auf selbständige
Ausgestaltung von Motiven oder Ideen, die nur in der einzelnen
konkreten Ausführung, aber nicht abstrakt geschützt sind.
Für die Vervielfältigung ist es unerheblich, ob sie in einem
oder in mehreren Exemplaren oder in einem anderen Verfahren
oder in einer anderen Kunstform (graphisch oder plastisch) oder

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