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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 23
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Joseph, Friedrich: Der Geheimschlüssel des Ladengoldschmiedes im Verkehr mit seinen Angestellten
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Eine Feingehaltskonferenz in Heidelberg
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0188

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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.


da, wo solche „Sprachschlüssel“ vorhanden sind Jassen
sich deren Vorteile baldigst erkennen. Ein solches
System, nach obigem Worte, würde sich ungefähr
folgendermassen aufbauen:
Es bedeutet beispielsweise:
1 oder S = Passen Sie einmal auf den Käufer auf!
2 „ i = Vermutlich stiehlt derselbe, aufpassen!)
3 „ 1 = Der Mann hat gestohlen, Ladentür abriegeln!
4 „ b = Der Mann hat gestohlen! Holen Sie unauf-
fällig Polizei!
5 „ e = Die angebotenen Waren sind gestohlen,
sehen Sie sich den Mann an!
6 „ r = Wenn Sie die Waren nach dem Hotel
bringen, sehen Sie sich vor!
7 „ o = Hier wurden Gegenstände ausgetauscht!
8 „ x = Das ist ein Diebeskomplott — Vorsicht!
9 „ y = Beobachten Sie die Person vor dem Schau-
fenster (auf der Strasse)!
10 oder d = Telephonieren Sie nach Hilfe! usw.

Dieser Schlüssel soll absolut keine Norm sein zum
Allgemeingebrauch, sondern lediglich ein willkürlich
aufgestelltes Probe-Schema. Jedem Goldschmiede kann
es überlassen bleiben, sich selbst ein solches Ver-
ständigungslexikon auszuarbeiten, jedenfalls ist aber das
Vorhandensein eines solchen ein dringendes Bedürfnis
für Notfälle. Allerdings muss auch der Angestellte durch
Hinzufügung bezw. Vorausgang eines oder mehrerer
Stichwörter, wie z. B.: Holen Sie mir vom Lager . . . ,
Holen Sie vom Bestand . . . , wissen, dass sich die
nachfolgende Mitteilung auf diesen „Geheim-Sprach-
schlüssel“ bezieht.
[Die Natur der Sache bringt es mit sich, dass man
sich nicht ausführlicher darüber aussprechen kann, um
nicht Unberufene darin einzuweihen, jedenfalls aber ist
diese Frage der Diskussion wert und wird auch in
Ernstfällen dem Goldschmiede von grossem Nutzen sein.
Goldschmieden und Juwelieren, die sich eine derartige
Geheim-Verständigung einrichten wollen, stehen wir
mit Vorschlägen gern zu Diensten.
F. j.

Eine Feingehaltskonferenz in Heidelberg.

Infolge eines auf Anregung des Reichsamtes des
Innern von Seiten der Handelskammer Berlin erstatteten
Gutachten über die Notwendigkeit einer Abänderung
des bestehenden Feingehalts-Gesetzes hat auf Einladung
der Pforzheimer Handelskammer am 13. Mai d. J. in
Heidelberg eine Konferenz der Vertreter der Verbände
des Edelmetallgewerbes und der Industrie stattgefunden.
Die auf dieser Konferenz gefassten Beschlüsse werden
vorläufig noch der Öffentlichkeit vorenthalten, um eine
Beunruhigung zu vermeiden, und zwar bis in den einzelnen
Gruppen weitere Erhebungen über die herrschenden
Verhältnisse und bestehenden Wünsche erfolgt sind.
Für die letzteren dürfte es aber am Platze sein, sich
der Erwägungen zu erinnern, die die Grundlage unseres
heutigen Feingehaltsgesetzes gebildet haben und die durch
eine nahezu 20jährige Erfahrung mit diesem Gesetze
noch nicht entkräftet worden sind. Der Regierungs-
entwurf sah seinerzeit auch die Stempelung der Schmuck-
sachen vor, d. h. die Stempelung mit dem Staatszeichen
der Sonne oder des Mondes in Verbindung mit der
Reichskrone. Damit war eine Gleichstellung der Schmuck-
sachen mit den Geräten vorgesehen, was zur Folge ge-
habt hätte, dass Schmucksachen in Gold nicht unter
585/000 und Silber nicht unter 800/000 gestempelt werden
durften. Hiergegen erhoben in eingehend begründeter
Weise die Fabrikanten geringhaltiger Schmucksachen
den Einwurf, dass danach ihre Fabrikate, welche nur
von bis ^2 aus Gold bestehen, demnächst so gut
wie unverkäuflich seien, wenn dieselben keinen Stempel
tragen dürften. Das Publikum werde nur die gestempelten
feinhaltigen Schmucksachen kaufen, die ungestempelten

dagegen, auch wenn sie noch so künstlerisch ausgeführt
seien, als „unecht“ und „Schund“ ansehen. Zum Ver-
schenken werde sich dann ein ungestempelter Schmuck-
gegenstand überhaupt nicht mehr eignen. Da auch die
Fabrikanten feinhaltiger Schmucksachen eine lebhafte
Agitation für die Stempelung ihrer Waren unternehmen,
gab der Gesetzgeber die Stempelung der Schmucksachen
preis und verbot die Anbringung des Staatszeichens
auf ihnen. Dagegen stellte er es den Fabrikanten frei,
den Feingehalt mittels eines Zahlenstempels auf allen,
auch den geringhaltigen Edelmetallschmucksachen an-
zugeben, und machte den Verkäufer für die Richtigkeit
dieses angegebenen Feingehaltes zivil- und strafrechtlich
verantwortlich. Ob ein Schmuckgegenstand derart le-
giert ist, dass er noch die Bezeichnung von Gold oder
Silber verdient, kommt nun allerdings auf den einzelnen
Fall an. Im verneinenden Falle kann er nicht mehr als
Schmucksache von Gold und Silber gelten, sondern
fällt unter den Begriff „gold-und silberähnlich“. Einen
solchen Gegenstand mit einem Feingehaltsstempel zu
versehen, ist strafbar. Wenn auch letztere Bestimmung
als eine Lücke des Gesetzes gelten muss, so haben sich
dennoch kaum andere als direkt verbrecherische Ver-
fehlung dagegen bemerkbar gemacht und diese sind bei
jeder Art von Gesetzen zu gewärtigen. Die von Seiten
der Fabrikanten höher gehaltiger Schmucksachen seiner-
zeit prophezeite Vermehrung von absichtlichen Täu-
schungen und von Betrug ist nicht eingetreten und im
Publikum durch die Angabe der verschiedenen Gehalte
ein grösseres Verständnis, damit aber auch eine grössere
Sicherheit verbreitet worden.

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