Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

DOI issue:
Nr. 19
DOI article:
Offener Sprechsaal
DOI Page / Citation link: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0165

DWork-Logo
Overview
loading ...
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST. | ||

.. ■—■— = qciq
O-|— —-<] OFFENER SPRECHSAAL E>— £-O
□ □□□ . uuo\]

In dieser Rubrik räumen wir unseren geschätzten Abonnenten das Recht einer freien Meinungsäusserung ein, das wir so lange nicht einzuschränken
beabsichtigen, als die Auslassungen nicht gegen das Gesetz und die gute Sitte verstossen. Auf der andern Seite lehnen wir aber auch ein für allemal
jede Verantwortung für den Inhalt der Einsendung ab. Die Redaktion.

Die Wechsel-Protest-Listen der „Vertraulichen Mitteilungen“
des Pforzheimer Fabrikanten-Vereins und des Grossisten-Verbandes!

Zur Wahrung berechtigter Interessen war ich vor einiger Zeit
gezwungen, die Zahlung eines Akzepts zu verweigern, wonach
solches unter Protest zurückging, da meine vorherigen, recht-
zeitigen Vorstellungen von dem betreffenden Lieferanten unbe-
achtet geblieben waren. In dem darauf folgenden Rechtsstreite
wurden meine Einwendungen als berechtigt anerkannt und die
Klage zu meinen Gunsten entschieden.
Hiernach schien die Angelegenheit für mich erledigt. Ich
musste jedoch bald die Wahrnehmung machen, dass ich mich
leider mit dieser Annahme in einem bedenklichen Irrtum befand.
Eine ganze Anzahl meiner Lieferanten liess plötzlich die altge-
wohnte Kulanz vermissen, andere wieder verweigerten auf ein-
mal die Gutschrift meiner zum Konto-Ausgleich eingesandten
Akzepte und drängten energisch auf schnellste Barzahlung, so-
dann wartete ich immer mehr vergeblich auf die üblichen Offerten
der bedeutenden Fabrikanten und Engroshäuser unserer Branche,
sogar die Reisevertreter meiner ständigen Lieferanten blieben
aus usw. Also eine ganze Anzahl unliebsamer Erscheinungen,
die ich mir absolut nicht erklären konnte, die sich im ganzen
Geschäftsbetriebe aber recht störend bemerkbar machten und
zudem meine Existenz allmählich ernstlich gefährdeten. Ich liess
deshalb begreiflicherweise kein Mittel unversucht, um der Sache
auf den Grund zu kommen. Nach wiederholten vergeblichen
Bemühungen wurde mir dann endlich von einem Fabrikanten der
Bescheid, dass er es fernerhin ablehnen müsse, mit mir in Ge-
schäftsverbindung zu stehen, da meine Firma letzthin in der
Protestliste der „Vertraulichen Mitteilungen“ ihrer Verbände ge-
standen habe. — Das war also des Rätsels Lösung! —
Nach weiteren Erkundigungen erfuhr ich dann noch, dass sich
die Redaktionen dieser „Vertraulichen Mitteilungen“ ständig von
den Pforzheimer Banken die durchgehenden Proteste angeben
lassen, welche dann ohne jeden Kommentar in die nächste Protest-
liste aufgenommen werden. Zu welchen unheilvollen Folgen eine
derartige Gepflogenheit führen kann, ist aus meiner kurzen
Schilderung leicht ersichtlich. Es handelt sich hier in unserer
Branche um eine ungerechte Härte, die unbedingt beseitigt werden
muss, denn das ausgestreute Gift wirkt um so intensiver, da eine
Richtigstellung resp. Aufklärung infolge der geheim zu haltenden
Verbandsorgane eben nicht möglich ist.
Man kann es ja den Kredit gewährenden Grossohäusern nicht

verargen, wenn sie sich fortwährend bezüglich der Bonität ihrer
Schuldner auf dem Laufenden erhalten; auch kann es nicht be-
stritten werden, dass zur Bewertung der Bonität einer Firma der
Faktor wesentlich massgebend ist, ob die akzeptierten Wechsel
prompt honoriert werden oder nicht. In den meisten Fällen wird
man auch ohne weiteres annehmen dürfen, dass ein Wechsel-
protest auf Zahlungsunfähigkeit beruht, dass aber auch zuweilen
ganz andre Gründe den Anlass geben können, beweisen meine
Anführungen. Da aber die verderbliche Wirkung der Protestliste
die gleiche ist, muss schon im Interesse der Gerechtigkeit danach
getrachtet werden, diese Mängel zu beseitigen. Was ich also
bekämpfen will, ist nicht die gesamte Einrichtung der geführten
Protestlisten, sondern nur das bisherige falsche System.
Die notwendigste Reorganisation hätte darin zu bestehen, dass
vor allem künftig in die Listen nur diejenigen Proteste auf-
genommen werden dürften, die von dem eigentlichen Wechsel-
gläubiger hierzu angegeben werden, und zwar in dem Sinne,
dass hier als Wechselgläubiger nicht einer der Giranten, sondern
stets nur der Trassant zu gelten hätte; denn nur dieser ist im-
stande, von der Rechtslage des vorgekommenen Protestes ein
zutreffendes, wenn auch nur einseitiges Urteil abzugeben. Nach
dieser Durchführung trüge dann durch diese Art der Handhabung
immer eine bestimmte Persönlichkeit die Verantwortung, welches
bei den schweren Folgen absolut notwendig ist. Sodann müsste
die Verpflichtung bestehen, was übrigens auch nur die Befolgung
des Anstandes wäre, dass man den Betroffenen von der Auf-
nahme in die Protestliste unverzüglich Mitteilung machte, damit
solche entweder den vorgekommenen Protest rechtfertigen oder
andernfalls durch eingehende Begründung die Folgen nach
Gebühr abschwächen könnten. Die eingegangenen Erklärungen
wären in die nächste Ausgabe der „Vertraulichen Mitteilungen“
aufzunehmen.
Bei der heutigen schwierigen Weltlage ist besonders der gute
Ruf eines Geschäftes für dessen Vorwärtskommen von unschätz-
barer Wichtigkeit. Meine Anregung dürfte deshalb gerade für
den Verband deutscher Juweliere ein dankenswertes Feld der
Betätigung abgeben, zumal eine einzelne Persönlichkeit hier kaum
etwas ausrichten kann. Es muss mich überhaupt sehr befremden,
dass seitens dieses Verbandes bezüglich des Wesens jener Protest-
listen noch nichts unternommen wurde. E.

Zu unseren Abbildungen.
Was heute auf dem Gebiete der Gravierkunst geleistet wird,
zeigen uns die Abbildungen der heutigen Nummer, Arbeiten, die
aus der Kunstgewerblichen Gravierwerkstätte von Gottfried
Schnarr in Hanau stammen. Es wäre fast überflüssig, noch ein
Wort darüber zu verlieren, denn die einzelnen Sujets sprechen
in ihrer künstlerischen Vollendung für sich. Das zweite Bild
ist das eines Negativs eines in Stahl eingearbeiteten Modelles
einer Gürtelschnalle und auch das Reliefbild hat Anspruch
darauf, als einzig bezeichnet zu werden. Eine Hauptspezialität
obiger Firma sind aber die Tiersachen, von denen uns die
Abbildungen ebenfalls einzelne aus dem reichen Mustersortiment
vor Augen führen. Die Gravieranstalt von Gottfried Schnarr
besteht schon seit 18 Jahren und befasst sich nicht nur mit dem
Modellieren und Gravieren, letzteres in Gold, Silber und Stahl,

sondern die Firma liefert auch gleich solche Waren, wie ins-
besondere die zuletzt erwähnten Tiersachen als Knöpfe, Kravatten-
nadeln, Broschen etc. fix und fertig; andererseits jedoch erhalten
auch Interessenten nur die Modelle zur Nachbildung in hoch-
feinster Ausführung und ist die Firma für gute Arbeiten schon
mehrfach prämiiert worden. Gleichzeitig ist an den Betrieb eine
Lehrwerkstätte für praktischen Gravierunterricht angegliedert und
sind aus derselben schon tüchtige Kräfte hervorgegangen. f

Zertrümmerte Schaufensterscheibe.
Dass die Gefahr der Zertrümmerung einer Schaufensterscheibe
und der damit verbundenen Verluste gar nicht so gering ist,
beweist wiederum ein dieser Tage vorgekommener Fall:
In Ansbach scheuten 2 Pferde des Ulanen-Regt., die vor einem
mit Futter beladenen Wagen gespannt waren und rannten direkt

145
 
Annotationen