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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Zur Hundertjahrfeier der Firma C. Th. Jahr's Söhne in Gera
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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.


Zur Hundertjahrfeier der Firma 6. Th. Jahrs Söhne in Gera.

Die Jubelfirma hatte einer Denkschrift zu ihrem seltenen Ehren-
tage das Goethe’sche Wort vorausgeschickt: Was du ererbt von
deinen Vätern hast, erwirb es, um es zu besitzen! Damit hat
der Verfasser der Schrift allen bisherigen Inhabern der Jubelfirma
ein glänzendes Zeugnis ausgestellt, das um so erbauender ist, als
es heute zu den Ausnahmen auch in unserem Gewerbe gehört,
dass ein Geschäft 100 Jahre in dem Besitze einer Familie verbleibt.
Angesichts dieses Umstandes und in Anbetracht der weitreichenden
Bekanntschaft des heutigen Inhabers, Herrn Paul Jahr, den wir

Johann Gottfried Jahr erfreute sich einer zahlreichen Familie,
bestehend aus vier Söhnen und zwei Töchtern. Drei seiner
Söhne ergriffen das Metier des Vaters, jedoch nur dem dritten
Sohne, Carl Theodor, waren männliche Erben beschieden, welche
den Stammbaum der Familie weiterverzweigten.
Äusser dem vorhandenen Rohmaterial in Gold, Silber, Edel-
und Halbedelsteinen kannte man in damaliger Zeit kein Waren-
lager, da sich das Geschäft nur auf Bestellungen, welche dann
in der Goldschmiedewerkstatt ausgeführt wurden, erstreckte.

mit Stolz zu den engeren Freunden des
„Journal der Goldschmiedekunst“zählen,
wollen wir im Auszuge aus der Gedenk-
schrift die Geschichte der Firma C.
Th. Jahr’s Söhne wiedergeben und ihr
ein treffliches Wort aus der Einleitung
zu dieser vorausschicken.

Johann Gottfried Jahr im Alter.


„Erst wenn der Erbe in eigener
Weiterarbeit erkannt, wie Solidität,
Energie und Wagemut den Begründer
eines wohlorganisierten Geschäfts ge-
leitet, kann er sich als den wahren
Besitzer seines Erbes fühlen, und er
wird jederzeit, besonders aber bei
Ablauf eines historischen Zeitabschnittes,
mit Dankbarkeit und Ehrerbietung des-
jenigen gedenken, der das sichere
Fundament zum Wohlstand seines
Hauses gelegt. Der gute Ruf, der ehrliche
Name, welcher das Erbe unserer Väter
begleitet, hat keinen geringen Anteil
an der stetigen,, gesunden Weiter-
entwicklung desselben, und darum erscheint



es uns heute bei

Jahr nach dem am

Damals behalf man sich auch ohne
Laden; der Geschäftsraum war mit in
der Wohnung. Der Einkauf umfasste
lediglich alte goldene und silberne
Gegenstände, Münzen, Schmucksachen
und Geräte von Privaten, welche meist
eingeschmolzen und wieder zu neuen


Otto Jahr.

Waren verarbeitet wurden. So entstand
nach und nach auch ein kleines Lager
von ausschliesslich selbst hergestellten
Waren, hauptsächlich silberne Löffel
und andere Besteckgegenstände, goldene
und silberne Filigranarbeiten, goldene
lange Erbsketten, Colliers, Kreuze, Ringe,
Petschafte, Nadeln, Medaillons und
Ohrringe.
Da Johann Gottfried Jahrs ältester
Sohn Julius bereits in Wien ein eigenes
Juweliergcschäft besass, der jüngste
Sohn Hermann, welcher auch Gold-
schmied war, aber nach Australien
auswanderte, so übernahm Carl Theodor
20. November 1850 erfolgten Tode seines

der Hundertjahrfeier des Bestehens unseres Geschäftes als Ehren-
pflicht, dem Begründer und den Hütern desselben einen Denk-
stein zu setzen in Form einer historischen Darstellung:

Vaters das Geschäft. Carl Theodor Jahr verlegte nach der
Übernahme das Geschäft in die Räume des Erdgeschosses seines
elterlichen Hauses und benutzte auch den vorhandenen Laden

Es war am 18. Dezember 1806, als der am 10. März 1782
geborene Sohn des Schlossgärtners Johann Adam Jahr in Meilitz,
der Goldschmied Johann Gottfried Jahr als Meister in die „Gold-,
Silber- und Galanteriearbeiter-Innung“ eingeschrieben wurde.
Doch die damaligen Zeiten waren infolge des Zusammenbruchs
des alten Deutschen Reiches ernst und sehr ungünstig für den
Anfang eines Goldschmiedegeschäftes. Es scheinen denn auch
beinahe zwei Jahre vergangen zu sein, bis dasselbe so weit
gediehen war, dass sich Geschäftsbücher notwendig machten.

mit dazu. Die Haupttätigkeit in der Werkstatt erstreckte sich
vorwiegend auf die Herstellung silberner Löffel, die er für andere
Juweliere am Platze und aus Nachbarstädten anfertigte, bis sich
gegen Mitte der sechziger Jahre das Geschäft so weit entwickelt
hatte, dass es die volle Tätigkeit seines Inhabers für den
eigenen Kundenkreis in Anspruch nahm. Zufolge seines geraden,
offenen, gemeinnützigen Sinnes und Charakters wurden Carl
Theodor Jahr auch mehrfach öffentliche Ehrenämter übertragen.
Diese zeit- und gesundheitraubenden ehrenamtlichen Neben-

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