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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 31
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Jahresbericht des Verbandes Deutscher Juweliere, Gold- und Silberschmiede für das Geschäftsjahr 1906/1907
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0279

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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.

Q

Jahresbericht
des Verbandes Deutscher Juweliere, Gold- und Silberschmiede
für das Geschäftsjahr 1906/1907.
- -

Das letzte Geschäftsjahr war, wie auch die vorjährigen, ein an
Arbeit reiches, wie der nachstehende Bericht, welcher naturgemäss
nur einen geringen Teil der Geschäfte umfasst, dartun wird.
In acht Vorstandssitzungen und vier Vorstands- und Ausschuss-
sitzungen sind die Geschäfte des Verbandes seit dem letzten Ver-
bandstag beraten worden. Der Verbandstag des letzten Geschäfts-
jahres wurde in Eisenach abgehalten, und werden die dortigen Ver-
handlungen noch im vollen Gedächtnis sein. Es darf ausgesprochen
werden, dass dieser Verbandstag nach jeder Richtung hin ein wohl-
gelungener war. Wenn derselbe auch bezüglich des Vergnügungs-
teiles die vorhergehenden nicht erreichte, so bot die wunderbare
Natur so viel des Schönen und Erfrischenden, dass wohl ganz be-
sonders für genügsame Naturen der Eisenacher Verbandstag mit zu
den besten zählt.
Der Verband wurde am 2. November 1900 gegründet und besteht
also jetzt sechs Jahre und acht Monate. Die Mitgliederzahl wird
sich auf etwa 2000 belaufen. Die genaue Feststellung wird jetzt
für den Neudruck einer Mitgliederliste vorgenommen.
Ausgeschieden sind durch den Tod, so weit es uns zur Kenntnis
geworden, die Herren:
Eduard Simon, Berlin, i Friedr. Fachon, Berlin,
S. Glück, Gleiwitz, [ Louis Schluttig, Berlin,
Hugo Scharnke, Berlin, I Arnold Breuning, Hanau.
Mögen die Mitglieder des Verbandes den Dahingeschiedenen ein
ehrendes Andenken bewahren.
Der wesentlichste Punkt der Tagesordnung auf dem Verbandstag
Eisenach betraf die Errichtung einer Einbruchskasse. Der vorgelegte
Entwurf für eine solche Kasse wurde in verschiedenen Sitzungen
einer gründlichen Prüfung unterzogen, so dass derselbe in Form
einer Geschäftsordnung als Unterlage für die Begründung einer
Einbruchskasse für das Edelmetallgewerbe am 28. Oktober 1906 diente.
Nach sehr eingehenden Beratungen kam man zu der Überzeugung,
dass es sich bei der Errichtung einer Einbruchskasse nicht darum
handeln könne, nur die Herren aufzunehmen, welche nicht gegen
Einbruch versichert sind, sondern dass alle Mitglieder der vier Ver-
bände unserer Branche Aufnahme finden sollen, und zwar aus folgen-
den Gründen:
Die Tatsache, dass jemand gegen Einbruchsschaden versichert
ist, bietet absolut keine Gewähr, dass bei einem erfolgten Einbruch
volle Entschädigung gezahlt wird. Die Erfahrung hat gelehrt, dass
in beinahe sämtlichen Fällen, die dem Vorstand des Verbandes zur
Kenntnis gekommen, Schwierigkeiten entstanden sind, derart, dass
Prozesse wegen der Entschädigung geführt werden mussten. Nun
soll durchaus nicht behauptet werden, dass die Versicherungsgesell-
schaften sich in jedem Fall ohne weiteres ihrer übernommenen Ver-
pflichtungen entziehen; die Ursache der Schwierigkeiten liegt im
wesentlichsten Teil darin, dass bei dem Abschluss eines Versicherungs-
verhältnisses nicht immer die erforderliche Sorgfalt seitens der Ver-
sicherer^ aufgewendet wird. Meist wird sogar versäumt, sich von
dem Versicherungsantrag eine Kopie zu nehmen oder sich solche
von der Gesellschaft bestätigt aushändigen zu lassen, so dass Ver-
sicherte oft nach Jahren überhaupt nicht wissen, was sie versichert
haben und was nicht. Meist treten Differenzen ein, weil die ver-
sicherten Summen sich seit Abschluss des! Vertrages wesentlich er-
höht haben, also ein grosser Teil Selbstversicherung vorliegt. Oft
ist in dem Anträge nicht klar zum Ausdruck gebracht, welche Gegen-
stände als versichert gelten sollen. Es muss z. B. gesagt werden,
ob es sich um die Versicherung von Uhren, Gold- und Silberwaren
handelt, für eigene oder fremde Rechnung, ob die Reparaturen oder
die Gegenstände, welche repariert werden sollen, als mitversichert

gelten sollen oder nicht. Wenn z. B. in dem Versicherungsantrag
zum Ausdruck gebracht wird, dass sich von dem Laden zur Wohnung
ein elektrisches Läutewerk befindet, und dies funktioniert seit
Monaten nicht, so entstehen sofort Schwierigkeiten bei einem Ein-
bruch. Für die Versicherungsgesellschaft ist die sorgsame Instand-
haltung des Läutewerkes eine ausserordentliche Sicherheit dafür,
dass nicht ein gebrochen wird. Wenn in einem Antrag ausgeführt
ist, dass man sich zur Bewachung des Ladens einen Hund hält, dieser
aber abgeschafft wurde, ohne der Gesellschaft Kenntnis davon zu
geben, so entstehen dadurch ebenfalls Schwierigkeiten bei einem Ein-
bruch. Das Versicherungsverhältnis mit einer Versicherungsgesell-
schaft bedeutet einen Vertrag. Verträge schliesst man ab, damit
sie gehalten werden. Einwendungen später gegen diesen Vertrag
führen zu Komplikationen. Wesentlich ist noch, dass bei einem
Einbruch der Schaden nicht klipp und klar angegeben werden kann.
Aus den angeführten und anderen zahlreichen Gründen entstehen
die Prozesse und Schwierigkeiten aller Art.
Es unterliegt aber auch keinem Zweifel, dass einige Gesellschaften
bemüht sind, auf Grund all der vielen Bestimmungen, die allgemeine
Versicherungsbedingungen genannt werden, sich bei den oben
geschilderten Mängeln ihrer eingegangenen Verpflichtungen zu
entziehen. In diesem Fall muss die Einbruchskasse dem Ver-
sicherten helfend zur Seite stehen und für das Mitglied den Klage-
weg beschreiten.
Jedenfalls ist es auch für die Firmen, die heute noch bei irgend
einer Versicherungsgesellschaft als Versicherte untergekommen sind,
eine Notwendigkeit, wenn sie den Schutz ihres Eigentums ernstlich
wollen, der Einbruchskasse beizutreten, um die Kasse zu stärken,
weil sie nicht wissen können, wie lange ihr Versicherungsverhältnis
währt. Denn dass die Gesellschaften bestrebt sind, alle diejenigen
Juweliere auszuschalten, die nicht ganz bedeutende Sicherheiten an-
bringen, steht fest. Ebenso wie feststeht, dass heute nur ein ge-
ringer Prozentsatz der Geschäfte in den Versicherungsgesellschaften
auf genommen wird.
Der Vorsitzende hat, um die Einbruchskasse schnell in die Höhe
zu bringen, in dem Geschäftsjahr folgende Städte besucht und ent-
weder in den Vereinen Vorträge gehalten über die Bedeutung der
Einbruchskasse, oder aber einzelne Mitglieder angeworben: Frank-
furt a/O., Potsdam, Neustadt a/H., Chemnitz, Altenburg, Leipzig,
Görlitz, Bautzen, Dresden, Bitterfeld, Stettin, Pasewalk, Prenzlau,
Angermünde, Eberswalde, Goslar, Braunschweig, Cassel, Coblenz,
Düsseldorf, Münster, Osnabrück, Bremen, Oldenburg, Wilhelmshaven,
Bremerhaven und Stendal.
Der Grund, dass diese persönliche Agitation in so intensiver
Weise vorgenommen, liegt darin, damit die Mitgliederzahl schnell
eine grosse werde.
Es sei ausdrücklich darauf hingewiesen, dass es sich weder bei
der Einbruchskasse um eine Versicherungsgesellschaft handelt, noch
um einen Verein auf Gegenseitigkeit; denn für beide Arten des Ge-
schäftsbetriebes wäre ein bedeutender Gründungsfonds erforderlich.
Es handelt sich lediglich um eine Hilfskasse, die den Mitgliedern
beistehen soll im Falle der Not. Die Beihilfe wird um so grösser
sein können bei einem Schaden, wenn das richtige Verständnis für
die Bedeutung einer derartigen Kasse schnell erzielt wird.
Bei Ablauf des Geschäftsjahres zählte die Einbruchskasse 255 Mit-
glieder, welche Mk. 6750 zahlten.
Wir hoffen, dass für die Folge sich die Mitglieder der vier Ver-
bände unserer Branche mehr wie bisher von selbst als Mitglied an-
melden; denn der Vorstand ist der Meinung, dass es die bedeut-
samste Aufgabe ist, welche der Verband sich stellen musste, Ein-

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