JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.
eines besonderen Wunsches des Handlungsgehilfen ein
Zeugnis ausgestellt werden muss, hat sich das begehrte
Zeugnis nur auf besonderen Wunsch auch auf die Führung
und auf die Leistungen des Angestellten zu erstrecken.
Dem Prinzipale steht somit nicht das Recht zu, sich über
Führung und Leistung auszulassen, ohne dass dies aus-
drücklich verlangt wird. Wird es aber verlangt, so muss
er eine wahrheitsgetreue auf das Dienstverhältnis sich be-
ziehende Charakterisierung des Angestellten geben. Während
über Art und Zeit der Beschäftigung des Handlungsgehilfen
kaum Zweifel aufkommen können, dürften bei der Abgabe
eines Urteils über Führung und Leistung oftmals die
Meinungen von Chef und Angestellten auseinandergehen.
Denn während das erstere nur die Feststellung von Tat-
sachen betrifft, handelt es sich bei Abgabe eines Urteils
um das subjektive Empfinden des Urteilenden. Der Prin-
zipal, der seinem abgehenden Angestellten keinen Anlass
zum Streit geben will, wird daher bei Abfassung des
Zeugnisses sich befleissigen müssen, seine subjektive
Meinung in Formen zu kleiden, die alles Verletzende aus-
schliessen. Er wird gut tun, nicht allzusehr zu speziali-
sieren, sondern sein Urteil möglichst allgemein abzufassen,
damit er gerade hierdurch das Richtige trifft, ohne der
Wahrheit entgegen zu handeln. Andererseits darf er dem
Zeugnis keinen ungewöhnlichen Inhalt geben, sondern er
muss es so abfassen, wie Treu und Glauben mit Rück-
sicht auf die Verkehrssitte es gebieten.
Ist der Prinzipal nach alledem gezwungen, ein schlech-
tes Zeugnis auszustellen, so ist er, falls der Gehilfe hier-
mit unzufrieden ist, trotz seines Verlangens nicht ver-
pflichtet, ihm ein anderes zu geben. Der Gehilfe kann
dann vielmehr nur Berichtigung verlangen, soweit es der
Wahrheit nicht entspricht. Eventuell kann er die Be-
richtigung durch Klage herbeiführen.
Entdeckt der Prinzipal, dass er infolge von Umständen,
die ihm zur Zeit der Ausstellung des Zeugnisses nicht
bekannt waren, ein unrichtiges Zeugnis ausgestellt hat, so
kann er das Unrichtige berichtigen, oder es zurückfordern
und ein neues einsenden. Da der Aussteller des Zeug-
nisses dem, bei welchem der Zeugnisempfänger auf Grund
des Zeugnisses eine neue Stellung antritt, für ein unrichtig
ausgestelltes Zeugnis haftet und von diesem sogar auf
Schadenersatz verklagt werden kann, so wird er sich hier-
gegen dadurch schützen können, dass er auf Anfragen hin
unter Schilderung des wahren Sachverhältnisses die
Gründe, die ihn zur Ausstellung des früheren Zeugnisses
veranlassten, angibt.
Es pflegen nun im Handelsverkehr, sei es nun, dass
das ausgestellte Zeugnis schlecht oder gut, wahr oder un-
wahr ist, tagtäglich von dem, bei dem ein Handlungs-
gehilfe neu antreten soll, bei dem Zeugnisaussteller Er-
kundigungen über den Entlassenen eingeholt zu werden.
Da die Antworten hierüber unter anständigen Geschäfts-
leuten als Vertrauenssache behandelt werden und der die
Anfrage Beantwortende mit dieser vornehmen Handels-
gewohnheit rechnen kann, so wird er, da er im Interesse
des Anfragenden zu handeln glaubt, ihm dann und wann
auf einzelne besondere Eigenschaften des Stellungsuchenden
aufmerksam machen, die in dem Zeugnisse vielleicht nicht
enthalten sind. Eine solche Auskunft ist dann einzig und
allein für den Anfrager bestimmt. Sie wird ihm nur unter
der Bedingung gegeben, dass er sie für sich benutzt und
keinem dritten davon Kenntnis gibt. Handelt er diesem
Grundsatz entgegen, so verstösst er gegen eine gute
Handelssitte. Sein Tun wird aber geradezu zur Gemeinheit,
wenn er das, was ihm unter dem Siegel der Verschwiegen-
heit anvertraut ist, an den, über den er sich erkundigt hat,
verrät, und dadurch dem Auskunftgebenden Unannehmlich-
keiten bereitet. Würde diese niedrige Handlungsweise öfters
geübt werden, so würde das im Handel übliche gegen-
seitige Vertrauen dadurch einen harten Stoss erleiden.
Wie soll eine Schrift- oder Monogramm-Gravierung für den Graveur
geschrieben oder bestellt werden?*)
Wenn ein Kunde beim Graveur eine Gravierung be-
stellt, sei es nun ein Monogramm oder eine Widmung,
also Schrift, so wird leider häufig der zu gravierende
Text so undeutlich, unleserlich geschrieben, dass der
Graveur sich erst den Kopf zerbrechen möchte, um das
Geschreibsel zu entziffern. Nehmen wir z. B. an, ein
auswärtiger Kunde bestellt in eine goldene Uhr eine
Widmung zu einem Jubiläum. Wenn man sich auch
die Art der Widmung selbst bei schlechter, flüchtiger
Handschrift zusammenreimen kann, so kommt es aber
häufig vor, dass Firma oder Namen der betreffenden
Personen, welche in Frage kommen, sehr schlecht ge-
schrieben sind. Jede Provinz, jeder Bundesstaat hat
andere orts- und landesübliche Namen, ich erinnere nur
z. B. an plattdeutsche oder polnische Gegenden, wo die
Namen Müller und Schulze wenig vorkommen. Nun
sendet z. B. ein Goldschmied an den Graveur eine Be-
stellung, denkt aber beim Schreiben nicht daran, ob der
Graveur die flüchtige Schreibweise auch enträtseln kann.
Er verlangt die Gravur postwendend zurück, da am
übernächsten Tage die Uhr zum Jubiläum überreicht
werden soll. Dem Graveur steht der Angstschweiss auf
der Stirn, er ist im Zweifel, ob das so oder so heisst.
Was tun? Telegraphieren wird zu kostspielig und bei
der Kürze des Satzes womöglich nicht richtig verstanden.
*) Aus Robert Neubert’s praktischem Graveur. Ein Hand- und Lehrbuch
für den Graveur und Goldschmied mit Zeichnungen und Beispielen, sowie
zahlreichen Textillustrationen. Preis geb. 3 M. Verlag des „Journal der Gold-
schmiedekunst“, Herrn. Schlag Nachf., Leipzig.
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eines besonderen Wunsches des Handlungsgehilfen ein
Zeugnis ausgestellt werden muss, hat sich das begehrte
Zeugnis nur auf besonderen Wunsch auch auf die Führung
und auf die Leistungen des Angestellten zu erstrecken.
Dem Prinzipale steht somit nicht das Recht zu, sich über
Führung und Leistung auszulassen, ohne dass dies aus-
drücklich verlangt wird. Wird es aber verlangt, so muss
er eine wahrheitsgetreue auf das Dienstverhältnis sich be-
ziehende Charakterisierung des Angestellten geben. Während
über Art und Zeit der Beschäftigung des Handlungsgehilfen
kaum Zweifel aufkommen können, dürften bei der Abgabe
eines Urteils über Führung und Leistung oftmals die
Meinungen von Chef und Angestellten auseinandergehen.
Denn während das erstere nur die Feststellung von Tat-
sachen betrifft, handelt es sich bei Abgabe eines Urteils
um das subjektive Empfinden des Urteilenden. Der Prin-
zipal, der seinem abgehenden Angestellten keinen Anlass
zum Streit geben will, wird daher bei Abfassung des
Zeugnisses sich befleissigen müssen, seine subjektive
Meinung in Formen zu kleiden, die alles Verletzende aus-
schliessen. Er wird gut tun, nicht allzusehr zu speziali-
sieren, sondern sein Urteil möglichst allgemein abzufassen,
damit er gerade hierdurch das Richtige trifft, ohne der
Wahrheit entgegen zu handeln. Andererseits darf er dem
Zeugnis keinen ungewöhnlichen Inhalt geben, sondern er
muss es so abfassen, wie Treu und Glauben mit Rück-
sicht auf die Verkehrssitte es gebieten.
Ist der Prinzipal nach alledem gezwungen, ein schlech-
tes Zeugnis auszustellen, so ist er, falls der Gehilfe hier-
mit unzufrieden ist, trotz seines Verlangens nicht ver-
pflichtet, ihm ein anderes zu geben. Der Gehilfe kann
dann vielmehr nur Berichtigung verlangen, soweit es der
Wahrheit nicht entspricht. Eventuell kann er die Be-
richtigung durch Klage herbeiführen.
Entdeckt der Prinzipal, dass er infolge von Umständen,
die ihm zur Zeit der Ausstellung des Zeugnisses nicht
bekannt waren, ein unrichtiges Zeugnis ausgestellt hat, so
kann er das Unrichtige berichtigen, oder es zurückfordern
und ein neues einsenden. Da der Aussteller des Zeug-
nisses dem, bei welchem der Zeugnisempfänger auf Grund
des Zeugnisses eine neue Stellung antritt, für ein unrichtig
ausgestelltes Zeugnis haftet und von diesem sogar auf
Schadenersatz verklagt werden kann, so wird er sich hier-
gegen dadurch schützen können, dass er auf Anfragen hin
unter Schilderung des wahren Sachverhältnisses die
Gründe, die ihn zur Ausstellung des früheren Zeugnisses
veranlassten, angibt.
Es pflegen nun im Handelsverkehr, sei es nun, dass
das ausgestellte Zeugnis schlecht oder gut, wahr oder un-
wahr ist, tagtäglich von dem, bei dem ein Handlungs-
gehilfe neu antreten soll, bei dem Zeugnisaussteller Er-
kundigungen über den Entlassenen eingeholt zu werden.
Da die Antworten hierüber unter anständigen Geschäfts-
leuten als Vertrauenssache behandelt werden und der die
Anfrage Beantwortende mit dieser vornehmen Handels-
gewohnheit rechnen kann, so wird er, da er im Interesse
des Anfragenden zu handeln glaubt, ihm dann und wann
auf einzelne besondere Eigenschaften des Stellungsuchenden
aufmerksam machen, die in dem Zeugnisse vielleicht nicht
enthalten sind. Eine solche Auskunft ist dann einzig und
allein für den Anfrager bestimmt. Sie wird ihm nur unter
der Bedingung gegeben, dass er sie für sich benutzt und
keinem dritten davon Kenntnis gibt. Handelt er diesem
Grundsatz entgegen, so verstösst er gegen eine gute
Handelssitte. Sein Tun wird aber geradezu zur Gemeinheit,
wenn er das, was ihm unter dem Siegel der Verschwiegen-
heit anvertraut ist, an den, über den er sich erkundigt hat,
verrät, und dadurch dem Auskunftgebenden Unannehmlich-
keiten bereitet. Würde diese niedrige Handlungsweise öfters
geübt werden, so würde das im Handel übliche gegen-
seitige Vertrauen dadurch einen harten Stoss erleiden.
Wie soll eine Schrift- oder Monogramm-Gravierung für den Graveur
geschrieben oder bestellt werden?*)
Wenn ein Kunde beim Graveur eine Gravierung be-
stellt, sei es nun ein Monogramm oder eine Widmung,
also Schrift, so wird leider häufig der zu gravierende
Text so undeutlich, unleserlich geschrieben, dass der
Graveur sich erst den Kopf zerbrechen möchte, um das
Geschreibsel zu entziffern. Nehmen wir z. B. an, ein
auswärtiger Kunde bestellt in eine goldene Uhr eine
Widmung zu einem Jubiläum. Wenn man sich auch
die Art der Widmung selbst bei schlechter, flüchtiger
Handschrift zusammenreimen kann, so kommt es aber
häufig vor, dass Firma oder Namen der betreffenden
Personen, welche in Frage kommen, sehr schlecht ge-
schrieben sind. Jede Provinz, jeder Bundesstaat hat
andere orts- und landesübliche Namen, ich erinnere nur
z. B. an plattdeutsche oder polnische Gegenden, wo die
Namen Müller und Schulze wenig vorkommen. Nun
sendet z. B. ein Goldschmied an den Graveur eine Be-
stellung, denkt aber beim Schreiben nicht daran, ob der
Graveur die flüchtige Schreibweise auch enträtseln kann.
Er verlangt die Gravur postwendend zurück, da am
übernächsten Tage die Uhr zum Jubiläum überreicht
werden soll. Dem Graveur steht der Angstschweiss auf
der Stirn, er ist im Zweifel, ob das so oder so heisst.
Was tun? Telegraphieren wird zu kostspielig und bei
der Kürze des Satzes womöglich nicht richtig verstanden.
*) Aus Robert Neubert’s praktischem Graveur. Ein Hand- und Lehrbuch
für den Graveur und Goldschmied mit Zeichnungen und Beispielen, sowie
zahlreichen Textillustrationen. Preis geb. 3 M. Verlag des „Journal der Gold-
schmiedekunst“, Herrn. Schlag Nachf., Leipzig.
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