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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 29
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Generalversammlung des Verbandes der Grossisten des Edelmetallgewerbes / Nachrichtendienst / Vorsicht beim Ohrlochstechen!
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0239

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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.

o

Generalversammlung des Verbandes der Grossisten des Edelmetallgewerbes.

Am 6. und 7. Juli d. J. fand in Berlin die diesjährige General-
versammlung des Grossisten-Verbandes, und zwar unter Ver-
meidung aller festlichen Veranstaltungen, statt. Der eigentlichen
Generalversammlung ging am Nachmittag vorher eine Vorstands-
und Ausschusssitzung voraus, in der eine Anzahl interner Ange-
legenheiten und Missstände beraten wurde, die zum Teil für die
Verhandlung im Plenum der Generalversammlung vorbereitet,
zum anderen aber als noch nicht spruchreif zurückgestellt wurden.
Die Generalversammlung am folgenden Tage, die in einem
Sitzungssaale des Vereins Berliner Kaufleute und Industrieller
stattfand, und in ihrer Beteiligung die gewohnte Zusammensetzung
zeigte, wurde in Anbetracht der als Gäste anwesenden Herren
Handelskammer-Präsident C. W. Meier-Pforzheim und Ober-
meister Wilh. Fischer-Berlin, Vorsitzender des Verbandes Deutscher
Juweliere, Gold- und Silberschmiede, mit einer Aussprache über
die geplante Änderung des Feingehaltsgesetzes eröffnet
Herr H.-K.-P. Meier entwarf zuvor ein Bild der mit dem be-
stehenden Feingehaltsgesetz gemachten Erfahrungen und stellte
an einer Anzahl von Beispielen fest, dass die Bestimmungen in
betr. der sogen. „Geräte“ zu vielfachen Differenzen geführt
hätten. Der Begriff „Geräte“ sei z. B. auf Geld-Boxes, Crayons,
Schlüsselketten und ähnliche Gebrauchsgegenstände ausgedehnt
worden, die man jedenfalls bei Schaffung des Gesetzes nicht im
Auge gehabt habe. Stempelung dieser Gegenstände namentlich
in Gold unter der Feingehaltsgrenze für Geräte hätten infolge-
dessen zu Bestrafungen und lästigen Weiterungen geführt, die
man bei Gelegenheit der zu erwartenden Änderung des Gesetzes
in Berücksichtigung ziehen müsste. Ferner stellten auch die
Fabrikanten die in gewisser Beziehung gerechtfertigte Forderung
der Angabe einer Qualitätsbezeichnung auf Double auf, die aller-
dings ebenso wünschenswert, als schwierig durchzuführen sei.
Herr Hess i. Fa. Louis Vausch-Berlin erinnerte an den schweren
Kampf, den das Zustandekommen unseres gütigen Feingehalts-
gesetzes gekostet habe und teilte mit, dass die Zubilligung der
Stempelung der „Geräte“ ein Zugeständnis gewesen sei, welches
man den Stempelfreunden gemacht habe. Es habe sich diese
Stempelungsart nicht bewährt und sei eine Änderung derselben
oder eine präzise Feststellung des Begriffes „Geräte“ dringend
erwünscht.
Herr Fischer-Berlin beantragte die Bildung einer Kommission
aus Vertretern der verschiedenen Verbände und der Handels-
kammern und Herr Hess empfahl, dieser von ihm befürworteten

Kommission einige Direktiven zu geben, die er in folgenden
Punkten formulierte:
1. Unter goldenen und silbernen „Geräten“ sind ausschliesslich
Kirchen- und Tischgeräte zu verstehen. Auf diesen darf der
Feingehalt nur in 585 bezw. 800 angegeben werden.
2. Auslandsware ist mit dem Stempel des Landes zu versehen,
für das sie bestimmt ist.
3. Double-Waren sind mit einer Qualitätsbezeichnung zu versehen.
4. Legierungen mit Gold dürfen unter 333 nicht gestempelt
werden.
5. Im übrigen hat sich das bisherige Feingehaltsgesetz bewährt
und soll bestehen bleiben.
Vorstehende Punkte fanden nach eingehenderer Begründung
und Debatte einstimmige Annahme.
Von den übrigen Punkten interessiert nur noch einer die All-
gemeinheit, während ein anderer, welcher sich mit einem auf
dem Verbandstage des Verbandes der Gold- und Silberschmiede
Bayerns geplanten Antrag, die Grossisten möchten eine gleich-
mässige Etikettierung einführen, befasste, nicht verhandelt werden
konnte, da der Antrag nicht eingegangen war. Der erstere Punkt
betraf die Vertretung der Interessen der Mitglieder bei Zahlungs-
unfähigkeit eines Kunden. Herr Baumert-Leipzig referierte dar-
über und legte besonders klar, dass durch eine objektive Prüfung
der Verhältnisse eines in Zahlungsschwierigkeiten gekommenen
Kunden oftmals dessen Zusammenbruch und die damit ver-
bundenen Verluste vermieden werden könnten. Verschiedene
Redner sprachen sich für die Errichtung einer Vertrauensstelle
und für die Heranziehung des Detailleur-Verbandes zu dieser aus,
da deren Teilnahme gewiss bei den in Frage kommenden Kunden
ein grösseres Vertrauen erwecken werde. Es wurde denn auch
demgemäss beschlossen.
Im übrigen ging aus dem Geschäftsbericht und der Kassen-
ablage eine gesunde Entwickelung des Grossisten-Verbandes
hervor und bezeugte auch der innige Verkehr der Teilnehmer
an der Generalversammlung, dass der Verband erheblich die
kollegialischen Beziehungen der Mitglieder untereinander ge-
fördert hat. Namentlich brachte dies ein nach den Mühen der
Tagung eingenommenes und anregend verlaufenes gemeinsames
Diner zum Ausdruck, wobei auch einige Damen das ihrige dazu
beitrugen, die allgemein vorhandene herzliche Stimmung zu
erhöhen. Als Ort für die Abhaltung der nächstjährigen General-
versammlung ist Hanau gewählt worden.

Nachrichtendienst.
Die ausserordentliche Wichtigkeit des von der Freien Ver-
einigung des Gold- und Silberwaren-Gewerbes zu Berlin organi-
sierten und über ganz Deutschland verbreiteten Nachrichten-
dienstes wird durch einen kürzlich vorgekommenen Fall in das
hellste Licht gerückt.
Von Hamburg aus wurde der Diebstahl von zwei sehr wert-
vollen Perl-Chemisette-Knöpfen gemeldet und diese Nachricht
sofort an die dem Schutzverbande angeschlossenen Firmen weiter-
gegeben. Durch die schnelle Meldung des Diebstahls ist ein
Kollege, dem die Knöpfe zum Kauf angeboten waren, rechtzeitig
gewarnt worden und es war möglich, das gestohlene kostbare
Gut dem Eigentümer wieder zuzustellen.
Nur dem prompt funktionierenden Apparate des Nachrichten-
dienstes ist es zu danken, dass ein schwerer Verlust glücklich
abgewendet wurde. Es liegt daher im Interesse eines jeden
Fachgenossen, sich diese segensreiche Einrichtung zu Nutze zu
machen, wofür er nichts weiter zu zahlen hat, als den geringen
Anteil zu den Kosten, die innerhalb seines Wohnortes entstehen
und nur wenige Mark im Jahre betragen.

Beitrittserklärungen wolle man an die unterzeichnete Zentral-
stelle richten, von wo aus auch Auskunft über die Organisation
des Schutzverbandes bereitwilligst erteilt wird.
Berlin, den 6. Juli 1907.
Freie Vereinigung
des Gold- und Silberwaren-Gewerbes zu Berlin:
II. Vors. Oscar Müller, Gertraudtenstr. 10/12.
Vorsicht beim Ohrlochstechen!
Vor kurzem liess eine Kutschersgattin in Wien ihrem damals
sieben Tage alten Töchterchen bei einem Goldarbeiter in Hernals
die Ohrläppchen stechen. Noch am selben Tage zeigten sich
an den Ohren und am Kopfe des Kindes rote Flecken, später
Beulen, und schliesslich fielen die Ohrläppchen ab. Am 8. d. M.
ist das Kind gestorben. Das Karolinen-Kinderspital daselbst
gibt Blutvergiftung als Todesursache an. Die Anzeige an die
Staatsanwaltschaft wurde erstattet. — Da ist jedenfalls wieder
einmal eine Unvorsichtigkeit begangen worden. Es kann nicht
oft genug betont werden, beim Ohrläppchenstechen peinliche
Sauberkeit vorwalten zu lassen.

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