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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

DOI issue:
Nr. 45
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Der Fall des Silberpreises
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0369

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Journal der Goldschmiedekunst

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LEIPZIG

2. November 1907.

Inhaltsverzeichnis u. Bezugsbedingungen
befinden sich am Schlüsse des redakt. Teiles.

28.
Jahrgang

Erscheint jeden Sonnabend
in zwei sich abwechselnden Ausgaben.

Juweliere, Gold- und Silberschmiede,
CHEMNITZ, GERA-ALTENBURG, GLEIWITZ, GLOGAU,
Innung pfälz.Gold- u. Silberarbeiter (Sitz: NEUSTADT a.H.),
der Freien Vereinigungen der Gold- und Silberschmiede zu
Silberschmiede von BADEN, WÜRTTEMBERG, RHEINLAND
WÜRZBURG und des Regierungsbezirks FRANKFURT a. O.
LEIPZIG, Reichssfrasse 18-20

Amtliches Organ des Verbandes Deutscher
der Goldschmiede-Innungen zu BERLIN, BRAUNSCHWEIG,
KOLBERG, LEIPZIG, LIEGNITZ und SCHWEIDNITZ, der
der Goldschmiede-Werkgenossenschaft BERLIN (E. G. m. b.H ),
GÖRLITZ u. STETTIN und derVereine der Juweliere, Gold-u.
und WESTFALEN, KÖLN, MÜNCHEN, WIESBADEN,
=-] HERID. SCHLAG HACHF




Nachdruck aller Artikel ohne Genehmigung der Redaktion ist verboten.

Der Fall des Silberpreises.

Seit reichlich einem Monat macht sich in den Kurs-
berichten ein rapider Fall des Silberpreises bemerkbar,
der, wie wir aus zahlreichen Zuschriften entnehmen, bei
vielen Goldschmieden angesichts der jüngsten Konvention der
Silberwarenfabrikanten einige Verwunderung hervorgerufen
hat. Wir haben infolgedessen uns näher über die Ver-
hältnisse informiert und die Überzeugung gewonnen, dass
das Zusammentreffen der Konvention mit dieser Baisse
im Silberkurs ein gänzlich zufälliges ist und kein innerer
Zusammenhang zwischen diesen beiden Ereignissen besteht.
Das Zustandekommen und die Berechtigung der Silber-
konvention ist ja von Seiten des Silberwaren-Fabrikanten-
Verbandes näher begründet worden und wollen wir daher
dieser Begründung die zur Zeit herrschenden Verhältnisse
auf dem internationalen Silbermarkte nicht gegenüberstellen.
Ob die Baisse von Dauer ist und ob dieselbe eine Modi-
fizierung der Konvention herbeizuführen vermag, lässt sich
heute noch nicht sagen. Von wohlunterrichteter Seite wird
uns folgendes mitgeteilt:
Der seit Ende September verzeichnete Fall des Silber-
preises bietet ein keineswegs einfaches Problem dar. Er
steht nämlich wenigstens in indirektem Zusammenhänge mit
der sich gegenwärtig in der ganzen Welt vollziehenden Ab-
spannung der industriellen Konjunktur und wird namentlich
die Geschicke der englischen Textilindustrie berühren. Da
nämlich als unmittelbare und greifbare Ursache des Preis-
rückganges die stark verminderten Silberkäufe der
indischen Regierung zu gelten haben, wird man darauf
aufmerksam, dass in einem grossen Teile Indiens eine
Fehlernte so gut wie festgestellt erscheint. Eine Missernte
bedeutet aber in jenem unglücklichen Lande immer eine
Hungersnot mit den in ihrem Gefolge auftretenden Seuchen,
womit die Rückwirkung auf die englische Industrie von
selbst gegeben erscheint. Nebenbei bemerkt, wird eine
indische Fehlernte auch auf den europäischen Getreide-
markt nicht ohne Einfluss bleiben.
Die jetzige Londoner Notierung ist die niedrigste, die

seit Oktober 1905 verzeichnet worden ist. Die Frage
nach dem Fortbestand der Besserung im Silberpreis, die
im Jahre 1904 einsetzte, ist damit keineswegs endgültig
entschieden. Es ist sehr wohl denkbar, dass, wenn die
krisenhafte Stimmung, in der sich die Weltwirtschaft gegen-
wärtig befindet, überwunden sein wird, Silber wieder zu
Ehren kommen wird. Namentlich die in den Vereinigten
Staaten herschende Stimmung, wo man vielfach eine
Wiederholung der hauptsächlich aus monetären Ursachen
entstandenen Krisis von 1857 erwartet und den Währungs-
verhältnissen einen grossen Einfluss auf die tatsächliche
Lage der Volkswirtschaft zuschreibt, lässt den Schluss zu,
dass man es nicht gestatten wird, für das Gold wieder
eine Monopolstellung zu schaffen.
Die moderne Entwertung des Silbers begann bekannt-
lich im Jahre 1871 mit der Demonetisierung desselben in
Deutschland. In jenem Jahre war der Durchschnittspreis
von Silber ungefähr 60l/2 Pence gewesen. Spätere Ur-
sachen der weiteren Entwertung waren die Hungersnot
in Indien im Jahre 1877 (ein unfreundliches Omen für die
gegenwärtige Zeit), und der darauf folgende Krieg zwischen
Russland und der Türkei. Der durchschnittliche Silber-
preis war dann 54’3/16 Pence. Im Jahre 1885 kam dazu
die Einstellung der Prägung der sogenannten Biand-Dollars
in den Vereinigten Staaten, was den Preis auf 485/8 Pence
zurückwarf. Die folgenden sieben Jahre waren bekanntlich
wirtschaftliche Krisenjahre, Jahre auch politischer Beun-
ruhigung, mit Börsenpaniks in London und New-York, so
dass die Gesetzgebung der Vereinigten Staaten der Auf-
gabe, den Silberpreis zu halten, nicht gerecht werden
konnte. So kam es denn, dass im Jahre 1892 der Durch-
schnittspreis auf 393/i6 Pence zurückgegangen war. 1893
wurden zwei vernichtende Schläge geführt. Die Ein-
stellung der freien Silberprägung in Indien und die Wieder-
rufung des (Sherman-) Gesetzes über Silberkäufe in den
Vereinigten Staaten, worauf dann 1894 noch die Einführung
eines Einfuhrzolles von 5 Proz. auf die Einfuhr von Silber

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