Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

DOI Heft:
Nr. 51
DOI Artikel:
Joseph, Friedrich: Zum Feingehaltsgesetz für Platinschmuck
DOI Artikel:
Roessler, Carl: Vom Goldschmied, der graviert und fasst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0417

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.

C>

Es bleibt deshalb nur noch die eine Frage: Warum
hat es dann nicht noch mehr Verwendung in der Schmuck-
industrie gefunden? Und da liegt ja eben der Hase
im Pfeffer: Man kennt das Edelmetall Platin noch
zu wenig.
Die chemische und physikalische Industrie hat nur
wegen der kolossalen Widerstandskraft dieses Metalles
solches zu Geräten und Instrumenten verwendet, nur weil
es eben in jeder Beziehung zuverlässig ist und allen An-
forderungen Genüge leistet. Der hohe Preis des Platins
musste hier ganz äusser Frage bleiben, und wenn heute ein
billigeres Ersatzmetall gefunden würde, was die gleichen
Bedingungen erfüllt, wie Platin, so würden sicherlich alle
Geräte und Instrumente obiger Branchen sofort aus diesem
Metall gefertigt werden, schon wegen der Billigkeit des
Rohmaterials.
Der Preis des Platins ist ebenfalls in unserer Industrie
ein anzuschlagender Faktor, wenn man auch gern geneigt
ist, bei der Wertschätzung dieses Edelmetalles gegen seine
Vorzüge einen Gegenwert zu leisten. Der Preis des
Platins bestimmt sich aber nach dessen Produktion und
gerade weil eben noch nicht allzuviel dieses Edelmetalles
gefunden wird, hat sich die menschliche Neigung der
Nutzbarmachung des Platins in der Schmuckindustrie zu-
gewendet.
Der Hang nach grösserer Verwendbarkeit wird aber
ein Feingehaltsgesetz unbedingt bringen und bringen
müssen, und zwar aus folgenden Gründen:
Genau wie in der Goldwarenindustrie und Silberwaren-
fabrikation wird es auch hier an Versuchen nicht fehlen
und es fehlt auch nicht daran, dem Platin ein Surrogat
zu unterschieben, welches, wenn auch nicht alle, so doch
wenigstens einige der Vorzüge des Platins besitzt und
dabei im Anschaffungspreise billiger ist, aber nicht etwa

billiger, um diese Wohlfeilheit dem Käufer zugute
kommen zu lassen — nein, es gibt Leute, die daraus
schnell einen Ausnahmsgewinn ziehen wollen, um schnell
Kapital daraus zu schlagen und um schnell reich zu
werden auf Kosten der Unkenntnis Anderer. Die Neu-
zeit bringt uns ja auch schon eine Anzahl solcher Platin-
surrogate, die unter allen möglichen wohlklingenden
Namen in den Handel kommen, und wenn auch die Eigen-
schaften nicht vorhanden sind — was liegt da den Er-
findern daran; wenn nur schnell ein Geschäft gemacht
wird, und zwar auf Kosten des reellen Handels!
Was ist aber die natürliche Folge — diejenigen
Fabrikanten und Händler, welche reelle Platinwaren
fabrizieren und verkaufen, müssen danach streben, einen
gesetzlichen Schutz ihrer reellen Waren aus dem reinen
Metall zu erlangen. Und wodurch ist das möglich? —
Nur durch ein Feingehaltsgesetz oder einen Wertschutz des
Namens „Platin“. Und wir möchten auch nicht nur den
deutschen Goldschmieden, sondern den Mitkollegen aller
Längerzurufen: „Greift an, ehe es zu spät ist“. Wartet
nicht erst ab, bis durch alle möglichen Tricks etc. der
reelle Handel mit Platin ruiniert ist! Verlanget einen
gesetzlichen Schutz bei Zeiten!
Aber auch noch eine Warnung wollen wir aussprechen:
„Verfallet bei dem Entwürfe eines Feingehaltsgesetzes
für Platinschmuck nicht in den gleichen Fehler wie beim
„Feingehaltsgesetz für Gold- und Silberwaren!“ Ver-
langet, dass dort die Grenze gesetzt wird, wo halb Edel-
metall und halb Zusatz ist und nicht, dass z. B. eine
Legierung noch mit „echt Platin“ bezeichnet wird,
die 2/3 bis 3/4 Zusatz anderer Metalle hat!
Ein Schutz zur rechten Zeit und ein mit Ruhe über-
legter und ausgiebiger Schutz wird alle Mühewaltung
später sicherlich reichlich lohnen. Fr. Joseph.

Vom Goldschmied, der graviert und fasst.

Aus dem letzten Jahresbericht des Arbeitsnachweises
zu Berlin ist zu entnehmen, dass ungefähr 600 offene
Stellen angemeldet waren, jedoch nur 560 davon besetzt
werden konnten, und zwar fehlte es an Goldschmieden,
die gravieren und fassen konnten.
Spricht diese Tatsache sogar für Berlin und Umgegend
eine sehr deutliche Sprache, so ergibt sich aus dem
Studium des Journal-Arbeitsmarktes dasselbe auch für die
übrigen Städte; auch hier reichen die vorhandenen Kräfte,
die diese Spezialfächer mit beherrschen, bei weitem
nicht aus.
Da nun diese Arbeiter im Lohne höher stehen, als
ihre anderen Kollegen (es hat z. B. in Berlin ein 30jähr.
Goldschmied, der graviert und fasst, nie unter 40 Mk.
Wochenlohn), so kann strebsamen Gehilfen nur angeraten
werden, sich diesen Spezialfächern zu widmen.
Es genügt nun aber der Selbstunterricht allein nicht;
selbst die intelligentesten Gehilfen, die es auf diese Weise

versuchten, blieben nur Stümper. Die beste und gründ-
lichste Ausbildung erhält man folgendermassen: Das
Neubertsche Lehrbuch der Gravierkunst*) ist vorzüglich
geeignet, den Schüler in die Theorie und Praxis einzu-
führen. Hat man hierdurch im Selbstunterricht die ersten
Anfangsgründe beherrschen gelernt, so dass einige Sicher-
heit in der Führung des Stichels erreicht ist, dann ist es
Zeit zu einem Graveur auf ca. 3 Monate in die Lehre zu
gehen. Eine kürzere Lehrzeit ist nicht ratsam, denn es
ist zu bedenken, dass es sich um einen eigenen Beruf
handelt, den zu erlernen Schulentlassene 3—4 Jahre
brauchen. Wenn man nun auch infolge der Vorstudien
und durch das reifere Alter grössere Geschicklichkeit und
Energie besitzt, so ist der Beruf doch wieder zu vielseitig,
um darin in wenigen Wochen ausgebildet sein zu können.
*) Neubert, „Der praktische Graveur“, geb. 3 Mk. Verlag von
Herrn. Schlag Nachf., Leipzig.

383
 
Annotationen