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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 11
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Unsere Petition gegen den Diamanten-Imitations-Schwindel an den Reichstag
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0100

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[Q||— .^=|| | JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST. I | —- —| [q|
Unsere Petition gegen den Diamanten-Imitations-Schwindel
an den Reichstag.

Nachdem die Petition, welche das „Journal der Gold-
schmiedekunst“ und der „Verband Deutscher Juweliere,
Gold- und Silberschmiede“ im vorigen Jahre dem Reichstag
und dem Reichsamt des Innern eingereicht hatte, durch
die Auflösung des Reichstages gegenstandslos geworden
war, haben wir sie auch dem neuen Reichstage eingereicht.
Gleichzeitig ist es uns auch gelungen, die Herren Reichstags-
Abgeordneten Oswald Zimmermann und Justizrat Dr. Joh.
Junck, Leipzig, für eine Vertretung unserer Petition im
Reichstage zu gewinnen.
Wir haben im vergangenen Jahre die Veröffentlichung
des Wortlautes dieser Petition unterlassen, da unsere ge-
schätzten Leser durch unsere ähnlich lautenden Petitionen
an den Sächsischen Landtag genügend über unsere Wünsche
und Forderungen unterrichtet waren. Da aber seit dieser
Zeit mancherlei dazwischen liegt, halten wir es für ange-
bracht, durch Bekanntgabe unserer neuerlich abgesandten
Petition die Erinnerung an den Stand der Dinge ein wenig
aufzufrischen. Unsere Petition lautet:
Seit einer Reihe von Jahren betreiben in zahlreichen
Städten Deutschlands, u. a. in Berlin, Hamburg, München,
Leipzig, Dresden, Breslau, Köln, Königsberg, Düsseldorf,
Frankfurt a. M., Nürnberg, Hannover usw. usw. einige im
Auslande sich ständig aufhaltende Unternehmer durch vor-
geschobene Strohmänner im grossen Massstabe einen un-
lauteren Wettbewerb, indem sie mit Hilfe einer raffinierten
Reklame und unter Anwendung von Mitteln, die offensicht-
lich eine Täuschung bezwecken, gänzlich unwertige Glas-
flüsse als eine „Diamanten“-Art anpreisen und zu hohen
Preisen verkaufen. Fast in allen Städten, wo diese Unter-
nehmer, und zwar in der Regel unter abweichenden Namen,
diesen „Diamanten-Ersatz“ feilhalten, ist gegen sie von
Seiten der Behörden und Gerichte mit allen gesetzlichen
Mitteln vorgegangen und die Bestrafung der verantwort-
lichen Personen vorgenommen worden, ohne dass indes
die verfügbaren Mittel in der Lage gewesen wären, diesem
allgemein als ein Unwesen erkannten und an Gerichtsstelle
wiederholt als Betrug bezeichneten Gewerbe Einhalt zu
tun. Bei den kaum glaublichen Summen, man schätzt sie
in Deutschland auf Grund der bekannt gewordenen Tages-
einnahmen auf rund 1 W Million Mark pro Jahr, die auf
diese Weise namentlich kleineren Leuten und gleichzeitig
dem Nationalvermögen entzogen werden, spielen selbst die
höchsten Geldstrafen für die Unternehmer die Rolle der
von Haus aus mit vorgesehenen Geschäftsunkosten, und
diese sind daher weder als Sühne noch als Verhütungs-
massregeln anzusehen. Dadurch aber wird das in Frage
kommende, den unlauteren Wettbewerb betreffende Gesetz
diesem gross angelegten, dagegen verstossenden Vergehen
gegenüber wirkungslos und es ermöglicht in seiner Unzu-
länglichkeit dem äusserst schädigenden Unwesen seinen
ungehinderten Fortbestand.
Dass überall die Behörden und Gerichte die Schäd-

lichkeit dieser Art von Geschäften erkannt haben, werden
Erhebungen an den betreffenden Stellen ergeben, wie dies
auch die Erhebungen des sächsischen Regierungskommissars
ergeben haben, die als Unterlagen für die Verhandlungen
im sächsischen Landtag (siehe die Anlage) gedient haben.
Zur näheren Information in dieser Angelegenheit ver-
weisen wir ergebenst auf die Erfolge der diese Frage be-
handelnden Petitionen im sächsischen Landtage, worüber
eingehender Bericht in der Anlage enthalten ist, und auf
die richterlichen Begründungen zahlreicher gegen die Unter-
nehmer von Diamanten-Imitations-Geschäften ausgesprochene
Straf-Urteile, von denen das des Königlichen Landgerichtes
zu Leipzig vom 28. März 1906 das typische ist. Die
hauptsächlichsten dieser Urteile sind folgende:
am 1. Juni 1904 wurde der Unternehmer des Verkaufs
von Taits-Diamanten in Berlin wegen unlauterem
Wettbewerbe zu 300 Mk. Geldstrafe verurteilt;
im März 1905 wurde ein Angestellter der Bera-Dia-
manten-Gesellschaft in Leipzig wegen eines Falles
von Betrug beim Verkauf der Imitationen zu 5 Tagen
Gefängnis verurteilt;
im Juli 1905 wurde der Geschäftsführer Lipowetzki
des Bera-Diamanten-Geschäftes in Breslau zu 300
Mark Geldstrafe wegen unlauterem Wettbewerbe
verurteilt;
im November 1905 erfolgte in Leipzig die Schliessung
des Bera-Diamanten-Geschäftes durch die Königl.
Staatsanwaltschaft;
im Dezember 1905 wurden bei demselben Geschäfte
in Leipzig, das durch Verschiebung der Inhaber
die Freigabe des Verkaufes wieder erzwungen
hatte, 600 Stück Schmucksachen beschlagnahmt;
im Oktober 1905 wurde in Frankfurt a. M. der In-
haber des Diamanten-Imitationsgeschäftes „Lucios
of New York“ wegen unlauterem Wettbewerbe zu
1000 Mk. Geldstrafe verurteilt;
am 30. November 1905 wurde in Magdeburg der In-
haber des Geschäftes Sarita-Diamanten zu 500 Mk.
Geldstrafe wegen desselben Deliktes verurteilt;
am 28. März 1906 wurden in Leipzig der Inhaber
und der Geschäftsführer des Bera-Imitations-Ge-
schäftes wegen des gleichen Deliktes zu 1200 Mk.
bezw. 800 Mk. Geldstrafe verurteilt usw.;
ferner veröffentlichte die Polizeibehörde von Hamburg
unter dem 14. September 1904 zur Warnung vor
dem gleichen Unfug ein Gutachten der Hambur-
gischen Münze und des Staatshüttenlaboratoriums,
wonach sowohl die Bera- als auch die Taits-
Diamanten durch Analyse als gänzlich wertloses
Bleiglas hingestellt wurden und wonach keine der
beiden die angepriesenen Eigenschaften besitze,
und endlich
wurde wiederholt von der sächsischen Regierung das

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