JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.
Ein Lehrlings-Wettbewerb.
Das gegenwärtig anstehende Preisausschreiben des
„Journal der Goldschmiedekunst" für Lehrlinge von Juwe-
lieren, Gold- und Silberschmieden hat gewiss bei gar
manchem schon die Frage ausgelöst, ob die Teilnahme
eines Lehrlinges an einem derartigen Wettbewerbe für
diesen sowohl, als auch für den Lehrherrn und endlich
für das gesamte Gewerbe nennenswerte Vorteile gewähr-
leistet. In Anbetracht des allgemeinen grossen Interesses
an diesem Preisausschreiben ist es daher wohl angezeigt,
wenn wir die Veranstaltung einmal unter diesem Gesichts-
punkte beleuchten.
Die Anlage unseres Preisausschreibens schreibt fast
durchgängig die Arbeit nach einer eigenen Zeichnung vor
und veranlasst sonach den jungen Mann, sich einmal einer
Aufgabe hinzugeben, die ihn prüft, ob er während seiner
Lehrzeit die Augen aufgemacht und durch Vergleichen
von fertigen Arbeiten und Vorlagen seinen Geschmack
gebildet hat. Diese Aufgabe ist von ganz entschiedener
Bedeutung, besonders aus dem Grunde, dass doch der
Lehrling selbst auch dann wenig Gelegenheit haben wird,
nach eigenen Ideen zu arbeiten, wenn er im allgemeinen
auch bereits zu Neuarbeiten herangezogen wird. Die
Anregung vielleicht allein schon wird den jungen Mann
veranlassen, Versäumtes nachzuholen und in den Schau-
fenstern und Musterblättern, die ihm mehr oder weniger
zugängig sind, Umschau zu halten. Er wird versuchen,
Gesehenes abzuändern oder Selbständiges zu skizzieren
und in dem Suchen nach neuen Formen, in dem Ver-
werfen der ersten Versuche eine autodidaktische Schule
durchmachen, die ihm einen bestimmten Weg vorzeichnet
und vielleicht ihm erst offenbart, was er bereits gelernt
hat und was in ihm schlummert. Freilich wird sich in
ihm oft genug auch die Überzeugung einstellen, dass er
leider im Zeichnen nicht die erforderliche Vorbildung be-
sitzt und dass er in diesem Punkte noch vieles nachzu-
holen hat. Das alles ist schon ein Erfolg des Wett-
bewerbes, der nicht zu unterschätzen ist.
Der Wettbewerb spornt den jungen Mann aber auch
zu der Betätigung seiner höchsten Leistungsfähigkeit an,
zur Anspannung seiner besten Kräfte in der Ausführung
und es wird dabei gut sein, wenn der Lehrmeister oder
die zur Anleitung berufenen Gehilfen dem Lehrling mög-
lichst freie Hand lassen, auch wenn er scheinbar über
das Mass seines Könnens hinausgeht. Zu einer derartig
heilsamen Anstrengung hat er ja sonst wohl kaum Ge-
legenheit, da man den Lehrling doch nur Schritt für Schritt
in den Techniken des Goldschmiede- und Juwelier-Kunst-
handwerkes unterweisen und selten vor Aufgaben stellen
wird, die einen Wettbewerb mit anderen Arbeiten ermög-
lichen. Das Gelingen einer solchen Aufgabe, wenn auch
nicht in vollkommener Weise, wird das Selbstbewusstsein
des jungen Mannes ganz bedeutend kräftigen und die
damit verbundene Sicherheit das Können vermehren.
Diese natürlich nicht bei jedem Lehrling zu gewärtigen-
den Erfolge sind aber des weiteren dazu angetan, das
Resultat einer Lehrzeit günstig zu beeinflussen, die Unter-
weisung des Lehrmeisters selbst zu erleichtern und dieser
ein ehrendes Zeugnis auszustellen. An der gehobenen
Leistungsfähigkeit des Lehrlings wird auch in materieller
Beziehung sogar zuerst der Lehrmeister selbst gewinnen,
indem er dadurch die Grenzen der Leistungsfähigkeit
seines Zöglinges und jugendlichen Gehilfen kennen lernt
und in diesen die Arbeitskraft des letzteren für sich
nutzbar machen kann.
Aber auch die Allgemeinheit unseres Kunstgewerbes
wird durch die Begleiterscheinungen und Resultate eines
derartigen Wettbewerbes gewinnen und in dem streb-
samen Nachwuchs kräftige Stützen erhalten, die wir nötig
genug brauchen. Wenn auch nicht jeder Teilnehmer einen
Preis davon trägt, so gewinnt er dennoch mancherlei, was
dem Werte der Prämie zum mindesten gleichkommt, wenn
ihn nicht reichlich überwiegt. Der junge Mann wird es
unwillkürlich selbst empfinden, dass mit der Teilnahme
an dem Wettbewerbe eine Veränderung in seinen Anschau-
ungen und in seiner Kunstfertigkeit vorgegangen ist, die
ihm die Auszeichnung eines Preises doppelt empfinden
oder die ihm das Vergebliche seiner Bemühungen in dem
Bewusstsein verschmerzen lassen wird, mit den Besten
um die Palme des Sieges gerungen zu haben. Man wird
uns allerdings auch entgegenhalten und hat es bei unseren
früheren Ausschreibungen für Lehrlinge vereinzelt schon
getan, dass der erlangte Preis häufig dazu angetan sei,
den jungen Mann über seine Leistungsfähigkeit zu täuschen
und in ihm einen Dünkel zu erwecken, kaum noch nötig
zu haben, Lehre anzunehmen. Wir geben zu, dass derartige
Ausnahmen jedenfalls vorkommen, aber erinnern daran,
dass die Ausnahmen doch immer nur die Regel bestätigen
und diese sich bei einer rechtzeitigen Belehrung des Lehr-
meisters wohl vermeiden lassen. Bricht aber wirklich bei
einem dieser jugendlichen Preisträger eine Miniaturausgabe
von Grössenwahn aus, dann hat dieser schon in ihm
gesteckt und der Ernst des Lebens wird schon etwas
zeitiger bei ihm ansetzen, um den Hochmutsteufel aus-
zutreiben, der ihn über kurz oder lang sowieso gepackt
haben würde. Nein, die Furcht vor derartigen Ausnahmen
ist nicht soweit gerechtfertigt, dass sie das Interesse für
das Preisausschreiben des „Journals der Goldschmiedekunst“
selbst in der geringsten Weise beeinträchtigen dürfte.
Vielmehr sollte es sich jeder Lehrmeister unserer Branchen
angelegen sein lassen, seine Zöglinge zur Teilnahme an
dem Wettbewerbe anzuhalten und damit unser gewiss
gemeinnütziges Unternehmen zum Wohle des ihm anver-
trauten Menschenskindes, als auch zu dem des ganzen
Juwelier- und Goldschmiede-Kunsthandwerkes tatkräftig
zu unterstützen!
(Einlieferungstermin spätestens 31. Juli d. J.).
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Ein Lehrlings-Wettbewerb.
Das gegenwärtig anstehende Preisausschreiben des
„Journal der Goldschmiedekunst" für Lehrlinge von Juwe-
lieren, Gold- und Silberschmieden hat gewiss bei gar
manchem schon die Frage ausgelöst, ob die Teilnahme
eines Lehrlinges an einem derartigen Wettbewerbe für
diesen sowohl, als auch für den Lehrherrn und endlich
für das gesamte Gewerbe nennenswerte Vorteile gewähr-
leistet. In Anbetracht des allgemeinen grossen Interesses
an diesem Preisausschreiben ist es daher wohl angezeigt,
wenn wir die Veranstaltung einmal unter diesem Gesichts-
punkte beleuchten.
Die Anlage unseres Preisausschreibens schreibt fast
durchgängig die Arbeit nach einer eigenen Zeichnung vor
und veranlasst sonach den jungen Mann, sich einmal einer
Aufgabe hinzugeben, die ihn prüft, ob er während seiner
Lehrzeit die Augen aufgemacht und durch Vergleichen
von fertigen Arbeiten und Vorlagen seinen Geschmack
gebildet hat. Diese Aufgabe ist von ganz entschiedener
Bedeutung, besonders aus dem Grunde, dass doch der
Lehrling selbst auch dann wenig Gelegenheit haben wird,
nach eigenen Ideen zu arbeiten, wenn er im allgemeinen
auch bereits zu Neuarbeiten herangezogen wird. Die
Anregung vielleicht allein schon wird den jungen Mann
veranlassen, Versäumtes nachzuholen und in den Schau-
fenstern und Musterblättern, die ihm mehr oder weniger
zugängig sind, Umschau zu halten. Er wird versuchen,
Gesehenes abzuändern oder Selbständiges zu skizzieren
und in dem Suchen nach neuen Formen, in dem Ver-
werfen der ersten Versuche eine autodidaktische Schule
durchmachen, die ihm einen bestimmten Weg vorzeichnet
und vielleicht ihm erst offenbart, was er bereits gelernt
hat und was in ihm schlummert. Freilich wird sich in
ihm oft genug auch die Überzeugung einstellen, dass er
leider im Zeichnen nicht die erforderliche Vorbildung be-
sitzt und dass er in diesem Punkte noch vieles nachzu-
holen hat. Das alles ist schon ein Erfolg des Wett-
bewerbes, der nicht zu unterschätzen ist.
Der Wettbewerb spornt den jungen Mann aber auch
zu der Betätigung seiner höchsten Leistungsfähigkeit an,
zur Anspannung seiner besten Kräfte in der Ausführung
und es wird dabei gut sein, wenn der Lehrmeister oder
die zur Anleitung berufenen Gehilfen dem Lehrling mög-
lichst freie Hand lassen, auch wenn er scheinbar über
das Mass seines Könnens hinausgeht. Zu einer derartig
heilsamen Anstrengung hat er ja sonst wohl kaum Ge-
legenheit, da man den Lehrling doch nur Schritt für Schritt
in den Techniken des Goldschmiede- und Juwelier-Kunst-
handwerkes unterweisen und selten vor Aufgaben stellen
wird, die einen Wettbewerb mit anderen Arbeiten ermög-
lichen. Das Gelingen einer solchen Aufgabe, wenn auch
nicht in vollkommener Weise, wird das Selbstbewusstsein
des jungen Mannes ganz bedeutend kräftigen und die
damit verbundene Sicherheit das Können vermehren.
Diese natürlich nicht bei jedem Lehrling zu gewärtigen-
den Erfolge sind aber des weiteren dazu angetan, das
Resultat einer Lehrzeit günstig zu beeinflussen, die Unter-
weisung des Lehrmeisters selbst zu erleichtern und dieser
ein ehrendes Zeugnis auszustellen. An der gehobenen
Leistungsfähigkeit des Lehrlings wird auch in materieller
Beziehung sogar zuerst der Lehrmeister selbst gewinnen,
indem er dadurch die Grenzen der Leistungsfähigkeit
seines Zöglinges und jugendlichen Gehilfen kennen lernt
und in diesen die Arbeitskraft des letzteren für sich
nutzbar machen kann.
Aber auch die Allgemeinheit unseres Kunstgewerbes
wird durch die Begleiterscheinungen und Resultate eines
derartigen Wettbewerbes gewinnen und in dem streb-
samen Nachwuchs kräftige Stützen erhalten, die wir nötig
genug brauchen. Wenn auch nicht jeder Teilnehmer einen
Preis davon trägt, so gewinnt er dennoch mancherlei, was
dem Werte der Prämie zum mindesten gleichkommt, wenn
ihn nicht reichlich überwiegt. Der junge Mann wird es
unwillkürlich selbst empfinden, dass mit der Teilnahme
an dem Wettbewerbe eine Veränderung in seinen Anschau-
ungen und in seiner Kunstfertigkeit vorgegangen ist, die
ihm die Auszeichnung eines Preises doppelt empfinden
oder die ihm das Vergebliche seiner Bemühungen in dem
Bewusstsein verschmerzen lassen wird, mit den Besten
um die Palme des Sieges gerungen zu haben. Man wird
uns allerdings auch entgegenhalten und hat es bei unseren
früheren Ausschreibungen für Lehrlinge vereinzelt schon
getan, dass der erlangte Preis häufig dazu angetan sei,
den jungen Mann über seine Leistungsfähigkeit zu täuschen
und in ihm einen Dünkel zu erwecken, kaum noch nötig
zu haben, Lehre anzunehmen. Wir geben zu, dass derartige
Ausnahmen jedenfalls vorkommen, aber erinnern daran,
dass die Ausnahmen doch immer nur die Regel bestätigen
und diese sich bei einer rechtzeitigen Belehrung des Lehr-
meisters wohl vermeiden lassen. Bricht aber wirklich bei
einem dieser jugendlichen Preisträger eine Miniaturausgabe
von Grössenwahn aus, dann hat dieser schon in ihm
gesteckt und der Ernst des Lebens wird schon etwas
zeitiger bei ihm ansetzen, um den Hochmutsteufel aus-
zutreiben, der ihn über kurz oder lang sowieso gepackt
haben würde. Nein, die Furcht vor derartigen Ausnahmen
ist nicht soweit gerechtfertigt, dass sie das Interesse für
das Preisausschreiben des „Journals der Goldschmiedekunst“
selbst in der geringsten Weise beeinträchtigen dürfte.
Vielmehr sollte es sich jeder Lehrmeister unserer Branchen
angelegen sein lassen, seine Zöglinge zur Teilnahme an
dem Wettbewerbe anzuhalten und damit unser gewiss
gemeinnütziges Unternehmen zum Wohle des ihm anver-
trauten Menschenskindes, als auch zu dem des ganzen
Juwelier- und Goldschmiede-Kunsthandwerkes tatkräftig
zu unterstützen!
(Einlieferungstermin spätestens 31. Juli d. J.).
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