Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

DOI Heft:
Nr. 31
DOI Artikel:
Kiel
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0262

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
(o]| ..Z | JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST. | ||- HO


Kiel.
Wir heissenDeutsche, kennt
ihr unser Zeichen,
Das schöne Banner, schwarz
und weiss und rot?
Wie seine stolzen Farben
nie verbleichen,
So bleiben wir ihm treu bis
in den Tod.
Die Fahnen vor dem Heere,
Die Flaggen auf dem Meere 1
Vom Fels zum Meer weht
unsrer Farben Schein:
Wir heissenDeutsche, wollen
Deutsche sein!

Nach dem meerumschlungenen Holstein, nach dem
deutschen Kiel führt uns in diesem Jahre die Sorge um
die Zukunft unseres schönen Kunstgewerbes. Angesichts
der Streitkraft Germanias auf dem Meere werden auch
wir unsere Waffen zu prüfen haben, die bestimmt sind,
unserer Hände Arbeit, unser Haus und Heim vor Ungerechtig-
keit und Niedergang zu schützen und uns den Weg zum
Vorwärtsschreiten nach höheren Zielen zu bahnen.
Ehe wir aber an die Arbeit gehen, wollen wir einen
Blick auf die Stätte unserer diesjährigen Tagung werfen,
auf Kiel und den deutschen Kriegshafen. Kiel ist eine
vom Schauenburger Grafen Adolf IV. um die Mitte des
13. Jahrhunderts gegründete Stadt. Sie liegt an der nach
ihr benannten, landschaftlich reich geschmückten Förde.
Die Stadt ist von jeher echt deutsch gewesen und hat
trotz der Jahrhunderte langen Personalunion der Herzog-
tümer Schleswig-Holstein mit dem dänischen Königshause
ihren deutschen Charakter niemals eingebüsst. Schon seit
1665 durch die Gründung der Schleswig-Holsteinischen
Landesuniversität zum Mittelpunkt des geistigen Lebens in
den Herzogtümern geworden, war Kiel im vorigen Jahr-
hundert berufen, die Führung in der politischen Bewegung
des meerumschlungenen Landes gegen die Vergewaltigung
seines Deutschtums durch Dänemark zu übernehmen; und
als dann nach einem ersten vergeblichen Kampfe schliess-
lich die schwarz-weiss-rote Flagge über der deutsch ge-
wordenen Meeresbucht wehte, da begann für die alte
Holstenstadt ein Aufschwung, wie er gleich schnell und
umfangreich in der deutschen Städtegeschichte kaum zum
zweiten Male nachzuweisen sein dürfte. Bei der Einver-
leibung Schleswig-Holsteins in den preussischen Staat im
Jahre 1867 nur 24216 Einwohner zählend, wuchs Kiel,
zur deutschen Reichsmarinestadt erhoben und als solche
mit einem Schlage in der ganzen Welt bekannt geworden,
binnen dreier Jahrzehnte um das Vierfache und gehört
heute mit ca. 164000 Einwohnern (1905), auch ohne seine
volkreichen Vororte, zu den Grossstädten des deutschen
Vaterlandes.
Wir werden während der Verbandstage reichlich Ge-
legenheit haben, unsere Kriegsmarine in Augenschein zu
nehmen und, dank des Entgegenkommens der betreffenden

Verwaltungen, alles Wissenswerte kennen zu lernen, was
mit ihr zusammenhängt. Wir wollen daher nicht vor-
greifen und den erhebenden Eindruck nicht durch eine
oberflächliche vorherige Schilderung abschwächen.
Den Mittelpunkt der in Kiel vorhandenen, ziemlich
rührigen Industrie bildet natürlich der Schiffsbau und die
grossartigen Werft-Etablissements, von denen neben der
Kaiserlichen Werft die Kruppsche Germaniawerft und die
Howaldtwerke eine in der ganzen Welt geltende Bedeutung
haben. Um sich einen Begriff von der umfangreichen
Tätigkeit der Werften zu machen, sei erwähnt, dass auf
der Kaiserlichen Werft mit dem Schiffs- und Maschinen-
bau, der Fabrikation von Torpedos, Spezialwaffen und
Geschützen durchschnittlich 600 Offiziere und Beamte be-
traut und zirka 7000 Arbeiter beschäftigt sind. Das Krupp-
sche Werk besitzt ein eigenes grosses Logierhaus für un-
verheiratete Arbeiter und eine Arbeiter-Kolonie mit zirka
1400 drei- bis fünfräumigen Wohnungen.
Die ständige Fühlung mit der Marine, der in Kiel
reichlich vertretene Wassersport, der in der „Kieler Woche“
gipfelt, hat das gesamte Gewerbe Kiels und natürlich auch
dessen Gold- und Silberschmiedekunst beeinflusst. Was
an Edelmetallarbeiten in Kiel erzeugt wird, bezieht sich
fast ausschliesslich auf das Seewesen, die Marine und den
Wassersport und kann man an der Mannigfaltigkeit der
immer neuen Formen die Unerschöpflichkeit der Motive
erkennen, welche der Kunst das Meer und sein Leben bietet.
Dass das Meer auch sonst den Handel Kiels befruchtet,
liegt klar auf der Hand und ist namentlich durch die welt-
berühmten Kieler Sprotten und Bücklinge dokumentiert.
Die Wissenschaft hat in einer schon 1665 gegründeten
Universität eine Pflegstätte gefunden, die im Sommer
durchschnittlich von 1100 und im Winter von zirka 800
Studenten frequentiert wird. Auch sonst ist das Schul-
wesen Kiels ein ausgezeichnetes und dass auch eine
höhere Schiffs- und Maschinenbauschule hier besteht, ist
nahezu selbstverständlich.
In der an anmutigen Badeorten reichen Umgebung ist
unstreitig die bedeutungsvollste und interessanteste Sehens-
würdigkeit der „Kaiser Wilhelm-Kanal“.


S. M. Yacht „Meteor“

238
 
Annotationen