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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 51
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Steinhandel und Steinkunde
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0425

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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.


STEINKUNDE UND STEINHANDEL

o

Unter verantwortlicher Redaktion von WILHELM RAU,
□ Juwelier und Edelstein-Experte in ERFURT. _



Vom Diamanton-Markt.
Der Handel hat in letzter Zeit an Lebhaftigkeit etwas nach-
gelassen, welches zum Teil auf die Bankkrisen in New-York,
Deutschland und Holland zurückzuführen sein dürfte. Bisher hat
sich allerdings die Einwirkung auf den Diamanten-Markt in ziemlich
mässigen Grenzen bewegt. Das Zollamt in New-York berechnete
den Diamanten-Import im Monat September auf 2 469 597 Dollars
gegen 2545757 Dollars im gleichen Monat des Vorjahres. Der
Unterschied und der Rückgang ist also keineswegs bedeutend, allzu
pessimistische Ansichten dürften deshalb wohl auf keinen Fall zu-
treffend sein, zumal bei den Kommissionären genügende seriöse An-
fragen vorliegen.
Ebensowenig wird die Hoffnung derjenigen in Erfüllung gehen,
welche infolge der augenblicklichen Weltlage einen Preissturz der
Diamanten erwarten. Durch den Anschluss der Premier-Minen-
Gesellschaft an das Syndikat sind Wertschwankungen noch weit
aussichtsloser geworden wie vordem. Diese Preisfestigkeit kann ja
auch nur im Interesse sämtlicher am Diamantenhandel beteiligter
Kreise liegen, obschon vielfach die Ansicht laut wird, dass der
heutige Preisstand bereits eine gesunde Norm überschritten habe.
Besonders in den kleineren und mittleren Städten wird das bevor-
stehende Weihnachtsgeschäft am besten zeigen, ob diese Ansicht
wirklich begründet ist.
* *
*
* Antwerpen. Die Antwerpener Diamantindustrie macht jetzt
eine ziemlich ernste Krisis durch. In den dortigen Fabriken stehen
an tausend „Mühlen“ still. Diese Krisis ist nicht auf Antwerpen
beschränkt, sondern erstreckt sich auch auf Newyork, Paris und
Amsterdam. In Amsterdam sind infolge der ungünstigen Geschäfts-
lage annähernd 4000 Arbeiter entlassen worden. Ein Diamanthändler
schreibt die Krisis der seit dem Burenkrieg anwachsenden Über-
produktion an Rohsteinen zu. Es werde an Rohmaterial weit mehr
geliefert, als Industrie und Juwelenhandel aufnehmen können. Zudem
sei infolge der Geldknappheit auf allen Geldmärkten und wegen der
mit der amerikanischen Finanzkrisis verbundenen Bedachtsamkeit
der amerikanischen Goldmagnaten, d. h. der besten Kunden des
Diamantenhandels, ein bedeutender Rückgang im Warenabsatz ein-
getreten. Es sei aber anzunehmen, dass die Krisis nicht von langer
Dauer sein werde. Der Rohstoffvorrat werde sich infolge der Aus-
schaltung der Chinesenarbeit in den Randminen, wodurch die
Produktionskosten schnell in die Höhe gehen müssen, wieder ver-
mindern, was zur Herstellung einer normalen Geschäftslage führen
werde.

Edßlsteinverändßrungen durch Radiumstrahlßq.
czz> Auf Grund der Beobachtung, dass das Radium die Glastuben
blau färbt, in denen es aufbewahrt wird, führte bereits im vorigen
Jahre der Gelehrte Berthelot verschiedene Experimente aus, welche
bezweckten, die verschiedensten Edelsteine, infolge Radiumeinwirkung
zu verändern. Nach den damaligen Publikationen ist es zur Genüge be-
kannt, welche überraschenden Erfolge dieseVersuche aufzuweisen hatten.
Im Anschluss an diese Ergebnisse wurden letzthin von dem
Pariser Professor Bordas im Laboratorium College de Franke weitere
Untersuchungen angestellt, die ebenfalls verblüffende Wirkungen
erzielten. Professor Bordas verwandte zu seinen sämtlichen Experi-

menten verschiedenartige Korunde, also jenes Edelmineral, das uns in
roter Art als Rubin und in der blauen Varietät als Saphir bekannt ist.
Nachdem die Steine einige Wochen der Radiumbestrahlung aus-
gesetzt waren, hatten sie die Farbe verändert, der farblose Korund
(sogenannter weisser Saphir) war gelb geworden. Der blaue Korund
(Saphir) zeigte eine prachtvolle grüne Smaragdfarbe. Der violette
Korund (orientalischer Amethyst) hatte sich in Saphir verwandelt,
roter Korund (Rubin) war dagegen violett geworden.
Für den gesamten Juwelenhandel waren aber diejenigen Resultate
von grösster Wichtigkeit, die zwei Korunde ergaben, welche vor
der Bestrahlung eine helle, weinrote Farbe besassen, diese hatten
sich nämlich in wertvollen Rubin verwandelt. Der Stein, der also
vorher nur ca. 2 Mk. pro Karat kostete, hatte nachher einen Wert
von 400 — 500 Mk. pro Karat.
Es ist leicht erklärlich, dass daraufhin von verschiedenen Seiten
die Befürchtung laut wurde, dass durch diese Ergebnisse der ganze
Juwelenhandel eine durchgreifende Umwälzung erfahren müsse. Ob
den Entdeckungen aber wirklich eine solch grosse praktische Be-
deutung beizumessen ist, dürfte noch abzuwarten sein.

Vßrmischtßs.
Rubinfund. Bei Mandaley in Burma wurde eine Rubinmasse
gefunden, die über einen englischen Fuss lang ist und ca. 1600 000 Mk.
Wert haben soll. Es ist bis jetzt der grösste Fund, der gemacht
wurde, und war dessen Verwertung zur Zeit noch unmöglich. Der
bemerkenswerte Fund wurde von seinem Besitzer, dem Kolonial-
agenten Banyard, nach London verbracht. Die Form des Steine^ ist
bewunderungswert und wurde derMbe beim Waschen im Sande
(Kiessand) gefunden. r / f
* Der Schritt der kanadischen Regierung, Diamanten als
zollfreies Einfuhrgut zu erklären, hat in den einschlägigen amtlichen
Kreisen der Vereinigten Staaten nicht geringe Verstimmung erzeugt.
Seit der neuen Anordnung hat der Diamantenschmuggel nämlich der-
artigen Umfang angenommen, dass die Neuyorker Behörden machtlos
geworden sind. Anstatt in den amerikanischen Einwanderungshäfen zu
landen, bevorzugen die Diamantenhändler fortab kanadisches Gebiet
und treten von da aus unauffällig die Weiterreise nach der benach-
barten Republik an. Der Unfug hat derart zugenommen, dass sich
die Vereinigten Staaten gezwungen sahen, in Ottawa und anderen
kanadischen Städten Detekti ve anzustellen,um denDiamantenschmuggel
aufzudecken und brach zu legen. Dabei gelang es den Geheim-
polizisten vor einigen Wochen, einem Neuyorker Händler auf die
Spur zu kommen, der für 150000 Dollar Diamanten mit sich führte
und gerade im Begriff stand, als harmloser Reisender von Montreal
aus einen Zug nach der nächsten amerikanischen Grenzstation zu
besteigen. Zum Glück witterte der Mann die Defektives und be-
gann nun eine Rundreise in Kanada, gefolgt von den Geheimpoli-
zisten, die ihn nicht aus den Augen liessen. Als der Händler dies
einsah, schiffte er sich wieder nach England ein und verkaufte dort
die Steine. Der grösste Teil der Diamanten wird heute mittelst
Postpaket nach Kanada gesandt und bei den Assekuranz-Gesellschaften
versichert. Dort einmal auf diese unauffällige Weise angelangt;
fällt es den Händlern in den meisten Fällen nicht schwer, die Sen-
dungen in die Vereinigten Staaten einzuschmuggeln.

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