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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 41
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Schule Reimann
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Des Talers Ende
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0338

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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.

Wir wollen hier von der Unmöglichkeit absehen,
dass diese Art von Schulen die Erziehung der Praxis
auch nur im Entferntesten ersetzen können, dass sie
vielmehr nichts weiter als die Lehrstühle des Pfuscher-
tums und Dilettantismus sind, dass sie das gediegene
und geschulte Handwerk durch eine Halbkunst ersetzen,
die das Erhabene zum Lächerlichen stempelt und zu
Gunsten eines an Grössenwahn grenzenden manirierten
Stiles die handwerksmässige Fertigkeit korrumpiert.
Aber wir wollen nicht unterlassen, die Angehörigen des
gesamten Kunsthandwerks an die wirtschaftliche Gefahr
solcher Anstalten für dasselbe zu erinnern. Die Eman-
zipierte der Frauen auf dem Gebiete des Kunsthandwerkes
ist ein naturwidriger Bruch mit allen Traditionen der
Kulturgeschichte, eine Erscheinung, wie sie nur unser
perverses Zeitalter aufzuweisen vermag, das nach Gleich-
berechtigung der Geschlechter verlangt und doch die
schreiende Ungerechtigkeit begeht, die Frau der ihr
von der Natur angewiesenen Bestimmung zu entfremden
und sie zu Eingriffen in die natürlichen Rechte des
stärkeren Mannes aufzureizen. Das sind unstreitig revo-
lutionäre Ideen, die dahin führen können, das Handwerk
schwer zu schädigen, ohne einem wirklichen Bedürfnis
in Frauenkreisen zu entsprechen. Denn diejenigen Frauen,

die sich einem mehrjährigen, zirka 1000 M. Unkosten
verursachenden Kursus widmen, gehören nicht zu den
notleidenden, sondern zu den emanzipierten Vertretern
ihres Geschlechtes, die dadurch, dass man ihrem mann-
jungfräulichen Bestreben den Willen tut, ihrem eigentlichen
Beruf entzogen werden.
Ziemlich naiv aber ist die ausgesprochene Absicht
der Leitung des Unternehmens, dasselbe Kunsthandwerk,
dem sie eine Treibhaus-Konkurrenz gegenüberstellt, zu
Vorspanndiensten für sich verwenden zu wollen, indem
sie verspricht, ihre „Studierenden“ zu Besichtigungen
in grössere kunstgewerbliche Werkstätten führen und
diese also zu unentgeltlichen Lehrmitteln ausnutzen zu
wollen. Nicht minder stark ist es aber auch, der Fach-
presse des Kunstgewerbes zuzumuten, Propaganda für
eine Gefahr der Existenz ihrer Leser zu machen, deren
Interessen zu vertreten diese verpflichtet ist. Das „Journal
der Goldschmiedekunst“ wenigstens ist für solche Judas-
dienste nicht zu haben und hofft, dass auch die übrige
kunstgewerbliche Fachpresse sich derartigen Zumutungen
gegenüber nicht nur ablehnend verhält, sondern auch der
ganzen Tendenz solcher Unternehmen mit blanker Waffe
entgegentritt. W.

Des Talers Ende.

Das Jahrhunderte hindurch populärste Geldstück, der
Taler, gehört nunmehr der Geschichte an. Der I. Oktober
des Jahres 1907 hat ihm den Garaus gemacht, auch wenn
ihm noch ein Jahr lang ein Scheindasein vergönnt ist.
Ganz Deutschland steht trauernd an der Bahre des Ent-
schlafenen, der vielen Generationen das Sinnbild des
materiellen Besitzes war und eine sprichwörtliche Bedeutung
erlangt hatte, wie kaum eine andere Münzsorte. Der Volks-
mund legte ihm direkt einen ideellen Wert bei, was be-
sonders aus dem charakteristischen Sprichwort hervorgeht:
Wer wissen will, wie teuer ein Taler ist, muss einen zu
borgen suchen. Doch wird der Ruf von seinen Erdentagen
nicht in Aeonen untergehen — dafür werden des Talers
lachende Erben, die Münzsammler sorgen.
Abbildungen in dieser Nummer veranschaulichen uns
die hauptsächlichsten Deutschen Sieges- und Gedenktaler
und in Anschluss an deren Abbildungen bringen wir nach-
stehend einige Mitteilungen über diese und den Taler über-
haupt. Die ersten Taler wurden in Deutschland im Jahre
1519 geprägt, die letzten 1871; die noch im Umlauf
befindlichen Stücke stammen aus den Jahren 1823 bis 1871.
Seit dem Siegestaler von 1871 sind bis zum Jahre 1900
keine kursfähigen Gedenkmünzen wieder geprägt worden.
Die in der Zwischenzeit geprägten Münzen und Taler hatten
durchaus Privatcharakter und keinen Kurswert, darunter
auch der von der Königlichen Münze zu Dresden geprägte
Doppeltaler zur Feier des goldenen Ehejubiläums des Königs
Johann und der Königin Amalie von Sachsen.

Unter der Regierung Kaiser Wilhelms I. sind in Preussen
bis zum Jahre 1871 vier Gedenktaler geprägt worden,
der Sterbetaler Friedrichs Wilhelms IV. vom Jahre 1861,
der in 10000 Exemplaren geprägt worden und sich von
den Talern aus der Regierungszeit des genannten Fürsten
nur durch die Zahl des Sterbejahres 1861 unterscheidet.
Die Stücke sind natürlich längst in den Händen von Sammlern
und werden von diesen mit 22 bis 30 Mark das Stück bezahlt.
In demselben Jahre wurde der zweite Preussische Gedenk-
taler, der sogenannte Krönungstaler (Siehe die Abbildung),
und zwar in einer Million Exemplaren geprägt, die, obwohl
sie nie in den freien Verkehr gekommen sind, keinen hohen
Wert erlangt haben und mit 50 Pfennigen Aufgeld bezahlt
werden.
Der erste preussische Siegestaler stammt aus dem
Jahre 1866 (Siehe die Abbildung) und ist von den übrigen
Talern dieser Zeit nur durch den Lorbeerkranz auf dem
Haupte König Wilhelms unterschieden. Da er bis vor
kurzem infolge einer ganz enormen Anzahl geprägter Stücke
noch im freien Verkehr zu finden war, besitzt er kaum
einen numismatischen Wert.
Der preussische Siegestaler von 1871 (Siehe Abbildung)
gelangte in 900000 Exemplaren zur Ausprägung und den-
noch ist nur selten eins oder das andere Stück in den
Umlauf gekommen. — Sämtliche preussische Taler tragen
als Randschrift die Worte „GOTT MIT UNS“.
Von den Siegestalern, die nach Beendigung des
deutsch-französischen Krieges von den übrigen Bundes-

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