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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 51
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Berichtigung zum Protokoll der X. Sitzung der Interessen-Verbände / Das neue Ladengeschäft von Moritz Stumpf & Sohn in Danzig / Kann ein Arbeitersekretär vor dem Gewerbegericht einen Arbeiter vertreten? / Aus dem Gerichtssaal
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0422

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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.

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Berichtigung zum Protokoll der X. Sitzung
der Interessen-Verbände.
Auf die Veröffentlichung eines Protokollauszuges vorerwähnter
Sitzung in Nr. 47 des „Journal der Goldschmiedekunst“ erhalten
wir von dem Berliner Lehrer-Verein eine dahingehende Be-
richtigung, dass der zur Kenntnis gebrachte Einbruch, bei welchem
für 20000 Mark goldene Uhren und Ketten erbeutet worden waren,
nicht in das Berliner Lehrervereinshaus, sondern bei der Aktien-
gesellschaft in Firma „Kaufhaus für deutsche Lehrer und Beamte“
in Berlin erfolgt sei und dass diese Aktiengesellschaft zu dem Ber-
liner Lehrerverein und dessen Vereinshause in keiner Beziehung
stehe. Ferner betreibe das genannte Vereinshaus keinen Handel
mit Uhren und Ketten und stelle keine Wirtschaftsvereinigung dar.
Indem wir die gegebene Erklärung gern veröffentlichen, teilen
wir auf Grund eingeholter Informationen noch mit, dass das ge-
nannte „Kaufhaus“ die Abteilung Goldwaren etc. Mitte 1907 an
den „Hilfsverein deutscher Lehrer A.-G.“ abgetreten hat, um dem
Unternehmen den Charakter eines Warenhauses zu nehmen und
die Warenhaussteuer zu ersparen. Tatsache ist aber, dass der grösste
Teil der Aktien des Kaufhauses im Besitze des Hilfsvereins ist
und dass Lehrer und Beamte sich überall Wirtschaftsvereinigungen
geschaffen haben, die geeignet sind, den gewerblichen Mittelstand
erheblich zu schädigen.

Das neue Ladengeschäft von
Moritz Stumpf & Sohn in Danzig.
* Über dasselbe schreibt die „Danziger Zeitung“: Kunst und
Kunstgewerbe hat die Firma Moritz Stumpf & Sohn als Erwei-
terung ihres Geschäftsbetriebes im neuerworbenen Hause Lang-
gasse Nr. 29 praktisch zu fördern unternommen. Wie einerseits
der Zug der Zeit dahin geht, in grossen Kaufhäusern alle Ge-
schäftsbetriebe zu vereinigen, drängt das Einzelverkaufsgeschäft
als natürliche Reaktion nach Spezialisierung. Trotz trefflicher Ge-
schäfte, die wir für Geschenkartikel besitzen, stellt die neue
Stumpfsche Abteilung, die Ähnliches bietet, wie das bekannte
Hohenzollern-Kaufhaus in Berlin, eine willkommene Neuerung dar.
Schon in seinen Einrichtungen entspricht das neue Geschäft dem
Kunstwerte der zum Verkauf ausgestellten Dinge. Die ganze Ein-
richtung ist nach künstlerischen Entwürfen des Architekten Biele-
feldt ausgeführt, die Firmen Männchen und Schoenicke haben die
Einzelarbeiten ausgeführt. Aus den schön gemalten Decken senken
sich edel geformte Beleuchtungskörper herab, die von den Metall-
werken hergestellt sind, die die Firma vornehmlich vertritt. Es
sind dies folgende Fabriken bezw. Fabrikate: Württembergische
Metallwaren-Fabrik Geislingen (Steige), Christofle & Cie., Orivit,
J. P. Kayser & Sohn, Gladenbeck, Elektro-Plated, English Plated,
Juventa, Royal- und Imperial-Zinn. Die nichtedlen Metalle, aber
in edelster Bearbeitungsweise, sind also das eigentliche Gebiet
dieses Geschäftes: Echte Bronzen, von Künstlerhand gefertigt,
getriebene Arbeiten in Eisen und Kupfer, galvanische Verviel-
fältigungen alter Meisterwerke, Einlagearbeiten von Messing in
Holz und vieles andere mehr. Ganz sparsam sieht man dazwischen
einige Kunstwerke aus anderen Gebieten, hier eine Marmorstatuette,
dort eine Sevresvase mit Goldbronze geziert, dort Porzellanvasen
dänischer Arbeit. Genug, wer Sinn für Kunst hat, findet in diesem
neuen Geschäfte vieles Schöne.

Kann ein Arbeitersekretär vor dem Gewerbe-
gericht einen Arbeiter vertreten?
Diese prinzipielle Frage wurde vor kurzem nach Mitteilung der
Berliner Volkszeitung vor dem Gewerbegericht in Jena mit ja
beantwortet, es ist dies um so bemerkenswerter, als vielfach
andere Gewerbegerichte bisher ein gegenteiliges Urteil fällten.

Aus dem Gerichtssaal.
* Der Uhrmacher Berthold Hahne in Gifhorn hatte sich wegen
Konkursvergehens und Betrugs vor Gericht zu verantworten. Wegen
ersteren Vergehens ist er bereits mit 10 Tagen Gefängnis einmal
vorbestraft worden. Die Anklage legte dem in Untersuchungshaft
befindlichen Beschuldigten zur Last, seine Geschäftsbücher gar nicht
bezw. unordentlich geführt und ferner keine Aufstellung von In-
ventar und Bilanzen vorgenommen zu haben. Der Angeklagte
gründete im Jahre 1897 in Gifhorn ein Uhrengeschäft mit einem
Kapital von 7000 Mk., das ihm von seiner Frau in die Ehe mit-
gebracht war. In den ersten Jahren hatte er einen jährlichen Um-
satz von zirka 4000 Mk., von denen etwa 2000 Mk. Verdienst waren.
In dem Jahre 1903 vergrösserte er sein Geschäft dadurch, dass er
noch einen Brillantenhandel anfing, infolgedessen er mit mehreren
Grosshändlern in Verbindung trat. Er kaufte von diesen die Waren
meist auf Kredit und schwindelte jedem einzelnen vor, er kaufe nur
von ihm resp. werde es nur in Zukunft tun. Auch gab er in diesen
Briefen an, er werde ein grösseres Guthaben kündigen, er habe auf
der Sparkasse grössere Geldsummen liegen u. dergl., alles An-
gaben, die auf Unwahrheit beruhten. Am 27. Juli 1905 wurde
auf seinen eigenen Antrag hin der Konkurs eröffnet. Insgesamt
waren hier 42 Einzelforderungen mit 50 000 Mk. angemeldet, von
denen die verschiedenen Lieferanten um zirka 30000 Mk. beschwindelt
worden waren. Dieser Schuldensumme standen nur 2000 Mk. Aktiven
gegenüber. Es stellte sich hierbei heraus, dass das Kassabuch seit
Februar 1903 nicht mehr zusammengerechnet war. Die übrigen
Geschäftsbücher waren in sehr unordentlicherWeise geführt, Inventur
und Bilanzen überhaupt niemals auf gestellt worden. Es ergab sich
ferner, dass vom Mai 1902 bis zur Eröffnung des Konkurses die
Einnahmen nur 24636,69 Mk. und die Ausgaben 47451,06 Mk. be-
trugen. Die in Höhe von 22814,37 Mk. entstandene Differenz konnte
nicht aufgeklärt werden. Durch ein Inserat in der „Uhrmacher-
zeitung“ trat Hahne mit den Restaurateur Meyer in Dortmund
in Verbindung, welcher von der Zeit an sein Hauptabnehmer war.
Meyer treibt auch heute noch einen lebhaften Handel mit Uhren und
Goldwaren. Von dem Angeklagten hat er insgesamt für 41590 Mk.
Goldwaren zu auffallend billigen Preisen erhalten. Meyer begründete
die niedrigen Preise damit, dass die erhaltenen Sachen alt aus-
gesehen hätten. Fast alle an Meyer teils zu, teils weit unter Ein-
kaufspreis verkauften Waren hat H. auf Kredit gekauft. Ersterer
machte auch als Zeuge solch zweifelhafte Aussagen, dass der Staats-
anwalt dessen Nichtvereidigung beantragte. Auch an den Althändler
Papenberg in Hannover hat Hahne Ketten und Goldwaren verkauft,
jedoch geht aus den Geschäftsbüchern über seine Geschäftsverbindung
mit Meyer und Papenberg nichts Positives hervor. Der Angeklagte
gibt zu, von seinen Lieferanten auch dann noch gekauft zu haben,
als er wusste, dass er von Meyer angeblich nur die Hälfte des
Preises erhalte. Infolge des schnellen Besitzwechsels und der weiten
Versendung der von Hahne gekauften Waren wurden Firmen in den
verschiedensten Städten Deutschlands geschädigt. — Der Leumund
des Angeklagten, über den der Bürgermeister von Gifhorn als Zeuge
vernommen wurde, ist im allgemeinen ein guter. Doch ist der Zeuge
der Ansicht, dass der Beschuldigte nicht aus eigener Initiative so
handeln könne, vielmehr müsse ein anderer die Hand mit im Spiele
gehabt haben. Die Lieferanten räumten dem Hahne zum Teil sehr
hohen Kredit ein, weil sie über ihn nichts Nachteiliges vernahmen;
auch die Auskünfte über ihn lauteten durchaus günstig. Sie stellten
allerdings ihre Lieferungen ein, sobald er einige Wechsel nicht mehr
einlösen konnte. — Nach Vernehmung von etwa 20 Zeugen wurde
die Beweisaufnahme geschlossen, worauf der Staatsanwalt 3 Jahre
Gefängnis beantragte. Der Verteidiger, Rechtsanwalt Roberts aus
Braunschweig, führte in seinem Plaidoyer aus, dass nicht Hahne,
sondern Zeuge Meyer auf die Anklagebank gehöre. Der Angeklagte
sei das Opfer eines unglücklichen Zufalls geworden und bitte er um
Freisprechung eventl. eine geringe Strafe. Hahne wurde wegen
Betrugs in 7 Fällen sowie Vergehens gegen die Konkursordnung zu
1 Jahr 6 Monaten Gefängnis verurteilt. Diese Verhandlung hatte
10 Stunden in Anspruch genommen.

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