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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 17
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Gegen das Hausierunwesen
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0148

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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.

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Gegen das Hausierunwesen.

Nachdruck auch im Auszuge verboten.

In der VI. Konferenz der Vertreter der Interessen-
Verbände der Goldwaren- und Uhrenbranche war bekannt-
lich eine Petition beschlossen worden (s. unseren Bericht
in Nr. 4 d. Jahrg.), welche an die Kriegs- und Eisenbahn-
Ministerien das Gesuch richtete, in den Kasernen und
Verwaltungsgebäuden sowie Werkstätten das Hausieren
mit Goldwaren und Uhren zu untersagen. Darauf sind
eine Anzahl Antworten eingegangen, aus denen zu ersehen
ist, dass sich die betreffenden Ministerien der Petition sehr
wohlwollend angenommen haben. Da der Inhalt der betr.
Antworten von allgemeinem Interesse sein dürfte, veröffent-
lichen wir nachstehend die erhaltenen Antwortschreiben:

Königl. Württ. Kriegs-
ministerium.

Stuttgart, 30. Januar 1907.

Nach Ihrer gemeinschaftlich mit anderen Verbänden einge-
reichten Eingabe vom 25. d. M. soll eine grosse Anzahl Händler
mit Taschenuhren mit zunehmendem Erfolg Abnehmer in den
Kasernen, „und nicht zuletzt auch in den württembergischen
Garnisonen“, suchen, indem sie das gesetzliche Verbot des Feil-
bietens im Umherziehen dadurch umgehen, dass sie unter Vorlage
von Mustern zunächst nur Bestellungen entgegennehmen und die
Ware erst nachher an den Käufer aushändigen.
Bevor daher der Eingabe eine Folge gegeben werden kann,
muss um nähere Angaben darüber ersucht werden, in welchen
württemb. Standorten und bei welchen württ. Truppenteilen der
von Ihnen beklagte Hausierhandel mit Taschenuhren stattgefunden
hat, und welches die betreffenden Händler gewesen sind.

Generaldirektion
der K. Württ. Staatseisenbahnen.
Stuttgart, 31. Januar 1907.
Die Generaldirektion nimmt Bezug auf ihre Schreiben an den
Vorstand des Deutschen Uhrmacherbundes vom 13. September
1902 und an den Verein der Juweliere, Gold- und Silberschmiede
Württembergs vom 11. Dezember 1902.
Sobald bestimmte Einzelfälle bezeichnet werden, wird die
Generaldirektion einschreiten.

Kriegsministerium. Dresden, 1. Februar 1907.
Auf die Eingabe des Zentral-Verbandes der Deutschen Uhr-
macher und der mitunterzeichneten übrigen gewerblichen Ver-
bände wird diesen Vereinigungen nachstehendes eröffnet:
Das unterzeichnete Kriegsministerium muss selbstverständlich
ein besonderes Interesse daran haben, dass Unteroffiziere und
Mannschaften der Armee nicht, wie in der Eingabe dargelegt,
durch gewissenlose Händler und Reisende, welche ihnen Uhren
und Schmucksachen zu einem dem Werte der Sache nicht ent-
sprechenden Preise aufnötigen, übervorteilt und in schwierige
Geldverhältnisse gebracht werden.
Es ist daher gern bereit, wenn ihm bestimmte Fälle von
Ausbeutungen genannter Art mitgeteilt werden, solche den be-
treffenden Truppenkommandeuren, denen nach den bestehenden
Bestimmungen das Recht der Erlaubniserteilung zum Eintritt in
die Kasernen allein zusteht, zur Kenntnis zu bringen.
Auch werden diese Kommandeure, wenn ihnen Übervorteilungen
ihrer Untergebenen durch die in der Eingabe bezeichneten Per-
sonen von dort aus unmittelbar und einwandfrei mitgeteilt werden,
selbst das Erforderliche zur Abstellung veranlassen.
Königlich Sächsisches Kriegsministerium.

Kriegsministerium. Berlin, 6. Februar 1907.
Dem Zentral-Verband erwidert das Kriegsministerium auf das

gefällige Schreiben vom 25. Januar 1907 ganz ergebenst, dass die
Aufmerksamkeit der militärischen Kommandobehörden pp. unaus-
gesetzt darauf gerichtet ist, Missstände der geschilderten Art zu
beseitigen. Insbesondere üben die Truppenkommandeure eine
scharfe Kontrolle über die Geschäftsreisenden aus, die sich mit
Angeboten an die Mannschaften in den Kasernen wenden. Wenn
es trotzdem einzelnen Hausierern pp. gelingt, die Bestimmungen
der Gewerbe-Ordnung zu umgehen, so liegt dies mit daran, dass
den militärischen Dienststellen Mittel und Wege fehlen, die be-
treffenden Personen einer strafbaren Handlung zu überführen.
Von der erbetenen mündlichen Erörterung dieser Angelegenheit
im Kriegsministerium mit Vertretern der hierbei interessierten
Verbände ist daher keine wesentliche Förderung zu erwarten,
und dürfte hiervon abzusehen sein.
Das Kriegsministerium wird jedoch Gelegenheit nehmen, den
militärischen Dienststellen nochmals die scharfe Beaufsichtigung
der Geschäftsreisenden pp., die den Zutritt zu einer Kaserne
erbitten, zur Pflicht zu machen.
Die entsprechende Benachrichtigung der übrigen Verbände pp.,
die das dortige Schreiben mit unterzeichnet haben, wird dem
Zentral-Verband ergebenst anheimgestellt.

Der Minister
der öffentlichen Arbeiten. Berlin> 8' Februar 1907'
Auf das Schreiben vom 25. Januar d. J.
Im Bereiche der Staatseisenbahnverwaltung ist den Händlern
und Geschäftsreisenden das Betreten der Bureau- und Arbeits-
räume verboten. Sollte gegen dies Verbot verstossen worden
sein, so muss Ihnen überlassen bleiben, diejenigen Dienststellen,
bei denen Kaufgeschäfte der von Ihnen erwähnten Art abge-
schlossen sind, den Königlichen Eisenbahndirektionen zur weiteren
Veranlassung namhaft zu machen.
Ich stelle anheim, den Mitunterzeichnern der Eingabe von
diesem Bescheide Kenntnis zu geben.

K. B. Kriegs-
ministerium.

München, 16. Februar 1907.

Auf die an Seine Exzellenz den Herrn Kriegsminister gerichtete
Eingabe vom 25. 1. 07 wird ergebenst erwidert, dass der Hausier-
handel jeder Art in den Kasernen im allgemeinen verboten ist.
Eine Anordnung, dass die Mannschaften Reisende, die ihnen
ausserhalb der Kaserne Waren anbieten, grundsätzlich abzu-

weisen haben, kann nicht getroffen werden.
Im übrigen wurde den Generalkommandos Kenntnis von Ihrer
Vorstellung gegeben.
Es wird Ihnen anheimgestellt, die Vertreter der übrigen Ver-
bände, die das Schreiben an Seine Exzellenz mit unterzeichnet
haben, von dem Vorstehenden zu unterrichten.

Aus den Zuschriften der betr. Ministerien ist zweifels-
ohne ersichtlich, dass diese sehr gern bereit sind, gegen
derartige Übergriffe einzuschreiten, wenn sie ihnen bekannt
gegeben, d. h. wenn Verkäufer und Käufer ihnen namhaft
gemacht werden. Wir haben diese Antwort bereits bei
Absendung der Eingaben vorausgesehen, waren aber äusser
Stande, sie zu vermeiden, da die uns zugehenden Klagen
stets ohne Beweismaterial gemacht werden und solches
auch auf unsere Aufforderung hin nicht zu erlangen ist.
Jedenfalls haben die vereinigten Verbände ihre Schuldig-
keit getan und unsere Beschwerdeführer es sich selbst
zuzuschreiben, wenn unsere Eingaben nichts weiter als den
guten Willen der Ministerien gezeitigt haben.

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