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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 25
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Kleine Mitteilungen des Journal der Goldschmiedekunst
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0209

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Zu unseren Abbildungen.
Nirgends auf der Erde werden bekanntlich so viel Brillanten
getragen, wie in Amerika. Der amerikanische Brillantschmuck
ist indes mehr in seinem Reichtum, als in der Ästhetik seiner
Formen und Motive hervorragend. Die von uns in heutiger
Nummer abgebildeten Medaillon-Gehäuse amerikanischen Ur-
sprunges vereinigen jedoch einmal beides, Reichtum und Formen-
schönheit bezw. Originalität. Die bei aller Einfachheit sinnige
Anordnung der Brillanten ist vielleicht auch gelegentlich für
einen deutschen Juwelier vorbildlich und darum wohl der Wieder-
gabe im Bilde wert.
Ein Hochzeitsgeschenk, das in seiner Idee gewiss einzigartig ist,
führen wir unseren Lesern vor Augen. Es ist dieses ein Tinten-
fass, die minutiös genaue Nachbildung eines Geschäftshauses in
Cöln am Rhein. Das Kunstwerk ist in Silber ausgeführt und
stellt selbstredend reinste Handarbeit dar bis in die kleinsten
Details. Durch die verschiedene Behandlung des Metalles ist
eine prächtige Farbenwirkung erzielt worden. Die am Original
aus Stein ausgeführten Teile des Hauses sehen wir an dem Gerät
vergoldet, sämtliche Eisenteile in dunkel oxydiertem Silber. Die
Scheiben der Fenster, Türen und des geschweiften Mitteldaches
sind durch poliertes Silber täuschend nachgeahmt. In den Schau-
fenstern fehlen selbst die Ausstellungsgegenstände nicht, die sich
dadurch, dass der Künstler sie mattweiss gehalten hat, wirkungs-
voll abheben. Die Balustrade über dem Mitteldache schliesst
das Unterteil ab. Das Obergeschoss bildet mit dem Dache den
Deckel. Nach Zurückschlagen desselben werden die eigentlichen
Tintengefässe sichtbar. Der ganze Metallaufbau ruht auf einem
Sockel von Serpentin. Ein passenderes Fundament wie dieses
dunkle Grün hätte man wohl schwerlich finden können. Das
auf dem Sockel angebrachte Schild mit der Widmung ist durch
das emaillierte Cölner Wappen dekoriert und wirkt in seiner
antiken Goldfarbe gediegen und vornehm.
Dem ausführenden Künstler, Goldschmiedemeister Franz
Wüsten, Cöln, Hunnenrücken, wird es an Anerkennung beim
kunstliebenden Publikum, das Gelegenheit hat, das prächtige
Kunstwerk zu sehen, nicht fehlen.
Aus dem in Kürze erscheinenden Leitfaden Robert Neubert’s,
„Der praktische Graveur“, führen wir heute einmal eins von den
zahlreichen Beispielen in demselben an, einen äusserst harmonisch
aufgebauten Namenszug des Königs von Sachsen. Es ist eine
von den vielen Proben der Meisterschaft im Monogramm-
zeichnen des mit Recht allgemein geschätzten Graveurs und
Fachschriftstellers Neubert, dessen neues Monogramm-Album
(Verlag von Herrn. Schlag Nachf. in Leipzig) als das beste seiner
Art gilt.

Kunstgewerbliches.
Hochaltar der St. Ursula-Kirche. Die Ausführung der in
Nummer 24 unserer Zeitschrift besprochenen vergoldeten Platten
für den Hochaltar der St. Ursulakirche in Köln sind dem Goldschmiede-
meister Franz Wüsten in Köln, Hunnenrücken, übertragen worden.

Ein Goldhehler vor der Strafkammer
Karlsruhe.
(Originalbericht unseres Spezialkorrespondenten.) '
Eine zweitägige Sitzung der Strafkammer Karlsruhe beschäftigte
sich am 3. und 4. Juni damit, einen gewerbs- und gewohnheits-
mässigen Hehler von Edelmetallen abzuurteilen, dessen Wirkungs-
gebiet sich auf ganz Süddeutschland, vielleicht auch selbst auf
Norddeutschland erstreckte und eine Fülle bemerkenswerten Materials
für uns deutsche Goldschmiede lieferte.
Angeklagt war der am 26. Juli 1848 zu Winterbach (O.-A. Schorn-
dorf bei Schwäb.- Gmünd) geborene Goldwarenhändler Adolf Lutz,
der zuletzt in Stuttgart ein kleineres Goldwarenlädchen hatte und
nebenbei reiste. Ihm wurde zur Last gelegt, dass er in den letzten
fünf Jahren vor seiner Verhaftung gestohlenes und gehehltes Edel-
metall im Werte von mehreren tausend Mark in allen möglichen
Formen von einer grossen Anzahl von Dieben und Hehlern weit
unter dem wirklichen Werte angekauft habe, obwohl er wusste oder
doch den Umständen nach annehmen musste, dass die Verkäufer
dieses Edelmetall auf strafbare Weise erlangt hatten.
Die Aufdeckung dieses weitverzweigten Verbrechens geschah
durch eine im Mai 1906 bei der Kriminalpolizei Pforzheim einge-
laufene Anzeige, wonach der Fässer Gottlieb Friedrich Kiefer aus
Ottenhausen (bei Pforzheim) durch Vermittelung des Dosenmachers
Alb. Aug. Blöser aus Kieselbronn (Amt Pforzheim) dem obengenannten
Angeklagten drei schwere 14karät. Panzerketten im Werte von zirka
150 Mk. für 80 Mk. verkauft habe und die gegen Kiefer erhobene
Anklage bestätigte diese Tatsache. Kiefer wollte diese Ketten nebst
weiteren 3 Ketten, deren Wert 230 Mk. betrug, von dem „grossen
Unbekannten“ in einer Pforzheimer Wirtschaft für 14 Mk. (!!) er-
standen haben. Kiefer wurde damals zu 3 Monaten, Blöser zu 2
Monaten Gefängnis verurteilt. Auf diese Grundlage gestützt, wurde
deshalb Lutz in Stuttgart verhaftet in der Annahme, dass man es
hier mit einem langjährigen, gewerbsmässigen Hehler zu tun habe,
was auch die eifrigen Erhebungen der Untersuchungsbehörde be-
stätigten. Bei der in der Behausung des Angeklagten vorgenommenen
Haussuchung wurden denn auch für, niedrig geschätzt, 5805 Mk.
fertige Waren, für 3174 Mk. Halbfabrikate und Rohwaren beschlag-
nahmt und befanden sich namentlich unter letzteren Dessinbleche,
Scharniere etc., die auf die Herkunft aus einem Grossbetriebe schliessen
liessen. Der Angeklagte konnte sich auch nicht über deren Herkunft
ausweisen, weshalb er in Untersuchung genommen wurde. Da nun
solche Erhebungen selbst bei den damit betrauten Beamten und
Richtern eine gewisse Fachkenntnis voraussetzen, so wurde die
Strafbehörde zu Pforzheim angerufen und die Überführung des
Angeschuldigten dorthin veranlasst, weshalb er auch vor der Straf-
kammer Karlsruhe und nicht vor der Strafkammer Stuttgart zur
Aburteilung kam.
Die zirka dreizehnmonatliche Untersuchung führte dann auch noch
zu dem Ergebnis, dass der Beschuldigte während der Zeit vom
19. Januar 1900 bis zum Mai des Jahres 1906 an 8 verschiedenen
Scheideanstalten in Pforzheim, Gmünd, Stuttgart und München zirka
70—75 Gold- und Silberplanschen im Werte von 19622,60 Mk. ab-

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