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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 45
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Lehnert, Georg: Der Verkäufer im Kunstgewerbe
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0371

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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.

Der Verkäufer im Kunstgewerbe.
Aus einem Referat von Dr. Georg Lehnert, Berlin.

Es scheint, dass die gewaltige Steigerung des kunst-
gewerblichen Handels nicht gleichzeitig zu einer genügen-
den Vermehrung geschulter kaufmännischer Kräfte im
Bereiche des Kunstgewerbes geführt hat. Insbesondere
wachsen die Klagen über unzulängliches Wissen der im
Kunstgewerbe tätigen Verkäufer, sowohl der männlichen
wie der weiblichen Verkäufer. Ganz besonders empfindlich
bemerkt man Mängel an technischem Wissen und an Ge-
schmacksbildung.
Der Verkäufer im offenen Geschäfte, im Laden, ist

gewerblichen Produktion die Möglichkeit, erfreuliches zu
schaffen. Vom Preise hängt die Frage, ob etwas Gutes
oder etwas Schlechtes geliefert werden soll, durchaus
nicht ab, wenigsten nicht in dem vielfach behaupteten
grosse Masse. Man kann auch billige Ware geschmack-
voll gestalten.
Das technische Wissen unserer im offenen Geschäfte
tätigen kunstgewerblichen Verkäufer ist häufig gering. Es
gibt manchen, der nie in eine richtige Werkstatt hinein-
gesehen hat, und es gibt noch viel mehr, die nie einen

NEUE MEDAILLEN UND PLAKETTEN VON WILH. MAYER & ERZ. WILHELM IN STUTTGART.


der wichtigste für unser Kunstgewerbe. Er steht in
Fühlung mit dem Käufer, er beeinflusst ihn. Die über-
wiegende Mehrheit des Publikums ist unsicher in ihrem
Geschmack, sie will gelenkt sein, sie will hören, worauf
es ankommt in einem Stück, sie will sich nächst Preis
und Güte nach den kunstgewerblichen Vorzügen ent-
scheiden, die die Ware aufweist.
Besitzt der Verkäufer eine gewisse Grundlage tech-
nischen Wissens, so wird er nicht nur das Publikum gut
bedienen, sondern dem ganzen Kunstgewerbe nützen. Denn
wer so viel vom Material und seiner Verwendungs-
möglichkeit weiss, dass er dem Material nicht, wie das
so oft geschieht, alles mögliche andichtet, und wer von
gutem Geschmack geleitet auch nur geschmackvolle
Arbeiten einkauft und verkauft, der leitet ganz von selbst
das Publikum zum Guten und gibt damit unserer kunst-

regelrechten Betrieb kennen gelernt haben. Diese Mög-
lichkeit muss ihnen erschlossen werden, sie müssen das
Material und seine Arbeitsweise wenigstens in grossen
Zügen erfassen können. Diese Möglichkeit findet sich
wenn man nur will, während der Lehrzeit ohne allzu grosse
Schwierigkeiten und sie findet sich, oft noch viel leichter,
während der späteren Jahre. Aber sie muss gesucht und
sie muss ausgenutzt werden; der Verkäufer muss vor allen
Dingen merken, dass man Wert darauf legt. Aus der
technischen Grundlage heraus, und sei sie auch bescheiden,
entwickelt sich von selbst ein gesunder Geschmack. Diesen
gehörig zu leiten und weiter zu bilden, ist ebenso Aufgabe
der Lehrjahre wie der späteren Jahre. Auch dazu ist, wenn
man nur will, die Gelegenheit zu finden. Aber, nochmals
sei betont: wenn die Gelegenheit benutzt werden soll, dann
muss zu erkennen sein, dass darauf Wert gelegt wird.

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