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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 9
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Webel, Oskar: Unsere Industrie in Pforzheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0083

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Journal der Goldschmiedekunst

Amtliches Organ des Verbandes Deutscher
der Goldschmiede-Innungen zu BERLIN, BRAUNSCHWEIG,
KOLBERG, LEIPZIG, LIEGNITZ und SCHWEIDNITZ, der
der Goldschmiede-Werkgenossenschaft BERLIN (E.G.m.b.H.),
GÖRLITZ u. STETTIN und der Vereine der Juweliere, Gold-u.
und WESTFALEN, KÖLN, MÜNCHEN, WIESBADEN,



23. Februar 1907.

28
Jahrgang

:: :: Erscheint jeden Sonnabend
in zwei sich abwechselnden Ausgaben.

3uweliere, Gold- und Silberschmiede,
CHEMNITZ, GERA-ALTENBURG, GLEIWITZ, GLOGAU,
Innung pfälz. Gold- u. Silberarbeiter (Sitz : NEUSTADT a. H.),
der Freien Vereinigungen der Gold- und Silberschmiede zu
Silberschmiede von BADEN, WÜRTTEMBERG, RHEINLAND
WÜRZBURG und des Regierungsbezirks FRANKFURT a. 0.
LEIPZIG, Reichssfrasse 18-20


Nachdruck aller Artikel ohne Genehmigung der Redaktion ist verboten.

Unsere Industrie in Pforzheim.

Bei Gelegenheit eines kürzlichen Besuches der Metro-
pole der Gold- und Silberwaren-Industrie habe ich während
eines mehrtägigen Studiums einen Einblick in die bestehen-
den Verhältnisse erlangt, der allerdings nur ein flüchtiger
sein konnte, nichtsdestoweniger aber angetan war, mich
mit Bewunderung für die „Goldstadt“ Pforzheim zu er-
füllen. Wem es, wie mir, geboten wird, in den unter-
schiedlichen Betrieben dieser hervorragenden Heimstätte
deutschen Gewerbefleisses Umschau zu halten und wem

Es ist selbstverständlich, dass diese einflussreiche Bijou-
terie-Industrie sowohl der Stadt ihr Gepräge, als auch
deren Bewohnern die Lebensanschauung verleiht. Letztere
ist in auffallender Masse verschieden von einer solchen,
wie man sie meist in ähnlichen kleineren Städten Deutsch-
lands findet. Die Bewohner Pforzheims sind frei von
jedem Spiessbürgertum, ihr Auge folgt den Erzeugnissen
ihrer Heimat oft in weite Ferne, übers Meer hinaus und
erweitert so den Blick. Ihr Horizont ist nicht von den

dabei genügende Erfahrung in der Branche oder ein kun-

Höhen des Schwarzwaldes umgrenzt, ihr Denken und

diger Führer zur Seite stand, der
wird mit ganz anderen Augen, als er
einzog, die bescheidene Stadt an der
Enz betrachten, wenn ihn das schnau-
fende Dampfross wieder in die Ferne
führt.
Vor genau 140 Jahren haben die
drei Schweizer Autran, Christin und
Viala unter der Protektion und mit
Hilfe der finanziellen Unterstützung
des Markgrafen Karl Friedrich in ei-
ner Uhrenfabrik den Grundstein zu
der heutigen Industrie gelegt. Die
Uhrenfabrikation wurde schon sehr
bald von dem Überhandnehmen der
Schmuckwaren-Erzeugung verdrängt
und ging im Jahre 1807 gänzlich
ein. Seitdem hat die Bijouterie-In-
dustrie hier immermehr Wurzel ge-
fasst und ständig sich in einer durch-
aus gesunden Weise verbreitet, so
dass sie heute die tonangebende der
ganzen Welt geworden ist und weder
an Umfang, noch an Bedeutung von
der irgend eines anderen Platzes des
In- und Auslandes übertroffen wird.


M. Paul Christofle f
(Siehe den Artikel hierzu).

Handeln nicht an die Scholle ge-
fesselt, weshalb der Pforzheimer bei
aller echt schwäbischer und treuer
Heimatsliebe ständig bestrebt ist, sei-
nen Wirkungskreis über die Gemar-
kung seiner Vaterstadt und seines
Vaterlandes hinaus zu erstrecken.
Dieses weitblickende Streben der
Pforzheimer tritt in mancherlei Be-
ziehung zu Tage. Einmal in seiner
Unternehmungsfreudigkeit, die mit
sicherem Wagemut nicht nur an das
deutsche, sondern auch an das Ex-
portgeschäft herantritt, ferner in der
Unermüdlichkeit bei der Schaffung
von Neuheiten und schliesslich wohl
auch in der Übernahme oftmals gro-
sser Risiken den Abnehmern gegen-
über. Dieses Streben und der über-
all wahrnehmbare Fleiss hat aber
auch eine Grundlage, ohne die beide
nimmermehr die Erfolge errungen
haben würden, auf die heute Pforz-
heim mit Stolz zu blicken alle Ur-
sache hat. Diese Grundlage ist das
Vertrauen, jenes Vertrauen, was der

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