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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 47
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Neubert, Robert: Das Gravieren von Schriften
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Offener Sprechsaal
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0393

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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.

dieser Text (z. B. grosser Spruch in kleines Gedenkbuch) nicht
auf diesen Raum, so soll er nur versuchen, in dieser gut-
leserlichen, klaren Schrift zu gravieren, und er wird finden,
dass er noch vielmehr, noch über doppelt so viel Schrift
auf diesen Raum bringt, ohne zu kürzen, was nicht immer
geschmackvoll aussieht. In „grösserer Form“ lässt sich
dieselbe mittels Boltstichels oder Flachstichels einfach
tremblieren, auch kann man noch einen Schattenglanzstich
auf der rechten Seite anbringen, was sich sehr vorteilhaft
von dem tremblierten Buchstaben abhebt.
An die Zeiten unserer Grossmütter und Grossväter
erinnert die jetzt wieder in Aufnahme gekommene und
Mode gewordene Biedermeierschrift (Fig. 10).
Die vorstehende, ungemein gefällige Schrift ist nicht so
leicht zu gravieren, als man auf den ersten Blick meinb
Es ist auch bei dieser wie bei der Rundschrift der Charakter,

um die schlichte einfache Form der Linie zu wahren, denn
jeder unnütze Schwung, jedes Zuviel eines einfachen Häk-
chens oder Bogens würde dieser Schrift ebenfalls zu
grosse Ähnlichkeit mit der lateinischen Schreibschrift ver-


Fig. 10.
leihen, oder mit der römischen, oder mit der Rundschrift,
denn es ist so ein Mittelding. Ruhig, einfach und be-
stimmt ist jeder Zug. Gleich der Rundschrift ist diese
Schrift mit dem etwas dicken Facettenstichel, oder der
Druck mit dem glanzgeschliffenen Flachstichel zu stechen.
Über die Steilschrift in nächster Nummer.


OFFENER 5FRECH5AAL.


In dieser Rubrik räumen wir unseren geschätzten Abonnenten das Recht einer freien Meinungsäusserung ein , das wir so lange nicht einzuschränken
beabsichtigen, als die Auslassungen nicht gegen das Gesetz und die gute Sitte verstossen. Auf der andern Seite lehnen wir aber auch ein für allemal
jede Verantwortung für den Inhalt der Einsendung ab. Die Redaktion.

I. Über das Missverhältnis der
versilberten
Nachdem wir in Nr. 45 unserer Zeitschrift „Journal
der Goldschmiedekunst“ ausführlich die Gründe dargelegt
gefunden haben, die das gewaltige Fallen des Silber-
preises bewirkt haben, erübrigt sich noch, einige Wir-
kungen dieses Silbersturzes zu besprechen, die namentlich
ein ganz besonderes Interesse für die Juweliere und ver-
wandte Branchen haben. Im September des Jahres 1890
wurde das Feinsilber in Hamburg mit M. 162.— p. Ko.
notiert und fiel darauf ständig, so dass es im November
1902 mit nur noch M. 64.— p. Ko. gehandelt wurde, das
macht also auf ein einziges Kilo M. 98.— weniger. Die
Fabrikanten der ersten silbernen Bestecke waren ja durch
das ständige Fallen des Silberpreises gezwungen, mit den
Preisen der Bestecke herunter zu gehen, zumal die echten
Bestecke ja zum Tageskurse zuzüglich Fagonpreis offeriert
wurden.
Es ist aber nun eine auffallende Erscheinung, dass
trotz des gewaltigen Silbersturzes (Feinsilber kostet heute
auch nur noch M. 83.— p. Ko.) die Fabrikanten der ver-
silberten Bestecke nicht mit den Preisen heruntergegangen
sind, obschon das auf den Bestecken befindliche Silber,
namentlich bei den 90 Gr.-Bestecken, einen sehr erheblichen
Bruchteil des Preises ausmacht. Es ist ja allgemein bekannt,
dass die Versilberung von 90, 60 und 40 Gr. sich stets
auf 2 Dutzend Stück versteht, also auf 12 Löffel und 12
Gabeln, wie das in den Katalogen einiger Fabrikanten ja auch
ausdrücklich verzeichnet ist, andere Fabrikanten bezeichnen
dieses durch eine Klammer, welche Löffel und Gabel um-
spannt. Diese Klammer bedeutet also, dass auf diese
12 Löffel und 12 Gabeln zusammen 90 resp. 60 oder 40 Gr.

Preise von echt silbernen und
Bestecken.
Silber kommen. Es gibt keinen einzigen Fabrikanten,
weder Christofle, noch Berndorf, noch Württemberg und
wie sie alle heissen mögen, die 90 resp. 60 oder 40 Gr.
auf 12 Stück machen, diese Gramme verstehen sich stets
auf 24 Stück. Dieses kommt daher, dass die galvanische
Versilberung von England und Frankreich nach Deutschland
gekommen ist und dürfte die Firma Christofle & Cie. wohl
die erste gewesen sein, die versilberte Bestecke zuerst in
grösserem Masse hier eingeführt hat. Diese Firma hatte
ja früher ihren alleinigen Sitz in Paris, die Franzosen aber
sowohl als auch die Engländer rechnen stets nur mit 1 Dtzd.
„Couvert“, das sind also 12 Esslöffel und 12 Essgabeln
zusammen, und auf diese 24 Stück kommen dann 90 etc.
Gramm Silber, resp. auf 1 Dutzend 45 Gr. etc. Es ist ja
bei den Herren Kollegen vielfach die Ansicht verbreitet,
dass 90, 60 und 40 Gramm sich auf 12 Stück verstände;
das ist aber ein Irrtum, diese Gramme verstehen sich stets
auf 24 Stück, auch wenn von einzelnen Fabrikanten oder
Reisenden das Gegenteil behauptet werden sollte. Wie
sollte der Fabrikant denn auch mit seiner Kalkulation
auskommen, wenn er 90, 60 oder 40 Gramm Silber auf
12 Stück machen will, ganz abgesehen davon, dass ein
derartig starker Silberniederschlag ganz gewaltige Schwie-
rigkeiten macht, die Bestecke würden dann bei 90 Gramm
Silber auf 12 Stück so runzelig, dass sie nicht mehr zu
polieren wären. Frage jeder der Herren Kollegen mal
bei seinem Lieferanten versilberter Bestecke an, ob sich
z. B. 90 Gramm Versilberung auf 12 oder 24 Stück ver-
stünden. Das Resultat wird sein, dass endlich mal die
Wahrheit ans Licht kommt, denn kein einziger Fabrikant

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