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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 51
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Wohin kann die gegenwärtige "Geldknappheit" führen?
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Joseph, Friedrich: Zum Feingehaltsgesetz für Platinschmuck
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0416

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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST.

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auch nicht für ewige Zeiten, aber jedenfalls nicht bloss
für einige Jahre eine Geldknappheit, sondern für lange
Perioden eine günstigere Situation für das Kapital eintritt“.*)
Danach werden einige Wenige durch den Kurssturz
der Staatspapiere Vermögensverluste erleiden, die steigende
Wirtschaft wird aber wahrscheinlich derartig hohe Erträge
erzielen, dass sowohl die Waren produzierenden Stände,
wie auch die Arbeiter einen Vorteil davon haben, denn
die Arbeiter werden ebenso gesucht sein, wie das Kapital.
Der Besitzer von Staatspapieren wird gedrängt werden,
einen Teil seines Kapitals der Produktion zur Verfügung
zu stellen und durch dessen Erträgnisse die Kursdifferenz
ausgeglichen erhalten.
Die sich immermehr steigernde Wirtschaftsentwickelung
wird eine ganz bedeutende Reichtumssteigerung zur Folge
haben, an der auch kleinere Kapitalisten werden teilnehmen
können, da auch kleinere Kreditinstitute in der Lage sein
werden, für kleinere Einlagen und kurze Fristen höhere
Zinsen zu gewähren.
Die Bankkrache in Amerika sind jedenfalls keineswegs

die Ursachen der bestehenden Geldknappheit, sondern nur
eine Erscheinung derselben, und zwar mehr lokaler Natur,
an der nur jene Kreise beteiligt sind, die einer masslosen
Überspekulation gehuldigt haben. Der Einfluss dieser
Erscheinung ist auf die Gesamtlage von untergeordneter
Bedeutung und wird auch mehr in England als bei uns
empfunden.
Entgegen der Ansicht sozialistischer Zukunftsmaler, die
uns die wirtschaftlichen Aussichten in unheimlich düsteren
Farben schildern, wolle man sich an der begründeten
Zuversicht aufrichten, dass die „Geldknappheit“ dazu an-
getan ist, eine Gesundung unserer ganzen wirtschaftlichen
Verhältnisse und damit auch die der sozialen herbeizu-
führen. Die Lösung der sozialen Frage liegt darin, dass
es gelingt, die breiten Massen des Volkes zu wirklichen
Kapitalisten zu machen und dies ist bei einem hohen
Zinsfuss eher möglich, als bei einem niedrigen.
Aber man hüte sich vor nervösen Griffen in die Ent-
wickelung des Geldmarktes, man handle ruhig und sicher,
und lasse im übrigen den Verhältnissen ihren Lauf!

Zum Feingehaltsgesetz für Platinschmuck.

Obgleich es allerdings noch kein Platin-Feingehalts-
gesetz gibt, so wird man mir doch beipflichten müssen,
das, was nicht ist, noch werden kann; und liegt, wenn
alle Anzeichen nicht trügen, schon etwas derartiges in der
Luft. Und warum sollte ein Platin-Feingehaltsgesetz auch
nicht kommen, es ist ja genau so ein Edelmetall wie Gold
und Silber, wenn es auch mit ersterem in Farbenprächtig-
keit nicht rivalisieren kann, dafür besitzt es aber den un-
bedingten Vorzug des Widerstandes gegen alle atmo-
sphärischen Einflüsse, und die letzten Jahrzehnte haben uns
trotz des mitunter hohen Platinpreises gezeigt, dass sich
dieses Edelmetall immer mehr in der Schmuckindustrie
einführt.
„Aber warum haben wir denn noch kein Feingehalts-
gesetz?“ wird man fragen und die Beantwortung dieser
Frage ist ja eine sehr leichte. In den letzten Jahrzehnten
kannte man wohl das Platin, man wusste dasselbe auch
in seiner Verwendbarkeit und in seinen verschiedenen
Eigenschaften zu schätzen; aber man kannte auch sehr
wohl seine Eigentümlichkeiten, und die Kenntnis dieses
Metalles war noch zu neu, um allen denselben begegnen
zu können.
Die Schwerflüssigkeit des Platins war wohl eine der
hinderlichsten Eigenschaften desselben, denn man brauchte
eigens hierzu konstruierte Schmelz^eräfe und Schmelz-
einrichtungen, um den hohen Hitzegrad von 1738—17750
Celsius zu erreichen. Auch hier ist mit der Zeit Wandel
geschaffen worden; heute sehen wir Spezialfabriken, die
sich mit dem Platinschmelzen beschäftigen, um das Roh-
material in allen nötigen und gebräuchlichen Formen zu
) Prof. Dr. Ad. v. Wenkstern in „Das teure Geld“.

liefern. Von der stabilen Schmelzeinrichtung sind wir in
letzter Zeit durch die Konstruktion der transportablen
Lötgeräte und Schmelzeinrichtungen des Herrn R. Berton
in Genf und der Sauerstoff-Gesellschaft, G. m. b. H., in
Berlin wieder um einen Schritt vorwärts gekommen. Auf
der andern Seite hat man auch bei diesem Metall (wie
bei allen anderen) herausgefunden, dass sich dessen
Schmelztemperatur durch Zusatz anderer Metalle oft um
ein ganz Bedeutendes herabmindern lässt, und es wird
der Zukunft vorbehalten bleiben, hier noch grosse Erfolge
zu verzeichnen.
Eine weitere Schwierigkeit bot das Polieren und
Glanzschneiden dieses Edelmetalles, da dasselbe im all-
gemeinen sehr „mager“ war und demzufolge kein
eleganter SchwarzgXznz entstand. Auch diesem Übelstand
ist die Technik zu Leibe gerückt und hat durch Terpentin-
präparate diese Lücke auszufüllen gesucht. Wo früher
das bleigraue Aussehen des Platins noch dessen Beliebt-
heit beschränkte, sehen wir heute dieselbe tiefschwarze
Politur und denselben tiefschwarzen Glanzschnitt wie
beim Silber, denselben Glanz wie beim Gold.
Den technischen Schwierigkeiten in obiger Beziehung
ist man also begegnet und wird in der Folge auch noch
recht viele Erfahrungen zu verwerten suchen. Demgegen-
über kennt man aber auch die ungeheuren Vorteile des Pla-
tins, dass es sich im glühenden bezw. flüssigen Zustand ohne
jegliches Hilfs- und Lötmittel Schweissen lässt, dass es
sich überaus gut bearbeiten lässt, durch Walzen, Hämmern,
Ziehen usw., ebenso kennt man dessen innige Verbin-
dungen mit anderen Metallen und nicht zu vergessen
dessen ausserordentliche Luftbeständigkeit und Säure-
widerstand.

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