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Journal der Goldschmiedekunst: ill. Fachzeitschr. für Juweliere, Gold- u. Silberschmiede u. d. Bijouterie-Industrie ; Zentralorgan für d. Interessen dt. Juweliere, Gold- u. Silberschmiede .. — 28.1907

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Nr. 47
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Der Grossistenstand und seine Aufgabe / Aus der Werkstatt
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https://doi.org/10.11588/diglit.55853#0396

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JOURNAL DER GOLDSCHMIEDEKUNST

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Der Grossistenstand und seine Aufgabe.

Auf einem Vortragsabend des Verbandes der Qrosskaufleute
zu Magdeburg sprach vor kurzem der Kaufmann und Handels-
richter Eduard Baensch, Inhaber des renommierten Engros-
geschäftes gleichen Namens über „Die Notwendigkeit des Engros-
Zwischenhandels“, und zwar in einer trefflichen Weise, die die
weiteste Verbreitung verdient. :
Herr Baensch gab zunächst eine ausführliche Begriffsbe-
stimmung des „Engros-Zwischenhandels“ und teilte mit, dass seine
Ausführungen die Antworten bilden sollten auf 3 Fragen: 1. Ist
der Engros-Zwischenhandel eine Notwendigheit? 2. Welche
Schäden bestehen im Engros-Zwischenhandel? 3. Welche Mass-
regeln sind für deren Beseitigung zu ergreifen? ;
Ist der Engros-Handel eine Notwendigkeit? Zur ersten
Frage wandte sich der Vortragende zunächst zu dem Gesichts-’
punkte, dass noch immer der alte Streit darüber nicht verstummt
wäre, ob der Handel „produktiv“ sei oder nicht Diese Frage
müsse entschieden bejaht werden. Wirtschaftlich produktiv sei
der Handel dadurch, dass er die Ware von den Orten über-
wiegender Produktion nach den Orten überwiegenden Bedarfes
schaffe. Er ermögliche es, dass Zeit und Geld gespart werde.
Er nehme dem Erzeuger die Waren in grösseren Mengen ab, um
sie dann allmählich dem Konsum in kleineren Mengen anzubieten
so wie sie von diesem gefordert werden. Alt sei ferner die
Frage, ob der Handel das Produkt verteuere? Die Gegenwart
biete Beispiele von Bestrebungen, darauf gerichtet, den Engros-
Handel auszuschalten. Man glaubt, ihn dadurch ersetzen zu
können, dass Handlungsreisende unmittelbar zwischen Produ-
zenten und Detaillisten resp. zwischen Fabrikanten, Handwerkern
und Konsumenten den Verkehr vermitteln. Dabei muss aber der
Fabrikant eine grosse Reihe von Unkosten auf sich nehmen, die
sonst der Grosskaufmann getragen hat. Er muss doch den grossen
geschäftlichen Apparat, den heute der Zwischenhandel organisiert
und eingerichtet hat, selbst übernehmen. Sein Betriebskapital
müsste er gleichfalls bedeutend vergrössern, um seinen Ab-
nehmern in weitgehendster Weise Kredit gewähren zu können.
Der Detaillist würde auch zu neuen Massnahmen veranlasst; er
müsste ein wesentlich grösseres Warenlager unterhalten. Die
endgültige Folge würde sein, dass die mittleren und kleineren
Detailgeschäfte wahrscheinlich ganz verschwinden und an ihre
Stelle grosse Verkaufs- und Warenhäuser treten. Also auch der
Staat würde benachteiligt, denn nach alledem würde ein grosser
Teil unseres soliden, mittleren Bürgerstandes, eine der starken
Säulen unseres Staatslebens, zugrunde gehen.
Herr Baensch schilderte nun an einem praktischen Beispiel die
nachteiligen Folgen, die mit den auf die Ausschaltung des Engros-
Handels gerichteten Bestrebungen verbunden sind. Neben Ver-
vollkommnung in der Fabrikation gehe immer weitere Speziali-
sierung in der Herstellung der Waren her. Um seine Waren
zusammenzustellen, könne sich der Detaillist doch nicht an viele
einzelne Spezialfabriken wenden. So ergebe sich auch hieraus

^wieder die Antwort, der Grosshandel sei ein unentbehrliches,
^notwendiges Bindeglied zwischen Fabrikation und Kleinhandel.
Der Redner ging nun auf die zweite Frage ein:
Welche Schattenseiten sind im Grosshandel vorhanden ?
Lieferanten wie Detaillisten schlössen sich seit Jahren immer mehr
zusammen, eine Tatsache, die dem Grosshandel bedeutenden
Schaden zufüge. Mit ihren Syndikaten und Ringen, Bezugs- und
Absatz-Genossenschaften stehe die Produktion, mit seinen
jj Konsum- und Wirtschaftsvereinen der Kleinhandel dem Engros-
Zwischenhandel geschlossen gegenüber. Wenn sich in den Ein-
kaufsgenossenschaften nur zahlungsfähige Mitglieder zusammen-
| schliessen, dann werde je länger desto mehr dem Grosshandel
M," die wirklich gute Kundschaft entzogen und es bleiben nur die
kapitalschwachen Abnehmer übrig, die ihm durch ihren Zusammen-
Mbruch grosse Verluste bereiten. Dem zu entgehen, bedürfe der
Grosshandel des Rückgrates, das Lieferanten wie Detaillisten ge-
kräftigt, nämlich ebenfalls des Zusammenschlusses. Der Vor-
tragende ging bei diesem Punkte besonders auf die landwirt-
A schaftlichen Genossenschaften ein. Der Landwirtschaft sei ihr
einmütiges Zusammenhalten eine sehr grosse Hilfe gewesen. Auch
dem Handel sei von massgebender Stelle ein guter Rat in dieser
Richtung erteilt worden. Habe doch der frühere Handelsminister
Möller bei einer Begrüssung von Kaufleuten einst diesen zuge-
rufen: „Werden Sie eine Macht im politischen Leben, und Sie
werden ihre Wünsche durchsetzen!“ Diesem Rufe sei bis jetzt
nicht die nötige Beachtung geschenkt worden. Es sei zu be-
dauern, dass der Handelsstand so gering im Parlament vertreten sei.
Der Referent kam dann zur Beantwortung der dritten Frage.
Welche Mittel und Wege sind zur Gesundung und zum Schutz
des Engros-Handels einzuschlagen ? Der einzelne vermöge wenig
oder gar nichts zu erreichen; geschlossen müssten sämtliche
Grosshändler zusammenstehen, um schützend, wo sie angegriffen,
und sanierend und sondernd, wo Schäden vorhanden, vorzugehen.
Zwei Punkte sprängen nach dieser Richtung hin besonders in die
Augen, einmal:, nach Möglichkeit Konkurse in der Kundschaft zu
vermeiden, und hier müssten dem Grosskaufmann die Vertreter
helfen, die die engste persönliche Fühlung mit der Kundschaft
hätten. Zum andern sei es nötig, einheitliche Zahlungsbe-
dingungen zu schaffen u. a. m. Vor allem aber müsse der ge-
samte Handelsstand auf dem Platze sein, wo immer eins seiner
Glieder in Not gerate. Nur dann werde er in unserem heutigen
Staatswesen die Beachtung finden, die ihm zukommt, und nur so
werde er in der Lage sein, eine Besserung der Verhältnisse
durchzusetzen. Solidaritätsgefühl, Organisation, fester Zu-
sammenschluss zu gemeinsamer Förderung gemeinsamer Ziele,
das seien die Grundfesten des Erfolges. Nicht nur die finanzielle
Macht im Zwischenhandel allein werde durch die Ausschaltungs-
bestrebungen lahm gelegt, sondern es seien, was viel mehr be-
deute, die Arbeit und die geistigen Kräfte. Gemeinsame Arbeit
bedeute einen Segen für die Kultur und für das Gedeihen des
Vaterlandes.

Aus der Werkstatt.
Über Altmachen von Silbergegenständen durch
Lösungen.
Das Bestreben, den Silbersachen ein mehr antikes Aussehen
zu geben, wird immer stärker. Im allgemeinen nahm man eine
Lösung von Schwefelleber (Schwefelammonium) in lauwarmem
Wasser und tauchte hier die betreffenden Sachen so lange ein,
bis der gewünschte Ton erreicht war. Auch die Stärke der
Lösung wurde verschieden genommen.
Den gleichen Effekt kann man ebenfalls erreichen, wenn man

z. B. 128 g Schwefelblüte und 74 g ungelöschten Kalk mit etwa
V5 Liter Wasser übergiesst. Durch die Reaktion der Stoffe tritt
rasch eine Erhitzung und Verdickung der Masse ein, worauf man
diese wieder mit etwa St Liter heissem Wasser verdünnt und
die Lösung nun eine halbe Stunde lang kocht. Die so ent-
stehende Flüssigkeit wird alsdann sehr warm verwendet und
bildet die fertige Oxydationslösung. Will man eine bläulichgrüne
Farbe des Silbers erreichen, so setze man während dem Kochen
10 g graues Schwefelantimon oder 10 g Schwefelarsenik oder
auch die gleiche Menge Zinnober zu. Bei Zusatz von Schwefel-
antimon oder Zinnober geht die schöne blaugrüne Färbung
allmählich in ein schönes Graubraun über.

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