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Die Kunst-Halle — 2.1896/​1897

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Nummer 7
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Stahl, Fritz: Ein Verband der bildenden Künstler Deutschlands
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Die Ausbildung des Musterzeichners
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https://doi.org/10.11588/diglit.63305#0123

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Die K u n st - H a l l e

s05

Nr. 7

hier für ihn gezahlt wird. Er wird sogar in
regelmäßigen Auktionen mit Festsetzung eines an-
ständigen Alindestpreises die ärmsten seiner ehren-
haften Genossen retten können, denn ihm wird
das Publikum glauben, daß die ausgesuchten
Werke lange auch künstlerisch Todter, daß die
hingeschmierten „Wandmalereien" auch nicht ein-
mal die lächerlich geringen Lummen werth sind,
die man heute dafür zahlt.
Aber nicht nur das Publikum, sondern die
Künstler bedürfen der Aufklärung. Lchon von
den einfachsten Grundsätzen des Urheberrechts
haben sie fast ohne Ausnahme keine Ahnung.
Und wo sie wissen, daß ihre Rechte mißachtet
werden, wie das selbst durch staatliche Institute
geschieht, da hat der Einzelne nicht die Wacht
und nicht den Uluth, sie zu vertheidigen. Rechts-
belehrung und Rechtsschutz gehören zu den vor-
nehmsten Aufgaben des Perbandes. U)ie nach-
drucksvoll würden gewisse Ansprüche aus Kon-
kurrenzen, würden z. B. die Forderungen der
Illustratoren vertreten werden können, wenn eine
so impouirende Organisation hinter der Gruppe
der unmittelbar Betheiligten steht.
Der Verband würde vielleicht auch die ein-
zige Instanz sein, die würdige Bedingungen bei
Konkurrenzen durchsetzen, unwürdige festnageln
könnte. Lo daß nicht nur juristische, sondern
auch moralische Ansprüche gewahrt wären. Wenn
ein paar Exempel statuirt sind, werden die Aus-
schreibenden lieber vorher ein Gutachten einholen.
Für die weitere Zukunft ist an Wohlfahrts-
einrichtungen, an Versicherungs-und Unterstützungs-
kassen zu denken, die auch gerade sür Künstler
mit ihrem ungesicherten Einkommen sehr dringend
nothwendig sind.
Will man noch weiter hinaus denken? Die
kleinen Rivalitäten zwischen den Kunststädten, die
dadurch bedingte Zersplitterung unseres Aus-
stellungswesens, der Wangel einer Vertretung der
deutschen Kunst dem Ausland gegenüber, Alles
das sind noch Fragen, die wichtige gemeinsame
Interessen berühren, bei denen es auf Richtungen
und Lchulen nicht ankommt.
Wan sieht, die Verlegenheit würde eher
darin bestehen, die Aufgaben zu bewältigen, als
sie zu finden. Das ganze Feld der wirthschaft-
lichen Interessen des Künstlers liegt noch brach,
eine ungeheuere Arbeit ist zu verrichten. Eine
Arbeit, die dann aber nicht nur den Künstlern,
sondern auch der Kunst goldene Früchte tragen
muß. Es ist Zeit, einen Anfang zu machen,
und Niemand darf die Pflicht dem anderen zu-
fchieben: jeder ist der Nächste dazu.

Die
Ausbildung des Musterzeichners.
In der „Ztschr. f. Musterzeichner" (Nr. 2p erörtert
Herr Th. Martin die vielfach aufgeworfene, angesichts der
Ueberlegenheit des englischen Musterzeichners für uns
doppelt wichtige Frage der Ausbildung unserer jungen
Musterzeichner. Der Verfasser redet einer systematischen
künstlerischen Vorbildung, die neben der „Praxis"
herzulaufen hätte, kräftig das kvort. Schule und Praxis
sollen sich während der Lehrzeit ergänzen. „Die zu ge-
wärtigende Einrede, daß solche Anschauungen nicht durch-
führbar seien, lasse ich, weil keine triftigen Gründe dafür
zu erbringen sind, nicht gelten. Sehr wohl kann ein
Lehrling täglich einen halben Tag die Schule besuche»;
wäre das nicht möglich aus Mangel an Zeit im Atelier,
so wird damit nur zugegeben, daß der Lehrling eine
billige Arbeitskraft ist, die ausgenutzt werden muß. Also,
für den Musterzeichner die Anfänge künstlerischer Er-
ziehung sobald wie möglich.
„Auf jeden Fall aber besteht ein großer Unterschied
zwischen der Ausbildung eines Au nsthandwerkers und
eines Musterzeichners, und die Ansicht, daß die Art,
wie der Kunsthandwerker in der Aunstgewcrbeschule erzogen
wird, auch auf den Musterzeichner passe, halte ich für eine
völlig schiefe. Sehen wir zu, in was die Thätigkeit des
Kunsthandwerkers und Musterzeichners besteht. Der erstere
ist in erster Linie Handwerker, der der Kunst bedarf, um
sein Handwerk, das er ja selbst ausübt, in der Leistungs-
fähigkeit eben nach der Seite des Künstlerischen hin, zu
erhöhen. Für ihn ist also die erfinderische und zeichnerische
Fertigkeit, die er in der Schule erworben hat, lediglich
Mittel znm Zweck. Er entwirft und zeichnet also nicht
und hat damit seine Aufgabe erledigt, sondern das war
nur vorbereitendes Mittel für ihn, denn nun beginnt erst
seine wirkliche Fachthätigkeit, indem er die im Entwürfe
vorgeschriebene Form auch selbst hergestellt und bildet!
Das thut aber der künstlerisch gebildete Musterzeichner
nicht.
„Der ist wohl Entwerfer und Zeichner (darunter ver-
stehe ich auch Patroneure u. f. w.j, aber damit erschöpft
sich die Aufgabe des Zeichners und deswegen wird die
entwerfende bez. zeichnerische Thätigkeit für ihn nicht
mehr Mittel, sondern Zweck sein! kvohlgemerkt, für ihn,
nicht aber den Entwurf, der ja, weun er Selbstzweck, nicht
mehr streng genommen in das Gebiet des Kunsthandwerkes
oder der Kunstindustrie, sondern der Kunst einzureihen
wäre! Aus dein eben Gesagten crgiebt sich aber auch für
jeden Denkenden die selbstverständliche Thatsache, daß die
„handwerkliche" Vorbildung des Kunsthandwerkers eine
ganz andere und weit gründlichere, wie auch andauernde
zu sein hat, als wie die des Musterzeichners, kvarum?
tveil eben für jenen das Handwerk Zweck und die Kunst
Mittel ist. Für den Musterzeichner soll aber die Kunst
Zweck und Handwerk oder Industrie nur Mittel sein!
Betrachtet er dennoch dieses Mittel bereits als Zweck, nun,
daun ist er wohl auch „Handwerker", aber noch nicht
„Künstler". Der Musterzeichner ist also erst Künstler,
dann Handwerker, der Kunsthandwerker erst Handwerker,
dann Künstler! Gewiß soll jeder Musterzeichner wissen
„wie" seine Idee, sein Entwurf.auszuführen ist und da-
 
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