Erſcheint täglich außer Montag.
Abonnementspreis
für Heidelberg: monatlich 45 Pfg.
mit Trägerlohn, durch die Poſt
bezogen viertelj. 1 Mk. 40 Pfg.
Expedition Brunnengaſſe 24.
Heidelberger
jeidelberger Tageblat
General-Anzeiger.
Yeranlworllicher Redakteur Philipp Klausner.
Anzeigen: die 1-ſpaltige Petit-
zeile oder deren Raum 5 Pfg.,
für auswärts 10 Pfzg.
Bei mehrmaligem Erscheinen
Rabattbewilligung. '
Expedition Brunnengaſſe 24.
M 10.
Deutsches Reich.
Berlin, 9. Jan. In den Fraktionen des Ab-
geordnetenhauſes werden heute Abend und in den
folgenden Tagen die Berathungen über die Steuer-
vorlagen stattfinden. In allen Fraktionen ſcheinen
die Meinungen über wichtige Beſtandtheile dieser
Vorlagen noch aus einander zu gehen, und das
Schickſal der letzteren iſt augenblicklich noch ganz
unberechenbar. Die Berathung im Plenum wird
zu Anfang nächſter Woche beginnen und nach der
_ ersſten Lesung ohne Zweifel eine besondere Commiſ-
_ ion zur eingehenden Prüfung dieser ſchwierigen
_ Geſsetentwürfe eingesetzt werden.
Berlin, 11. Jan. Legationsrath Graf Herbert
Bismarck, der bekanntlich bisher erster Botſchafts-
sekretär in London war, iſt nach Petersburg ver-
sett worden. Derſelbe begibt sich Anfangs nächster
Woche dorthin, wird sich aber vorher zwei Tage
in Stuttgart aufhalten, um der Königin von Würt-
temberg ſeine Aufwartung zu machen. + Der ruf-
sische Botſchafter vu. Mohrenheim in London ist in
Montreux eingetroffen um ſich mit dem russischen
Miniſter des Auswärtigen Giers, zu besprechen.
Hamburg, 10. Juni. Der deutſche Dampfer
„Priuz Georg“ war auf der Fahrt von Parlermo
nach Philadelphia am 11. v. M., wie in Liverpool
eingelangte Briefe melden, in größter Gefahr zu
: kentern und mit seiner Beſatzung und den 100 Aus-
_ wandrerern, die er an Bord hatte unterzugehen. An
_ . dem genaynteu Tage. ergriff, bei furchtbar hohem
z tts;
das Deck durchſchlugen. Die Wellen brachen faſt
gleichzeitig die Schaufelräder, ſpülten 2 Matroſen
über Bord und das Schiff lag bald ganz hilflos
auf dem Wasser. Unter den Paſſagieren herrſchte
im Zwiſchendeck das größte Entsſeßgen und ein Mann
ſtarb in Folge der Angst. Zum Glück dauerte der
Sturm nicht lange; ruhiges Wetter trat ein, worauf
der „Prinz Georg“ die Weiterfahrt aufnahm und
am 18. Dez. nach mehr als vierwöchentlicher Fahrt
in Philadelphia eintraf. :
Ein Millionär.
HOriginal-Novelle von F. Klinck.
Fortsetzung.
„Frau Weigelt ?“ ; ‘
Das war Alles, was er über seine bleichen, feſt-
aufeinander gepreßten Lippen brachte.
„Sie kennen mich noch?“ entgegnete die Frau.
„Das iſt mir lieb, da bedarf es ja vorher keiner
Erörterungen.“ :
„Ach ja — ich erinnere mich! Sie waren einſt-“
„Ich sehe, Sie haben ein gutes Gedächtniß,
Herr Hochheimer,“ entgegnete sie, und um ihre dünnen,
ſchmalen Lippen zeigte sich ein höhniſches Lächeln.
„Nicht wahr, Sie ſind der Meinung gewesen,
für immer von mir befreit zu sein?
Herr Hochheimer hatte ſich wieder gefaßt.
War er doch heute ſchon mit Einem fertig geworden,
_ warum nicht auch mit dieſer + mit einem Weibe?
. YH„Sprechen Sie deutlicher,“ sagte der Kaufmann.
In feinen Augen funkelte und blitztte es.
„Sei es denn,“ entgegnete die Frau. „Wozu
_ a4uch bei uns die vielen Umſchweife, denn wenn Sie
Huch jett mir gegenüber eine hochfahrende Miene
_ anzunehmen belieben, einſt thaten Sie es nicht. Gut
_ alſo ich brauche Geld.“
. L yGelr brauchen Sie?“ lachte der Kaufherr.
„Geld ? Und darum kommen Sie zu mir? Ich bin
nicht Jedermanns Banquier.’n.. 2 /
.. „Sv werden Sie wenigstens mein Banguier
nden Ton in der Stimme des Mannes, „wenn
sagte die Frau, unbekümmert um den ab-
§ Sie nicht wollen, daß die Welt erfährt,
Vonutag, den 13. Januar
Dresden, 11. Januar. Wie ſchon die zweite
Kammer ließ heute die erſte Kammer einstimmig die
tie gegen den Offizier-Konsumverein auf ſich
veruhen. z
j Englanne.
London, s. Jan, Die Zuſtände in Egypten
haben eine Geſtaltung angenommen, welche die Er-
greifung energiſcher Maßregeln in der einen oder
der andern Form unbedingt erforderlich macht.
Allgemein, so wird der Times aus Kairo gemeldet,
ſieht man in der Ernennung des neuen Miniſteriums
nur den 2. Akt des Dramas, das mit der Berufung
eines engliſchen Miniſteriums schließen muß. Die
engliſche Okkupationsarmee wird demnächſt auf
10,000 bis 12,000 Mann erhöht werden, um die
Grenze zu vertheidigen, innerhalb welcher, der
letten Rote der britiſchen Regierung nach, die Herr-
ſchaft des Khedive gesichert werden foll.
London, 11. Jan. Nach einer Meldung der
„Times“ aus Honkong vom 10. Januar ſind auf
ein Geſuch der Bevölkerung der Insel Hainau um
Schutz gegen einen Angriff der Franzoſen 2000
Mann chineſiſcher Truppen nach Hainau geſandt
worden. ;
Lundon, 11. Jan. Der , Times“ wird ge-
meldet, daß 5000 Rebellen das Land auf wenige
Stunden Entfernung von Khartum beunruhigen.
Nach einer Depeſche des „Standard“ aus Kairo
iſt die telegraphiſche Verbindung mit Khartum wie-
derhergeſceil. Der König von Abysſinien hat die
Grenzfeſtung Keren, in der Nähe von Masßsanah
eingenommen und man erwartet einen Angriff auf
Massanah ſelbſe Aus Suakim wird auf Grund
von Berichten glaubwürdiger Spione mitgetheilt,
daß 8000 Mann von den Truppen des Mahdi,
unter dem Befehl Osman Digma's 17 Kilometer
von Sualkim entfernt lagern. Man meint, daß der
Feind 27,000 Mann konzentriren könne, um den
Egyptern, welche Sinkat entseßen sollen, Widerſtand
zu leiſten, ein Bote aus Sinkat meldet, daß Tew-
fik nur bis zum 10. d. M. aushalten könne, da
alsdann seine Lebensmittel erſchöpft sein werden,
falls keine Unterſtützung komme; er werde verſuchen,
wie der reiche Kaufmann Otto Hochheimer zu seinem
Gelde gekommen iſt.“
Sie hatte die letzten Worte lauter und deutlicher
geſprochen und unwillkürlich richteten sich Herrn
Hochheimer's Augen nach der Thür. Aber er war
sicher. Draußen im Vorzimmer befand ſich keine
Menſchenſeele. Er lächelte verächtlich.
„Thun Sie es duch, ſagte er dann, „auf alle
Fälle wäre Ihnen das für Ihr weiteres Fortkommen
ſehr förderlich. Ich werde Sie nicht hindern, Ihren
Vorsatz auszuführen. Die Welt weiß, wie der Kauf-
mann Hochheimer zu seinem Gelde gekommen iſt,
und Sie werden gewiß nicht im Stande fein, der-
selben eine andere Meinung beizubringen. Der Ver-
ſuch könnte nur einer Person ſchaden, man würde
entweder für zweckmäßig halten, eine gewisse Frau
Weigelt, welche einst als bekannte „Cngelmacherin“
vor den Gerichten stand, als eines neuen Verbrechens
verdächtig, einzuziehen, oder dieſelbe in einer Irren-
anstatt unterzubringen.“ : i
„Meinen Sie?“ fragte die Frau voll endloſen
Hohnes. „Ich glaube nicht, die Beweise für meine
etwaigen Behauptungen würden beizubringen sein,
habe ich sie doch seiner Zeit emſig genug gesammelt.
Denken Sie nur an den Armendoctor, oder meinen Sie,
daß derselbe kein glaubwürdiger Zeuge sein würde k“
Otto Hochheimer verfärbte ſich, er war doch
nicht allen Drohungen gewachſen. Er fühlte seinen
Muth bei der Erinnerung an einen Mann ſchwinden,
den er beinahe mehr fürchtete, als den Tod, den
er geflohen hatte, wo er konnte. Es gab einen Men-
schen, vor dem der Millionär zitterte und das war
der Mann, deſſen Namen die Frau ihm gegenüber
ausgesprochen hatte.
Und sie ſah die Wirkung ihrer Worte. Ein trium-
TSS
ſich zur Küste durchzuſchlagen, doch wird dies fü
unmöglich gehalten und das Schickſal der Garniſon
gilt daher als besiegelt. :
_ JFrartreich.
Paris, 11. Jan. Das Organ Grevy's, „Paix“,
erklärt von neuem die verbreiteten Gerüchte übler
11f. ungünstigen Gesundheitszuſtand Grevy's fir
unrichtig. : ..
Spanien. .
Madrid, 11. Jan. Der Minister des Innern
erklärte geſtern in der Kammer, das Kabinet wünſch
die Verfaſſungsreform, aber nicht die Ernennung
einer konstituirenden Versammlung. Der Militär
dienst soll nächſtens für alle Spanier obligatorisch
werden. Die Regierung sei für die Anwendung de
allgemeinen Stimmrechts, durch welches die Wähler
zahl auf dreieinhalb Millionen sich ſtellen würde.
Madrid vom 11.d. M.: Man mißt dem König
die Absicht bei, in der spanischen Armee das preu
ßiſche Militärreglement einzuführen. )
hatte die Ermächtigung nachgeſucht, zu dieſem Zweck
mehrere spanische Offiziere nach Berlin zu senden
Dieser Vorſchlag hätte jedoch nicht d f.tth
an habe in
Berlin abwarten wollen, daß die ſpaniſche Armee erſt
den Beweis der Treue ihrem Könige liefere.
îHOebetterreiz.entziizere..
Wien, 11. Jan. Hinſichtlich der gegenwärtig
in Paris ſchwebenden Handelsvertragsverhandlungen
zwiſchen Oesterreich und Frankreich meldet di
„Presſe“’, daß die öſterreichiſche Regierung eine Rote
an das franzöſiſche Kabinet richtete, worin sie den
Beſchluß cines Meiſtbegünſtigungsvertrags auf unbe
stimmte Zeit mit einjähriger oder halbjähriger Kin
digung vorgeſchlagen hat. Gleichzeitig ſollen dien
Verhandlungen über den Tarifvertrag weitergeführt.
werden. Das gegenwärtige Proviſoriuum läuft mit
dem Februar ab. ( m
Wien, 11. Jan. Der unter dem Verdacht des
vierfachen Raubmords verhaftete Hugo Schenk iſt von
der aus Preßburg mit Polizeiorganen etngetrogeren
Wirthin und dem Lohndiener als Derjenige erkann
der deutschen Generäle gefunden.
phirendes Lächeln glitt über ihr scharf marktirte
Antlitz, denn sie wollte sich danach mit ihren For
derungen richteu. Der Kaufher war nicht ſo furcht:
los, wie er ſich den Anschein zu geben verſucht
hatte eine verwundbare Stelle und sie war Dieje:
welche daraus Vortheil ziehen konnte. "U
Dennoch hatte ſie ſich verrechnet. Noch einma
raffte er ſich empor, er wußte nicht, daß sie ihn
durchschaut, daß er sich bereits eine Blöße gegeben
hatte. . . ...
h „Entfernen Sie sich,“ sagte er mit einem tiefen
Athemzuge. „Ich sollte sie ſufort wegen Erpresſung
verhaſten laſſen. Hüten Sie sich, daß unfere Wege
ſich irgendwo kreuzen, es möchte nicht zu Ihrem
Vortheil ausfallen.“ . .
„Ich gehe, Herr Hochheimer, ich werde Sorge
tragen, daß Sie dieſe Stunde nicht vergeſſen.“.
Sie trat den Rückweg an, in ihrem Antlitze
finſtere Entſchloſſenheit, und eine Minute ſpäter
hatte sie das Gemach verlassen. .. s.
_ Niemand begegnete ihr auf den breiten, mit in-
diſchen Teppichen belegten Treppen und endlosen
Corridoren. Sie beſah ſich jede Thüre, jedes Fenster,
jede Biegung. Es war ihr noch Alles bekannt und
sie hoffte, daß dieſe Kenntniß für sie von gro
Nutzen sein sollte. Mit ihr konnte sie ihr Ziel
reichen und Otto Hochheimer für immer in
Gewalt bringen. Ob er dann noch wagen wü
sie hinauszuweisen. .. .
. (Fortfezung folgten..