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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 77 - No. 100 (1. April - 30. April)
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Heidelberger Tageblatt

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Expedition Brunnengafſe 24. Verantwortliher Redakteur Philipp Klausner. Expedition Brunnengaſſe 24.
e S9. ' Donnerktag den 17. April 1880..
Deutſches Reich. und Untreue erhobenen Anklage aber freigesprochen Cahors, 15. April. Bei der gestrigen Ent-
Berlin, 14. April. In den ersten Tagen des | worden. hüllung des Gambetta-Standbilkdes sagte der

Mai ſoll der nationalliberale Parteitag in Berlin Metz, 14. April. General der Infanterie Graf | Miniſterpräsident Jules Ferry in seiner Weiherede:
ſtattfinden. Man ſieht intereſſanten und für die | v. Schwerin, der vor zwei Tagen von einem Ge- | das zu frühe Hinſcheiden des großen Staatsmannes
Wahlen wirkungsvollen Verhandlungen entgegen. | hirnschlage getroffen wurde, ist heute Nacht gestorben. habe eine nicht auszufüllende Lücke geriſſen. Sein

In den hiesigen nationalliberalen Kreisen iſt man | Derselbe hatte am 4. d. M. sein 68. Lebensjahr | Andenken werde nicht erlöſchen, weil es verknüpft :
in keiner Weise gewillt, nach dem Wunſche der | vollendet und nahezu 50 Jahre -- er hätte am sei mit den tiefsten Schmerzen des Vaterlandes; es
Kreuzzeitung und anderer conservativer Blätter bei | 5. Auguſt sein 50-jähriges Jubiläum gefeiert - | könne nur noch wachsen in der Unparteilichkeit der

den Wahlen mit den Conſervativen zuſammenzu- | dem deutschen Heere angehört. Hier, wo er 6 Jahre Geschichte. Die Liebe zu Frankreich sei die Gam- /
gehen. Die Wahltaktik würde vielmehr im Wesent- | lang den Posten des Gouverneurs begleitete, hatte | betta beherrſchende Leidenschaſt E .



lichen unverändert dieselbe bleiben, wie bisher. -- | er ſich in militärischen, wie in civiler, Kreisen der | reich habe er in 12 Jahren mehr an Kraft aufgeen.
Bezüglich der Verlängerung des Socialiſtengeseßes | ausgezeichnetsten Hochachtung zu erfreuen. Die Leiche | wandt, als sonst in einem langen Leben möglich fri.
verlautet nach einer Mittheilung der Magdeburger | wird morgen oder übermorgen nach Pommern über- | + Kriegsminister General Campenon brachte Gn.
Zeitung mit großer Bestimmtheit, daß die Regie- | geführt werden. betta die Huldigung des Heeres dar; Gambeta.
rung fofort in der erſten Sitzung der Commifjion Frankreich. habe die nationale Verteidigung organiſirt und nie-

des Reichstages, welche nach den Ferien stattfinden Paris, 15. April. Jules Ferry und die andern | mals verzweifelt an der Rettung des Vaterlandes.
wird, eine entschiedene Erklärung dahin abzugeben | Minister haben heute früh Cahors verlaſſen und sind | Die Liebe zu Frankreich habe Gambetta zu guter
gedenkt, daß sie auf keinerlei Änträge einzugehen Mittags in Prerigueux eingetroffen, wo sie mit | Stunde gelehrt, daß eine Nation in der Welt nur
entschlossen sei und lediglich Annahme oder Ableh- militärischen Ehren und von einer ziemlich theil- dann mitzähle, wenn sie ſtark und jederzeit bereit
nung der Vorlage erwarte. . nahmsvollen Volksmenge empfangen wurden. + | ſei, die Rechte der andern zu achten, aber auch ihr
Berlin, 16. April. Ueber das russische Eiſen- | Der republicaniſche Deputirte Reynau ist geſtorben. | Blut zu vergießen für die Vertheidigung der Hei-
bahnanlehen sagt die „Nordd. Alg. Ztg.“ : Nichts | + Der „Temps“ meldet aus Hong-Hoa unterm | math und der Ehre. Das Heer werde Gambetta
charakterifire die gründliche Veränderung der ge- | 14. d., daß die Geschütze von 80 und 96 Centimeter | nie vergessen. . Z Bei dem Abendbankett brachte Ñ
ſammten Tendenz der rusfiſchen Politik so deutlich | Kaliber eine vernichtende Wirkung gehabt haben. | Jules Ferry ein Hoch auf die Einigkeit der republine.
als die Kunde einer großen rusſfiſchen Finanzopera- | Eine Brigade geht bis Don-Go vor und ſchleift die | kanischen Partei aus.
tion, welche vor wenigen Jahren eine tiefgehende Hauptfeſtung des Prinzen Hoang. General Negrier Amerika. ,
Beunruhigung verursacht hätte, heute aber als ein | wird den Feind verfolgen und das Land zwischen New-York, 10. April. In Salem, Maſſachu-
weiterer Schritt zur Konſolidirung der inneren Ver- | dem Schwarzen und Rothen Fluß säubern. Die | ſetts, fanden ſich dieser Tage viele Gelehrte und
hältniſſe des Zarenreiches mit vertrauensvoller Zu- | Franzosen haben einen Verwundeten und vier Er- | Fabrikanten ein, um einem Vortrage des Profeſſors ;
enommen werde. Die weſentlichſte Ver- | trunkene; sie sind aber durchweg Herren des Landes Richie beizuwohnen, welcher eine neue von Charen.

pu)§ nu: dieser Eindruck noch dadurch, daß | und können nach Belieben dort ſchalten. . Toppaus entdeckte Bleichmethode demonſtrirte. In .
unter den Kontrahenten der Anleihe die Seehandlungs- Paris, 15. April. Die Agence Havas meldet: | 27 Minuten wurden Flachsfasern voll ändig we ik

êlocietät in Berlin mit in erſter Reihe stehe. Eine Depesche des Generals Millot aus Hongkong | gebleicht. Der Erfinder behauptet, daß ein Tag
( Breslau, 15. April. Die „Schlesische Volks- | von heute beſtätigt die Einnahme von Hong-Hoa. | zum Bleichen jeden beliebigen Materials völlig aus-
zeitung““ will wissen, Ledochowski verzichtete auf das | Die Einnahme der Citadelle gelchah durch einen | reiche. Bisher gebrauchte man 10 Tage, wobei zu-
Erzbisthum Posen-Gnesen und der Papſt nahm die | gleichzeitigen Angriff der erſten Brigade, welche die dem noch das Fabrikat durch den Bleichprozeß an- :
Rekmike fe Stellungen des Feindes durch eine Umgehungsbe- | gegriffen wurde. Dagegen soll bei der Toppaus'ſchln.
amburg, 12. April. Der frühere Director wegung bedrohte, und der zwölften Brigade, welche | Bleichmethode die Faser sogar geſtärkt und c
der Assecuranzcompagnie, Borregaard, iſt vom hie- | aus der Front mit schwerem Geschütz feuerte. Wegen | wicht nur um 6 Prozent statt gegenwärtig um 25
ſigen Landgericht heute wegen Betrugs in 44 ein- | des niedrigen Waſſerſtandes war die Flottile an | Prozent vermindert werden. In New-York und :
zelnen Fällen zu einer dreijährigen Gefängnißſtrafe, hervorragendem Eingreifen verhindert. Zwei Ka- | Boſton hat sich ein Syndikat gebildet, welches deen.
ſowie Verluſt der bürgerlichen Ehrenrechte auf drei | nonenboote konnten lediglich, auch diese nur mit Entdeckung in großem Maßſtabe erproben soll. Nähere
Jahre verurtheilt, von der wegen Unterschlagung | großen Schwierigkeiten, Antheil am Kampfe nehmen. | Details sind jedenfalls abzuwarten.

Ein einziges, winziges Stübchen macht das

obere Stockwerk aus : Wände von gelbem Backstein, | reitet.

T 5 eine Decke, die in der Mitte einen Riß hat, groß Wenige Schritte von ihr, in der Mitte des öden .

(B. Fortſetzung.) genug, um dem Wetter freien Eintritt über den Raumes, stehen zwei kleine Mädchen von ſechs bis é:
Verfolgen wir die nach Weſten führende Straße ganzen Raum zu gewähren, ein Fußboden, an allen sieben Jahren, scheu um ſich blickend, die Händchen „

etwa eine Viertelſtunde und gehen dann vom Wege | Seiten zerriſſen, wenn nicht die eigentlichen Dielen feſt in einander gelegt; just, als seien sie mit in-







ſeltene, vielleicht noch nie empfundene Freude be-

Die Frankenburg.

Roman von Marie Romany.



ab und links den schwach aufsteigenden Hügel hinan, ganz und gar von demselben verschwunden ſind. ander verwachsen und sich gegenseitig ein Shun.
o werden wir zu einer dichten Baumgruppe ge- In den Winkeln des Hintergrundes befindet fich | im Sturme des Lebens, der sie in ſo zarter Jugen.

langen, hinter welcher sich ein elend verfallenes, ie ein Lager : faules Stroh, in einen alten, grauen | so rauh ſchon umweht. .

armſeliges Gebeude verſtect. Seit manchem Jahre | Sax gefüllt, darüber alte Lumpen in Menge, die Traurig und doch wieder von unendlichem Lieb-

ſchon hat dieses Bauwerk keinen Herrn; der ehe- | wie es scheint, dem Schlafenden als Decke zu dienen reiz umfloſſen iſt der Anblick, den diese beiden kleinen
malige Besitzer hatte es einst seiner unheimlichen | heſtimmt sind ; dann, an die Wand gelehnt, ein | Mädchen dem Auge des vorurtheilsfreien Forschers
Lage halber verlaſſen und auch ſpäter , keinen An- | kleiner Tiſch, dem sin Bein fehlt, einige Stücke | gewähren; das Eine bleich, mit ſchwärmeriſch glän-
spruch mehr auf daſſelbe gemacht; so bietet es jetzt Küchengeräth, ein alter Schemel: das iſt Alles, | zenden, tiefbraunen Augen und einer üppigen Fülle
umherziehenden Vagabungen ein willkommenes Ob- | was die elende Kammer an Ausstattung in ſich faßt. | langen, goldfarbenen Haares, das über die weißen
dach, zumal während der rauhen Jahreszeit, wo An der Wand nächſt der Thüre, an eben der Schultern wallt, — das Andere dunkel, mit ſchel.
die Waldungen und Höhlen öde und unheimlich sind. Stelle, wo einstmals der Kamin gewesen sein mag, | misch lachenden, braunen Sternen in seinem roſigen
Das kleine Gebäude hat nur ein einziges Ge- | hrennt ein luſtiges Feuer, und wenn wir das Auge | Gesichtchen und einem prächtigen Kopf voll dichter,
ſchoß; das Dach, seiner Deckung beraubt, vermag anstrengen. um die Gluth näher zu prüfen, so geben | schwarzer Locken, die ſchmeichelnd um Hals und
Heinen Schutz gegen Wind und Wetter zu bieten; | uns deutlich erkennbare Stücke Fensterrahmen, Trep- | Nacken geschlungen sind. Beide halbnackt, nur zur
der Kamin ist verschwunden, der Rauch eines etwa pengeländer und dergleichen den Beweis in die L1th tit sh dünnen Röckchen bekleidet, deſſen
co 5uclIèôòL.ee3ÇSsHSNÇÊee (UE.
nung zu nehmen, deren nach allen Seiten genügend gedient haben mag. . .;, | wendigſte Wäſche bei den Kindern zu finden iſt. é
zu finden sind. ! Ein weibliches Geschöpf + denn ein ſolches ist Nachdem das Weib lange genug geraſtet und e



Durch eine mit. Stricken zuſammengebundene | sie ~~ von häßlicher, niedergebtückter Gestalt, der sich durch das Feuer Unterhaltung verschafft hatte,
Thùre gelangen wir in das Innere der Hütte. Eine | selbst ein Höcker nicht fe;lt, mit knochigem, ver- | erhob es sich und begann, den Holzsſtücken, welche
teil in die Höhe gehende Treppe, die weder ein ſchrupftem, braunem Geficht, mit listig tückischen | am Boden umherlagen, durch ſorgfältiges Üeberein-
Geländer, noch sonſt einen Anhalt hat, auch hier | Augen, einem zahnloſen Munde, mit einem grin- anderſchieben die Form eines Stuhles zu verleihen,
und da der ſie bekleidenten Bretter beraubt ist, ſelnden, abscheulichen Lachen, sitt, feſt in sich selbst welche Arbeit ihr auch zu ihrer vollſtändigen Zu-
führt in's obere Geschoß. Fensterscheiben gibt es | zuſammengekauert, an der Seite des Feuers; hin friedenheit glückte; dann sette ſie ſich auf dieses Ge-
eit lange nicht mehr; sie ſind zerbrochen, zerſchla- | und wieder erhebt sie sich, ſo weit es möglich, und | stell nieder und rief mit barſcher Stimme die Ki
gen und deren Lucken wieder mit Papier verklebt | wirft von einem Haufen, der neben ihr liegt, Holz- | der herzu.

Dder auch mit dürrem Reifig zugestopft. ſtücke in die Gluth, welche ihr, wie es ſcheint, eine (Fortsetzung

sw Zzhzjh;













 
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