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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 51 - No. 76 (1. März - 30. März)
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Heidelberger Tagebla

Anzeigen: die 1-sſpaltige Petite.

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§ : C ; é zeile oder deren Raum 5 Pfg.,
Heidelber qer Gener al-Anzeiger G
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Expedition Brunnengaffe 24.

Verautworllither Redakteur Philipp Klausner.



Expedition Brunnengafsse 24.



M 56.

; Deutſches Reich.
Karlsruhe, 5. März. Die Budgetkommiſssion
genehmigte definitiv mit allen gegen 4 Stimmen

den Bau der pſychiatriſchen Anstalt in Freiburg und

einer Irrenanstalt in Emmendingen zum Geſammt-
koſtenbetrage von 5 Millionen Mark. ;

Hamburg, 4. März. Wie Bremen durch Lü-
derit, so unternimmt jettt Hamburg durch die
Deutsche Borneokompagnie eine überſeeiſche Koloni-
sation. Am 23. Februar d. J. iſt unter diesem
Namen in Hamburg eine Aktiengesellſchaft gegrün-
det worden, welche von der Britiſh North Borneo-
kompany ein Areal von 10,000 Acres als
Eigenthum erworben hat, auf welchem sie Planta-
gen tropiſcher Erzeugniſſe, namentlich von Tabak,
errichten wil. Das Grundkapital von 200,000
Mark iſt in 20 Aktien zu 10,000 Mark auf Namen
lautend, eingetheile. Als Direktor ist Friedrich
Hockmeyer in Hamburg, wo der Sit; der Geſellſchaft,
erwählt. Die Leitung des Unternehmens auf
Borneo iſt einem mit den aſiatiſch-tropiſchen Ver-
hältnissen durch langjährige Erfahrungen vertrauten
Manne übergeben und es lasſſen sich, ſou meint das
„Fr. J.", bei dem Gedeihen der Deli Matſchapp
auf Sumatra und ähnlicher Unternehmungen für
die in dem überaus fruchtbaren nördlichen Theile
von Borneo arbeitende junge deutsche Kompanie die
günstigsten Ergebniſſe erwarten. !
. Oeſterreich-Ungarn.

Belgrad, 3. März. Es iſt beſchoſſen worden,

die Krönung des ſserbiſchen Königspaares in dieſem |_

Jahre vorzunehmen, doch iſt der genaue geitpunkt
bisher nicht festgeſtelt. Wahrscheinlich erfolgt sie
im Herbſte. Die Arbeiten im Kloſter Zitſche, wo
der Krönungsakt vollzogen wird, nehmen im nächſten
Monate ihren Irfan, Yit

1 we .

Bern, 4. März. Der ß. ße Rath sprach ſich
mit 118 gegen 65 Stimmen für Beibehaltung des
Impfzwangs aus. Die Volksabstimmung ist vorbe-
halten. – Der Bundesrath beschloß, von den zu-
künftigen Bewerbern um das Schweizer Bürgerrecht
ſtatt einer Entlaſſungs-Urkunde aus dem bisherigen

Aus dem Stift.

Erzählung von E. Hartner.



. 3. Fortſezung.

Das war nun ſchon lange, lange her, aber
Viktorine hatte die kleine Szene nicht vergeſſen,
obgleich sie den jungen Reiter nie wieder gesehen.
Graf Eberhard werde in der Hauptstadt erzogen,
ſagte ihr die Löwenwirthin einst; dann hieß es, er
habe nun aussſtudiert und sei bei der Gesandtschaft
in Paris — ſonſt wußte sie nichts von ihm.

Von den düſtern Prophezeiungen, mit denen die
besorgten Freunde und manche ſtille Feinde ſie ent-
ließen, ging fürs erſte nichts in Erfüllung. Das
Leben im Grafenſchloß ging seinen geregelten,
vornehm ruhigen Gang, und Viktorine, aus der
erdrückenden Atmosphäre des Pfarrhauſes erlöſt,
fügte sich leicht in die neuen Formen. Ein Etwas
in ihrer Natur kam dem ariſtokratiſchen Element

[ ſympathiſch entgegen, die angeborne stolze Zurück-

haltung ihres Wesens war hier am rechten Plat.
Den Druck der untergeordneten Stellung empfand

sie nicht in einer Umgebung, in der sich ein jeder |-
-in gemeſſenen Formen bewegte und keiner ſeinen

zurn. Launen fei. §tget ſchießen ließ.
gr tut Fr .. Grts ur tie
blühen begriffene Schönheit der Gräfin. Wenn
ſie mit ihren beiden Zöglingen zur Rechten und

| Linken an den Mittagstisch trat, ſo rückte ihr der |
| Diener eben so respektvoll den Stuhl zurecht wie



dem Grafen und der Gräfin, und wenn der Graf

| nach dem Eſſen ſeiner Gemahlin die Hand küßte,



ben beſſer zu Hauſe, denke ich



Freitag, deu 7. März

Staatsverbande nur eine Entlaſſungs-Zusicherung zu
verlangen. -- Bei dem verhafteten Präſidenten
des Anarchiſten-Vereins Kennel, ist eine Hausſuchung
tygtuns! worden. Das Ergebniß wird geheim
gehalten. j

Bern, 5. März. Ein zweiter von den Haupt-
agitatoren der hiesigen Anarchiſten, Namens Schulze,
iſt ebenfalls verhaftet worden.

Frankreich.

Paris, 4. März. Aus Valenciennes wird von
heute gemeldet: Morgen Nachmittag wird in De-
nain eine Versammlung von Grubenarbeitern statt-
finden. Ohne Zweifel wird die Fortsetzung der Ar-
beitsenthaltung beſchloſſen werden. Bis jetzt ist noch
alles ruhig, doch wird der Ausbruch von größeren
Ruhestörungen befürchtet. f

England.

London, 4. März. Unterhaus. Stanley kün-
digt an, er werde den Nachtragskredit für die egyp-
tiſche Erpedition durch einen Unterantrag bekämpfen.
Ehe weitere Gelder bewilligt werden, sollte die Re-
gierung die egyptiſche Politik klar darlegen. Man-
ners zeigt an, er werde die zweite Lesung der Re-
formbill durch einen Unterantrag bekämpfen. Das
Haus verweigert die weitere Berathung der Bill,
bis der ganze Plan der Regierung zur Abänderung
der Volksvertretung vorgelegt sei. + Hartington er-
klärt, Graham habe keinen Befehl erhalten, nach
Trinkitat zurückzukehren. '

hielt eine Depesche Graham's datirt aus Tokar, den
3. März, welche beſagt, er habe die Garniſon und
die egyptiſchen Einwohner nach Trinkitat geschickt,
ein Theil der Truppen werde heute nach Trinkitat
gehen, die übrigen morgen; er werde seine Streit-

kräfte in Trinkitat concentriren. Eine weitere De-

peſche besagt, Graham habe sich Vormittags in die
arabiſchen Dörfer südlich von Tokar begeben und
zwei verlaſſene Kanonen, viel Munition und unge-
fähr tausend Flinten gefunden. Die Rebellen zogen
ſich ins Gebirge zurück. Alle Verwundeten find
geſtern nach Trinkitat geschickt worden. Eine dritte

| so ſchien es ihr natürlich, ein gleiches zu thun.

War der Graf zu Hauſe, ſo blieb sie die Abende
allein in ihrem Zimmer, und an Einsamkeit ge-
wöhnt wie sie war, wurde ihr das nicht schwer;
war der Graf abwesend, ſo ſaß sie bei der Gräfin
und las ihr vor. Viktorine hatte eine weiche, bieg-
ſame Stimme, der die Dame gern zu lauſchen ſchien.

Eines Abends, Weihnachten stand schon vor der

Thüre, ſchien es ihr, als ob die Augenlider der
Gräfin von Thränen geröthet, und als verberge sie
raſch einen Brief unter andern Papieren. Doch
war sie ſchon viel zu sehr an ihre ſtumme Rolle
gewöhnt, um auch nur durch Blick oder Miene zu
verrathen, daß sie etwas Ungewöhnliches bemerkt
hatte. Sie nahm ihr Buch und beganu zu lesen,
doch folgte die Gräfin offenbar nicht dem Sinne
der Worte. „Legen Sie das Buch nur hin, liebes
Fräulein!“ sagte sie endlich, sie unterbrechend.
„Ich + bin heute zerſtreut, Sie ſollen sich nicht
vergebens anstrengen! Ich wollte Sie etwas fragen:
morgen muß ich in geſschäftlichen Angelegenheiten
nach Ihrer Heimathſtadt fahren! wtirde es Ihnen
Vergnügen machen, mitzukommen?“
„Wünschen Frau Gräfin die Kinder mitzuneh-
men?" fragte Viktorine nach kurzem Zögern.

„Nein; Amalie iſt allzu zart, um ſie der weiten
Fahrt in der Winterkälte auszuſetzen. Agnes könnte
wohl mitkommen, aber sie würde nicht viel von der
Tour haben ohne die Schwester. Die Kinder blei-

ich.

„Dann gestatten Frau Gräfin wohl, daß ich bei
den Kindern bleibe!“ sagte Viktorine raſch.

Die Gräfin ſah Öüberraſcht auf.
seltſames Mädchen, Viktorine!“ sagte sie dann im

London, 5. März. Das Kriegsminiſterium er-







jezt auf dem Wege von Tokar nach Trinkitat..
Petersburg, 5. Ruten... kaiſerlicher Ukas

urdnet die Umbenennung des inspektoriſchen Departe..Ö
ments des Marineminiſteriums in „Hauptmarineſtabs
an. Der Chef desſelben iſt Viceadmiral Tschichate
ſchew, zum Gehülfen Kapitän Newachowitſch err
nannt. Durch Tagesbefehl sind ernannt: General
Tſchernjajew zum Mitgliede des Kriegsrathes unter

Zuzählung zum Generalſtabe, General Roſenbach
zum Generalgouverneur von Turkeſtan und Kom-
mandirenden der Truppen des turkeſtaniſchen Mili-

tärbezirkes.
Egypten.

Kairo, 5. März. Aus Suakim wird von f
geſtern gemeldet: Ein egyptiſcher Dampfer brachte

800 Männer, Frauen und Kinder aus Tokar hier-
her. Die Rückkehr der von Suakim abgegangenen

Truppen wird täglich erwartet. Die Aufständiſchna
sind in großen Haufen etwa 7 Meilen von Sualim
verſammelt. Von den befreundeten Stämmen iſt
bisher Niemand hereingekommen; Osman Digma ben
dränge dieselben und sei bemüht, sie zum Uebertrit
zu veranlaſſen. - Von den engliſchen Panzerſchifen.
ſind dreihundert Seesſoldaten gelandet. Die Garne
ſon Suakim's beſteht gegenwärtig aus 6650 Seen.
soldaten und 500 Mann Egyptern, welche abe
demnächſt nach Kairo gehen sollten. + Nachrichten
aus Djedda zufolge verbot die türkische Regiernnn.
den dortigen Kaufleuten, die Waarenausfuhr n

Suatim bei dreijähriger Gefängnißſstrafe.. '!



Aus Nah nnd Fern.

(!) Eppelheim, 5. März. „Wo man von Fröme
migkeit mit vielen Worten ſpricht, da ſuche mir dn
Dieses Sprichwort möchte ieh

Frommen nicht!“
gerade auf den XK Correspondenten der „Heidelberger

Zeitung“ anwenden, in Beziehung auf Takt und

Weisheit.

tha3nac=naa=æ=rnaÔz=annInnnnrn.". "

dem Artikel No. 54 derſelben Zeitung den Schützen

ſelbſt, der außerdem noch die Unver frorenheit ben

„Sie ſind jezt faſt ein Viertel- M
jahr hier und haben das Haus noch nie verlaſſene.

veränderten Tone.

155T

"Depefe von 10 Uhr Abends sagt, Graham ſei .

k

auch, soviel ich weiß, noch nie Beſuch bekommen.

Sehnen Sie sich denn gar nicht danach Ihre alten

Freunde einmal wiederzuſehen ?“ |
„Ich habe keine Freunde in der Stadt.“

„Uns ſchien es nicht ſo, als wir dort Erkun- , :
digungen über Sie einzogen!“ fuhr die Grään
„Der Pfarrer, der Bürgen.

etwas erregt fort.
meister haben Sie warm empfahlen, und auch im
Löwen ſchien ein jeder ihres Lobes voll zu ſein.

Ich meine, Jhre Mitbürger hätten ein wenig men.

Anhänglichkeit verdient!“

„Frau Gräfin wollen mich nicht für undanbbar

halten!“ sagte Viktorine nach kurzem Eshyrtget:
„„Meine Mitbürger haben mich in der Noth n

einen Zweck, als fie mich ſo warm empfohlen, Sie
wollten mich los sein, da niemand so recht wußte,
was mit mir anzufangen war.“

Die Gräfin mußte wider Willen lachen.

„Für Ihre zwanzig Jahre denken ſie schr kühl

und klar. Doch schien mir Ihre Lage nicht ſo ver-

zweifelt, man ſprach uns von zahlreichen, vortheil.
haften Heirathsanträgen, die Sie zurückgewieſna

hätten !“

.

verlaſſen, das iſt wahr, + allein ſie verfolgteenn.

Viktorinens Stirn verfinsterte ſich. „Jch kann y
keine Verſorgungsheirath machen!“ sagte ſie kurz.

„Und ich tadle Sie deshalb gewiß nicht!“ ven.

ſeßte die Gräfin herzlich. „Doch ich muß noeh
einmal auf meine Bitte von vorhin zurückkonmnnn!n
„Sir--fitid. cin! Wenn Sie nicht um Jhretwillen die Fahrt in den.



Stadt machen wollen, ſo thun Sie es vielleicht um
(Fortseßung folgt.

meinetwillen ?“


 
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