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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 1 - No. 25 (3. Januar - 31. Januar)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0073

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Expedition Brunnengafſe 24.





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Heidelberger Generak-Anzriger.

Yeranlworlliher Redakieur Philipp Klansner.





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Anzeigen: die 1-ſpaltige Petit- t
zeile oder deren Rum 5 Pf_ue.
für auswärts 10 Pfg. s

Bei mehrmaligem Erschien...
Rabattbewilligung. e:

Expedition Brunnengaſſe 24.



R B.

Ein neues ſpaniſches Ministerium.

Die parlamentarische Kriſis in Spanien iſt vor-
läufig dahin entschieden, daß ein neues Ministerium
an's Ruder gekommen ist und zwar gegen alle bis-
herige Erwartung nicht unter der Präſsidentſchaft
Sagaſta's. Der König hat vielmehr gleich in's
conservative Lager hinüber gegriffen, zumal die lette
Abstimmung in der ſspaniſchen Kammer gezeigt hat,
daß Sagaſta keineswegs die Majorität hinter ſich
hat, sondern daß dem Führer der Conſervativen,
Canovas del Caſtillo, der größte Beifall gezollt
worden war.

Das neue Cabinet iſt wie folgt zuſammengesett:
Canvvas de Castillo Miniſterpräsident, Antequera
Marine, Romero Robledo Inneres, Silvela Juſtiz,
Alexander Pidal öffentliche Arbeiten, Valdoſera Ko-
lonien, Cosgayon Finanzen. Wie es heißt, würde
Molins zum Botschafter in Paris ernannt werden.
In parlamentariſchen Kreiſen nimmt man an, daß
die Sitzungen der Cortes zunächſt vertagt werden
und die Auflösung erſt später eintreten wird. Das
neue Ministerium bezeichnet als das Ziel seines

Strebens: Freiheit und Ordnung zu ſichern und die

Monarchie zu conſolidiren. Seitens des Ministeriums
sind 49 Präfecten ernannt worden, welche sofort in
die Provinzen abgehen werden.

Wie es alſo den Anſchein hat, geht das neue
Cabinet ſehr energiſch vor. Das war aber auch
dringend nothwendig. Seitdem die Cortes in Madrid
wieder zuſammengetreten sind, bietet die parlamen-
tariſche Situation jenseits der Pyrenäen ein Bild
der Unklarheit und Verworrenheit dar, wie es kaum
während der schlimmsten revolutionären Zeiten ſich
troſtloſer gezeigt hat. Nicht, daß der Thron des
jungen Königs ſelbſt Gefahr liefe, durch unmittelbar
bevorſtehende Bürgerkriege und Pronunciamentos
erſchüttert zu werden, sondern es hat sich eine con-
ſtitutionelle Kriſis in den letten Monaten heraus-
gebildet, deren Löſung jetzt eben durch das neue
Miniſterium verſucht wird; ob mit Erfolg, wird
erſt die nächſte Zeit lehren. Die guten Hoffnungen,

. welche man an das Zuſtandekommen des Cabincts

Ein Millionär.
Original-Novelle von F. Klinck.



Fortsezung.

Die beiden Gatten waren allein. Otto Hoch-
heimer wischte sich die kalten Schweißtropfen von
der Stirn, welche darauf getreten waren, während
Emilie sich doch eines leiſen, unbehaglichen Gefühls
nicht erwehren konnte. Sie machte ſich freilich nicht
viel aus der guten oder üblen Laune ihres Gatten,
aber nichts deſtoweniger berührte es sie peinlich,
von ihm in einer Situation angetroffen worden zu
sein, die wenig genug mit ihrem unnahbaren Stolz
und ihrem Hochmuth übereinstimmte.

Doch sie schüttelte bald die momentane Ver-
legenheit ab. Da stand sie wieder, schön, stolz,
kalt und so entsetllich hochmüthig. Faſt mit Ver-

Hchtung blickte sie auf den beleidigten Gatten, der

wahrscheinlich Grund hatte, ihr zu zürnen. Otto

| Hochheimer ſah es und ein mächtiges, gewaltiges

Gefühl des Zornes stieg in seiner Bruſt auf. Sie

— ie war es geweſen, um welche er ein Schurke

geworden + sie hatte mit vollen Händen das Geld
fortgeſchleudert + sie hatte ihn ruinirt und ihret-
wegen war er zum Verbrecher geworden.
Und der Lohn?
Ha! Ha! Den Lohn hatte er eben in dieser

_ Stunde empfangen.

Er fühlte sich gebrochen - vernichtet. Er hätte

das Weib, welches ihn ſo grauſam betrogen hatte,

_ mit kaltem Blute ermorden können, er that es nicht,
. weil er sich matt, todesmatt fühlte.





Mittwoch, den 23. Januar

Poſada Herrera und an die in der Thronrede Al-
fonſo XII. warm und aufrichtig empfohlenen Reform-
pläne geknüpft hatte, find unerfüllt geblieben. ;

Nach dem kurz und bündig gefaßten Entſchlusſe
des Königs Alfons, sofort und ohne Uebergang zu
einem conservativen Cabinet zu greifen, bleibt keine
andere Wahl, als eine Auflöſung der ſpaniſchen
Kammer. Ueber einen solchen Ausgang besteht wohl
bei allen politiſchen Parteien Spaniens kaum mehr
ein Zweifel, wohl aber iſt man -- und das iſt
eben die ſchwere Sorge, welche heute schon über
diesem parlamentariſchen Chaos ſchwebt - - noch
vüllg . Ungewissen, was aus dieser Kriſis hervor-
gehen soll.

Bisher hat sich jenseits der Pyrenäen das Syſtem

der Neuwahlen regelmäßig zum Vortheil des Auf-
lösenden bewährt. Die spaniſchen Wähler wählten
immer eine aus Anhängern der Regierung gebildete
Majorität und in dieser Beziehung ſollte vielleicht
ein nur um seine ephemere Exiſtenz beſorgtes Re-
giment eher noch mit der Handhabung des bestehen-
den Wahlapparates sich begnügen, als auf Ein-
führung eines neuen Wahlſyſtems bedacht fein.
König Alfons scheint jedoch auf diesem Standpunkt
nicht verweilen zu wollen. Sein muthiges Auftreten
und seine ehrliche Sprache bezeugen vor ganz Spanien
und Europa, daß es ihm in der That um durch-
greifende liberale Reformen ernstlich zu thun ist
und daß er die Durchführung derſelben nur auf
der Baſis des allgemeinen Stimmrechts erreichen zu
können glaubt. Und nun erleben wir das ſeltene
Schauſpiel, daß der Herrſcher liberaler iſt, als die
Vertretung des Landes, daß das Miniſterium, welches
das liberale Programm des Herrſchers zu verwirk-
lichen berufen war, abtreten muß.

Deutſches Reich.

Berlin, 20. Jan. Bei dem heutigen Ordens-
feſte erhielten u. A. den rothen Adlerorden erster
Klaſſsé mit Eichenlaub und dem Emaillebande des
Kronen-Ordens mit Schwertern am Ringe der Ge-
neralinspekteur der Artillerie von Voigts-Rhets, den
Stern zum rothen Adlerurden zweiter Klaſſe mit



„Da lies, Emilie,“ ſagte er gleichmüthig, ihr
das Schreiben hinreichend, welches er von seinem
Freunde dem Physikus empfangen, aber in ſeinen
Augen blittte es grell auf + er rächte sich in die-
sem Moment. ! j

Doch nein! Das Weih war von Stahl und
Eiſen. Auch kein Zug ihres Gesichts veränderte
ſich, als sie das Billet durchlas. Nur einen ein-
zigen kurzen Moment war es, als ob die Röthe
ihrer Wangen dunkler würde, als ob die Finger
nervös zitterten. |

Sie gab ihrem Gatten den Brief zurück, ebenso
kalt, ebenſo ruhig. i §

„Emilie & was - was iſt Deine Ansicht?“
keuchte er, kaum ſeiner Sinne mächtig.

Sie hob die Schultern empor.

„Ich denke, es iſt wieder eine Deiner gewohnten
Phantasien,“ ſagte sie kalt.

„Und wenn es das nicht wäre? Wenn wir
des Mordes angeklagt würden?“ zischte er voll
Hohn zwischen den feſt zuſammengepreßten Zähnen
hervor.

Sie sah ihn erſtaunt + verwundert an.

„Wir? wir?” Was tümmert mich die ganze
Sache.“ .:

Er schwieg betäubt. Jn den wenigen Worten,
htte ſie so kalt, ſo gleichgültig aussprach, lag

es. : ;
„Emilie! Weib! Dämon! der mich zu dem ge-
macht, was ich bin““, knirſchte er und es war einen
Augenblick als wolle er auf ſie zuſpringen, um sie
zu cerdroſſeln. Aber wenn ~~ was nùgte es?

| Seine Schuld wurde dadurch nur vermehrt und










158L.

Eichenlaub der deutsche Gesandte in Stockholm vm
Pfuel, den rothen Adlerorden zweiter Klaſe mt.
Eichenlaub der wirkliche geheime Legationsrath uw
Direktor im auswärtigen Amt v. Bojanowski, Se.
natspräsident des Kammergerichts Geheimer Oben.
Juſtizrath von Holleben, der vortragende Reh im
auswärtigen Amt Geheimer Legationsrath v. Hloen.
stein, Oberpräſident in Königsberg von Schliecman.
den Kronenorden erſter Klaſſe der Staatssekretäéeen.
des Reichsjustizamtes von Schelling der deutſche Gen..
sandte in Madrid Graf zu Solms-Sonnewalde, den.
Kronenorden zweiter Klaſſe der Direktor der Kmnſten.
akademie in Berlin Profeſſor Becker. w:
Berlin, 21. Jan. Der Statthalter vn Man.
teuffel empfing Abends die Minister von Böttihſen.
und von Goßler. Soweit bis jetzt beſtimmt ite.
nimmt Manteuffel noch an der Cour am 242. Jen.
Theil. Vor seiner Rückreiſe nach Straßburg beaelen.
fichtigt ttt Statthalter noch den Fürſten Bismnak.
zu beſuchen. ...
Karlsruhe, 19. Jan. Weder die Bittſchritt.
der Kleinbrauer um Beibehaltung der Keſjelſteeen.
noch das Geſuch sämmtlicher Brauer um Heraele.
minderung des Satzes der künftigen Braumalzſeen.
sind vorläufig von Erfolg gekrönt gewesn. Dee.
geſtern vorgelegte Entwurf für die Braumalzſteen..
glaubt von dem Satze von 10 Mk. für den Doo.
pelcentner nicht abgehen zu können und es wir,
dabei ausdrücklich betont, daß dieser Saß der vin.
tembergiſchen Steuer entſpricht und hinter der balee.
rischen zurückbleibt. Dabei wird ein Malzverbraeh
von 58'/, Pfd. für den Hektoliter Bier unterſtellee.
d. h. nach der Begründung zum Geseß zu Gunten.
der Brauer ein namhaft höherer Malzverbraueh ale.
der nach den Erhebungen der Sachverſtändigena er
mittelte Durchschnittsverbrauch. ä
Frankreich. j
Paris, 20. Januar. Dem „Temps“ wird aus
Madrid gemeldet: Das Kabinet beschäftigt sich mit
der Reorganisation des Beamtenperſonals. + Mar-
schall Serrano iſt heute früh nach Paris zurückgereiſt,
von wo er sein Entlaſſungsgeſuch einſenden wird.
- Ö Der „Jmparical“ erklärt, die Politik des Kabinets






















sie von einem Dasein befreit, das eines Tages ihre
Strafe werden mußte. I.ee
„Das wirst Du sehen, was sie Dich kümmer,,
fürwahr, das wirſt Du sehen!“ höhnte er. „Du
haſt mich zu dem Aeußersſten gebracht und ich will
Dir zeigen, was Dich die Sache kümmert. Falle
ich, so fällſt Du mit, ohne Gnade und Barmher-
zigkeit! Du follſt fürwahr nicht leer ausgehen und
über den Unglücklichen lachen, der dumm genug
war, sich Deinetwegen zu ruiniren. Denke an die
Weigelt, sie kann gegen uns zeugen und ich schwöre
es Dir, sie wird zeugen, wenn es ſein muß. So
lange ich Dich nur als verſchwenderiſch, eitel, ftolz
hochmüthig kannte, hätte ich Dich geschont, weil
Du ein Weib biſt, aber seit dem Augenblicke wo
ich Dich durchschaut habe, kenne ich kein Erbarmen
mehr.“
ies hatte gewirkt. Sie war bleich geworden,
endlich war die rosige Farbe von ihren Wangen
gewichn sie ſah in einen weitgeöffneten Äb-
grund und fie brauchte nur in ihres Mannes Ant-
lit zu ſehen, der neben ihr stand um sie hinabzu-
ſtürzen, um zu wissen, daß sie keine Rettung er-
warten dürfe. Sie hatte die Klugheit vollständig
außer Acht gelaſſen und die Strafe dafür würde
nicht guf sich warten laſſen. Aber vielleicht war
es noch früh genug, sie mußte einlene wenn
er nachgab! JIn dieser Stimmung durfte sie ih
nicht laſſen. Sie war klug genug, um nicht auf-
fallend, nicht plötzlich einzulenken + ein Uebergang
war nothwendig. ; j

(Fortsezung folgt.)
 
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