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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 177 - No. 203 (1. August - 31. August)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0739

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Heidelb



Heidelberger Tageblatt

; Anzeigen: die 1-spaltige Petito
zeile oder deren Raum 5 Pfg.
für auswärts 10 Pfg.

rger General-Anzeiger.

Yerantworllicher Redakteur Philipp Klansuer.

Rabattbewilligung.

Exvedition Brunnengaffe 24.



Es






... Deutſches Reich.
Karlsruhe, 27. Juli. In den Tagen vom
23.025. September wird in Karlsruhe der XXIII.
Congreß für innere Mission tagen. Der Stadtrath
der Reſidenz hat hierzu die Festhalle unentgeltlich
Überlaſſen. Das Lokalkomitee, welchem viele an-
geſchene Männer versſchiedener Richtungen angehören,
erließ einen Aufruf zur Gewährung von Frei-
quartieren. Die Gegenstände der Verhandlung ge-
hören zum Theil den eben auf der Tagesordnung
öffentlicher Beſprechung und Unternehmung ſtehen-
den Gebieten an. So wird Paſtor v. Bodelschwingh
Über Arbeitercolonieen und Naturalverpflegungs-
ſtationen, Direktor Dr. Stark von Stephansfeld über
den Kampf gegen die Trunksſucht, Fabrikant Stein-
Heil von Rothau i. E. über Frauenarbeit und Fa-
ummilienwohl. referiren. Außerdem steht eine Reihe
eiterer wichtiger Tagesfragen aus dem Gebiet der
chhriſtlichen Liebesthätigkeit zur Tagesordnung und
werden Abendpredigten von namhaften deutschen
_ Predigern, wie Generalſuperintendent Dr. Baur,
_ Superintendent Dryander, Berlin, Oberconfiſtorial-
vath Dr. Burk, Stuttgart, gehalten. Es empfiehlt
_ ich, daß man sich wegen Erlangung von Freiquar-
Òtieren, ſonftigen Vergünstigungen der Congreßmit-



Adlerſtraße 23, wende. : :
u Karlsruhe, 31. Juli. Die überseeische Aus-
_ wanderung aus demdeutſchen Reich über deutſche Häfen
_ Unt.. Antwerpen betrug im erſten Halbjahr 1884
_ . Januar bis Ende Juni) 90,801 Personen, d. i.
_ s844 Personen weniger, als im gleichem Zeitraum
des Vorjahres. Noch viel meiter bleibt die Zahl
Hinter der des Jahres 1882, wo 117,801 und des
Jahres 1881 wo 126,139 Auswanderer im ersten

Halbjahre gezählt wurden, zurück. Man dürfte nicht

fehlgreifen, wenn man den Grund für dieſe That- |

_ achen darin sieht, daß die Kolonisationsbeſtrebungen
delche in neuerer Zeit und in erhöhtem Maße und

ſichtlich unter Begünstigung der Reichsregierung zu
Tage treten, von den Auswanderungslusſtigen in
Höherem Maße beachtet werden und die Letzteren

üs R m \ n."

Die Vöhmerhütte..

Eine Reiseerinnerung, erzählt von Marie Romany.





(2. Fortsetzung.)
îDieſe Bemerkung jedoch + was wir nicht recht
wohl überlegten ~ rief unter den braven Leuten
_ Linen förmlichen Aufruhr hervor. Schulze und
_ Vnrauer verzogen, glühend vor Erregung, ihre bär-
Jtigen Geſichter und was noch in der Wirthssſtube
Yugegen war, machte fich ſpornstreichs davon. Jene
chielten auf uns, als seien wir + behüte uns der









drängte uns, ja, trat uns, sſo daß wir uns endlich
Auf der Gaſſe befanden, wo man uns überließ, nach
«igenem Gutdünken zu thun. u
Wir ſahen noch, daß der beherzte Graukopf,
einem Haſen gleich, ſeiner Hütte zueilte, hörten, daß
der Wirth seine Thür doppelt verſchloß; dann waren
wir uns einig, daß es nach den Erzählungen des
Brauers nicht schwer ſei, jene ſo Entſetßen erregende
Geisterherberge zu ſuchen, darinnen wir hofften, uns
bis zum anbrechenden Morgen in ungestörter Ruhe
des Schlummers zu freuen. ;
_ Y. warnicht groß, wie ich ſchon oben erwähnte,
: ir somit e!hten wir den Ausgang des Dorfes
{m kurzer Zeit. j
Der Mond stand im Viertel, begrenzte jedoch
nach allen Richtungen hin die Gegend in ſcharfen
Konturen. Berge und Felſen unterschieden sich deut-
lich, dazwischen ſchlängelte sich das Thal, auf deſſen
ſchmalem Grunde fich hinter unserem Rücken Y.
dehnte; vor uns gab es nur mehr wenige Hütten,
ine davon in großer Entfernung, und diese mußte



Expedition Brunnengaſſe 24. . :

ſlther. Mitgliederkarten (U 3 Mk.), zeitig an das |
Vureau des Evangeliſchen Vereins in Karlsruhe,



Herrgott! J ſelber von den Geiſtern, man ſpitelte |



Hamſtag, den 2. Auguſt

die Entwickelung dieser Bewegung erſt abwarten
wollen, da ihnen unter der Aegide der Reichsregierung
in fernen Welttheilen eine größere Sicherheit geboten
wird, als wenn sie auf's Gerathewohl hinausziehen.
Wird diese Koloniſationsbeſtrebung in das richtige
Fahrwasser gelenkt, ſo wird es auch nicht an ge-
nügenden deutſchen Arbeitskräften fehlen, ohne welche
jene Kolonien in Afrika allerdings nicht gedeihen
können. Es iſt deßhalb von hoher Wichtigkeit, daß,
wie kürzlich gemeldet, der Ausschuß der deutschen
Kolonisation in Südafrika eine Anzahl begüterter
Perſonen veranlaßt hat, Kapitalien zum Ankauf
größerer Länderstreden herzugeben, um auf den-
selben Ackerbaukolonien anzulegen. Am 19. Auguſt
wird dieses Projekt endgiltig geregelt werden; es
soll dann noch in dieſem Jahre eine Expedition
n ich Afrika abgehen, bei der deutsche Kolonisten
natürlich hoch willkommen sein werden. Es darf
ſchon jetzt mitgetheilt werden, daß man der Zuſtim-
mung der Reichsbehörden sicher it.

U U , 30. Juli. Von officiöſer Seite
wird die dem Könige-Großherzog zugeſchriebene Aeu-
ßerung, daß auch im Falle der weiblichen Erbfolge in
Holland die Perſonaluyion zwischen den Niederlanden
Uh rrestbues aufrecht erhalten werde, in Abrede
gestellt.

Aus der Swe MG§. U Zwischen Italien
und der Schweiz iſt nunmehr eine Vereinbarung er-
zielt worden, nach welcher es unter gewisſen Forma-

litäten den Teſſinern. erloubt ſein soll, ihre Felder

auf italieniſchem Boden zu bebauen, ohne der lästigen
Quarantäne unterworfen zu werden. Bezüglich der

Grenzverlezung bei Ponte Treſa hat Italien ver-

sprochen, eine Untersuchung anzuordnen nnd die
Schuldigen zur Rechenschaft zu ziehen.
Frankreich.

Paris, 30. Juli. Die Kammer adoptirte den
Credit von 1 Million für die Besetzung des oberen
Senegals. -- Die Revisionskommission der Kammer
nahm, nachdem sie Ferry gehört hatte, der seine
Wahlreform des Senats entwickelte, die Vorlage in

der vom Senat adoptirten Faſſung mit 15 gegen

wie wir nicht mit Unrecht annahmen, jene Böhmer-

| hütte sein.

Es mag befremden, daß wir keinen Anstand
nahmen, uns auf eigene Fauſt darinnen ein Quar-
tier zu errichten ; in dem Zuſtande jedoch, in welchem
wir uns fttorten mußte ſchlechtweg alles billig
für uns ſein. !

Die Hütte lag abseits, hinter einem Wiesengrunde
verborgen, wo sie im Rücken ein gigantischer Felſen-
vorſprung überdeckte; an der Vorderseite war sie

von einem Gärtchen und dieses wieder von einem
hochgesteckten Holzgitter eingefaßt.

Es dauerte nicht lange, ſo hatten wir das Hütt-
chen erreicht. Still und einſam lag es vor uns
und auch im Hauſe war, so wollte es uns ſcheinen,
alles der unheimlichen Ruhe einer Grabesnacht gleich.
In Erstaunen sette uns, daß die Hausthür, ſtatt
verſchloſſen zu sein, wie wir gefürchtet hatten, nur
angelehnt war; jedoch nahmen wir uns nicht lange

Zeit zu irgend welchen Bedenken, wir wollten ja |

nur raſten; was kümmerten uns also dergleichen

Nebenumstände, die gar nicht in's Gewicht fallen

konnten, denn das Haupterforderniß für unsere Ruhe,
Betten waren ja in den Zimmern des unteren Ge-
ſchoſſes aufgestellt. Wir ſchlugen Feuer, zündeten
einen Wachsſtock an, den wir auf unseren Streif-
zügen immer mit uns führten, und überzeugten uns
daß in dem Hauſe, obgleich es ja längst verlassen
sein sollte, immer noch ein gewisser Komfort exiſtirte ;

da waren Spiegel und Bilder, Divans, Stühle, so-

gar Schränke, die Betten mit Linnen bezogen, frei-
lich alles nur bäueriſch und simpel -> jener ſpeku-

lationsluſtige Wallrich mußte nach unserer Meinung

so etwas von Einfaltspinsel gewesen sein, daß er

Heleben. Trot aller dieſer



wir uns zweifellos auf die Seite gedreht haben und

1881.

4 Stimmen an. Die Kammer wird morgen über
die Revision entſcheiden. Die Annahme der Von
lage iſt wahrscheinlich. . . W

Paris, 31. Juli. Von gestern früh bis Abenns
wurden in Toulon drei, in Marseille acht Choleree
todesfälle conſtatinte. ..

Paris, 30. Juli. Das preußiſche „Militär-
Wochenblatt“ macht auf das in Frankreich hervor
tretende Bestreben aufmerkſam, ein Organ zu ſchaffen,
welches auf dem Gebiete des Heerweſens Sachkunde
mit Beständigkeit verbände, damit es die Aufgabe
übernähme, unbeirrt durch die Einflüſſe des Partei-
getriebes, dem Heerwesen die demſelben so nöthige_
Ruhe zu ſchaffen und zu sichern. Der bisher nur
auf dem Papier beſtehende Oberkriegsrath soll diee.
Aufgabe erhalten. Dieſe Einrichtung beſtand in
früherer Zeit mit wechselnder, meiſtens geringer Be
deutung. Eine Verfügung des Präſidenten Thies
vom 27. Dezember 1872, der Anregung des dea
maligen Kriegsminiſters General de Ceſſey ente
sproſſen, befahl ihre Umgestaltung; unter dem Von
sitze eines Marschalls wurde der Oberkriegsrath neu-
gebildet, aber die Außenwelt merkte nichts von seine..
Wirksamkeit, und General Campenon mußte, als er
unter Gambetta zum erſten Male Minister war,
zugeben, daß der Kriegsrath seit 7 Jahren aufgee.
hört hâbe, thätig zu sein. Nach wenigen Wochen
vermehrte Campenons Nachfolger, der General Bille.
die Zahl der Mitglieder, aber dabei blieb es; es
glückte ihm nicht, die ehrwürdige Körperschaft zu
ißerfolge trägäs man
sich jezt von neuem mit dem Gedanken, dem conseil
supsrieur eine Stellung zu geben, welche, so be-
merkt das ,Militär-Wochenblatt“, „ihm gestattet
und ihn befähigt, der Armee zu erſeßen, was nichts
in der Welt ihr zu ersſeßen vermag, das zielbewußte,
sichere Walten eines Kriegsherrn, der über den
Parteien ſteht“. .





Aus Nah und Lern. .
= Mannheim, 1. Aug. Vorgeſtern Nachmittag
stürzte sich ein Dienstmädchen, welches, weil stellen.
los, bei einer Stellenvermittlerin aufhielt, sich unweit.
u s
in die Weite zog und ein, für ein Dorf wenigſteen\
recht ansehnliches Mobiliar in der Hütte zurücklieke.
Doch was kümmerte es uns? Uns trieb ja nur das
Verlangen, ein paar Stunden zu ruhen. Wir ver-
riegelten daher die Thür und bereiteten uns, Zis
geunern gleich, aus den vorhandenen Betten und
Polstern ein Lacer; darauf wünſchten wr unn
gegenseitig, daß kein böser Dämon während der Rcht.
seinen Spaß mit uns treibe und ſchnarchten en..
Wir konnten uns nicht lange Zeit des Schhume
mers gefreut haben, als ein ſchallendes Geräuſch
mich emporfahren ließ. Ich war nicht im Stane _
mir Rechenschaft, zu geben, was es geweſen ſeen.
konnte, und hätte alſo den Spektakel ohne Zweifel..
für ein Produkt meiner vielleicht echauffierten pchan.
taſie gehalten, würde ich nicht gesehen haben, daß
Dr. Wellroſch, mein anderer Begleiter, ebenfals
halb aufgerichtet auf seiner Lagersſtatt saß. .
; „Hörteſt Du das Lärmen ?“ fragte er mich zaghaft. .
nig stiß nä jute & h Vt ;
hallte dasselbe Getöse die Räume des unheimlichen
Bauwerks ein zweites Mal. ..
JInſtinktmäßig fuhren wir empor. Ich will nicht.
behaupten, daß Furcht uns durchbebte, aber es exrin
ſtierte eine gewisse Beklemmung, die uns ahnen liege.
daß die so heiß erſehnte Nachtruhe jeßt für uuan
verloren ſei. Wir warfen uns daher in die Klein..
der uud weckten Hans. / . u
Der Menſch iſt, wie jener Weiſe sagte, ein wahne.
witziger Thor ! Hätte uns nicht in diesem Momen.
die Erinnerung an die Erzählung des Brauers die.
verwegensſten Bilder vor Augen gehalten, ſo würden








 
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