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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

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No. 204 - No. 228 (2. September - 30. September)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0879

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Iz: Heidelberger General-Anzeige

| M 557-

UW

Expedition Brunnengaſſe 24.



hz. Narlsruhe, 10. Sept. Das Geburtsfeſt des
P sherzogs wurde bisher faſt immer auf Schloß
[ Uugtau oder auf Schloß Baden begangen in dieſem
| ft EV tg s
. actßherzog verbrachte seinen 59. Geburtstag im
§ tens. Familienkreiſe auf Schloß Zwingenberg einem
hy \][v romantiſchen wie werthvollem Beſitthume
y) Neckar, welches vor etwa drei tte aus der
w laſenschäft seines Oheims, des Markgrafen Max,
| fi as Eigenthum des Großherzogs überging. Der
. rſt besuchte während seines Aufenthaltes in der
ka, en Landesgegend u. a. auch die Saline Rap-
. n und wurde überall von der Bevölkerung
ve lebhafter Begeisterung begrüßt. Der Großherzog
? bei seiner Ausfahrt von seinem Quartier Waib-
"dt zu dem jeweiligen Uebungsfelde regelmäßig
R Kommandirenden des 14. Armeecorps,

l v. Obernitz, begleite. Von mo








en an

“ Elſaß beiwohnen.

| ? yperlin, 10. Sept. Die Kaiserin iſt um halb
| pi k: Abends auf der Potsdamer Bahn per Extra-
R ht u Crete
. vrt;siel, 10. Sept. Das u e ze er iſt
| Dig qugene Nacht vor der Kieler Bucht eingetroffen.
4 anöver haben heute begonnen.

| in Paris, 8. Sept. Der „Figaro“ theilt mit, daß
U en nächsten Tagen eine Broschüre unter dem
asl: „Sus à lAngleterre! L'Entente austro-
| Pe mande-russo-frangaise“ erscheinen wird. Ihr
. êtfaſer iſt ein Franzoſe, Berichterstatter des „New-
| fr! Herald“, welcher ſchon im April d. J. seinem
| tt ausführlich über das geplante ,öſterreichisch-
! hat \h-ruſfich-franzöfische Einvernehmen“ berichtet
gem Nach seiner Darstellung ist dieses eine aus-
heanachte Sache, seitdem Fürſt Orlow von Paris
| lig hertz verſett worden iſt, um dort vornehm-





Im Hauſe des Verderbens. ;

Criminalroman von R. Ortmann.



(12. Fortsetzung)

. Außer dem alten Baron, der in so großer Ent-
. [ktnung von dem Speisetiſch und den dort strahlen-
S Wachskerzen saß, daß ſein gelbes Gesicht faſt
Wejtändig beſchattet blieb, waren nur ein alter
deßbärtiger Herr in weidmänniſchem Anzuge, der
HjiertInſpector Holmfeld und Elsbeth anwesend.
. jure nterhaltung war vor dem Eintritt der beiden
. jf Herren keine ſehr lebhafte gewesen, denn
| rend Herr von Brandenſtein's Augen regungslos
. dem dunklen Getäfel der Decke hafteten, hatte
| hs der Weidmann, der offenbar hier keine beson-
jr ren Rückfichten zu nehmen brauchte, angelegentlich
. t Zeitungsblatt vertieft, bei der mangelhaften
keit chtung und seiner unverkennbaren Weitſichtig-
fand etwas ziemlich Schwieriges. Holmfeld aber
. ges in der Betrachtung von Elsbeth's ſchlanker,
unesmeidiger Gestalt, die fich ihm gegenüber mit
nme ewußter und darum nur defto reizenderer An-
| auth bewegte, volle Entschädigung für den Mangel
mts Gesprächsſtoffs zwischen ihm und ſeinen beiden
. nlichen Geſellſchaftern.

hHhyeâls der alte verdrießliche Diener, Kurt und den
F tor einließ, erhob fich Holmfeld höflich, aber ohne
ywaréilfertige Hafi demüthiger Unterwürfigkeit und
, martete die gegenseitige Vorstellung ab. Der Weid-
| jeuut: der auch etwas ſchwerhörig zu ſein schien,
laude erst dadurch aufmerkſam gemacht. Er legte
“ngſam sein Zeitungsblatt nieder und warf einen

fragenden Blick auf den Baron. Dieser wendete








fi der Großherzog den Uebungen der 29. Divifion

I ür eine Einigung zwiſchen Frankreich und

eidelberger Tageblatt

Peranlworiliher Redakteur Philipp Klausner.
Freitag, den 12. September

Deutschland zu wirken. Er erzählt, welch’ vergeb-
liche Anstrengungen der General Skobelew machte,
um einen franzöſiſch-ruſſiſchen Bund durch die Nie-
derwerfung Deutschlands herbeizuführen, und läßt
hier den ruſſiſchen Feldherrn ſelbſt sprechen : „Meine
Absicht“, soll Skobelew gesagt haben, „war, den
ruſſiſch-franzöſiſchen Burid t!§ Erweckung des Chau-
vinismus zu erzwingen. Ich wollte, begleitet von
einem Berichterftatter der „France", eine große mi-
litäriſche Rundreiſe machen. Meine hohe Stellung
ficherte mir überall eine glänzende Aufnahme und
die Toaſte, die ich auszubringen gedachte, hätten
vi ÔſtteZse K ew in
erregten s ua Aufsehen ; die deutsche Botſchaft
fing Feuer und der Zar berief mich ab. Nun hatte
ich den Einfall, über Berlin zurückzureiſen und im
Herzen Deutschlands eine Rede zu halten, welche
allein mehr Lärm gemacht hätte, als die Reihe
meiner geplanten Ansprachen in Frankreich. Im
Augenblick der Abreise erhielt ich aber Befehl, über
Ofterreich heimzukehren und ich mußte gehorchen.“
| Und nun haben Sie, fragte der Interviewer,
auf die erzwungene Allianz mit Frankreich verzichtet.
~ „Nicht im geringsten“, rief der General, „wir
gedenken jetßt einen Krieg ohne Frankreich zu be-
S Ps:: br R ;
reich bereit? ~ „Es wird wohl Zeit haben, sich
vorzubereiten." - Wie meinen Sie das? — „Hören
Sie nur: Wir Russen fangen den Krieg mit Deutsch-
land im September an, wenn unser Winter be-
ginnt, der ihm unsere Grenzen verſchließt; denn
wohin soll es sich bei uns wenden, wenn es keine
Straßen und keine Vorräthe fände?“ Wie ſtellen





zu Hauſe, leben wie gewöhnlich, und senden gegen
den Feind vier- oder fünfhundert Kosaken aus. Ich
übe in diesem Augenblick ſchon meine Reiterei ein,
täglich 100 Kilometer bei allem Unwetter zu machen.
Diese bewegliche Reiterei wird Hrn. v. Moltke trotz
seiner Wiſſenſchaft zwingen, fünf- bis sechshundert-
tauſend Mann längs der Grenze aufzuſtellen, und

fich in ſeinem Lehnstuhl mit halbem Körper um,
§hne aber css Gesicht in den Lichtkreis der Wachs-
erzen zu bringen.

(s rms" . Oberförster“, sagte er in nicht
übermäßig höflichem Tone, „ich vergaß, Ihnen mit-
zutheilen, daß wir heute Abend Gäſte haben. Mein
Neffe Kurt und sein Freund, der Herr Doktor Rams-
feld, haben sich zu meiner großen und — M F
zzthr! Ubrrsſtoaz e-j4loſer. ent erz
vergeſſenen Winkel zuzubringen. Ich habe den bei-
den Herren bereits vorhin mit der Offenheit, die
hier von jeher Sitte gewesen iſt, erklärt, daß sie sich
auf besondere Unterhaltung nicht gefaßt machen
dürfen, und sie werden es uns darum keineswegs
übel nehmen, wenn wir uns nicht den mindeſten
Zwang auferlegen und in keinem Punkte von unsern
Ursu abweichen. + Herr Oberförster außer
Dienst von Nuggenhagen“, fügte er, auch jett ohne
aufzustehen vorſtellend hinzu, „und Herr Ober-Jn-
spektor Holmfeld. Welcher von jenen beiden Herren
mein Neffe ist, wird Ihnen vielleicht die Familienz
ähnlichkeit verrathen.“

Der alte Oberförster, der die Vorstellung seiner-
seits mit kurzem Aufstehen und einem steifen Neigen
des Hauptes abgemacht hatte, sah die beiden An-
kömmlinge prüfend an und sagte dann in einem
etwas polternden Ton:

„Kann Familienähnlichkeit nicht entdecken, Baron! | ih

Muß mich schon auf's Rathen verlaſſen! Aber so
dunkel kann ein Brandenstein unmöglich gerathen
sein! Werde wohl das Rechte getroffen haben nicht



wahr ? Willkommen junger Herr Baron!“
Damit schüttelte er mit einer Art von väterlicher




Sie selbſt es denn aber an? + „Wir sind bei uns |



...

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Expedition Brunnengaſſe 24. Ö

mindestens eine Million Soldaten unter den Waffen
zu haben - + acht Monate lang, was schweres Geld
koſten wird.“ ~ Und im Frühjahr? + „„ Jm Früh-
jahr haben wir vier Monate für einen Feldzug für
uns und, ob Sieger oder Beſiegte, ziehen wir uns
für abermals acht Monate in unsere Stellungen
zurück, um die Kräfte und das Budget der Deut-
ſchen noch ferner zu erſchöpfen. Wenn Frankreich
ſich dann nicht erhebt, um uns die Hand zu reichen,
so gibt es eben kein Frankreich mehr.“ So ſchloß
der General. Nach einer Pauſe fuhr er, zu ſeinem
Gaſte gewendet, lächelnd fort: „„Ich leſe in Ihren
Augen das Wort Utopie. Wohlan, frühstücken Sie
morgen mit mir im Hotel Duſſaud und ich werde
Ihnen die Unfehlbarkeit meines Planes mit Ziffern
und Karten darthun.“ Tags darauf begab ſich der
Berichterstatter des „New-York Herald““ ins Hotel
und fand hier nur noch die Leiche Skobelews in
großer Uniform auf einem Paradebette.
Paris, 9. Septbr. Nach einer Entscheidung
desMiniſters desJnnern sind alle Provienzen Spaniens,
leichviel aus welchem Theile und welches Patentes
fie ſind, als choleraverdächtig zu betrachten.
Dänemark.
Kopenhagen, 10. Sept. Der Dampfer „Alice“
aus Hamburg, Kapitän Jenſen, der von Midllen.
borough nach Stettin mit einer Eiſenladung ging,
iſt geſtern im Holländerdyb, dem südlichen Theil
des Sunds, geſunken, nachdem er auf einen Felſen.
geſtoßen war. Die Mannſchaft wurde gerettet, der
Kapitän ertrank. Die Maſten und der Schornstein
; sg Scif t: .
ſicherungsbeamte aus Hamburg, um den Rettungs-
contract abzuſchließen.



Rußland.

Warschau, 8. err Wohl niemals ~ so blen.
richtet man der Wiener „N. Fr. Pr.“ telegraphisch

+ hat eine Kaiserreiſe unter eigenthümlicheren Vree.

hältniſſen stattgefunden, wie die jeßige. Die Ven.
ſichtsmaßregeln find viel schärfer als die bei der
Moskauer Krönung ergriffenen. Seit zwei Tagen
finden strenge Hausdurchſuchungen in allen jenen

m >
Treuherzigkeit Kurt die Hand, und setzte fich, ohne
Ramfeld, der sich auf die Lippen biß und ihm einen .
zornigen Blick zuſandte, weiter zu beachten. Ñ

„Sie haben es getroffen, Oberförſter,“ fagte dee .
alte Baron, und es lag etwas beinahe Sarkastiſchen.
in dem Klang seiner ſchnarrenden Stimme. „E.
iſt mir intereſſant, daß Sie auch keine Familien-
ähnlichkeit zwiſchen uns entdecken können, hae.
ha, es iſt mir wirklich intereſſant !“ ; .

Wenn der Empfang der beiden Gäste wenigen.
herzlich und selbſt weniger höflich gewesen war, als
ſie es troß der eigenthümlich Lage der Dinge er.
wartet hatten, und wenn sie sich das vom Gutsher.
und dem alten Oberförster gefallen laſſen mußten.
ohne ihren Unmuth den leisesten Ausdruck zu gen.
so glaubten sie ſich doch in ihrem Benehmen gegen
den simplen Inspektor desto rückſichtigsloſer rächa
zu dürfen. Kurt hatte ja diesen jungen Mann !
ohne ihn gesehen zu haben, schon gehaßt, seiten
er vernommen, daß er Elsbeths Verlobter ſei unh.
Ramfeld bedurfte in seiner ohnmächtigen Wuth über
die erlittene Demüthigung eines Gegenstandes, den
er die von andern empfangene Beleidigung enn
gelten lassen konnte. Die höfliche Verbeugung
Holmfeld's blieb darum von beiden unbeachtet un
dne jede Err Vs Ur "rris 'ubfutt fe a
Elsbeth's Nähe, daß er nicht nur diese dem Bli
ihres Verlobten faſt gänzlich entzog sondern daß e











auch Holmfeld selbſt voll den Rücken zuwendete
Doktor Ramfeld aber gab fich den Anschein, diesen
gar nicht zu sehen und begann ein oberflächliches
Gespräch mit den beiden alten Herren, bei welchem





er sich mit jeder Bemerkung so direkt an einen vo
 
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