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Heidelberger Tageblatt: unabhängige Zeitung für Nordbaden — 1884

DOI Kapitel:
No. 150 - No. 176 (1. Juli - 31. Juli)
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https://doi.org/10.11588/diglit.44124#0715

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Expedition Brunnengafſe 24.

M 172.

: '. JF Bestellungen auf das „Heidel-
: berger Tageblatt“ für die Monate
. August und September
nehmen alle Poſtanstalten und Landbriefträger ent-

fret die tee vet >! ret art ? p

Ebenſo nehmen in Heidelberg und Umgegend

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für 45 Pig. jederzeit entgegen. In Wiesloch
ftr Joſsn s Eberle und in Walldorf Herr

Deutſches Reich.
Darmstadt, 23. Juli. Der Großherzog iſt
heute hier eingetroffen und hat seinen Aufenthalt in
dem Jagdschoß Wolfsgarten genommen.

§ Straßburg, 23. Juli. Gestern früh wurde der
46 Jahre alte Taglöhner Peter Küßner, zu Breiten-
bach im Elſaß geboren, und bereits 15 Jahre hier,
unter allen Anzeichen, daß er cholerakrank, in das
hiesige Spital verbracht. Auch deſſen Familie fand,
um sie beſſer beobachten zu können, im Spital Auf-
nahme. Im Laufe des geſtrigen Tages beſſerte sich
der Zuſtand des Kranken, heute früh jedoch ſtellte
ſich der Tod bei ihm ein. Heute Nachmittag fand
die Leichenöffnung statt, deren Ergebniß übrigens

_ Hoch nicht bekannt gegeben iſt. Küßner, welcher,
was ich gleich bemerken will, kränklich und ein
Trinker war und mit seiner Frau in ständigem Un-
frieden lebte, wohnte im Hauſe Nr. 12 in der Hei-
ligenlichtergaſſe, einer Gaſſe, die eng und ſchmutig
iſt und die felbſt viele eingeborene Straßburger

icht näher kennen dürften. Was die Erkrankun
des Küßner verdächtig macht, iſt der Umstand, daß



am letten Samstag, alſo 3 Tage vor der Erkran-
kung desſelben, eine aus Marseille kommende Person
in das oben genannte Haus eingezogen iſt. Wenn
uch Erkrankung und Tod Küßners, in Anbetracht

î Huf desſſen Lebensweiſe und Wohnungsverhältnisse,
die Furcht vor der Einschleppung der rr in
Unsere Stadt wesentlich abſchwächen, ſo hat dessen
Tod doch viele ängstliche Gemüther beunruhigt.



Liebe und Verbrehen.



Criminalgeſchichte von Bruno Reche.
(9. Fortsetzung.) .
„Mit diesem Entſchluſſe reiſten sie von London

ab, nachdem Marie am Grabe der Eltern noch ein-
mal recht ſehr geweint hatte und erreichten mit der

Schnelligkeit der Eiſenbahn ſehr bald die Universitäts-
î ſ|tadt. Hier, eine halbe Meile von des Barons Stamm-
burg, einigten sie ſich dahin, der junge Gatte ſollte

rt allein vor seinen Vater treten, um ihn umzu- |

_ kimmen, gelang dies nicht, wollte Marie ihn atta-
quiren. Der Baron empfing seinen Sohn förmlich
und kühl, wie noch nie vorher, theilte ihm nach
kurzer Begrüßung mit, daß er ihm die Gräfin Ida
v. R. zur Uerrzhl







artie anuneylme. 1.3
„Julius wollte sprechen, allein Angst und Be-
orgniß ſchnürten ihm die Kehle zu und ehe er fich
Des Rechten noch bewußt werden konnte, befand er
ich der Gräfin, seiner bestimmten Braut, gegenüber.
_ HYHSiesſah gerade nicht so übel aus, war leidlich
hùibſch, wenn auch nicht schön, einige Jahre älter
Als er und that ungeheuer zimperlich. Der Baron

. agte ihr einige Artigkeiten und zog fich zeitig zurück.

_ „Düſter ging er umher, vergeblich nach Faſſung
ringend, wie er sich ſeinem Vater am besten ent-
decken könnte; allein immer fehlte ihm der Muth,
diese Enthüllung konnte leicht den Tod seines Vaters

ein und beim Gedanken, die geringste Ursache an

dessen vorzeitigem Ende zu geben vermochte er keinen
entscheidenden Schritt zu thun. . reur!!



heute über den Vorfall, die amtliche Zeitung schwieg

Mehrere der hiesigen Zeitungen berichteten bereits



n beſtimmt habe und daß er kein
ur: ſein würde, sich zu sträuben, dieſe glänzende



Verantwortlicher Redakteur Philipp Klausner.
Vamſtag, den 26. Juli

jedoch und steht zu erwarten, daß dieselbe morgen
einen amtlichen Bericht bringen und die Sache klar
und wahr der Pers!tcruug mittheilen wird.

Biel, 23. Juli. Et v et§. remce hat ihr großes
Unheil angerichtet, dadurch, daß sie den Unwillen
des Volkes freventlich herausgefordert hat. Schon
als die „Salutiſten“ am Sonntag die Stadt durch-
Hf! 't Zet: rte! tt /s be l
gekommen. Die ,Schweizer Grenzpoſt“ berichtet
über dieſelben : Auf die bloße unrichtige Vermuthung
hin, daß die „Salutisten“ in einem Hauſe an der
Bahnhofstraße eine Versammlung abhalten wollten,
sammelten sich dort gegen Abend tiber 2000 Per-
sonen an. Die Mehrzahl derselben verhielt fich
zwar ruhiger, eine Gruppe aber von 50 verwegenen,
meiſt in den Flegeljahren stehenden Leuten richtete
zuerſt einen Steinhagel gegen die Fensterläden und
das ganze Haus, erbrach mit Anwendung eines
Balkens das Verſammlungslokal der Salutiſten und
ht ULiq tt. tt L' s
that, wurde von einem Kieselſtein, den ein Gleich-
geſinnter in's Blaue hinein schleuderte, am Kopfe
getroffen und mußte weggetragen werden. Der
Schaden am Hauſe soll über 1000 Franken be-
tragen. Die Polizei heißt es, habe gegenüber dem
aufgeregten Volke nichts auszurichten vermocht. In
Folge desſſen sind nun eine Kompagnie Infanterie
und eine Abtheilung Reiter aufgeboten und iſt
Major Will von Nidau zum Platkommandanten er-
nannt. Der keiner Sympathieen für die Heils-
armee verdächtige „Handelscourier“ von Biel be-
merkt zu diesem ſchmählichen Skandal: „Mit diesen
Ausschreitungen haben die, welchen sie zur Laſt
fallen, nichts Geſcheidtes gemacht und der Bevölke-
Ur. du. rt cee:
wenn sie ſich wehrt gegen das ungesunde, aefäht:
liche Treiben der Heilsarmee. Aber das muß auf
anderem Wege geschehen, als so. Haben jene







„Wenn es ihm nur die Zeit erlaubte, begab er
ſich heimlich nach B., woselbſt seine Frau zurückge-
F ESE S g Es tz

„Aber Entsetzen ! Der alte Herr drang nun immer
entſchiedener auf Vermählung seines Sohnes mit
der Dame seiner Wahl, Julius litt furchtbar; o,
ſchrecklich wenn man bedenkt, daß er aus der Armen
der tief bekümmerten Gattin zur Braut eilen mußte
und ihr ein freudliches Gesicht zeigen, statt sie, wie
er wollte, als die Zerſtörerin seines Vlicks zu hassen.
„Immer härtere Schickſalsſchläge brachen über
ihn herein, der alte Baron erkrankte gefährlich, ſein
Tod war nicht allzufern und ehe er die Augen schloß
wollte er den Glanz seines Hauſes gewahrt wissen.

„Sich dem Baron jetzt zu entdecken, den Plan
zu zertrümmern, wäre ein Vatermord gewesen. Da
esta zwischen den jungen Gatten, nach einer
angen, herzlichen und ſchmerzlichen Besprechung
Etwas, desſſen die Geſchichte selten aufzuweisen hat,
Marie, die edle, treue Seele, wollte das Geheimniß
ihrer Verbindung mit Julius in tiefster Seele ber-

en, er sollte frei sein und die Gräfin Jda v. R.
f; cee. nach dem Willen des Vaters. :

„Ein entsetliches Ringen folgte Òlim Herzen des
armen Gatten, endlich gab er der Wucht widriger
Ereignisse nach ; unter dem Schwur unwandelbater
Treue vrrließ er seine Gattin, heirathete die Gräfin
und der alte Baron starb, glücklich darüber, daß
ſein Plan durchgeführt, die urg fetuer Ahnen vor
dem Untergange geschützt bienn—n.

„Die Ehe des Barons war ſelbſtverſtändlich

eidelberger Tageblatt

Nnzeigen: die I1-ſpaltige Petite
zeile oder deren Raum 5 Pfg.,

abattbewilligung.

Heidelberger General-Anzeiger. ütütüe

Expedition Brunnengaſſe 24. .

Männlein mit der Steinſchleuder gestern bedacht,
daß in dem Hauſe Leute wohnten, die nichts mit
der Heilsarmee zu ſchaffen haben und die getroffen,
vielleicht schwer verwundet werden konnten? Haben
ſie bedacht, daß solche Auftritte den Salutiſten nun
nützen können, uns aber die Beſchämung bringen,
daß zur Aufrechlerhaltung der Ruhe die Behörden
Militär aufbieten?“ Heute hat hier eine große
Volksversammlung beschloſſen, den Bundesrath um
ein Verbot der Salutiſtenverſammlungen und die
Ausweisung ausländischer Salutistenofficiere zu er-

ſuchen.
Oesterreich-Ungarn. e
Wien, 24. Juli. Einer Zeitungsmeldung zu-
folge wird die Arlberg-Bahn am 18. August für
den Güterverkehr, am 15. September für den Penn.
ſonenverkehr eröffnet werden. ; , :
Frankreich. : .
Paris, 24. Juli. In Versailles iſt alles vor-
bereitet zum Zuſammentritt des Congresſes, der also
ſchon Tags nachher, wenn die Kammern ſchlüſſig s
worden sind, beginnen kann. - Im heutigeea Mz.
niſterrath unter Jules Ferrys Vorſite wurde blen.
ſchlosſen, daß Ferry auf das nachdrücklichſte daraut.
beſtehen solle, daß die Reviſion des Artikels 8 der
Verfaſſung durchgesetzt wird. Falls der Senat an-
nimmt, soll ein Ausgleichsentwurf ausgearbeitet.
werden, der durch ein gewöhnliches Gesetz die finan-
ciellen Rechte beider Kammern ordnet. Die Regie.
rung wird dieſen Entwurf den beiden Kammern zu
gehen laſſen. Sollte jedoch Artikel 8 der Revision
verworfen werden, ſo wird der Ausgleichsentwurf
dem Senate nicht vorgelegt werden, auch der Co
greß dann nicht znsſammentreten.
England. :
London, 22. Juli. Die gestrige Reformkund-
gebung beschäftigt heute die gesammte Presse.
„Times“ ſingt folgenden Hymnus : „Gesten wan
London Zeuge eines großartigen und imposanten
Schauspiels. Es hat großartigere und glänzendere
Aufzüge gegeben, allein das geſtrige Schauſpie wen
s fuer z q .§§! qt ze ? yl: i













“s us H
ermöglichten, zu ſeiner erſten, seiner einzig geliebten.
Frau. Marie lebte ſehr zurückgezogen, nur den..
Stunden, die sie mit Julius hverbrachte, galten ihr
als eine ſchöne Zeit und als sie ein Knäblein gen
boren hatte, dem sie ihr Leben weihen konnte, fühlte
sie ſich gar nicht mehr einſam. Es war ganz das
Ebenbild des Vaters, deshalb liebte sie es ſo heike.
„Auch Julius kannte kein größeres Glück, als
die beiden lieben Wesen sein eigen zu nennen. Whlt
tauchten in seinem Innern sehr oft Gewiſſensbiſſe t
auf, er wußte daß er ein Bigamiſt und deshaase.
ſtrafbar war und bestraft wurde, wenn sein Ve.
brechen an's Licht kam, aber beim Anblick seine..
theuren Marie und deren Kind verflogen diese Sccue.
pel wieder, dort befand sich seine Seele, ſein Alen.
„Seine zweite Gattin schenkte ihm keine Kinder, .
die Ehe blich kinderlos, so wie sie lieblos blieb, en.
großer Theil der Schuld dieser Lieblosigkeit tft.
freilich den Baron, der keinen zärtlichen Blick fiG
sie hatte, haben konnte. , ; .
„Der Fluch der ganzen Handlungsweise bean.
seine Wirkung auszuüben, der Fluch, der aus de
Eitelkeit und dem Starrsinn eincs verblendeten Vateeen.
entſprang; die arme Mutter sah des Sohnes un
glück, grämte sich und starb. j u;
„Scit jener Zeit amtiſirte sich die Gemahlin ds
Barons häufig in VB. bei großen Festlichkeiten ohne
den Gatten, der in derſelben Stadt in der kläenn.
Häuslichkeit ſciner kleinen Marie sich glücklich fühlte.
„An einem ſchönen Frühlingstage, die Sonne







keine glückliche, ſcine Gemahlin hatte wenig Herz,
besaß viel Stolz und ihre Puhſucht und Vergnü: |

ſchien ſo freundlich, ſo lieblich auf die jungfräuliche
Erde, fuhr eine ſstädtiſche Kutsche den Weg


 
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